1612/J XXIV. GP

Eingelangt am 01.04.2009
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz

und weiterer Abgeordneter

 

an die Frau Bundesministerin für Justiz

betreffend das österreichische Islamgesetz von 1912

 

 

Nach stehend das Gesetz vom 15. Juli 1912, betreffend „die Anerkennung der Anhänger des Islams als Religionsgesellschaft“, RGBl. Nr. 159/1912 idF BGBl. Nr. 164/1988 (VfGH):

 

„Artikel I.

  Den Anhängern des Islams wird in den im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern die Anerkennung als Religionsgesellschaft im Sinne des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, R. G. Bl. Nr. 142, insbesondere des Artikels XV desselben, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewährt.

 

§ 1.

  Die äußeren Rechtsverhältnisse der Anhänger des Islams sind auf Grundlage der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung, jedoch unter Wahrung der Staatsaufsicht, im Verordnungsweg zu regeln, sobald die Errichtung und der Bestand wenigstens einer Kultusgemeinde gesichert ist.

  Hierbei ist insbesondere auf den Zusammenhang der Kultusorganisation der im Inland lebenden Anhänger des Islams mit jenen Bosniens und der Hercegovina Bedacht zu nehmen.

  Auch vor Konstituierung einer Kultusgemeinde können fromme Stiftungen für religiöse Zwecke des Islams errichtet werden.

 

§ 2.

  Für das Amt eines Religionsdieners können mit Genehmigung des Kultusministers auch Kultusfunktionäre aus Bosnien und der Hercegovina berufen werden.

[…]

§ 4.

  Ein Religionsdiener, welcher verbrecherischer oder solcher strafbaren Handlungen schuldig erkannt worden ist, die aus Gewinnsucht entstehen, gegen die Sittlichkeit verstoßen oder zu öffentlichem Ärgernis gereichen, oder dessen Verhalten die öffentliche Ordnung zu gefährden droht, ist von seinem Amt zu entfernen.

[…]

§ 8.

  Durch Verordnung wird bestimmt, ob und in welcher Weise Religionsdiener des Islams zur Mitwirkung bei der Führung der Geburts-, Ehe- und Sterberegister ihrer Religionsgenossen herangezogen werden können.

 

Artikel II.

  Mit dem Vollzug dieses Gesetzes sind Mein Minister für Kultus und Unterricht, Mein Minister des Innern und Mein Justizminister beauftragt.“

 

Auf der Netzseite der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich wird das Islamgesetz wie folgt kommentiert:

 

„bereits seit 1912 geht ein eigenes Islamgesetz auf die rechtliche Stellung der in Österreich lebenden Muslime ein. Die Donaumonarchie hatte 1908 das großteils muslimische Bosnien Herzegowina annektiert. Dass nun rund 600.000 Muslime im Reichsgebiet lebten, fand seinen Niederschlag in diesem Gesetz, das über das eher auf die christliche Organsistationsstruktur [sic!] zugeschnittene Anerkennungsgesetz von 1874 hinaus in § 6 ausdrücklich den gesetzlichen Schutz von Religionsausübung und Religionsdienern des Islam aussprach.“ (http://www.derislam.at/islam.php?name=Themen&pa=showpage&pid=3, 6. März 2009)

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.        Auf welche Nachfolgestaaten der „Königreiche und Länder“ bezieht sich die Anerkennung als Religionsgesellschaft nach Artikel I. seit 21. Oktober 1919?

2.        Wie sehen Sie die Selbstbestimmung und Selbstverwaltung der „islamischen Glaubensgesellschaft“ angesichts des Umstandes, dass die derzeitige offizielle „Kultusgemeinde“ in Österreich seit Jahren ohne statutengemäß gewählten Vorstand ist?

3.        Wie sehen Sie den Umstand, dass die derzeitige offizielle „Kultusgemeinde“ in Österreich seit Jahren ohne statutengemäß gewählten Vorstand ist aus vereinsrechtlicher Perspektive?

4.        Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen den „im Inland lebenden Anhänger des Islams mit jenen Bosniens und der Hercegovina“?

5.        Wie viele Religionsdiener wurden mit Genehmigung des Ministeriums „aus Bosnien und der Hercegovina“ berufen?

6.        Wie viele Religionsdiener wurden bisher infolge verbrecherischer Handlung(en) aus ihrem Amt entfernt?

7.        Wie viele Religionsdiener wurden bisher infolge strafbarer Handlungen, die aus Gewinnsucht entstanden sind aus ihrem Amt entfernt?

8.        Wie viele Religionsdiener wurden bisher infolge strafbarer Handlungen, die gegen die Sittlichkeit verstoßen aus ihrem Amt entfernt?

9.        Wie viele Religionsdiener wurden bisher infolge strafbarer Handlungen, die zu öffentlichem Ärgernis gereichten aus ihrem Amt entfernt?

10.   Wie viele Religionsdiener wurden bisher aus ihrem Amt entfernt, weil ihr Verhalten die öffentliche Ordnung zu gefährden drohte?

11.   Werden derzeit noch „Religionsdiener des Islams zur Mitwirkung bei der Führung der Geburts-, Ehe- und Sterberegister ihrer Religionsgenossen herangezogen?

12.   Entspricht nach Ihrem Erachten der Islam heute den Staatsgesetzen, wie es das Islamgesetz von 1912 verlangt?

13.   Falls nein, warum nicht?

14.   Hat nach Ihrem Erachten das o. g. Gesetz im Jahr 2009 noch uneingeschränkte Gültigkeit?

15.   Falls nein, in welchen Teilen halten Sie es für obsolet?

16.   Falls ja, warum?

17.   Wie sind die Kompetenzen für die islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich zwischen Ihrem Ressort und anderen Ministerien verteilt?