260/J XXIV. GP

Eingelangt am 26.11.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend offene Fragen zu § 53 SPG

 

 

 

In einem Artikel der Tageszeitung „Die Presse“ vom 9.11.2008 wird über eine juristische Studie zu § 53 SPG berichtet, welche in Jahnel, „Datenschutzrecht und E-Government. Jahrbuch 2008“ veröffentlicht wurde. In dieser Studie wird nachgewiesen, dass die Praxis der Abfrage von IP-Adressen durch Polizeibehörden an Internetprovider in den Jahren 1999 bis 2007 gesetzlich nicht gedeckt war. Zitiert wird dabei unter anderem der Abänderungsantrag AA-89 XXIII.GP, welcher den § 53 SPG in der jetzt gültigen Fassung herbeiführte, und nach dessen Begründung die in § 53 Abs 3a SPG angeführten Daten den Sicherheitsbehörden bereits vor der Novelle zugänglich gemacht worden seien, wobei es sich um Abfragen in der Größenordnung von etwa 1000 Anfragen pro Jahr handelte.

 

Dies ist insofern bemerkenswert, als in der Anfragebeantwortung 2204/AB-BR zur Anfrage der Grünen (damaligen) Bundesrätin Ruperta Lichtenecker 2400/J-BR auf die Frage nach der Zahl der Ermittlungsfälle über die Identität von Internetnutzern nach § 53 Abs 3a SPG (aF) durch die damalige Innenministerin mitgeteilt wurde, dass „keine Statistik über die Anwendung des § 53 Abs 3a SPG“ geführt werde. Mit diesem Argument wurde die Bekanntgabe der Zahl der Anfragen verweigert.

 

Es stellt sich daher die Frage, aus welcher Quelle die Abgeordneten der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP Parnigoni und Kössl als Unterzeichner des Abänderungsantrages AA-89 XXIII.GP ihre Informationen bezogen.

 

Darüber hinaus werden in der zitierten Studie auch schwere Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 53 SPG in der derzeitigen Fassung geäußert. Diesbezüglich sind bereits mehrere Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig.

 

Schließlich sind aufgrund der mangelhaften, unbestimmten Formulierung des §53 Abs 3a und 3b SPG nach wie vor zahlreiche Fragen der Anwendbarkeit dieser Bestimmung ungeklärt. 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

 

1.      Ist es zutreffend, dass bereits vor der ausdrücklichen Erwähnung der IP-Adressen in § 53 Abs 3a SPG durch die Sicherheitsbehörden Anfragen betreffend der Identität von Internetnutzern aufgrund von IP-Adressen an die Internetprovider herangetragen wurden?

2.      Wieviele derartige Anfragen wurden in den Jahren 1999 bis 2007 (aufgeschlüsselt nach Jahr) durch die Sicherheitsbehörden gestellt?

3.      Wurden den Parlamentsklubs der SPÖ und ÖVP zur Vorbereitung des Abänderungsantrages AA-89 XXIII. GP durch das Bundesministerium für Inneres Informationen und Unterlagen über die bisherige Praxis bei Abfragen zu IP-Adressen bzw. Internetnutzern sowie Formulierungsvorschläge übermittelt?

4.      Weshalb wurden bei Beantwortung der Anfrage 2400-J/BR XXII.GP die offenbar doch vorliegenden Informationen über die Zahl der Anfragen zu Internetnutzern nicht berücksichtigt?

5.      Wie viele Anfragen nach § 53 Abs 3a Z 2 und 3 SPG wurden seit Inkrafttreten der derzeit gültigen Fassung gestellt?

6.      Wie schlüsseln sich diese Anfragen auf die folgenden Internetprovider auf:

7.      123online.at?

8.      CNET?

9.      eTel?

10. Hostprofis?

11. inode?

12. internet4YOU?

13. LinzNet?

14. mieX?

15. mmc?

16. Silver Server ?

17. technix.at ?

18. Tele2?

19. Telekom Austria?

20. Teleport?

21. UPC?

22. In wie vielen Fällen wurde die Beantwortung der Anfragen durch die Internetprovider aufgrund mangelnder gesetzlicher Voraussetzungen verweigert? (Aufschlüsselung auf die Provider nach Frage 7-21)

23. Unklar ist die Bedeutung des Begriffs der „bestimmten Nachricht“ in § 53 Abs 3a SPG. Würde der Begriff der „Nachricht“ im Sinne des TKG verstanden, so ergäbe sich, dass jeder einzelne Informationsfluss (also Klick auf einen Link etc.) zwischen Internetnutzer und Provider bereits eine Nachricht wäre, so dass zu sämtlichem Internetverhalten der Urheber feststellbar wäre. Dabei würde es sich um eine inhaltliche Überwachung des Internetverkehrs handeln, welche jedoch ohne gerichtliche Anordnung verfassungswidrig wäre. Haben Sie für die Anwendungspraxis Leitlinien für das Verständnis des Begriffs der „bestimmten Nachricht“ in § 53 Abs 3a Z 2 und 3 SPG  erlassen?

