15877/J XXIV. GP

Eingelangt am 28.08.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Petra Bayr und Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Koppelung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit an die Ausstellung von Rückführungszertifikaten.

Anfang August wurden acht Asylwerber mit negativem Bescheid nach Pakistan abgeschoben. Die Männer waren zuletzt im Servitenkloster untergebracht. Aufgrund der kritischen sicherheitspolitischen Lage in Pakistan, sowie der Umstände, dass die Männer Teil der Refugee Bewegung sind und Vorwahlkampf herrscht, kam es zur intensiven öffentlichen Debatte.

Österreich ist bei der Anerkennung von Asylanträgen von Pakistanis wesentlich restriktiver als andere europäische Staaten. Laut Angaben des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR liegt die Anerkennungsquote in Österreich lediglich bei 1,6 Prozent, während sie in Deutschland bei 20 und in Italien bei 38 Prozent liegt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gibt an, dass in Deutschland mehr Anträge einer besonders gefährdeten Volksgruppe eingegangen seien und deswegen die Anerkennungsquote höher wäre. (Der Standard, Warum Pakistanis selten Schutz bekommen, 02.08.2013). Ein Mitarbeiter des Europäischen Flüchtlingsrates (ECRE) fordert hingegen in einem ORF Interview eine genauere Untersuchung der Differenzen bei der Anerkennung. Laut Innenministerium[1] haben in der ersten Jahreshälfte des laufenden Kalenderjahres 629 Pakistanis Asyl in Österreich beantragt. Pakistan ist hinter Afghanistan und Russland das Herkunftsland Nummer drei aller Asylantragstellerlnnen in Österreich.

Abschiebungen aus Österreich sind nur mit gültigen Rückreisezertifikaten möglich. Die Vertretung des jeweiligen Landes in Österreich stellt dabei die Identität der Person fest und ermöglicht damit die Abschiebung. Diese Papiere werden auf Ansuchen der österreichischen Fremdenpolizei oder des Innenministeriums erstellt.

Ausstellen von Rückreisezertifikaten gegen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit?

Innenministerin Johanna Mikl-.Leitner sprach sich im Zuge der aktuellen Debatte erneut für eine Koppelung der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) an die Wiederaufnahme abzuschiebender Asylwerberlnnen mit negativem Bescheid aus. Die Ministerin erwähnte dabei immer wieder das Schweizer Modell, wonach „Entwicklungshilfe gekoppelt an die Länder (sei), wo Asylwerber herkommen“ (vgl. Transskript des Ö1 Mittagsjournals am 03. August 2013). Bereits im Februar 2012, als die Verknüpfung der EZA mit der Rücknahme von Asylwerberlnnen in der Schweiz diskutiert wurde, sprach sich die Innenministerin gegenüber diesem Vorschlag positiv aus und erntete heftige Kritik, auch aus der eigenen Partei.


In dem Gastkommentar „Votivkirche/Serviten: Mit Kanonen auf Spatzen schießen“, der am 09. August in der „Presse“ veröffentlicht wurde, berichtet Kerstin Kellermann, Außenminister Michael Spindelegger habe Pakistan 16 Millionen Euro für Entwicklungsprojekte angeboten, wenn das Land im Gegenzug Rückreisezertifikate ausstelle und somit Abschiebungen aus Österreich ermögliche.

Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) agiert, zumindest theoretisch, entsprechend der Strategie, die im Dreijahresprogramm festgeschrieben ist. Dabei sind inhaltliche und regionale Schwerpunkte gesetzt. Derzeit ist Pakistan nicht Schwerpunktland der OEZA.

Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

Anfrage:

1.    Haben Sie, wie „Die Presse“ berichtet, Pakistan Mittel für Entwicklungszusammenarbeit angeboten bzw. zugesagt, wenn dieses im Gegenzug Rückreisezertifikate ausstellt, damit Asylwerberlnnen mit negativem Bescheid aus Österreich abgeschoben werden können?

2.    Wie stehen Sie zu einer Verknüpfung der Entwicklungszusammenarbeit an die Bereitschaft zur Wiederaufnahme von Asylwerberlnnen mit negativem Bescheid?

3.    Planen Sie oder Ihr Ressort die Strategie der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit dahingehend zu verändern, dass Kooperationen mit jenen Ländern eingegangen werden, aus denen relativ viele Asylwerberlnnen in Österreich Asylanträge stellen?

a.    Wenn ja, welche Überlegungen stecken hinter diesem Paradigmenwechsel?

b.    Wenn nein, welche Überlegungen stecken hinter dem Beibehalten der jetzigen Schwerpunktsetzung bei der Auswahl der Partnerländer?

