6427/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.09.2010
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Walser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Amtsmissbrauch am Bezirksgericht Bludenz und die Ermittlungen gegen den Bludenzer Gerichtsvorsteher Erich Mayer.

 

 

Die Korruptions-Staatsanwaltschaft ermittelt laut Medienberichten („Vorarlberger Nachrichten“ vom 16. und 17.9.2010, vorarlberg.orf.at, 16.9.2010) aktuell gegen den Bludenzer Gerichtsvorsteher Erich Mayer. Der Richter soll eine Bedienstete beauftragt haben, mit seiner gefälschten Unterschrift hunderte Exekutionsanträge zu unterschreiben. Die Bedienstete sollte Exekutionsanträge künftig in seinem Namen - optisch möglichst echt - unterschreiben. Das wäre eine Aufforderung zur Unterschriftenfälschung. Richter Mayer habe sich damit Arbeit ersparen wollen.

 

Laut Dr. Georg Menardi vom OLG Innsbruck ist die große Arbeitsbelastung des Richters auf Personalknappheit zurückzuführen (zitiert in den Vorarlberger Nachrichten vom 17.9.2010: „Wegen Personalknappheit konnten wir in Bludenz über einen längeren Zeitraum keinen Rechtspfleger einstellen“). Die Bearbeitung der Exekutionsanträge, eigentlich eine Rechtspflegertätigkeit, fiel deshalb auf den Richter zurück. Sie als zuständige Bundesministerin werden in derselben Ausgabe der Zeitung so zitiert: „Schuld an der ganzen Geschichte ist sicherlich keine überdurchschnittliche Belastung des Bludenzer Gerichtes: Im Vergleich zu anderen Gerichten ist die Belastung dort jedenfalls nicht größer.“ Die Leserinnen und Leser der Zeitung schütteln angesichts solch widersprüchlicher Aussagen den Kopf.

 

Bedenklich stimmt auch die kolportierte Meldung, dass Mitarbeiter des Gerichts von den geschilderten Zuständen gewusst, aber „aus Angst geschwiegen“ haben.

Tatsache ist, dass 500 bis 800 Exekutionsbescheide am Bezirksgericht Bludenz jetzt ungültig sein könnten. Darunter Exekutions-Bewilligungen zum Beispiel betreffend Autos, die zum halben Schätzwert zur Versteigerung ausgerufen wurden. Aber auch Lohnpfändungen sollen dabei gewesen sein. Theoretisch drohen Schadenersatzklagen, für die letztlich der Staat gerade stehen müsste.


 

Von Seiten des für diesen Fall zuständigen Oberlandesgerichts Innsbruck heißt es weiters: man wolle zunächst die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten. Eine Suspendierung sei vorerst kein Thema.

 

In § 112 Abs 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz steht in diesem Zusammenhang zu lesen: „Wird über den Beamten die Untersuchungshaft verhängt oder würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, so hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung zu verfügen.“

 

Im Interview in den Vorarlberger Nachrichten mit dem allen Anschein nach schlechten Funktionieren der justiziellen Dienstaufsicht konfrontiert, werden Sie, Frau Bundesministerin, wie folgt zitiert: „Daher muss man wie gesagt dort besonders genau hinschauen, wo es Vorfälle gegeben hat. Aber das ist nun wirklich Sache des Präsidenten des Oberlandesgerichtes.“

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.    Haben Sie sich vor Ihrem Interview mit den „Vorarlberger Nachrichten“ beim OLG Innsbruck, dem zuständigen Oberlandesgerichtssprengel, und speziell bei Dr. Georg Menardi vom OLG Innsbruck über den Umfang der Arbeitsbelastung der Richter am BG Bludenz und speziell des Gerichtsvorstehers informiert?

 

2.    Wenn nein, warum nicht?

 

3.    Wenn ja, warum kommt es zu so diametral unterschiedlichen Aussagen?

 

4.    Welche konkreten Maßnahmen meinen Sie, wenn Sie in den Medien ankündigen, Sie wollten angesichts des Vorfalls in Bludenz „in Zukunft besonders genau hinschauen“?

 

5.    Wann haben Sie erstmals von den Vorwürfen gegen den Bludenzer Gerichtsvorsteher Erich Mayer erfahren?

 

6.    Was wurde bisher unternommen, um die Vorwürfe gegen den Bludenzer Gerichtsvorsteher Erich Mayer aufzuklären?

 

7.    Gegen wieviele Personen laufen derzeit staatsanwaltschaftliche Ermittlungen in der Causa?


 

 

8.    Halten Sie es für angebracht, dass sich der Bludenzer Gerichtsvorsteher Erich Mayer auf die Amtsverschwiegenheit beruft?

 

9.    Ist es richtig, dass seitens des OLG Innsbruck eine Suspendierung derzeit kein Thema ist?

 

10. Wenn ja, worauf gründet das Oberlandesgericht Innsbruck seine Auffassung?

 

11.  Können Sie ausschließen, dass das Ansehen des Amtes (gem § 112 BDG) durch den Verbleib von Gerichtsvorsteher Erich Mayer gefährdet ist?

 

12. Welche disziplinären Maßnahmen stehen dem OLG Innsbruck im Fall der Bewahrheitung der Vorwürfe offen?

 

13. Sind ihnen Klagen von Richtern und Richterinnen über enorme Arbeitsbelastungen bekannt?

 

14. Können Sie ausschließen, dass die Qualität der Justiz unter der hohen Arbeitsbelastung leidet?

 

15. Wenn ja, wie?

 

16. Ist es richtig, dass ein Rechtspflegerposten in Bludenz über längere Zeit unbesetzt blieb?

 

17. Wenn ja, wieso konnte in Bludenz über längere Zeit kein Rechtspfleger eingestellt werden?

 

18. Sind die Missstände in Bludenz wie von Ihnen dargestellt ausschließlich das Problem des Präsidenten des Oberlandesgerichtes in Innsbruck?

 

19. Gibt es in Österreich ein funktionierendes System der Dienstaufsicht?

 

20. Planen Sie Verbesserungsmaßnahmen im Bereich der internen Kontrolle um zukünftig Missstände früher aufzudecken?

 

21. Wenn ja, welche?

 

22. Wenn nein, warum nicht?


 

23. Sie werden in den Vorarlberger Nachrichten vom 17.9. 2010 wie folgt zitiert: „Doch man muss sich schon fragen, warum das nicht eher gemeldet wurde.“ Eine Antwort auf Ihre Frage gibt die in den Medien kolportierte Meldung, dass Mitarbeiter des Gerichts von den geschilderten Zuständen gewusst, aber „aus Angst geschwiegen“ haben. Würde eine Whistleblowerhotline hier Abhilfe schaffen?

 

24. Warum gibt es in Österreich bislang noch keine Whistleblower-Hotline?

 

25. Werden Sie angesichts dieser Vorwürfe die Installierung einer Whistleblower-Hotline aktiv betreiben?