504/J XXIV. GP

Eingelangt am 18.12.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Spindelberger

und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „Fremdwährungskredite und Konsumentenschutz“

Österreichische Konsumentenschützer haben seit Ende der 90er Jahre in der Öffentlichkeit ausdrücklich gewarnt, Fremdwährungskredite (z.B. in Yen oder Schweizer Franken) aufzunehmen und dabei auf die bestehenden Risiken hingewiesen. Trotzdem hatten zu Beginn des Jahres 2008 nach Pressemeldung weit über 350.000 Personen in Österreich Fremdwährungskredite – meist zur Wohnraumbeschaffung – laufen. Banken, Finanzdienstleistungsunternehmen und FinanzberaterInnen haben dabei vor Abschluss von diesem Kreditverträgen kaum auf die bestehenden Risiken verwiesen. Im Gegenteil, Fremdwährungskredite wurden ausdrücklich empfohlen (z.B. bei Umschuldungen) und – wie nun auch ein vom VKI erzieltes Musterurteil zeigt – die Risikolosigkeit der Kreditgeschäfte versichert, obwohl dies allen Erkenntnissen widersprach. Äußerst klar die Position des OGH zur Risikofrage: Eine Risikoträchtigkeit des Gesamtkonzeptes liegt nach dem OGH jedenfalls dann vor, wenn sich dieses rein rechnerisch nicht mehr ohne zusätzliche Vermögensverminderung im Vergleich zur herkömmlichen Tilgung vor der Umschuldung entwickeln konnte.

Fremdwährungskredite sind und bleiben ein Spekulationsgeschäft mit allen Risiken und zwar mit Geld, das man unter Umständen gar nicht hat. Es ist eine besondere Form der Zins- und Währungsspekulation. Bereits 2003 wurde eine diesbezügliche parlamentarische Anfrage durch den Erstfragesteller u.a. wie folgt eingeleitet:

Zins- und Währungsschwankungen können die Belastungen in unerwartete Höhen treiben. Zum anderen werden die Spesen absolut unterschätzt. Es ist ein absolutes Geschäft für Profis. Für Laien, die noch dazu vom Fachwissen der Vermittler und Berater abhängig sind, gibt es immer wieder ein böses Erwachen. Das alleinige Risiko trägt der Privatkunde.

Mit verlockend niedrigen Zinssätzen werden von verschiedenen Banken derzeit wieder Fremdwährungskredite angeboten. Steht die Finanzierung eines Eigenheims ins Haus, erscheinen Angebote wie beispielsweise "Yen-Darlehen, zinsgünstig" als lohnende Alternative. Tragisch ist dabei, dass immer wieder Konsumenten, bei denen sich der Kredit gerade noch ausgeht, auf diese Form der Spekulation reinfallen. Kommt es dann zu nur geringfügigen Zinsen und/oder Kurssteigerungen, ist die (private) Katastrophe oft perfekt“

(Anfrage Nr. 20/J vom 15.Jänner 2003).

Die Antwort des damaligen Finanzministers Mag. Grasser (BZÖ) zur Frage über die Haltung des Ressorts zu Fremdwährungskrediten war allerdings ernüchternd (Frage 1): „Das Bundesministerium für Finanzen gibt grundsätzlich keine Stellungnahme bzw. Bewertung zu spezifischen Bankprodukten ab.“ Warnungen des BMF vor der Aufnahme von Fremdwährungskrediten gab es in dieser Zeit nicht!

Ausgelöst durch die internationale Finanzkrise haben sich nun die Befürchtungen der österreichischen KonsumentenschützerInnen bestätigt:

Die Zinsen für Fremdwährungskredite steigen. Der Schweizer Franken gewinnt gegenüber dem Euro an Wert – bei Umwandlung in Euro-Kredite ist die Verschuldung höher als die aufgenommene Summe. Zusätzlich erleiden die Tilgungsträger durch die Finanzkrise zum Teil schwere Verluste.

Eine Horrorvision wurde Realität, es kommt nun zu einer massiven Mehrbelastung der KreditnehmerInnen. Fremdwährungskredite wurden für viele unfinanzierbar.

Banken sind mit der Finanzmarktkrise unter Druck geraten und haben auch ihre Geschäftspolitik zu Lasten der KreditnehmerInnen geändert:

                     Die Krise ist für Banken der Vorwand, von KreditnehmerInnen unter Hinweis auf die AGB Vertragsänderungen zu verlangen (Sicherheiten: Neue Konditionen für Zinsen).

