6244/J XXIV. GP

Eingelangt am 12.07.2010
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Wahrung der Immissionsgrenzwerte zum Schutz der Gesundheit

 

 

  1. Blei und Cadmium im Staubniederschlag in Arnoldstein

 

Die Bleikonzentration im Staubniederschlag in Arnoldstein hat ab 2002 wieder zugenommen und liegt nach wie vor über dem IG-L-Grenzwert. Ausreißer gibt es auch bei Cadmium im Staubniederschlag (2008). Die Überschreitungen in der zeitlichen Entwicklung sind zuletzt aktuell dokumentiert in der abfallrechtlichen Genehmigung der Erweiterung der MVA der Kärntner Restmüllverwertungs GmbH in Arnoldstein (Amt der Kärntner Landesregierung, 7-A-AT-2/12-2010 vom 12. 2. 2010).

Wie die Statuserhebung 2002 zur Blei- und Cadmium-Belastung in Arnoldstein (fertiggestellt 2006) ausführt,  sind einerseits die Verfrachtung kontaminierten Bodens und andererseits laufende Emissionen aus den Folgebetrieben der BBU Blei- und Zinkhütte Arnoldstein die Ursache. Der Statusbericht 2002 zeigt eine Reihe von Maßnahmen insbesondere für die BMG Metall&Recycling GmbH auf. Eine entsprechende Maßnahmen-VO wurde aber vom Kärntner Landeshauptmann nie erlassen. Auch der IG-L-Bericht 2005 – 2008 des Ministeriums führt auf S 65 aus: „ein weiterer Rückgang des Staubniederschlags und von Blei und Cadmium im Staubniederschlag hängt von der Umsetzung emissionsmindernder Maßnahmen ab, die nach den ab 2003 erstellten Statuserhebungen erarbeitet wurden.“

 

  1. Vertragsverletzungsverfahren betreffend Feinstaub-Grenzwertüberschreitungen in Graz

 

Wegen der gesundheitsgefährdenden Feinstaub-Belastungen in Graz ist ein Vertragsverletzungsverfahren unter Nr 2008/2183 gegen Österreich anhängig. Die Kommission gewährte nämlich in der Entscheidung der Kommission vom 2.7.2009 (K (2009) 5247) betreffend Graz keine Fristerstreckung, weil die gesetzten und angekündigten Maßnahmen als ungenügend erachtet wurden.  Die Aufforderung zur Abgabe einer begründeten Stellungnahme nach Art 226 AEUV erging am 23. 11. 2010.

 

  1.  Fehlende Umweltprogramme und Maßnahmen-Verordnungen der Landeshauptleute

 

Gemäß § 9 a IG-L haben die Landeshauptleute für jene Gebiete, in denen Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte des IG-L erhoben wurden ein „Umweltprogramm“ zu erlassen, das die Maßnahmen zur Reduktion der Belastungen gesamthaft aufzulisten hat. Wie aus dem IG-l-Bericht 2005-2008 des Ministeriums, S 25 ff, hervorgeht, bestehen keineswegs zu allen belasteten Gebieten und relevanten Schadstoffen Umweltprogramme. Die Genehmigung neuer Betriebsanlagen setzt aber gemäß § 20 IG-L und gleichlautenden Bestimmungen in den Materiengesetzen das Vorliegen derartiger Umweltprogramme im Regelfall voraus.

 

Gemäß § 10 IG-L haben die Landeshauptleute für die belasteten Gebiete konkrete Maßnahmen per Verordnung zu verfügen. Wie der  IG-l-Bericht 2005-2008 des Ministeriums, S 25 ff, zeigt, wurden Maßnahmen-Verordnungen nur unzureichend (keine Maßnahmen-VO, nicht für alle relevanten Schadstoffe, nicht für alle Verursacher) erlassen.

 

  1. Umsetzung des Janacek-Urteils des EuGH vom Juli 2008

 

Mit Vorabentscheidung zur Rs C-237/07, Janecek, vom 25. Juli 2008, stellte der Europäische Gerichtshof klar, dass Art 7 Abs 3 RL 96/62/EG dahingehend auszulegen ist, dass unmittelbar betroffene Einzelne im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen bei den zuständigen nationalen Behörden die Erstellung eines Aktionsplans erwirken können müssen. Die Mitgliedstaaten haben Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Gefahr einer Überschreitung und ihre Dauer unter Berücksichtigung aller zur gegebenen Zeit vorliegenden Umstände und der betroffenen Interessen auf ein Minimum zu reduzieren. Einem Ermessensspielraum der Staaten hinsichtlich der Ausrichtung der Maßnahmen seien jedoch Grenzen gesetzt, die vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden können. Festzuhalten ist auch: Was für die Aktionspläne, also die kurzfristigen Maßnahmen zur Verhinderung einer drohenden Grenzwert-überschreitung gilt, gilt natürlich umso mehr für Maßnahmen nach Art 8 Abs 3 RL96/62/EG, welche im Fall bereits eingetretener Überschreitungen zu setzen sind.

