5480/J XXIV. GP

Eingelangt am 27.05.2010
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ANFRAGE

 

 

 

der Abgeordneten Brunner, Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Erhalt der Artenvielfalt in Österreich

 

 

 

 

Das Jahr 2010 wurde von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Biodiversität ausgerufen. Die Internationale Biodiversitätskonvention (CBD), die Österreich ratifizierte, hat drei Ziele: den Erhalt der biologischen Vielfalt, die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile sowie die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile. Im Jahr 2001 beschloss der Europäische Rat von Göteborg, den Verlust der biologischen Vielfalt in Europa bis zum Jahr 2010 zu stoppen, 2002 haben sich die UmweltministerInnen der Vertragsstaaten des Übereinkommens über die biologische Vielfalt dazu verpflichtet, bis 2010 eine signifikante Reduktion des Verlustes der biologischen Vielfalt zu erreichen.

 

Die Österreichische Nationale Biodiversitäts-Kommission erarbeitete 2007 „Ergebnisorientierte Ziele für die Erreichung des 2010-Biodiversitäts-Ziels (und darüber hinaus)“. In diesem Papier wurde aber bereits festgehalten, dass in Österreich ein weiterer Rückgang von Arten und Lebensräumen nicht eingedämmt werden konnte. Bereits 2007 wurde darauf hingewiesen, dass von den in den Roten Listen eingestuften Brutvögeln 61%, von den eingestuften Säugetieren 57% bedroht, gefährdet oder bereits ausgestorben sind. Bei den Kriechtieren und Lurchen sind etwa 60% der in Österreich vorkommenden Arten gefährdet, der Rest wird auf der Vorwarnstufe geführt. Über diese Organismengruppen hinaus ist die große Mehrzahl der in Österreich vorkommenden Organismen (z.B. Algen, Pilze, Flechten, Insekten, etc.) nicht erfasst. Die Rote Liste für Biotope, die die Gefährdung von Lebensräumen aufzeigt, stuft z.B. 57% der insgesamt 93 Waldbiotoptypen als gefährdet ein. Bei den Grünlandbiotoptypen sind sogar 90% der in Österreich vorkommenden 61 Typen einer Gefährdungskategorie zugeordnet. Bisher wurden 3 nationale Berichte Österreichs über das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (1997, 2001, 2005) erstellt.

 

In der Anfragebeantwortung 821/AB (XXIV. GP) vom 26.3.2009 wurde zur Frage 3 angegeben: „In den von der Kommission beschlossenen „Zielen zur Erreichung des 2010 Biodiversitäts-Ziels in Österreich“ wurde vereinbart, einen Aktionsplan zu Landwirtschaft und Biodiversität/genetische Ressourcen sowie einen Aktionsplan zum Artenschutz zu entwickeln.

 

Ein Entwurf für einen Aktionsplan Artenschutz liegt vor und wird nach Finalisierung der Abstimmungen mit den betroffenen Stakeholdern veröffentlicht werden.“

In der Beantwortung  4470/AB (XXIV. GP) vom 13. April 2010 auf die Anfrage Nr. 4519/J Dr. Wolfgang Pirklhuber vom 15. Februar 2010, wurden die drei Module der Kampagne „vielfaltleben“ konkretisiert:

 

Modul 1: Schutzprojekte: Durchführung von Projekten zum Schutz der am meisten gefährdeten Arten und Lebensräumen in Österreich sowie Aufbau eines lokalen Gemeindenetzwerks zum Schutz der Artenvielfalt.

 

Modul 2: Allianz der Lebensvielfalt: Aufbau von Partnerschaften mit möglichst vielen Akteuren, Gruppierungen und gesellschaftlichen Bereichen zum Schutz der Vielfalt. Die Allianz ist ein Zusammenschluss aus VertreterInnen von Politik, Nichtregierungsorganisationen, Wirtschaft, GrundbesitzerInnen, Interessen­vertretungen, Medien, Wissenschaft und Kultur.

 

Modul 3: Öffentlichkeitsarbeit: Ziel ist es, das Bewusstsein der Menschen für die Bedeutung der biologischen Vielfalt zu stärken. Aus dem Kampagnenbudget von
1 Million Euro fließt ca. ein Drittel direkt in insgesamt 24 spezifische Projekte zum Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume in Österreich. Zu diesen Mitteln sind auch Eigenleistungen der Organisationen des Auftragnehmers (Naturschutzbund, WWF, Birdlife) sowie anderer Partner hinzuzurechnen, wodurch sich die gesamten, den Schutzprojekten zukommenden Mittel vervielfachen. Im Modul 3 (Öffentlichkeitsarbeit) sind € 150.000,- für die beauftragte Kommunikationsagentur budgetiert.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1.    In welchen Punkten hat Österreich das 2010-Ziel - nämlich eine signifikante Reduktion des Verlustes der biologischen Vielfalt – nicht erreicht? Wie viele und welche Arten sind seit 2001, dem Beschlussjahr der 2010-Ziele, in Österreich verschwunden?