                     Die Banken drängen darauf, Fremdwährungskredite in Euro umzuwandeln (Es kam bereits zu Zwangskonvertierungen).

                     Außerdem verlangen sie eine zusätzliche Gebühr, einen Refinanzierungskostenaufschlag bzw. einen „Liquiditätsaufschlag“ von 1 bis 2 Prozent der Kreditsumme.

                     Manchmal wird auch geraten, Änderungen beim Tilgungsträger vorzunehmen (insbesondere bei Finanzierungslücken).


Die größten Nachteile verzeichnen KreditnehmerInnen, wenn die Banken jetzt (Zwangs)-Konvertierungen vornehmen, wie nachstehendes Rechenbeispiel zeigt:

Die Konvertierung eines Schweizer Franken-Kredites in einen Euro-Kredit bedeutet massive Verluste für KonsumentInnen. Hat jemand beispielsweise Mitte 2005 einen Kredit von 150.000 Euro zu einem Kurs von 1,56 in 234.000 Schweizer Franken aufgenommen und wechselt jetzt in Euro, ergibt das bei einem Kurs von 1,44 eine Belastung von 162.500 Euro. Die Schulden haben sich um 12.500 Euro erhöht. Noch im Juni 2008 wäre es in dem Beispiel möglich gewesen, bei einem Kurs von 1,64 mit 142.680 Euro auszusteigen. Das hätte eine Verringerung der Schuldenlast um 7.320 Euro bedeutet. Damals hat aber keine einzige Bank auf Konvertierung gedrängt.“

(Rechenbeispiel Arbeiterkammer)

Arbeiterkammer und der Verein für Konsumenteninformation (VKI) halten einige der von den Banken gegenüber den KreditnehmerInnen nun geltend gemachten Vertragsklauseln (AGB) für gesetzwidrig. Weitere Musterprozesse zur Klärung der Rechtslage wurden angekündigt.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen nachstehende

Anfrage:

1.      Welche Haltung nimmt nun das BMF grundsätzlich zu Fremdwährungskrediten ein, die in Österreich durch Banken, Finanzdienstleistungsunternehmen und FinanzberaterInnen vergeben oder vermittelt wurden?

2.      Ab welchem Zeitpunkt hat das BMF in der Öffentlichkeit aktiv vor der Aufnahme von Fremdwährungskrediten gewarnt?

3.      Was empfehlen Sie aktuell KreditnehmerInnen, die einen Fremdwährungskredit aufgenommen haben, der noch nicht endfällig ist?

4.      Hält das Ressort die Antwort zur Frage 5 in der AB 38/XXII.GP weiteraufrecht?
Wenn ja, warum?


5.   Welche Banken haben in Österreich in den letzten Jahren Fremdwährungskredite angeboten?

In welchen Währungen wurden diese angeboten?

6.   Welche gesetzlichen Bestimmungen regeln die Vermittlung bzw. Vergabe von Fremdwährungskrediten?

Gibt es dazu spezielle steuerrechtliche Bestimmungen?

7.      Welche Maßnahmen (Erlässe etc.) wurden durch das BMF oder die FMA in den letzten fünf Jahren gegenüber Banken hinsichtlich der Vergabe von Fremdwährungskrediten ergriffen?

8.      Welche Gebühreneinnahmen gab es in den Jahren 2004 bis 2008 für abgeschlossene Fremdwährungskredite nach § 33 TP 19 Gebührengesetz (Aufschlüsselung auf Jahre)?

9.      Welche konkreten Warn- und Informationspflichten kommen den Banken, Finanzdienstleistungsunternehmen und den FinanzberaterInnen zu, wenn diese Fremdwährungskredite anbieten?

10.  Sehen Sie aktuell in Anbetracht der tausend Fremdwährungskredite – die oft unter falschen Voraussetzungen aufgenommen wurden – einen legislativen Handlungsbedarf?
Wenn ja, welchen?

Wenn nein, weshalb nicht?

11.  Wie viele Fremdwährungskredite wurden durch die Banken oder Finanzdienstleistungsunternehmen in den Jahren 2003, 2004, 2005, 2006, 2007 und 2008 mit den verschiedenen Kundentypen (Privatkunden, Unternehmen und Gebietskörperschaften) abgeschlossen bzw. vermittelt (Aufschlüsselung auf Jahre, Banken, Währung, Kundentyp und Summen)?

