15951/J XXIV. GP

Eingelangt am 17.09.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Peter Haubner
Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Parteipolitische Einflussnahme der SPÖ auf die Besetzung des Chefpostens des Arbeitsmarktservice Wien und offensichtlich unrichtige Beantwortung der Anfrage 12421/J vom 6.7.2012

In der Parlamentarischen Anfrage 12421/J der Abgeordneten Peter Haubner,
Kolleginnen und Kollegen vom 6.7.2012 an Bundesminister Hundstorfer wurde die umstrittene Bestellung von Petra Draxl zur Leiterin des AMS Wien samt ihrer Begleitumstände erstmals thematisiert.

Vorausgegangen ist der Neubesetzung der Führungsposition im Wiener Arbeitsmarkt Service (AMS) ein wochenlanges heftiges Tauziehen. Nachdem sich der mit Sozialpartnern sowie Sozial- und Finanzministerium besetzte Verwaltungsrat in
mehreren Sitzungen nicht auf eine Kandidatin einigen konnte, bestellte der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz seine Abteilungsleiterin für den Europäischen Sozialfonds Petra Draxl für diese Position.

Draxl war unter den drei Kandidaten allerdings die Letztgereihte. Die langjährige Vize- Chefin des AMS Wien, Inge Friehs, hatte bereits im Jänner vor dem Bewertungsausschuss des Landesdirektoriums am besten abgeschnitten und wurde
auch vom unabhängigen Berater VIP Consulting und dem AMS Vorstand erstgereiht. Trotzdem scheiterte ihre Bestellung im Verwaltungsrat an der Blockade der Arbeitnehmer- und der BMASK-Vertreter. Durch die Bestellung der nur an dritter Stelle qualifizierten Bewerberin Petra Draxl zur Leiterin des AMS-Wien und nicht der bestgereihten Inge Friehs entstand der unabweisliche Eindruck, dass beim AMS die Wünsche der Wiener SPÖ im Sinne einer Parteibuchwirtschaft Vorrang vor der Qualifikation haben.

SPÖ-Bundesminister Hundstorfer wies in seiner Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage vom 6.9.2012 jeden Vorwurf einer parteipolitischen Einflussnahme oder der Kenntnis dieser von sich. Nachdem die Nichtberücksichtigung der eigentlich
erstgereihten Inge Friehs eine Klage gegen das AMS sowie die Republik Österreich auf 230.000 Euro Schadenersatz zur Folge hatte, stellt sich die Situation anlässlich erster, vom „Kurier“ am 15.9. abgedruckter Zeugenaussagen (unter Wahrheitspflicht!) noch katastrophaler als bisher bekannt dar:


So berichtet zum Beispiel Claudia Finster (sie war bis zur Bestellung von Draxl die
Chefin des Wiener AMS), wie von Seiten des Sozialministeriums Druck auf sie ausgeübt wurde, sie möge Friehs' Kandidatur verhindern. Drei Mal habe es Stefan Potmesil, Spitzenbeamter im Sozialministerium und Chef des Verwaltungsrates, versucht. Finster wurde mitgeteilt, dass
„in dem Fall, dass das nicht gelingt, ein „Rattenschwanz“ auf uns

- damit waren die Klägerin und ich gemeint - zukommen werde“. Ihr „persönlicher Rattenschwanz“ waren dann willkürliche Strafanzeigen (u.a. Amtsmissbrauch). In Späterer Folge wurden alle diese Verfahren eingestellt.

Grund für die Brutalität, mit der die SPÖ diesen unverschämten Postenschacher beim AMS durchgezogen hat, dürfte das mit 350 Millionen Euro dotierte Budget des AMS
Wien sein. Die Zeugenaussagen legen nahe, dass sich die Wiener SPÖ einen bestmöglichen Zugriff auf diese Mittel sichern wollte. Claudia Finster dazu wörtlich unter Wahrheitspflicht:
„Insbesondere ist es um den Finanztopf des AMS gegangen. An
diesen sind insbesondere seitens der Vizebürgermeisterin Brauner immer wieder Ansinnen gekommen, dass man der Wiener SPÖ dort Möglichkeiten einräumen sollte“. Brauner habe „immer darauf verwiesen, dass wir beide Frauen sind und beide der SPÖ angehören und dass da doch etwas möglich sein müsse".

Finster hat jedoch immer dagegengehalten, „dass ich eine Funktion ausübe, die parteineutral zu sein hat und wo ich darauf schauen muss, dass die entsprechenden Mittel in die Wege geleitet werden, für die sie vorgesehen sind“. Inge Friehs habe mit ihr gemeinsam dem politischen Druck hinsichtlich der finanziellen Ressourcen des AMS widerstanden und „daher eben die gleichen Unwillen auf sich gezogen“.

Besonders bemerkenswert sind die Aussagen von Inge Friehs: sie erzählte vor Gericht, dass Wien immer wieder mit Projektwünschen gekommen sei, die aus Kosten- und Effizienzgründen abgelehnt wurden. Auch sie berichtet von Druck und Drohungen, „dass es mir nicht gut gehen wird und mir was passieren wird, wenn ich nicht von meiner Bewerbung absehe“. Auch hier flatterten plötzlich Strafanzeigen ins Haus, doch alle Verfahren wurden eingestellt.

