5403/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.05.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

DRINGLICHE ANFRAGE

der Abgeordneten Pilz, Öllinger, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend Parteipolitik und Assistenzeinsatz

"Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres ist und bleibt eine Erfolgsgeschichte", zog Verteidigungsminister Norbert Darabos am Dienstag eine erfreuliche Bilanz. [...] Damit wird ein messbarer Beitrag zur Gewährleistung der Sicherheit in den grenznahen Räumen geleistet sowie das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erhöht" [...] (OTS vom 11.5.2010)

Die Messbarkeit des Erfolges wurde durch den Rechnungshofbericht 2010/4 bestätigt. Die von SoldatInnen im Assistenzeinsatz erstatteten Meldungen betrafen deutlich unter 1% der Gesamtkriminalität im Einsatzgebiet (2008: 0,26%, 2009: 0,14%). In Relation zum Ressourceneinsatz bewertete der Rechnungshof daher den Beitrag der Assistenzkräfte zur aktiven Bekämpfung der Kriminalität im Einsatzraum als „überaus gering."

Auch die präventive Wirkung der Präsenz schwer bewaffneter SoldatInnen im täglichen Straßenbild wurde durch den Rechnungshof gemessen: Seit der Schengenerweiterung waren demnach sowohl im Einsatzgebiet als auch im Durchschnitt der übrigen Bezirke an der ehemaligen Schengen-Außengrenze weiterhin eine niedrige Kriminalitätsrate und eine rückläufige Kriminalitätsentwicklung zu verzeichnen.

Die Messung des Rechnungshofs hat ergeben: der Assistenzeinsatz ist sinnlos. Und er kostet viel Geld: rund 270 ExekutivbeamtInnen könnten aus den jährlichen Mehrkosten bezahlt werden. Das entspricht ca, 20% der derzeitigen burgenländischen Polizeiplanstellen.

Dabei ist schon derzeit die burgenländische Polizei verhältnismäßig gut besetzt: Während hier ein/e PolizistIn pro 175 EinwohnerInnen Dienst versieht, kommt in Gesamt-Österreich im Durchschnitt ein/e Polizistin auf 331 EinwohnerInnen . Deshalb ist das Burgenland auch sicher: Die Häufigkeit der Straftaten pro EinwohnerIn liegt erfreulicherweise bei der Hälfte des österreichischen Durchschnitts.


Dennoch erklärte Bundeskanzler Werner Faymann am 11.5.2010 nach dem Ministerrat und in einer Presseaussendung:

"Solange die Polizei personell nicht in der Lage ist ihre Aufgaben im Grenzraum verstärkt zu erfüllen, soll der Assistenzeinsatz verlängert werden."

 

Doch auch über das eigentliche Motiv der SPÖ, den Assistenzeinsatz gegen Vernunft und Verfassung noch weiter verlängern zu wollen, klärte der Bundeskanzler die Öffentlichkeit auf:

Bundeskanzler Werner Faymann (S) hat erstaunlich offen zugegeben, die Verlängerung des Bundesheer-Assistenzeinsatzes im Osten vor der burgenländischen Landtagswahl Ende Mai fixieren zu wollen. Die SPÖ wolle vor der Wahl klarstellen, dass der Einsatz über 2010 hinaus verlängert werde - so sei der Unterschied zur ÖVP festzumachen, sagte Faymann im gemeinsamen Pressefoyer mit Vizekanzler Josef Pröll (V) nach dem Ministerrat (APA vom 11.5.2010)

Wenn Institutionen wie das Bundesheer aus parteipolitischem Kalkül in sinnlose und überteuerte Einsätze geschickt werden, dann ist das eine vorsätzliche Missachtung der Verfassung und begründet den Verdacht des Amtsmissbrauchs.

Wenn aber darüber hinaus das Bundesheer im Assistenzeinsatz für die SPÖ missbraucht wird, kündigt der Verteidigungsminister selbst einen wesentlichen Konsens der Zweiten Republik auf: dass das Militär ausschließlich das Instrument der Republik und niemals ein Instrument einer politischen Partei sein darf.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.       Wie viele Präsenzdiener sind bisher im Assistenzeinsatz an den österreichischen Ostgrenzen zum Einsatz gekommen?

2.       Wie viele Präsenzdiener sind seit der Öffnung der Schengengrenzen

21.12.2007 im Assistenzeinsatz an den österreichischen Ostgrenzen zum Einsatz gekommen?