12.  Wie viele Fremdwährungskredite wurden für Privatkunden bank-extern (d.h. durch AWD, Vermögensberater etc.) vermittelt?

13.  Wie hoch ist ein durchschnittlicher Fremdwährungskredit für Privatkunden?

14.  Wie hoch ist der Anteil (% Satz) der endfälligen Kredite an allen vergebenen Fremdwährungskredite?

15.  Welchen Betrag hat eine österreichische Bank bei einem durchschnittlichen Fremdwährungskredit im Verhältnis zu einem durchschnittlichen Euro-Kredit verdient?

16.  Ist es richtig, dass Banken in den letzten fünf Jahren bei einem Fremdwährungskredit einen höheren Ertrag (z.B. Spesen) lukrieren konnten, als bei einem Eurokredit?

17.  Wie viele dieser Fremdwährungskredite sind mit einer Lebensversicherung besichert?

18.  Wie hoch ist in Österreich aktuell (31.12.2008) das gesamte Kreditvolumen für Fremdwährungskredite (Aufschlüsselung auf Währung, Kundentypen und Banken)?

19.  Ist es zulässig, wenn auch Gebietskörperschaften (z.B. Gemeinden) einen Fremdwährungskredit aufnehmen?

Wenn nein, weshalb nicht?

Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

20. Wenn ja, wie viele Gemeinden haben seit 2003 Fremdwährungskredite aufgenommen?
Welche Beträge wurden aufgenommen?

Wie ist der Stand mit 31.12.2008 (Aufschlüsselung auf Gemeinden und Bundesländer)?

21.  Ist es richtig, dass Gemeindeaufsichtsorgane der Bundesländer Gemeinden (Bürgermeister) geradezu angehalten haben, zur Finanzierung von Gemeindeprojekten Fremdwährungskredite aufzunehmen?

22.  Wenn ja, war dies jeweils rechtlich gedeckt?

23.  Sind Ihnen die bislang dadurch entstandenen Verluste der Gemeinden bekannt (Wenn ja, ersuche um Aufschlüsselung der Verluste auf Gemeinden und Bundesländer)?

24. Gibt es Erhebungen (Schätzungen) wie oft in den letzten fünf Jahren (2003 bis 2007) ein Fremdwährungskredite von Privatkunden seitens der Banken in € konvertiert wurde (z.B. 10 % Klausel), also die Absicherung der Banken schlagend wurde (Aufschlüsselung auf Jahre)?

Wie viele im Jahr 2008?

25.  Ist es aus Sicht des Ressorts zulässig, dass bereits Kreditumwandlungen durch die Banken – ohne Einverständnis der KreditnehmerInnen – erfolgten (Zwangskonvertierungen)?


26.  Werden Sie für die Zukunft ein Verbot von „Zwangskonvertierungen“ vorschlagen?

27.  Ist es zulässig, dass Banken (Kreditgeber) nun so genannte Liquiditätszuschläge verlangen, um zusätzliche Kosten durch die Kunden abzudecken?

28.  Werden Sie für Fremdwährungskredite in Zukunft verpflichtende Produktinformationen vorschlagen, da Fremdwährungskredite weiterhin risikoreiche Spekulationsgeschäfte sind?

29.  Werden Sie für die Zukunft ein Verbot der Verrechnung eines Liquiditätszuschlages vorschlagen?

30.  Welche Entwicklung sieht das Ressort bei den fondsgebundenen Lebensversicherungen, die meist als Tilgungsträger vereinbart wurden?

Wie sehen sie die Wertentwicklung?

31.  Wie beurteilt das Ressort bzw. die FMA die von den KonsumentenschützerInnen als gesetzwidrig beurteilten Klauseln in den AGB (siehe z.B. Verbraucherrecht 11/2008)?

32.  Wie viele Beschwerdefälle über Fremdwährungskredite sind nun 2008 dem Ressort bzw. der FMA bekannt geworden?

33.  Welche konkreten Probleme wurden dabei von den KreditnehmerInnen herangetragen bzw. durch das Ressort bzw. FMA festgestellt?

34. In welcher Form hat das Ressort bzw. die FMA diese Probleme an die betroffenen Banken herangetragen?
Welche Vereinbarungen wurden mit den Banken zur Lösung dieser Probleme erzielt?