Laut Friehs habe SPÖ-Sozialminister Hundstorfer persönlich zu ihrer Bewerbung
gesagt:
„Oje, das wird nicht gehen, die Gemeinde Wien will dich nämlich nicht. Du musst das verstehen, du weißt, aus welchem Stall ich komme“.

Am deutlichsten bestätigt das der Vorstand des Bundes-AMS Herbert Buchinger - übrigens ebenfalls SPÖ-Mitglied. Er gibt über ein Gespräch mit Hundstorfer zu Protokoll: „Er hat mir gesagt, dass die Stadt Wien Frau Dr. Friehs nicht will“.

Diese unter Wahrheitspflicht getätigten Zeugenaussagen bestätigen, dass die
Gemeinde Wien Frau Friehs als AMS-Wien Chefin „nicht wollte“, sondern stattdessen eine wahrscheinlich „willigere“ Frau Draxl, und dass SPÖ-Sozialminister Hundstorfer davon nicht nur wusste, sondern den Wunsch der SPÖ-Wien sogar noch in die Realität umsetzte, indem er Friehs verhinderte und Draxl bestellte.

Damit widersprechen diese Aussagen jenen der Anfragebeantwortung von SPÖ- Sozialminister Hundstorfer. Dieser hat in seinem Schreiben an das Parlament betont,

      dass es keine Interventionen der Gemeinde Wien im Zusammenhang mit der Bestellung der Wiener AMS-Leitung gegeben hätte,

      dass es keinen Einfluss der Gemeinde Wien oder der SPÖ-Wien gegeben hätte,

      dass er nicht in den Bewerbungsprozess eingegriffen hätte.


Da die unter Wahrheitspflicht getätigten Äußerungen der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage offenkundig diametral widersprechen, muss man davon ausgehen, dass SPÖ-Sozialminister Hundstorfer das Parlament nicht wahrheitsgemäß informiert, ja vielmehr dem Parlament wissentlich die Unwahrheit gesagt hat. Eine wahrheitswidrige Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage ist ein schweres Foul
an den verfassungsrechtlich gewährleisteten Kontrollrechten des Nationalrats, der der Republik Österreich bzw. dem AMS drohende Schadenersatz eine Verschwendung von Steuergeldern bzw. Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung.

Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende

Anfrage:

1.    In Ihrer Beantwortung der Anfrage 12421/J behaupten Sie bei Frage 27, nicht in den Bewerbungsprozess eingegriffen zu haben. Dem gegenüber erklärte
die ehemalige Chefin des AMS Wien Claudia Finster unter Wahrheitspflicht, dass Stefan Potmesil, Spitzenbeamter im Sozialministerium, mehrfach und unter der Aussage
„im Auftrag des Ministers“ zu handeln, die Kandidatur von Frau Friehs zu verhindern versuchte. Wer lügt, Stefan Potmesil, oder Sie?

2.    Frage 25 (Einfluss der Gemeinde Wien bzw. der SPÖ-Wien in diesem Zusammenhang) beantworten sie mit „Keinen“. Wie erklären Sie es sich dann, dass sowohl der Vorstand des Bundes-AMS Herbert Buchinger, also auch die ehemalige Chefin des AMS Wien Claudia Finster sowie Inge Friehs unter Wahrheitspflicht ausgesagt haben, dass „Wien Frau Friehs nicht will“?

3.    Wie erklären Sie es sich, dass der Vorstand des Bundes-AMS Herbert Buchinger unter Wahrheitspflicht ausgesagt hat, dass Sie ihm mitgeteilt
hätten, dass
„die Stadt Wien Frau Dr. Friehs nicht will“?

4.    Bleiben Sie angesichts der aktuellen Prozess-Aussagen bei Ihrer Behauptung, nicht in den Bewerbungsprozess eingegriffen zu haben?

5.    Bleiben Sie angesichts der aktuellen Prozess-Aussagen bei Ihrer Behauptung, die Gemeinde Wien bzw. Vizebürgermeisterin Brauner und die Wiener SPÖ hätten keinen Einfluss auf den Bewerbungs- bzw. Entscheidungsprozess genommen ?

6.    Halten Sie ihre Vorgehensweise - zum einen teure externe Berater für einen Entscheidungsprozess in Anspruch zu nehmen, und deren Empfehlungen
dann nicht zu folgen, und zum anderen eine Verurteilung der Republik auf Schadenersatz aufgrund Ihrer Entscheidung zu riskieren - für gerechtfertigt?

7.    Halten Sie diesen Ihren Umgang mit Geld der Arbeitnehmer/innen und der Arbeitgeber/innen, das für die Schwächsten unseres Landes vorgesehen
wäre, für moralisch einwandfrei?

8.    Halten Sie das Wiener AMS für einen  350  Millionen-Selbstbedienungsladen für die  Wiener  SPÖ  bzw.  glauben  Sie  dass  Frau  Draxl  wider  Erwarten  dem Zugriff der Wiener SPÖ standhalten wird?