15996/J XXIV. GP

Eingelangt am 25.09.2013
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Dringliche Anfrage

§93 Abs.2 NRGO

(Klubverlangen)

 

des Abgeordneten KO Strache

und weiterer Abgeordneter

an den Bundeskanzler

 

betreffend „Direkte Demokratie gegen rot-schwarzen Reformstau und soziale Kälte“.

 

In ihrer Selbsteinschätzung gibt die Politik generell gerne vor, das wesentliche Instrument für die Bewältigung von Krisen zu sein. Kaum eine politische Maßnahme, kaum eine Weichenstellung, kaum eine Entscheidung im gegenwärtigen Geschehen auf allen Ebenen der Politik wird von den Verantwortlichen nicht als Antwort auf Erfordernisse, welche sich einer Krise verdanken, interpretiert. 

Im Zuge der Konzentration auf die Krisenerscheinungen und die Frage nach den Mitteln zu deren Verdrängung oder auch Bewältigung wird gerne übersehen, dass alle diese Krisen in einem direkten Zusammenhang mit einer Krise der Politik oder des Politischen insgesamt stehen.

 

Denn die Politik hat es verlernt oder verzichtet darauf, die Zwecke ihres Handelns zu hinterfragen und beschäftigt sich nur mit den Mitteln zur Umsetzung des Unhinterfragten und der Bewältigung seiner Folgen. Sie ist zur Technik verkommen. Werte sind maximal zweit oder drittrangig.

 

Der Selbstanspruch der Politik, Problemlöser und Krisenbewältiger zu sein, wird daher von den Menschen, den Bevölkerungen, die durch die Politik in ihren Interessen vertreten und ihren Bedürfnissen geschützt werden sollen, zunehmend mehr in Frage gestellt. Ja mehr noch, der vermeintliche Problemlöser wird vielfach als Problemverursacher erkannt, kritisiert und abgelehnt. Dies wird beispielsweise angesichts der Finanz und Wirtschaftskrise offenkundig.

 

Das politische System folgt mit seinen Erwartungshaltungen, Vorgaben, Maßnahmen, Rahmenbedingungen und Regelwerken einem von ihm selbst vorgegebenen ideologischen Konzept, das weitestgehend naiv auf die Selbstregulierungskräfte des freien Marktes vertraut. Dasselbe politische System versagt in seinen Kontrollmechanismen und hält sich nicht an selbst gemachte Regeln und definierte Grenzen. Dasselbe politische System trifft infolge von negativen Auswirkungen weitere einsame Entscheidungen über die Köpfe derer hinweg, die die Folgen der Entscheidungen persönlich zu tragen haben. Dasselbe politische System überträgt den entstandenen Schaden auf die Masse, auf die Allgemeinheit, und überlässt den Gewinn in den Händen weniger. Dasselbe politische System tut also substantiell das Gegenteil von dem, was die Bevölkerungen von ihm erwarten. Die Folgen liegen auf der Hand: Die Probleme werden zunehmend noch grösser statt kleiner.

Es ist daher notwendig, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, abseits vom Beharrungsvermögen des politischen Establishments, nach Schweizer Vorbild selbst und direktdemokratisch über Weichenstellungen für die Zukunft zu entscheiden.

 

Jede Entscheidung, die von den Mandataren im Nationalrat oder in den Landtagen abgestimmt werden kann, soll bei entsprechender Unterstützung im Rahmen des Einleitungsverfahrens und bei ausreichender Beteiligung der Wahlberechtigten auch direktdemokratisch getroffen werden können. Mehr Direkte Demokratie bedeutet auch eine intensivere Auseinandersetzung im Rahmen der politischen Diskussionskultur mit Sachthemen. Die Parteien und deren Repräsentanten werden damit angehalten, die Bürger von ihren inhaltlichen Positionen zu überzeugen.

 

Die österreichische Bevölkerung hat ein gigantisches Potenzial an Talenten, Fähigkeiten und Begabungen. Sie zeichnet sich durch Leistungsbereitschaft, Fleiß und großes Engagement aus. Sie ist voller Selbstvertrauen und hat einen feinen Sinn für Werte wie Gerechtigkeit und Respekt und ein ausgeprägtes Gespür dafür, was richtig und falsch für unser Land ist. Die österreichische Bevölkerung will die Zukunft positiv gestalten, Altlasten abbauen und mit Zuversicht und Hoffnung auf Erfolg in die kommenden Jahre und Jahrzehnte gehen.

