575/J XXIV. GP
Eingelangt am 14.01.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend „Organhandel und organisierte Kriminalität“
Mit der AB
2094/XXII.GP vom 09.11.2004 wurden die Fragen der Abg. Mag. Maier und
GenossInnen in der Anfrage „Internationaler Organhandel und organisierte
Kriminalität“
durch die damalige Justizministerin beantwortet. Es wurde dabei u.a.
hingewiesen, dass
mittlerweile der Straftatbestand des Menschenhandels (§ 104a StGB) durch
das
Strafrechtsänderungsgesetz
2004 (StRÄG 2004), BGBl. I Nr. 15, in Kraft getreten am 1. Mai
2004, – den
UNO-Vorgaben entsprechend – auf Ausbeutung zum Zwecke der
Organentnahme ausgedehnt wurde.
„Nach
§ 104a Abs. 1 StGB ist eine Grundstrafdrohung von bis zu drei Jahren
Freiheitsstrafe
vorgesehen,
wenn eine minderjährige oder – unter Einsatz bestimmter, in Abs. 2
definierter
„ unlauterer“ Mittel –
eine volljährige Person unter anderem mit dem Vorsatz, dass sie durch
Organentnahme ausgebeutet werde,
angeworben, beherbergt oder sonst aufgenommen,
befördert oder einem anderen angeboten oder weitergegeben wird. Eine
Strafdrohung von
sechs Monaten bis zu fünf Jahren
Freiheitsstrafe ist beim Einsatz von Gewalt oder
gefährlicher Drohung gegenüber Betroffenen jeden Alters vorgesehen
(Abs. 3). Abs. 4
wiederum droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren an, wenn die
Tat gegen
eine unmündige Person, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, unter
Anwendung
schwerer Gewalt oder so begangen wird, dass durch die Tat das Leben der Person
vorsätzlich oder grob fahrlässig gefährdet wird oder die Tat
einen besonders schweren
Nachteil für die Person zur Folge hat.
Eine solche Ausbeutung durch Organentnahme wäre jedenfalls dann
gegeben, wenn an einer
lebenden Person eine fremdnützige Organentnahme erfolgen soll, die nicht
im Sinne des § 90
gerechtfertigt
wäre und daher – würde sie entsprechend der Absicht des
Menschenhändlers
durchgeführt – nach österreichischem Recht als
Körperverletzung im Sinne der §§ 83 ff zu
verfolgen wäre.
Nach dem Plan des Täters müsste also entweder eine rechtlich
wirksame Einwilligung des
Opfers in die beabsichtigte Organentnahme fehlen – etwa wenn dieses
über die beabsichtigte
Operation gar nicht informiert oder seine Einwilligung durch Gewalt, Drohung
oder List
erlangt werden
soll; andererseits könnte die mangelnde Rechtfertigung –
unabhängig von
einer allenfalls wirksam erteilten Einwilligung – auch in einer
Sittenwidrigkeit der
beabsichtigten Verletzung liegen (vgl. Burgstaller
in WrK, § 90, Rz 119 bis 130). Bei einer
Organentnahme zu Heilzwecken – etwa beim Empfänger eines
Spenderorgans oder zur
medizinisch indizierten Entfernung eines
z.B. tumorbefallenen Organs – würde es bereits am
Element der Ausbeutung des Körpers der betroffenen Person fehlen, weshalb
ein solcher Fall
nicht unter die im Sinne der Bestimmung gegen Menschenhandel problematischen
Organentnahmen zu subsumieren
wäre“.
