Eingelangt am 16.11.2009
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ANFRAGE
des Abgeordneten Dr. Karlsböck
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend ärztlicher Kunstfehler und
deren überlange Verfahren vor Gericht
Die österreichweite Implementierung eines Fehlermeldesystems
für Beinahe-Fehler und Behandlungsfehler im Spitals- und niedergelassenen Bereich
kann helfen um möglichen Komplikationen vorzubeugen und mittels
ausgewerteter Statistiken Fehlerquellen zu beseitigen. Jedoch erfahren die
Betroffenen von ärztlichen Kunstfehlern durch diese Maßnahmen keine
Erleichterung.
Im Folgenden wird nun stellvertretend an dem Fall einer jungen Dame die
Problematik bei ärztlichen Kunstfehlern und der damit verbunden
Konsequenzen erläutert. Im Jahr 2004 wurde die junge Dame in die
Krankenanstalt Rudolfsstiftung (Anästhesieintensivstation
1b) aufgrund einer plötzlichen Hirnblutung, welche einen höchst
lebensbedrohlichen Zustand darstellt, eingeliefert. In der Krankenanstalt wurde
sie intensivmedizinisch betreut, wo man sie wochenlang, anfangs unter der
Verwendung von Diprivan – mit dem Wirkstoff Propofol - in ein
künstliches Koma versetzte.
Propofol ist ein Hypnotikum, welches neben der Einleitung und
Aufrechterhaltung der Anästhesie, seit vielen Jahren als Sedativum in der
Intensivmedizin verwendet wird. In einigen Fällen kann es unter der
Sedierung mit Propofol zu schwerwiegenden metabolischen Entgleisungen
-dem Propofolinfusionssyndrom (PRIS)- und Rhabdomyolyse (Auflösung
der Skelettmuskulatur) kommen.
Im konkreten Fall gibt es den begründeten Verdacht einer
Überdosierung von Diprivan, denn das Medikament wurde entgegen gängiger
Regeln in einer höheren Dosierung und länger als von der
Herstellerfirma angegeben, verabreicht. Im weiteren Verlauf entstand bei der
jungen Dame Rhabdomyolyse, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zusammenhang mit
dem verabreichten Medikament steht. Vor allem die unteren Extremitäten
gerieten in einen Zerfallsprozess, welche fortschreitende und zahlreiche
Operationen und wochenlange Therapien erforderlich machten. Mittlerweile sitzt die
junge Dame im Rollstuhl und benötigt Schmerzmittel in hoher Dosierung.
Darüber hinaus mussten beide Hüftgelenke und beide Kniegelenke
ausgetauscht werden und demnächst wird auch eine Schulter durch ein
künstliches Gelenk ersetzt.
Nach der Weigerung auf eine Schmerzensgeldzahlung durch den Wiener
Krankenanstaltenverbund und dem erfolglosen Besuch bei der
Patientenanwaltschaft kam es 2005 zur Klage. Der mittlerweile vier jährige
Verfahrensmarathon stellt für die junge Dame auch eine enorme zusätzliche
psychische Belastung dar. Beispielsweise wurde sie in einer Verhandlung mit
einen Automotor verglichen der mal kurz im roten Bereich gefahren wurde und dieser
dabei auch nicht sofort „kaputt“ geht.
Des Weiteren ist auch der menschliche Aspekt zu berücksichtigen.
Aufgrund der offenen Verfahrenslage besteht bei der jungen Dame kein
Fondsanspruch. Dadurch besitzt Sie nicht die finanziellen Mittel um ihre
Wohnung behindertengerecht umzubauen. Ein beinahe unüberwindbares
Hindernis stellen die sechs kleinen Stufen in ihrer Wohnung dar. Auch bei der
Körperpflege ist sie auf fremde Hilfe angewiesen, um in die Badewanne zu
gelangen.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten
Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende
ANFRAGE
- Wie viele Verfahren wurden aufgrund von ärztlichen
Kunstfehlern ab dem Jahr 2000 in Wien geführt?
- Wie viele von diesen Verfahren sind bereits entschieden?
- Wie lange war die durchschnittliche Verfahrensdauer?
- Wie viele Erstgerichtsurteile wurden angefochten?
