5468/J XXIV. GP

Eingelangt am 25.05.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Kunasek, Dr. Kurzmann

und weiterer Abgeordneter

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend oberflächige Verlegung der 110-kV-Hochspannungsleitung Graz – Werndorf

 

 

 

Die ÖBB planen zwischen Graz und Werndorf die Verlegung einer 110-kV-Hochspannungsleitung. Im Grazer Stadtgebiet soll diese Leitung größtenteils über oberflächige Kabeltröge verlaufen.

 

Der eisenbahnrechtliche Genehmigungsbescheid für die 110-kV-Leitung Graz-Werndorf weist aber grobe Mängel auf. Sämtliche inhaltlichen Parteieinwendungen wurden ignoriert. Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt sich als Auftraggeberin, Eigentümervertreterin und verfahrensleitende Behörde das Projekt quasi selbst. Der eisenbahnrechtliche Bescheid ignoriert bewusst den klaren Zusammenhang des Verfahrens mit der Koralmbahn, obwohl dieser in allen Projektunterlagen der Projektwerberin (ÖBB Infrastruktur Bau AG) klar zum Ausdruck kommt.

 

So geht aus den Projektunterlagen hervor, dass bei einem Vollausbau der Koralmbahn ca. 80% des Stromes für die Koralmbahn benötigt werden. Seit dem Bau des Unterwerkes in Graz und des Kollektors am Grazer Hauptbahnhof ist die Leitung für die Versorgung der Südbahn überhaupt nicht mehr erforderlich. Das diesbezügliche Gutachten der TU Wien wurde vor der Inbetriebnahme dieser Errichtung erstellt.

 

Der vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie beigezogene Umweltmediziner Dr. König fordert als zwingende Maßnahme, dass bei sensiblen Nutzungen (Wohnungen, Schulen, Kindergärten) die Magnetfeldbelastung 200 nT (24-Stunden-Wert) nicht überschreiten dürfen. Tatsächlich werden nach Angaben des Raumplaners 3,7 Kilometer allgemeines oder reines Wohngebiet berührt, die Trasse verläuft direkt neben einem Kindergarten und mehreren Spielplätzen. In unmittelbarer Nähe der Leitungen werden nach ÖBB-Gutachten trotz bereit optimierter Phasenverlegung Werte bis zum 1.000-fachen des empfohlenen Messwertes erreicht.


Dennoch soll unverständlicherweise eine oberflächige Verlegung erfolgen, wodurch extrem hohe Magnetfelder auftreten würden. Bei oberflächigen Trögen sind die Magnetfelder ca. 10-mal so hoch wie unter vergleichbaren Freileitungen, die Spitzenwerte liegen ca. 150-fach über den umweltmedizinischen Beurteilungswerten für Dauernutzungen. Diese Magnetfelder lassen sich praktisch nicht abschirmen und sind nur durch entsprechende Abstandhaltung zu verringern.

 

Seit November 2003 kämpfen die Anrainer für eine echte Erdverkabelung in zumindest 1,5 m Tiefe. Damit würde es zu einer massiven Reduktion der Strahlenbelastung um das 50-fache (!)  kommen. Technisch und wirtschaftlich wäre ein solches Projekt zumutbar.

 

Und bereits 2007 wurde aufgrund des eisenbahnrechtlichen Baubescheides vom 26.4.2007 eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, um eine Umweltverträglichkeitsprüfung für dieses Projekt zu erreichen. Bis heute wurde über diese Beschwerde nicht entschieden, dennoch wurde vor kurzem bereits mit dem Bau begonnen.

 

Da die bisherigen Bemühungen zur Tieferlegung der 110-kV-Leitung zu keinem Ergebnis führten, fordern die Anrainer und Betroffenen der Hochspannungsleitung nun den sofortigen Baustopp der Leitung bis die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Schreiben vom 12.9.2007, ZIen 2007/03/0160-2, AW 2007/03/0033-2, aufgrund des Zusammenhangs der gegenständlichen Leitung mit dem zweigleisigen Ausbau der Südbahn eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung selbst in den Raum gestellt. Bei Aussprechung der Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht durch den Verwaltungsgerichtshof ist zu erwarten, dass dies zur Aufhebung des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheides führt. Um hier also nicht voreilig öffentliche Mittel zu verbauen, erscheint uns das Abwarten der VwGH-Entscheidung unter den gegebenen Umständen als die vernünftigste Lösung.

 

Aufgrund der drohenden Gesundheitsbelastung für die betroffenen Anrainer durch eine oberflächige Verlegung und aufgrund der ausstehenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, durch die mit großer Wahrscheinlichkeit eine (zeitliche) Verschiebung bzw. massive Abänderung dieses Projektes erfolgen wird und zumindest vorerst finanzieller Mittel frei werden, die für andere Projekte und Vorhaben genutzt werden können, stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

 

 

Anfrage

 

 

1.     Wann konkret war der Baubeginn beim oben angeführten Projekts?

 

2.     Weshalb ist der Baubeginn erfolgt, ohne die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten?


3.     Wie hoch werden derzeit die Gesamtkosten für dieses Projekt geschätzt und wie schlüsseln sich diese Kosten auf?

 

4.     Wer trägt die Kosten der Verlegung der 110-kV-Leitung, d.h. wer zahlt welchen Kostenanteil und wie ist die konkrete Aufteilung bei der Kostentragung zustande gekommen?

 

5.     Wie hoch wären die Gesamtkosten für dieses Projekt bei einer Verlegung in zumindest 1,5 m Tiefe?

 

6.    Wie hoch sind die Mehrkosten für die Tieferlegung der Leitung im Stadtgebiet von Graz und wie gliedern sich diese Kosten detailliert auf?

 

7.    Wie hoch sind die Mehrkosten für eine Erdverlegung Seiersberg - Werndorf und wie gliedern sich diese Kosten detailliert auf?

 

8.     Aus welchen Gründen hat man sich bislang für eine oberflächige Verlegung der 110-kV-Leitung entschieden?

 

9.     Droht aus Sicht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie durch eine oberflächige Verlegung eine Gefahr für die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung?

 

10.  Wenn nein, weshalb ist aus Ihrer Sicht keine Gefährdung gegeben, wenn der von Ihrem Ministerium im konkreten Fall beigezogene Umweltmediziner Dr. König fordert, dass als zwingende Maßnahme bei sensiblen Nutzungen (Wohnungen, Schulen, Kindergärten) die Magnetfeldbelastung 200 nT (24-Stunden-Wert) nicht überschreiten dürfen, beim angeführten Projekt nach Angaben des Raumplaners 3,7 Kilometer allgemeines oder reines Wohngebiet berührt werden und die Trasse direkt neben einem Kindergarten und mehreren Spielplätzen verläuft?

 

11.  Ab wann droht aus Sicht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie eine Gefährdung der betroffenen Bevölkerung?

 

12.  In welcher Form sind bei einer oberflächigen Verlegung der 110-kV-Leitung zusätzliche Maßnahmen insbesondere zur Absenkung des Magnetfeldes zum Schutz der Bevölkerung geplant?