Unabhängig
von den zit. materiellrechtlichen Bestimmungen geht es natürlich auch um
eine
grundsätzliche Positionierung des Innenressorts dazu um Informationen
über illegalen
Organhandel
und um Auskunft, welche diesbezüglichen kriminalpolizeilichen Ermittlungen
in
den
letzten Jahren geführt wurden. Nach den dem BMI vorliegenden
kriminalpolizeilichen
Informationen sind in Österreich und auch in anderen europäischen
Staaten keine Fälle des
kommerziellen Organhandels bekannt geworden oder als erwiesen berichtet (AB
3/XXII.GP
vom 12.02.2003). Vor allem aus Tschechien, Bulgarien und Rumänien gebe es
immer wieder
Berichte über illegale Organentnahmen. Es gab Festnahmen wegen Verdachts
auf illegalen
Organhandel in Tschechien. Haut-Transplantate von Verstorbenen wurden illegal
in die
Niederlande gebracht.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für
Inneres
nachstehende
Anfrage:
1.
Liegt dem Innenressort die vollständige „FALCONE-Studie“
(Internationaler Organhandel
und
organisierte Kriminalität) in endgültiger Form bereits vor?
2.
Wenn ja, zu welchen konkreten Ergebnissen kamen die unabhängigen
Experten in der
FALCONE-Studie
aus Sicht des Innenressorts?
3.
Gibt es zu diesen Vorschlägen dieser unabhängigen Experten
bereits
Schlussfolgerungen
des Innenressorts? Wenn ja, wie lautet diese?
4.
Sieht das Innenressort den illegalen Handel mit menschlichen Organen
(organisierte Kriminalität) als ein wichtiges Problem, das einer
europaweiten oder
weltweiten (Vereinten Nationen) Lösung bedarf?
5.
Wie sollte aus Sicht des Innenressorts eine europaweite oder weltweite
Bekämpfung des
illegalen
Organhandels und der organisierten Kriminalität in diesem Bereich
aussehen?
6.
Wie wird seitens des Innenressorts generell das Phänomen des
illegalen Handels mit
menschlichen
Organen beurteilt?
7.
Sind dem Innenressort detaillierte Fälle über kriminelle
Aktivitäten oder Praktiken im
Zusammenhang
mit der Transplantation von menschlichen Organen in Europa bekannt?
Wenn
ja, welche Erkenntnisse liegen dem Ressort dazu vor?
8.
Wie viele Fälle von illegalem Organhandel sind dem Innenressort
seit 2004 in Österreich
und
in Europa bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?
9.
Sind dem Innenressort seit 2004 Beweise für einen Zusammenhang
zwischen den Handel
mit
menschlichen Organen und der organisierten Kriminalität bekannt geworden?
10.
Soll es zur Harmonisierung nationaler Bestimmungen über
Organhandel in der EU aus Sicht
des
Ressorts kommen?
11.
Sehen Sie einen Reformbedarf in der Österreichischen Rechtslage?
Wenn
ja, worin besteht dieser?
12.
Halten Sie die geltenden strafgesetzlichen Regelungen in
Österreich über Organhandel und
Organtransplantationen
als ausreichend?
13.
Würden Sie unter Berücksichtigung der Ergebnisse der FALCONE
Studie eine
(straf-)rechtliche
Regelung für den illegalen „Organhandel“ in Österreich
als notwendig
erachten?
14.
Wie viele Ermittlungen wurden in den Jahren 2004, 2005, 2006, 2007 und
2008 im
Zusammenhang mit § 104 a StGB durch die Strafverfolgungsbehörden oder
das
Innenministerium veranlasst und durch die Kriminalpolizei geführt
(Aufschlüsselung
auf Jahre)?
15.
Wie viele Strafanzeigen nach § 104 a StGB wurden in den Jahren
2004, 2005, 2006, 2007
und
2008 erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre)?
16.
Wie viele Strafanzeigen wurden in diesen Jahren im Zusammenhang mit
§ 64 Abs. 1 Z 4
StGB
(Auslandstaat) erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre)?
17.
Was ist dem Innenressort über Verschleppung, Mord und damit
verbundenen illegalen
Organhandel
in der Zeit des Jugoslawischen Bürgerkrieges (z.B. Bosnien) und den
Folgejahren bekannt geworden?