4.    Hat es zwischen Ihnen und der Innenministerin Gespräche gegeben, Mittel für Entwicklungszusammenarbeit an jene Länder zu vergeben, die bereit sind, Asylwerberlnnen mit negativem Bescheid rasch wiederaufzunehmen?

a.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.   Wenn ja, welche Konsequenzen sind daher zu erwarten?

5.    Hat es zwischen Ihnen und der Innenministerin Gespräche über eine Verknüpfung von EZA-Mitteln und einer Wiederaufnahme von Asylwerberlnnen mit negativem Bescheid im konkreten Fall von Pakistan gegeben?

a.   Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.   Wenn ja, welche Konsequenzen sind daher zu erwarten?


6.    Laut einer Statistik des Innenministeriums[2] haben per 30. Juni 2013 im laufenden Jahr 1.291 Personen mit afghanischer Staatsbürgerschaft einen Asylantrag in Österreich gestellt. Ist Ihr Ressort in Verhandlungen mit Afghanistan, Entwicklungsgelder zu gewähren, wenn das Land im Gegenzug Asylwerberlnnen mit negativem Bescheid wieder aufnimmt?

7.    Laut einer Statistik des Innenministeriums[3] haben per 30. Juni 2013 im laufenden Jahr 1.284 Personen mit russischer Staatsbürgerschaft einen Asylantrag in Österreich gestellt. Ist Ihr Ressort in Verhandlungen mit Russland über Zahlungen, die im Gegenzug zur Aufnahme von Asylwerberlnnen mit negativem Bescheid geleistet werden?

8.    Laut einer Statistik des Innenministeriums[4] haben per 30. Juni 2013 im laufenden Jahr 611 Personen mit syrischer Staatsbürgerschaft einen Asylantrag in Österreich gestellt. Ist Ihr Ressort in Verhandlungen mit Syrien, Entwicklungsgelder zu gewähren, wenn das Land im Gegenzug Asylwerberlnnen mit negativem Bescheid wieder aufnimmt?

9.    Laut einer Statistik des Innenministeriums[5] haben per 30. Juni 2013 im laufenden Jahr 575 Personen mit algerischer Staatsbürgerschaft einen Asylantrag in Österreich gestellt. Ist Ihr Ressort in Verhandlungen mit Algerien, Entwicklungsgelder zu gewähren, wenn das Land Asylwerberlnnen mit negativem Bescheid wieder aufnimmt?

10. Gibt es darüber hinaus andere Länder, mit denen es Verhandlungen darüber gibt, Entwicklungsgelder zu zahlen, wenn im Gegenzug abgelehnte Asylwerberlnnen zurückgenommen werden und wenn ja, welche sind das?

11. In der bereits erwähnten Statistik des Innenministeriums über die Herkunftsländer der Asylantragstellerlnnen sind der Kosovo (an 6. Stelle mit 412 Anträgen im ersten Halbjahr des laufenden Jahres), Armenien (14.Stelle - 159 Anträge) und Georgien (15. Stelle - 128 Anträge) die einzigen drei Länder die auf der Homepage der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) unter Schwerpunktländer und -regionen aufgeführt sind (http://www.entwicklung.at/laender-und-regionen/). Ist Ihr Ressort bzw. die ADA als für die Umsetzung der bilateralen Programme und Projekte zuständige Agentur in Gesprächen mit diesen drei Ländern um die Programmatik auch auf Asylfragen auszuweiten?

a.    Wenn ja, mit welchen Ländern und wie ist der jeweilige Stand der Verhandlungen?

b.    Wenn ja, welche Konsequenzen sind aufgrund einer möglichen Änderung zu erwarten?

c.    Wenn nein, warum nicht?

12. Wie ist der Stand der Verhandlungen zu den Durchführungsbestimmungen, die im Rahmen des COTONOU Abkommens ausgearbeitet werden?



[1] http://www.bmi.gv.at/cms/BMI Asvlwesen/statistik/files/2013/Asylstatistik Juni 2013.pdf letzter Zugriff am 13.08.2013

[2] http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Asylwesen/statistik/files/2013/Asylstatistik_Juni_2013.pdf letzter Zugriff am 13.08.2013

[3] http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Asylwesen/statistik/files/2013/Asylstatistik_Juni_2013.pdf letzter Zugriff am 13.08.2013

[4]http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Asylwesen/statistik/files/2013/Asylstatistik_Juni_2013.pdf letzter Zugriff am 13.08.2013

[5]http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Asylwesen/statistik/files/2013/Asylstatistik_Juni_2013.pdf letzter Zugriff am 13.08.2013