 

Wenn wir daher von Zukunftsgestaltung sprechen, dann bedeutet das, die politischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, um ein Höchstmaß dieser Kräfte im Einzelnen und als Allgemeinheit frei machen zu können und Blockaden und Hemmnisse abzubauen, Werte offensiv als Gewinn und Maßstab für politisches Handeln anzuerkennen, statt sie als Belastung und Einschränkung zu sehen sowie die Kluft zwischen Bürgern und Politik kleiner zu machen und eine neue Basis des gegenseitigen Vertrauens zu schaffen.

Direkte Demokratie ist der beste Weg, um das Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen und auch solche Maßnahmen zu realisieren, die bisher von jenen Gruppen blockiert wurden, die selbst Nutznießer eines Systems sind, das dringend reformbedürftig ist. Als erster Schritt sollten daher - nach Ansicht der FPÖ - die verfassungsrechtlichen Grundlagen einer „Volksinitiative“, also der Möglichkeit zur Rechtssetzung ohne Zustimmung des Nationalrates, geschaffen werden. In weiterer Folge soll die Geschäftsordnung des Nationalrates im Wege eines Initiativantrages angepasst werden. Darüber hinaus ist die Einführung eines Vetoreferendums und der Volksbefragung als Minderheitenrecht geboten (vgl. Antrag 1856/A(E) der Abgeordneten KO Strache und Mag. Stefan vom 29. Februar 2012), zumal das Reformversagen der Koalition unter Kanzler Fayman unerträgliche Ausmaße angenommen hat, wie sich insbesondere an den folgenden Negativbeispielen zeigt:

Fehlende Inflationsabgeltung beim Pflegegeld (Wertverlust beträgt mittlerweile im Durchschnitt - variiert je nach Pflegestufe - 29 Prozent).

 

Reale Kürzung der Pensionen statt der von der FPÖ geforderten Anpassung an den Pensionistenpreisindex.

 

Fehlende Verwaltungsreform.

 

Fehlende Gesundheitsreform - Steuerzahler verliert durch mangelhafte Organisation im Gesundheitswesen jährlich 3 Milliarden Euro.

 

Fehlende Bildungsreform, das neue Lehrerdienstrecht wurde auf die Zeit nach der Wahl verschoben und somit defacto abgesagt.

 

Keinerlei konkrete Maßnahmen und Auskünfte gegen die Überwachung der Bürger durch ausländische Dienste (NSA).

 

Bislang nur Lippenbekenntnisse zur Direkten Demokratie.

 

Fehlende Wertanpassung bei Familienbeihilfe und beim Kinderbetreuungsgeld.

 

Steigende Abhängigkeit von Energieimporten.

 

Belastung nachfolgender Generationen durch den ESM.

 

Keine Schuldenbremse, keine Subventionsbremse, kein Spekulationsverbot, keine Höchstabgabenqoute in der Verfassung.

 

Fehlende Zweckwidmung bei Wohnbauförderungsmitteln - steigende Mieten und Gebühren.

 

Keinerlei taugliche Maßnahmen gegen Integrationsverweigerung und Asylmissbrauch.

 

Keinerlei Maßnahmen gegen die Zuwanderung in den Sozialstaat durch Armutsmigranten.

 

Mangelhafte Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention - junge behinderte Menschen werden noch immer in Altenwohnheime abgeschoben.

 

Keinerlei Maßnahmen gegen die fallende Wettbewerbsfähigkeit Österreichs im internationalen Vergleich.

 

Keinerlei Maßnahmen zugunsten der lange angekündigten Senkung der Lohnnebenkosten.

 

Keinerlei aktive Außenpolitik zur Wahrung unserer Interessen oder zur Friedensvermittlung in der Tradition Kreiskys.