3.       Wie viele gerichtlich strafbare Handlungen konnten durch Hinweise von assistenzleistenden Soldaten seit diesem Zeitpunkt aufgeklärt werden?

4.       Wie viele Präsenzdiener haben sich bisher während ihres Assistenzeinsatzes das Leben genommen?

5.       Burgenländische Unternehmen haben ihre Sicherheitskräfte entlassen, weil deren Wachaufgaben durch Präsenzdiener wahrgenommen werden. Wie viele Arbeitsplätze sind auf diese Art und Weise im Burgenland verloren gegangen?

6.    Sie haben gemeinsam mit dem Bundeskanzler eine weitere Verlängerung des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres gefordert. Liegt für eine Assistenzleistung über das Jahr 2010 hinaus eine Anforderung durch die dafür zuständige Bundesministerin für Inneres vor?


7.       Stellvertretend für den Generalstab hat sich General Stabschef Entacher in einem Kurier-Interview in Bezug auf das Burgenland klar geäußert: "Ich hoffe, dass dort der Assistenzeinsatz mit Jahresende beendet werden kann." Warum wollen Sie gegen die Empfehlung Ihres Generalstabschefs den Assistenzeinsatz aufrecht erhalten?

8.    Laut einem Bericht der Zeitung Der Standard" haben Sie erklärt, dass Sie den Assistenzeinsatz aus Rücklagen" im Budget des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport in Höhe von 140 Millionen Euro finanzieren könnten. Auf welche Weise haben Sie diese Rücklagen gebildet?

9.       Wären Sie damit einverstanden, diese Rücklagen in das Budget des Innenministeriums zu überführen, um dort zusätzliche ExekutivbeamtInnen  für unterbesetzte Dienstposten zu finanzieren?

10.   Ihr Parteichef, Bundeskanzler Faymann hat erklärt, der Einsatz werde über 2010 hinaus verlängert, um den Unterschied zur ÖVP festzumachen". Warum hat das Bundesheer im Burgenland die Aufgabe, den Unterschied zur ÖVP festzumachen?

11.   Sie haben wiederholt - zuletzt in der Anfragebeantwortung 4815/AB vom 18.3.2010 - behauptet, dass der zusätzliche Aufwand für den Assistenzeinsatz 12 Millionen Euro jährlich betrage. Demgegenüber ermittelte der Rechnungshof einen Betrag für 2008 von 22,08 Millionen Euro und für 2009 in vergleichbarer Höhe. Die Differenz erklärten Sie wiederholt - auch in der genannten Anfragebeantwortung - damit, dass der Rechnungshof auch Gehälter berücksichtige, die ohnehin zu zahlen wären." Diese Behauptung steht im Widerspruch zum Rechnungshofbericht, wo ausdrücklich auf Seite 23 festgehalten ist, dass die verrechneten Personalaufwendungen nicht die Grundbezüge der Bediensteten umfassen. Wer beziffert hier die zusätzlichen Personalkosten falsch - der Rechnungshof oder Sie?

12.   In einem Interview mit der Tageszeitung Die Presse" vom 20.3.2009 werden Sie zitiert wie folgt: Ich bin der Meinung, dass der Einsatz derzeit Sinn macht. Mir ist aber auch klar, dass er in der nächsten Zeit wird auslaufen müssen. Wir werden jetzt evaluieren, ich erwarte dann den Vorschlag der Frau Innenminister. Sie muss für sich entscheiden, ob sie unsere Assistenz noch benötigt. Ich gebe aber offen zu, dass es mir aufgrund der budgetären Situation nicht so unrecht wäre, wenn das beendet werden könnte. Dann könnte man Geld in andere Bereiche umschichten." Rund ein Jahr später hat sich die Sicherheitslage im Burgenland nicht verändert. Verändert hat sich offenbar wahlkampfbedingt nur die Haltung des Ministers. Aus welchen Gründen treten Sie nun im Wahlkampf plötzlich für eine Verlängerung des Assistenzeinsatzes ein, obwohl Sie vor rund einem Jahr noch für dessen Beendigung waren und das Geld in andere Bereiche umschichten wollten?

13.   Nach Ansicht des Rechnungshofes dient der Assistenzeinsatz nicht der Sicherheit im Burgenland. Neben den Erklärungen Ihres Parteichefs deuten auch alle Fakten darauf hin, dass die Assistenzleistung ausschließlich einer Organisation dient: der SPÖ. Warum sind Sie bereit, das österreichische Bundesheer für den Wahlkampf Ihrer Partei zu missbrauchen?

In formeller Hinsicht wird verlangt diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln.