5306/J XXIV. GP

Eingelangt am 10.05.2010
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Gesundheit

 

betreffend Feinstaubbelastung im NichtraucherInnenbereich

 

 

Feinstaub ist ein Teil des Schwebstaubs. Die Definition von Feinstaub geht zurück auf den im Jahre 1987 eingeführten „National Air Quality“-Standard for Particulate Matter (kurz als PM-Standard bezeichnet) der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA (Environmental Protection Agency). Die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa („Luftqualitätsrichtlinie“), ist eine EU-Richtlinie, die am 11. Juni 2008 in Kraft getreten ist. Sie tritt mit Wirkung zum 11. Juni 2010 an die Stelle der bisherigen Luftqualitätsrahmenrichtlinien sowie der Entscheidung des Rates (97/101/EG) zur Schaffung eines Austausches von Informationen und Daten aus den Netzen und Einzelstationen zur Messung der Luftverschmutzung in den Mitgliedstaaten.

Feinstaub setzt sich aus Abermilliarden Teilchen zusammen, die maximal einige Tausendstel bis Milliardstel Millimeter (Mikrometer) groß sind. Vor allem die sehr kleinen Vertreter dringen tief in die Atemwege vor. Sie gelangen über die Lungenbläschen ins Blut und in verschiedene Organe.

 

Durch Zigarettenrauchen entsteht Feinstaub, der besonders in geschlossenen Räumen eine hohe Konzentration erreichen kann. Da dieser Feinstaub als krebserregend gilt, geht von ihm eine besondere Gesundheitsgefährdung aus.

 

Gesundheitsgefährdungen durch Passivrauchen sind eindeutig nachgewiesen[1]. Personen, die bereits an Asthma oder Herzkrankheiten leiden, sind dadurch besonders gefährdet. Überdies erhöht sich allgemein das Risiko für Infarkte und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.


An Arbeitstagen scheiden nichtrauchende Angestellte im  Gastgewerbe (Raucherlokale) bis zu 25-Mal mehr Nikotin im Harn aus als an ihren freien Tagen und bis zu 4,5-Mal mehr tabakspezifische Karzinogene. Im Blut nichtrauchender Kellner nimmt das potenteste Lungenkarzinogen des Tabakrauches um 6% pro Stunde zu, während sie ihren Dienst versehen. Sogar an arbeitsfreien Tagen lässt sich bei diesen ArbeitnehmerInnen, die unfreiwillig Tabakrauch einatmen müssen, noch immer eine erhöhte Ausscheidung von Krebs fördernden Nitrosaminen im Harn nachweisen[2].

 

In dieser Atmosphäre entwickelt sich ein erhöhtes Risiko für Lungen- und Brustkrebs oder Herzkreislauferkrankungen. Schon im Verlauf einer Arbeitsschicht lässt sich ein signifikanter Abfall der Lungenfunktion durch Passivrauchen beobachten.

 

Für die ca. 300.000 Beschäftigten in der österreichischen Gastronomie gibt es keinen ausreichenden NichtraucherInnenschutz am Arbeitsplatz. Die ArbeitgeberInnen haben zwar dafür zu sorgen, dass NichtraucherInnen vor den Einwirkungen von Tabakrauch am Arbeitsplatz geschützt sind, allerdings mit der Einschränkung „soweit dies nach der Art des Betriebes möglich ist“. Angestellte des Gastgewerbes sind damit aus dem ArbeitnehmerInnenschutz ausgenommen.  Aufgrund der hohen Belastungen in Raucherlokalen ist bereits nach acht Jahren Tätigkeit mit einer Verdopplung des Lungenkrebsrisikos von NichtraucherInnen zu rechnen. NichtraucherInnen, die durch Passivrauchen am Arbeitsplatz an Lungenkrebs erkrankten, müssen sich an ein Schiedsgericht wenden, auf die Generalklausel im ASVG berufen und können erst so eine Anerkennung erreichen.

 

Türen zwischen Raucher- in den Nichtraucherbereich in Gastronomiebetrieben, auch wenn sie nur fallweise geöffnet sind, sind kein Garant dafür, dass die Vorgaben des Tabakgesetzes erfüllt sind[3].

