5876/J XXIV. GP

Eingelangt am 24.06.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend „Geldwäsche-Meldestelle: Verdachtsmeldungen 2009“

Mit der AB 1757/XXIV.GP vom 19.06.2009 wurden die Fragen des Fragestellers Mag. Maier und GenossInnen zur Anfrage betreffend „Geldwäsche-Meldestelle: Verdachtsmeldungen“ für das Jahr 2008 beantwortet. In der Zwischenzeit hat sich einiges geändert. Die Financial Action Task Force (FATF) hat in ihrem im 1. Dezember 2009 veröffentlichten Bericht über die Umsetzung der sogenannten „40+9 FATF-Empfehlungen“ zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch Österreich Defizite in einigen Bereichen festgestellt. Gefordert wurde u.a. dass die Strafverfolgung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung deutlich verschärft wird.

Die geografische Lage macht Österreich aus Sicht der FATF freilich für kriminelle Organisationen aus Ost- und Südosteuropa als Durchgangsland „für Drogen und andere Schmuggelgüter“ interessant.

Und: Die politische Stabilität, das Steuersystem und das relativ strikte Bankgeheimnis machten das Land zu einem „attraktiven Anlageort für Geld aus kriminellen Quellen“.

In Folge wurde am 3. Februar 2010 im Ministerrat ein Bericht über „Maßnahmen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ beschlossen (Transparenzpaket für den Finanzplatz Österreich). Dies war ein gemeinsamer Bericht der Bundesministerien für Finanzen, Inneres, Justiz, Europäische und Internationale Angelegenheiten und Wirtschaft, Familie und Jugend. Die wesentlichen Teile dieses Transparenzpaketes wurden am 20. Mai im Nationalrat durch die Novellierung mehrerer Gesetze beschlossen.


2009 und 2010 wurden in der Öffentlichkeit ganz konkrete Geldwäscheverdachtsfälle in der Öffentlichkeit bekannt, mehrere davon betrafen die Hypo-Alpe-Adria Bank.

Wie das Nachrichtenmagazin NEWS auf seiner Website www.news.at am 12. Mai 2010 berichtete, hat der Beauftragte für Wirtschaftskriminalität der BayernLB bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft München zu Protokoll gegeben, dass bei Tochtergesellschaften der Hypo Alpe Adria außerhalb Österreichs 24 Kriegsverbrecher und 2 Terroristen als Kunden entdeckt worden seien" (APA vom 12.05.2010).

Oder:

„Die Hypo Alpe Adria Bank hat am 16.04.2010 ihren ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Kulterer wegen des Verdachts der Geldwäsche bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt angezeigt. Auch Kulterers damalige Vorstandskollege Günter Striedinger und Josef Kircher sowie der kroatische Ex-General Vladimir Zagorec wurden angezeigt.

Dabei geht es um Finanzierungen, welche die Hypo International im Jahr 2006 für die Zagorec-Gesellschaft Sambuca durchgeführt hat. Diese sollen über die Hypo-Tochter in Liechtenstein abgewickelt worden sein. Die Finanzierungen sollen entgegen den Empfehlungen der internen Revision durchgeführt worden sein“ (APA 16.04.2010).

Oder:

„Die Hypo Alpe Adria Bank in der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica ist ins Visier der Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche (USPS) geraten. Derzeit würden „einige verdächtige Geldüberweisungen und Kreditvergaben“ in den Jahren 2008 und 2009 untersucht, bestätigte der Leiter der Behörde, Predrag Mitrovic, der Wochenzeitschrift „Monitor“. Dabei geht es um Transaktionen in Millionenhöhe mit Unternehmen, die mit dem flüchtigen serbischen Mafiaboß Darko Saric in Verbindung gebracht werden, schreibt „Monitor“. Saric wird in Serbien verdächtigt, an der Spitze einer Gruppe zu stehen, die im vergangenen Jahr versucht hat, rund 2,7 Tonnen Kokain aus Südamerika nach Europa zu schmuggeln“ (APA 0211 WI, WA 02.04.2010).

Auch der größte Geldwäscheskandal Italiens um den Telekomkonzern Fastweb lief über Österreich und österreichische Banken. Auf Wiener Bankkonten ist Presseberichten zufolge noch immer Geld aus diesen Transaktionen eingefroren, die österreichische Staatsanwaltschaft ermittelt seit dem Jahr 2007. Der Skandal, in den italienische Topmanager und -politiker (überwiegend aus dem Berlusconi-Umfeld) verwickelt sind, hält Italien seit 2007 in Atem. Er wurde durch die Meldungen der österreichischen Banken bekannt.