24. Falls ja: Wie lauten diese?

25. Falls nein: Wie stellen Sie dann sicher, dass es in der Anwendungspraxis nicht zu verfassungsrechtlich unzulässigen Inhaltsüberwachungen durch die Anwendung des § 53 Abs 3a Z 2 und 3 SPG kommt?

26. Besteht ein Online-Zugriff der Sicherheitsbehörden zur Durchführung von Abfragen nach § 53 Abs 3a Z 2 und 3 SPG auf die entsprechenden Datenbanken der Internetprovider?

27. Falls ja: Auf welche Rechtsgrundlage gründet sich dieser?

28. Falls nein: Gibt es ressortinterne Überlegungen und Bestrebungen einen derartigen Online-Zugriff zu etablieren?

29. Haben sich seit der Anfragebeantwortung 3730/AB XXIII. GP die Erlässe und Formulare betreffend die Anwendung des § 53 SPG geändert?

30. Falls ja: Übermittlung der aktuellen Erlässe und Formulare zu § 53 SPG

31. Die eingangs zitierte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der derzeit gültigen Gesetzesfassung das BVT nicht zur Erhebung von Anfragen gem. § 53 Abs 3a SPG berechtigt ist, da die „erweiterte Gefahrenerforschung“, für welche das BVT zuständig ist, nicht unter den Begriff der „konkreten Gefahr“ fällt, welcher al in § 53 Abs 3a SPG als Voraussetzung genannt wird. Wurden entgegen dieser Gesetzeslage seit Einführung der Bestimmung Anfragen gem. § 53 Abs 3a SPG durch das BVT gestellt?

32. Falls ja: wie viele?

33. Wie viele Anfragen nach § 53 Abs 3a Z1 SPG wurden seit Inkrafttreten der derzeit gültigen Fassung gestellt?

34. Wie schlüsseln sich diese Anfragen auf die folgenden Telefonieanbieter auf:

35. mobilkom Austria?

36. T-Mobile?

37. Orange (One)?

38. telering?

39. Drei?

40. Telekom Austria?

41. UPC?

42. Skype?

43. Tele2?

44. Andere Festnetzanbieter?

45. In wie vielen Fällen wurde die Beantwortung der Anfragen gem. § 53 Abs 3a Z 1 SPG durch die Telefonieanbieter aufgrund mangelnder gesetzlicher Voraussetzungen verweigert? (Aufschlüsselung auf die Anbieter nach Frage 35 bis 44)

46. Besteht ein Online-Zugriff der Sicherheitsbehörden zur Durchführung von Abfragen nach § 53 Abs 3a Z 1 SPG auf die entsprechenden Stammdaten-Datenbanken der Telefonieanbieter?

47. Falls ja: Auf welche Rechtsgrundlage gründet sich dieser?

48. Falls nein: Gibt es ressortinterne Überlegungen und Bestrebungen einen derartigen Online-Zugriff zu etablieren?

49. Wie viele Anfragen nach § 53 Abs 3b SPG wurden seit Inkrafttreten der derzeit gültigen Fassung gestellt?

50. Wie schlüsseln sich diese Anfragen auf die Telefonieanbieter gem. Frage 35 bis 39 auf?

51. In wie vielen Fällen wurde die Beantwortung der Anfragen gem. § 53 Abs 3b SPG durch die Telefonieanbieter aufgrund mangelnder gesetzlicher Voraussetzungen verweigert? (Aufschlüsselung auf die Anbieter nach Frage 35 bis 44)

52. Wie viele Anfragen nach § 53 Abs 3a und 3b SPG wurden während der Dauer der Fußballeuropameisterschaft „EURO 08“ gestellt?

53. Wie viele Anfragen nach § 53 Abs 3a und 3b SPG wurden während der auf die Fußballeuropameisterschaft „EURO 08“ folgenden zwei Wochen gestellt?

54. Sollte aus diesen Zahlen eine gewisse Abarbeitung von Rückständen erkennbar sein: Wie lässt sich eine solche mit der von § 53 Abs 3a SPG geforderten „konkreten Gefahrensituation“ bzw. der in Abs 3b erwähnten gegenwärtigen Gefahr in Einklang bringen?

55. Erfolgen Anfragen gem. § 53 Abs 3a SPG auch in Vollziehung des Fremdenpolizeigesetzes im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen?

56. Falls ja: in wie vielen Fällen wurde seit der Novellierung der Bestimmung eine Anfrage gem. § 53 Abs 3a SPG in Vollziehung des Fremdenpolizeigesetzes im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gestellt?

57. Mit welchen Begründungen?

58. Erfolgen Anfragen gem. § 53 Abs 3b SPG auch in Vollziehung des Fremdenpolizeigesetzes im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen?

59. Falls ja: in wie vielen Fällen wurde seit der Novellierung der Bestimmung eine Anfrage gem. § 53 Abs 3a SPG in Vollziehung des Fremdenpolizeigesetzes im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gestellt?

60. Mit welchen Begründungen?