 

 

In diesem Zusammenhang ergeht an den Bundeskanzler folgende Dringliche Anfrage:

 

 

                                               Dringliche Anfrage

1.    Welche Bemühungen gab es seit Ihrer Angelobung als Bundeskanzler zum Ausbau der direkten Demokratie in Österreich?

2.    Welche konkreten Ministerialentwürfe und Regierungsvorlagen gibt es zu diesem Thema?

3.    Unterstützen Sie bzw. der Verfassungsdienst den Vorschlag, eine Volksinitiative nach Schweizer Vorbild einzuführen in politischer bzw. in rechtlicher Hinsicht? Wenn nein, warum nicht?

4.    Ist ein Antrag der Bundesregierung auf Einleitung von Volksbefragungen zu umstrittenen Themen wie z.B. die Mitgliedschaft Österreichs im ESM, die Bildungsreform und der Ausbau der direkten Demokratie nach Schweizer Vorbild in Aussicht genommen, zumal wir im Jänner 2013 mit der Wehrpflichtvolksbefragung gute Erfahrungen gemacht haben? Wenn nein, warum nicht?

5.    Ist ein Ministerialentwurf oder eine Regierungsvorlage zur Einführung eines Vetoreferendums in Aussicht genommen? Wenn nein, warum nicht?

6.    Welche konkreten Maßnahmen zum Ausbau der direkten Demokratie wurden von Ihnen auf europäischer Ebene gesetzt?

7.    Sie haben sich mit Ihrer Regierungsmannschaft in Ausübung einer Politik der sozialen Kälte bisher geweigert, beim Pflegegeld eine Inflationsabgeltung vorzunehmen. Wie könnten zu dieser Frage in Zukunft direktdemokratische Instrumente in Österreich genutzt werden?

8.    Sie haben sich mit Ihrer Regierungsmannschaft in Ausübung einer Politik der sozialen Kälte geweigert, bei Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld eine Inflationsabgeltung vorzunehmen. Wie könnten zu dieser Frage in Zukunft direktdemokratische Instrumente in Österreich genutzt werden?

9.    Sie haben sich mit Ihrer Regierungsmannschaft in Ausübung einer Politik der sozialen Kälte geweigert, bei den Pensionen eine echte Inflationsabgeltung nach dem Pensionistenpreisindex vorzunehmen. Wie könnten zu dieser Frage in Zukunft direktdemokratische Instrumente in Österreich genutzt werden?

10. Sie haben sich mit Ihrer Regierungsmannschaft in Ausübung einer Politik der sozialen Kälte geweigert, bei Behindertenfreibeträgen eine Inflationsabgeltung vorzunehmen. Wie könnten zu dieser Frage in Zukunft direktdemokratische Instrumente in Österreich genutzt werden?

11. Unter Ihrem Vorsitz hat die SPÖ-ÖVP-Regierung versagt und es nicht geschafft, das Gesundheitssystem in Österreich einer Gesundung zuzuführen und dringende Reformen umzusetzen. Wie könnten zu dieser Frage in Zukunft direktdemokratische Instrumente in Österreich genutzt werden?

12. Unter Ihrem Vorsitz hat die SPÖ-ÖVP-Regierung versagt und es nicht geschafft, die Vorschläge des Rechnungshofs zur Verwaltungsreform umzusetzen. Wie könnten zu dieser Frage in Zukunft direktdemokratische Instrumente in Österreich genutzt werden?

13. Unter Ihrem Vorsitz hat die SPÖ-ÖVP-Regierung versagt und es nicht geschafft, eine echte Bildungsreform umzusetzen oder auch nur ein neues Lehrerdienstrecht zu beschließen. Wie könnten zu diesen Fragen in Zukunft direktdemokratische Instrumente in Österreich genutzt werden?

14. Unter Ihrem Vorsitz hat die SPÖ-ÖVP-Regierung versagt und es nicht geschafft, die lange angekündigte Senkung von Lohnnebenkosten in die Tat umzusetzen. Wie könnten zu dieser Frage in Zukunft direktdemokratische Instrumente in Österreich genutzt werden?

15. Unter Ihrem Vorsitz hat die SPÖ-ÖVP-Regierung versagt und es nicht geschafft, der Zuwanderung in das Sozialsystem und dem Asylmissbrauch wirksam entgegenzutreten. Wie könnten zu dieser Frage in Zukunft direktdemokratische Instrumente in Österreich genutzt werden?

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird verlangt diese Anfrage gemäß §93 Abs. 2 NRGO dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.