Aus den geheimen Untersuchungsberichten der Staatsanwaltschaft Rom geht hervor, dass Wien in diesem Geldwäscheskandal scheinbar finanzieller Dreh- und Angelpunkt war. In den Jahren von 2005 bis 2007 sind über Tarngesellschaften und Bankkonten in Österreich zwei Milliarden Euro geflossen, die aus Geschäften der Mafia stammen sollen (Profil 10/2010). Die kalabrische Mafia soll dabei mit Hilfe der Fastweb und der Telecom Italia (Telecom Italia Sparkle) insgesamt zwei Milliarden Euro „gewaschen“ haben und zwar über Konten bei drei österreichischen Geldinstituten.

Die beiden italienischen Unternehmen hielten zu diesem Zweck 14 Konten, davon zwölf in Österreich. Und zwar bei der RZB, bei der Bank Austria und bei der unterdessen an die Schweizer Bank verkauften Anglo Irish Bank Austria.

Brigitte Unger, Professorin für Öffentliche Wirtschaft an der Universität Utrecht, schätzt das Volumen der Geldwäsche je nach Land auf zwei bis vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. „In Österreich könnte es sogar mehr sein“, sagte die aus Österreich stammende Universitätsprofessorin, die eine Studie über Geldwäsche in den Niederlanden erstellt hat, in einem SN-Interview. Denn Österreich habe trotz der mittlerweile ergriffenen Maßnahmen international noch immer den Ruf eines „Top-Geldwäschelands“.

Aus systematischen Gründen werden ähnliche Fragen wieder gestellt, um die aktuellen Zahlen und Informationen für das Jahr 2009 zu erhalten.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an die Bundesministerin für Inneres nachstehende

Anfrage:

1.      Wie viele Geldwäscheverdachtsmeldungen sind im Jahr 2009 bei der österreichischen Geldwäsche-Meldestelle (Austrian Financial Intelligence Unit - A-FIU) eingelangt?
Von welchen Behörden und Branchen (bzw. meldepflichtigen Berufsgruppen) wurden diese Meldungen erstattet?


2.              Wie viele dieser Meldungen führten zu weiteren kriminalpolizeilichen bzw. sicherheitsbehördlichen Ermittlungen, um eine Klärung des Sachverhalts zu erzielen? Welche Ergebnisse wurden dabei jeweils erzielt?

3.      In wie vielen Fällen hat im Jahr 2009 die Bundesministerin für Inneres die Durchführung einer Finanz-Transaktion untersagt oder vorläufig aufgeschoben?

4.              Wie viele dieser Ermittlungen führten zu gerichtlichen Strafanzeigen nach der StPO und dem Finanzstrafgesetz durch die Geldwäsche-Meldestelle oder Kriminalpolizei?
Welche Delikte wurden dabei 2009 zur Anzeige gebracht (Ersuche um Aufschlüsselung der Delikte)?

5.              In wie vielen Fällen hat nach entsprechender Prüfung die Geldwäschemeldestelle von der Führung eines Strafverfahrens Abstand genommen?

6.      Wie viele der Meldungen im Jahr 2009 waren mit einem Auslandsbezug verbunden (Aufschlüsselung auf Staaten)?

Wie viele mit „Off-Shore-Firmen“ (Aufschlüsselung auf Niederlassung)?

7.              In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2009 Safe-Öffnungen genehmigt und durch die Kriminalpolizei nach gerichtlicher Anordnung oder Anordnung durch die StA durchgeführt?

8.              Welche Geldsummen und sonstige Vermögenswerte wurden im Jahr 2009 durch die Kriminalpolizei sichergestellt (§110 StPO) und beschlagnahmt (Aufschlüsselung nach Herkunft der Geldsummen und sonstiger Vermögenswerten)?

9.              Welche Geldsummen, die aus illegalen Straftaten stammten - wurden im Jahr 2009 abgeschöpft?

Aus welchen Straftaten stammten diese Beträge (Aufschlüsselung der Geldsummen und der Anzahl der Straftaten)?

10.  Wie viele Geldwäschefälle betrafen 2009 das illegale „Hawala System“?


11.     Welche Geldwäschemethoden sind dem Ressort bekannt geworden?
Welche Methoden bzw. Taktiken bedienten sich 2009 die Geldwäscher?

12.     In wie vielen Fällen mussten 2009 Maßnahmen ergriffen werden, um Angestellte der dieser Richtlinie unterliegenden Institute oder Personen, die einen Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung intern oder der zentralen Meldestelle meldeten, vor Bedrohungen oder Anfeindungen zu schützen?

13.     Waren von Bedrohungen und Anfeindungen auch MitarbeiterInnen anderer meldepflichtigen Unternehmen betroffen?

14.     Wie wird gegenwärtig international - mit Finanz-, Sicherheits- und Polizeibehörden - zusammengearbeitet?

15.     Welche Aufgaben kommen im Zusammenhang mit Geldwäschebekämpfung der neu eingerichteten Korruptionsstaatsanwaltschaft in Österreich zu?

16.     Welche gemeinsamen Projekte zur Bekämpfung von Geldwäsche gab es mit anderen Staaten im Jahr 2009?

Welche Ergebnisse (Erfolge) wurden dabei erzielt?