 

2.    Wurde der Aktionsplan Artenschutz, der bereits 2007 im Artenschutzpakt für 2008 beschlossen wurde und der vor 15 Monaten bereits als Entwurf vorlag, inzwischen fertig gestellt? Wenn ja, wo ist er veröffentlicht? Wenn nein, wann wird dieser Verpflichtung endlich nachgekommen? In der Kampagne „vielfalt leben“ sind 2 Aktionspläne für 2 Einzelarten (Wachtelkönig, Wildkatze) erstellt worden, die keinesfalls einem Aktionsplan Artenschutz entsprechen können.

 

3.    Welche Maßnahmen ergreift Österreich, um auch nach dem Jahr 2010 die Ziele der Biodiversitätskonvention weiter zu verfolgen?

 

4.    Werden Sie sicherstellen, dass in den Jahren 2011 – 2014 in Ihrem Ressort die erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung der Biodiversitätsziele budgetär abgesichert werden? Wenn ja, in welcher Weise, wenn nein, warum nicht? Wie viele Mittel sollen 2011 für die Erreichung dieser Ziele zur Verfügung stehen?

 

5.    Wurde der nächste (Vierte) Bericht Österreichs über das Übereinkommen über die biologische Vielfalt bereits erstellt? Wenn ja, wo ist er veröffentlicht? Wenn nein, warum ist der bisher im 4-Jahresrhythmus erschienene Bericht nach nunmehr 6 Jahren nicht erstellt?

 

6.    Welche Maßnahmen ergreifen die Bundesländer als zuständige Instanzen zur Erreichung der 2010-Ziele? Werden diese Maßnahmen koordiniert und wenn ja in welcher Form?  Wie wird der Erfolg dieser Maßnahmen evaluiert?

 

7.    Wie und in welchen Projekten sind die Bundesländer in die Vielfaltleben - Kampagne des BMLFUW eingebunden (Auflistung nach Bundesland, Projekt, Art der Beteiligung, eingebrachte Mittel)?

 

8.    Wie wird das Budget von ca. € 1 Mio. der Kampagne Vielfaltleben auf die einzelnen Module aufgeteilt? Wie wird das Budget auf die Schutzprojekte aufgeteilt und welcher Teil entfällt innerhalb der Projekte nochmals auf die Öffentlichkeitsarbeit? Auflistung nach Projekt, Budget, Verwendungsart im Projekt und Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit?

 

9.    Wird die Kampagne Vielfaltleben 2011 fortgesetzt? Wenn ja, in welchem Umfang? Wenn nein, wie wird im Sinne der Nachhaltigkeit  der Schutz der Arten in den Schutzprojekten weiterhin gewährleistet?

 

10. Wie viele und welche Gemeinden beteiligen sich am Gemeindenetzwerk und wie bringen sich die Gemeinden ein (Auflistung nach Gemeinde, Projekt und eingebrachten Mitteln)? Wird dieses Gemeindenetzwerk nach 2010 weiterhin betrieben? Wenn ja, von wem und mit welchen Mitteln? Wenn nein, wie wird im Sinne der Nachhaltigkeit die regionale Einbindung weiterhin gewährleistet?

 

11. Wie viele und welche Partner beteiligen sich an der Allianz und wie bringen sich diese ein (Auflistung nach Partner, Projekt und eingebrachten Mitteln)? Wird dieses Allianznetzwerk nach 2010 weiterhin betrieben? Wenn ja, von wem und mit welchen Mitteln? Wenn nein, wie wird im Sinne der Nachhaltigkeit die Einbindung von Akteuren aus der Wirtschaft weiterhin gewährleistet?

 

12. Welche Maßnahmen werden Sie gegen die massiven Biodiversitätsverluste in agrarischen Intensivgebieten ergreifen?

 

13. Welche Maßnahmen werden Sie dagegen unternehmen, dass in agrarisch extensiv genutzten Flächen, die eine spezifische biologische Vielfalt beherbergen, die landwirtschaftliche Nutzung immer häufiger eingestellt wird (davon betroffen pro Jahr 5.000 ha Grünlandfläche)?


14. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, damit durch die Intensivierung der Grünlandgebiete (zeitige Schnitte im Frühjahr, höherer Düngereinsatz) der Artenreichtum nicht verringert wird?

 

15. Welche Maßnahmen werden Sie gegen die Stickstoffeinträge in der Luft, die ebenfalls negative Veränderungen der biologischen Vielfalt bewirken, ergreifen?

 

16. Welche Maßnahmen werden Sie zur Verringerung der Stoffeinträge aus der Landwirtschaft (Dünger und Pflanzenschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel) ergreifen, die ebenfalls die biologische Vielfalt gefährden?

 

17. Durch den Klimawandel ist in Österreich vor allem die alpine Pflanzendiversität gefährdet. Was werden Sie gegen diese zunehmende Gefährdung unternehmen?

 

18. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um eine koordinierte gemeinsame Strategie für Schutzgebiete in Österreich zu erreichen?