3551/J XXIV. GP

Eingelangt am 03.11.2009
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Gesundheit

 

betreffend Finanzmisere der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)

 

 

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) nimmt im Auftrag der Republik Österreich vielfältige Aufgaben auf dem Gebiet der Ernährungssicherheit wahr. Sie untersucht und begutachtet nach dem österreichischen Lebensmittelgesetz, führt veterinärmedizinische Untersuchungen durch und beschäftigt sich mit der Bekämpfung und Prävention von Infektionskrankheiten beim Menschen. 18 Bundesanstalten und Bundesämter aus den Bereichen Lebensmitteluntersuchung, Bakteriologie und Serologie, Veterinärmedizin und Landwirtschaft wurden mit 1. Juni 2002 unter dem Dach der AGES fusioniert.

 

Organisatorische, rechtliche und vor allem finanzielle Schwierigkeiten  führten jedoch von Beginn an zu erheblichen Destabilisierungen der AGES. Wie der Rechnungshof (RH) bereits 2004 feststellte, verengten die budgetären Rahmenbedingungen den Spielraum erheblich. Hingewiesen wurde vom RH vor allem auf die Gefahr, dass dadurch der gesundheitspolitische Versorgungsauftrag zu kurz komme:

„Aufgrund der geringen Dotierung der Basisfinanzierung in Verbindung mit der Forcierung privatwirtschaftlicher Einnahmen und einer Rechtsform der GmbH bestand für die Agentur die Gefahr einer unausgewogenen Unternehmensstrategie hinsichtlich der Dominanz haushaltspolitischer und betriebswirtschaftlicher Zielvorgaben zulasten des  gesundheitspolitischen Versorgungsauftrags. Die expansionsorientierte Unternehmensstrategie im Bereich des Geschäftsfelds Leistungen für Dritte wäre zu überdenken.“

 

 Zusammenfassend hob der RH folgende Empfehlungen hervor:

(1) Zur Vermeidung einer Dominanz haushaltspolitischer und betriebswirtschaftlicher Zielsetzungen zulasten des gesundheitspolitischen Versorgungsauftrages sollte eine ausgewogene Unternehmensstrategie im Rahmen der Leistungsangebotsplanung, der Qualitätssicherung und des Finanzplanes sichergestellt werden.

(2) Privataufträge, die zu einer Interessenkollision für die Agentur führen können, sollten nicht angenommen werden; ein teilweiser Rückzug der Agentur aus diesem Geschäftsfeld wäre zu erwägen. Dies träfe vor allem auf den gesamten Lebensmittelsektor zu; für

den landwirtschaftlichen und veterinärmedizinischen Bereich wären problematische Nachfragesegmente bzw. Kundenkategorien zu definieren.


Die Basiszuwendung beträgt für die Jahre 2009 und 2010 nur je 54,5 Mio. Euro, wobei dieser Betrag im Verhältnis 60 zu 40 vom Bundesministerium für Gesundheit und vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft getragen wird. Es wurde in den letzten Jahren mehrfach kritisiert, dass diese Mittel nicht ausreichen werden, damit die AGES ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen kann. Überdies verzeichnete die AGES bereits im Jahr 2008 laut Abschlussbericht einen Bilanzverlust von über 941.000 Euro. Inzwischen hat sich die finanzielle Lage noch erheblich verschlechtert.

Die Bundesminister für Gesundheit und Landwirtschaft sind Vertreter des Alleineigentümers Bund. Bisher gab es zwar Bemühungen Ihrerseits, das Finanzdebakel der AGES abzuwenden, jedoch erfolgten bisher keinerlei Finanzierungszusagen  seitens der ÖVP-Minister Berlakovich (BMLFUW) und Pröll (BMF).

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

  1. Was sind die wesentlichen Informationen über die finanzielle Situation der AGES? Stimmt es, dass die AGES nicht mehr liquide ist?
  2. Wie viele Budgetmittel müssen nach jetzigem Stand des Wissens bei der AGES in den Jahren 2009 und 2010 zugeschossen werden, um das Defizit abzudecken und welchen Beitrag werden Sie wann dazu leisten?
  3. Welche Lösungsansätze bei der Budgetierung und Finanzplanung der AGES gibt es, um den Bankrott zu verhindern?
  4. Gibt es ein Einvernehmen zwischen Eigentümervertretung und Geschäftsführung über den Umgang mit dem Finanzdebakel der AGES? Wenn ja, auf welchen Plan hat man sich geeinigt?

 

  1. Bietet das AGES-Konzept „Vision AGES 2010“ Lösungsansätze? Welche Unternehmensstrategie (Leistungsplanung, Qualitätssicherung, Finanzplan) verfolgt die AGES angesichts der zu knappen Budgetmittel?

 

  1. Inwiefern wird angesichts der extremen Budgetknappheit sichergestellt, dass die Agentur ihren wichtigen Aufgaben (Schutz der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen, Bewertung der Ernährungssicherheit entlang der Produktionskette sowie der epidemiologischen Überwachung von Infektionskrankheiten beim Menschen) nachkommen kann?

 

  1. Sind angesichts fehlender Finanzmittel Leistungskürzungen geplant und wenn ja, in welchen Bereichen?

 

  1. Wie verhindern Sie, dass es aufgrund der zu knappen Basisfinanzierung zu einer Forcierung privatwirtschaftlicher Einnahmen und damit zu einem Verlust der Unabhängigkeit kommt?

 

  1. Der RH hielt bereits 2004 die privatwirtschaftliche Offensive der AGES aus gesundheitspolitischen Erwägungen für problematisch. Wie entkräften Sie die Befürchtung, dass die AGES aufgrund ihres engen finanziellen Handlungsspielraums gezwungen ist, ihre marktwirtschaftliche Präsenz auszubauen? Wie verträgt sich das mit der gesetzlichen Verpflichtung, hoheitliche Aufgaben zu erfüllen?

 

  1. Inwiefern wurde den Empfehlungen des RH bisher gefolgt, insbesondere im gesamten Lebensmittelsektor einen teilweisen Rückzug der AGES aus dem Geschäftsfeld Privataufträge zu erwägen?