Ein gesetzeskonformer Umbau erfordert eine dicht schließende Tür (keine Schiebetür) mit Selbstschließer (der nicht blockiert werden kann) und vor allem einen Unterdruck im Raucherraum von mindestens 5 Pa, der durch eine separate Belüftung aufrechtzuerhalten ist. Zudem dürfte niemand in diesem Raum arbeiten, also keine Getränke oder Essen serviert werden.

 

Messungen in Gastronomiebetrieben und anderen Räumen öffentlicher Orte zeigen, dass selbst bei Vorhandensein von nur fallweise geöffneten Türen Zigarettenrauch vom Raucher- in den Nichtraucherbereich strömt. Angesichts dieser Ergebnisse stellt sich die Frage, wie die Vorgabe laut Tabakgesetz § 13 Abs. 2 und § 13a Abs. 2 „... dass Rauchen in bestimmten Räumen öffentlicher Orte bzw. in Räumen der Gastronomie erlaubt ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird....“ umgesetzt und überprüft werden soll.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1)                  Verfügen Sie über repräsentative Studien, welche die Situation im Hinblick auf die Feinstaub-Belastung in Innenräumen, speziell in Gastronomiebetrieben, umfassend beschreibt?

 

2)                  Falls ja, um welche Studien handelt es sich dabei und zu welchen Schlüssen kommen diese Studien?

 

3)                  Werden Sie diese Studien für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wenn ja, in welcher Form?

 

4)                  Falls repräsentative Studien nicht vorliegen, ist von Seiten Ihres Ministeriums eine wissenschaftliche Studie geplant oder bereits in Auftrag gegeben, welche die bekannten Hinweise auf die Feinstaubbelastung in Innenräumen untersuchen soll?

5)                  Falls ja, wann ist mit den Ergebnissen zu rechnen?

6)                  Werden Sie diese Studie veröffentlichen und dem Nationalrat vorlegen?

7)                  Wenn nein, warum nicht?

8)                  Welche konkreten baulichen Voraussetzungen (Entlüftung, Türen, etc.) sind notwendig, um zu gewährleisten, dass die Vorgaben des Tabakgesetzes in Gastronomiebetrieben und Räumen öffentlicher Orte sicher erfüllt sind, insbesondere hinsichtlich der Vorgabe, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird?

 

9)                  Wie werden die gebotenen baulichen Voraussetzungen zur Erfüllung der Vorgaben nach dem Tabakgesetz konkret überprüft werden?

10)              Wird es, solange kein generelles Rauchverbot in Lokalen eingeführt wird, die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung aus Ihrem Ressort für die Betriebe geben, die diese Vorraussetzungen nicht erfüllen können und somit massive und teure Umbauten vornehmen müssten?

11)              Sind Ihnen Daten über den Einfluss von Zigarettenrauch auf NichtraucherInnenbereiche, speziell in der Gastronomie, bekannt?

12)              Falls ja, um welche Studien handelt es sich dabei und zu welchen Schlüssen kommen diese Studien?

 

13)              Werden Sie diese Studien für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wenn ja, in welcher Form?

 

14)              Wenn keine Daten vorliegen, werden Sie eine diesbezügliche Studie in Auftrag geben?

15)              Falls ja, bis wann wird die Studie vorliegen und werden Sie diese dem Nationalrat vorlegen?


16)              Wie werden die bisherigen Maßnahmen zur Einrichtung von NichtraucherInnen-Zonen in den Gastronomiebetrieben beurteilt bzw. deren Effizienz gemessen werden?

 

17)              Welche Richtlinien oder Grenzwerte kommen dabei zur Anwendung?

 

18)              Welche Behörde ist dafür zuständig?

 

19)              Zu welchen Ergebnissen führten diese Überprüfungen?

 

20)              Sind Sie angesichts der belegten schweren gesundheitlichen Risken durch Passivrauchen mittlerweile doch für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie?



[1] Rote Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle Band 5: Passivrauchen – ein unterschätztes Gesundheitsrisiko © 2005, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg

[2] Univ. Prof. Dr. Manfred Neuberger, www.aerzteinitiative.at

[3] Amt der oberösterreichischen Landesregierung Abteilung Umwelt -und Anlagentechnik (2007): Pilotstudie zur Untersuchung der Feinstaubkonzentration in oberösterreichischen Innenräumen.
Untersuchungsbericht L2-075.