- Wie viele von diesen Verfahren wurden wegen Wegfalls der
finanziellen Möglichkeiten der Geschädigten eingestellt?
- Wie viele Verfahren wurden aufgrund von ärztlichen
Kunstfehlern ab dem Jahr 2000 in Niederösterreich geführt?
- Wie viele von diesen Verfahren sind bereits entschieden?
- Wie lange war die durchschnittliche Verfahrensdauer?
- Wie viele Erstgerichtsurteile wurden angefochten?
- Wie viele von diesen Verfahren wurden wegen Wegfalls der
finanziellen Möglichkeiten der Geschädigten eingestellt?
- Wie viele Verfahren wurden aufgrund von ärztlichen
Kunstfehlern ab dem Jahr 2000 in Oberösterreich geführt?
- Wie viele von diesen Verfahren sind bereits entschieden?
- Wie lange war die durchschnittliche Verfahrensdauer?
- Wie viele Erstgerichtsurteile wurden angefochten?
- Wie viele von diesen Verfahren wurden wegen Wegfalls der
finanziellen Möglichkeiten der Geschädigten eingestellt?
- Wie viele Verfahren wurden aufgrund von ärztlichen
Kunstfehlern ab dem Jahr 2000 in der Steiermark geführt?
- Wie viele von diesen Verfahren sind bereits entschieden?
- Wie lange war die durchschnittliche Verfahrensdauer?
- Wie viele Erstgerichtsurteile wurden angefochten?
- Wie viele von diesen Verfahren wurden wegen Wegfalls der
finanziellen Möglichkeiten der Geschädigten eingestellt?
- Wie viele Verfahren wurden aufgrund von ärztlichen
Kunstfehlern ab dem Jahr 2000 im Burgenland geführt?
- Wie viele von diesen Verfahren sind bereits entschieden?
- Wie lange war die durchschnittliche Verfahrensdauer?
- Wie viele Erstgerichtsurteile wurden angefochten?
- Wie viele von diesen Verfahren wurden wegen Wegfalls der
finanziellen Möglichkeiten der Geschädigten eingestellt?
- Wie viele Verfahren wurden aufgrund von ärztlichen
Kunstfehlern ab dem Jahr 2000 in Salzburg geführt?
- Wie viele von diesen Verfahren sind bereits entschieden?
- Wie lange war die durchschnittliche Verfahrensdauer?
- Wie viele Erstgerichtsurteile wurden angefochten?
- Wie viele von diesen Verfahren wurden wegen Wegfalls der
finanziellen Möglichkeiten der Geschädigten eingestellt?
- Wie viele Verfahren wurden aufgrund von ärztlichen
Kunstfehlern ab dem Jahr 2000 in Kärnten geführt?
- Wie viele von diesen Verfahren sind bereits entschieden?
- Wie lange war die durchschnittliche Verfahrensdauer?
- Wie viele Erstgerichtsurteile wurden angefochten?
- Wie viele von diesen Verfahren wurden wegen Wegfalls der
finanziellen Möglichkeiten der Geschädigten eingestellt?
- Wie viele Verfahren wurden aufgrund von ärztlichen
Kunstfehlern ab dem Jahr 2000 in Tirol geführt?
- Wie viele von diesen Verfahren sind bereits entschieden?
- Wie lange war die durchschnittliche Verfahrensdauer?
- Wie viele Erstgerichtsurteile wurden angefochten?
- Wie viele von diesen Verfahren wurden wegen Wegfalls der
finanziellen Möglichkeiten der Geschädigten eingestellt?
- Wie viele Verfahren wurden aufgrund von ärztlichen
Kunstfehlern ab dem Jahr 2000 in Vorarlberg geführt?
- Wie viele von diesen Verfahren sind bereits entschieden?
- Wie lange war die durchschnittliche Verfahrensdauer?
- Wie viele Erstgerichtsurteile wurden angefochten?
- Wie viele von diesen Verfahren wurden wegen Wegfalls der
finanziellen Möglichkeiten der Geschädigten eingestellt?
- Gibt es Überlegungen, unter Umständen in Abstimmung mit
anderen Ressorts, den Betroffenen im laufenden Verfahren ein Anspruch auf
eine Überbrückungszahlung zuzugestehen?
- Wenn nein, warum nicht?