 Da das österreichische Recht eine derartige Rechtsdurchsetzung nicht kennt, hätte die IG-L-Novelle 2010 einen leistbaren und effizienten Rechtsweg eröffnen müssen. Das ist nicht geschehen, obwohl die neue RL dem alten Art 7 Abs 3 RL 96/62/EG entsprechende Regelungen enthält.

 

 

5.  Umweltzonen

 

Die IG-L-Novelle 2010 soll jetzt die sogenannten „Umweltzonen“ ermöglichen. Schon bisher konnten ja zur Einhaltung des Grenzwertes für Feinstaub und NOx gemäß § 14 IG-L verkehrsbeschränkende Maßnahmen wie Fahrverbote für PKW und LKW verfügt werden. Davon haben die Landeshauptleute nur sehr bedingt Gebrauch gemacht. Nunmehr soll eine emissionsklassenbezogene Vorgangsweise gewählt werden und durch eine Plakettenpflicht eine effiziente Kontrolle der Verkehrsbeschränkungen ermöglicht werden.

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Blei und Cadmium im Staubniederschlag in Arnoldstein

 

a) Warum wurde vom Landeshauptmann von Kärnten als IG-L-Behörde bis jetzt keine Maßnahmenverordnung zur Reduktion der laufenden Blei- und Cadmium-Emissionen aus den Nachfolgebetrieben der Blei- und Zinkhütte Arnoldstein im Sinne der Statuserhebung 2002 (UBA im Auftrag der Kärntner Landesregierung) erlassen?

b) Welche Behörde nach welchen Materiengesetzen hätte der  BMG Metall&Recycling GmbH Sanierungsaufträge zur Reduktion der Bleiemissionen auftragen können bzw müssen?

c)   Wird die IG-L-Behörde gemäß dem novellierten § 13 IG-L der  BMG Metall&Recycling GmbH  umgehend einen Sanierungsauftrag zur Reduktion der Bleiemissionen erteilen können?

d) Welche sonstigen Betriebe am Industriestandort Arnoldstein verursachen Blei- bzw Cadmium-Emissionen, wie hoch sind die Jahresfrachten und welchen Beitrag leisten sie zu den Grenzwertüberschreitungen der letzten Jahre?

e) Welche Erweiterungen wurden diesen Betrieben in den letzten acht Jahren genehmigt?

 

  1.  Vertragsverletzungsverfahren betr Feinstaubbelastung Graz

 

a) Was antwortete Österreich auf das Mahnschreiben vom 23. 11. 2010 unter Nr 2008/2183 der Kommission?

b) Welche Maßnahmen wurden im Konkreten zur Reduktion der Feinstaubbelastung in Graz zuletzt angekündigt, genügten der Kommission diese angekündigten Maßnahmen, was ist der aktuelle Stand des Vertragsverletzungsverfahrens?

 

  1.  Umweltprogramme und Maßnahmenverordnungen

 

a) Für welche belasteten Gebiete und deren jeweiligen Schadstoffe fehlt noch ein Umweltprogramm nach § 9a IG-L?

b) Für welche Sanierungsgebiete fehlt aa) generell eine Maßnahmen-VO nach § 10 IG-L, bb) fehlt eine Maßnahmen-VO in Bezug auf einen relevanten Schadstoff und cc) fehlt eine Maßnahmen-VO in Bezug auf relevante VerursacherInnen?

 

  1.  Umsetzung des Janecek-Urteils

 

a) Warum wurde in der Regierungsvorlage für eine IG-L-Novelle 2010 ein effizienter und leistbarer Rechtsweg für BürgerInnen im Sinne des Janacek-Urteils des EuGH nicht eröffnet?

b) Wann wird das Ministerium einen Ministerialentwurf zur Umsetzung von Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention vorlegen?

 

  1.  Umweltzonen

 

a) Bis wann werden Sie Herr Bundesminister die Verordnung zur näheren Bestimmung der Plaketten gemäß § 14 a Abs 4 IG-L erlassen, wie viele Plaketten soll es für welche Abgasklassen und Fahrzeuge geben?

b) Für welche Städte ist derzeit die Verordnung einer Umweltzone gemäß den Ankündigungen der Landeshauptleute beabsichtigt bzw aufgrund der Erfordernisse der EU-Luftqualitäts-RL notwendig?