6642/J XXIV. GP

Eingelangt am 18.10.2010
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Einflussnahme in die öffentliche Ausschreibung des Geschäftsführers/der Geschäftsführerin der RTR sowie weitere bemerkenswerte Auftragsvergaben und Auftragsanbahnungen durch Ihren Kabinettschef

 

 

Derzeit läuft noch bis zum 23. Oktober 2010 die Ausschreibung betreffend der Geschäftsführung der RTR GmbH und damit der Besetzung des „Telekom-Regulators“ für die nächsten Jahre.

 

Nicht nur in unterschiedlichen Tageszeitungen, sondern auch in sozialdemokratischen Kreisen ist zu vernehmen, dass der BMVIT-Kabinettchef und langjährige Weggefährte von BM Doris Bures, August Reschreiter, als Geschäftsführer in die RTR GmbH weggelobt werden und dort den seit 2002 amtierenden, parteipolitisch neutraleren Geschäftsführer und Telekom-Experten Georg Serentschy ersetzen solle.

 

Wie insbesondere in den Tageszeitungen „Der Standard“ (Juli 2010) und „Die Presse“ (September 2010) berichtet gibt es neben interessanten Personalien massive Vorwürfe – es gilt die Unschuldsvermutung – gegen Dr. Reschreiter in Richtung „Untreue“ und „Amtsmissbrauch“, die womöglich auch die Staatsanwaltschaft interessieren dürften.

 

Dichte und teilweise erstaunlicher finanzieller Umfang – zB angeblich 200.000 Euro für die Mitarbeit beim inhaltlich noch dazu fragwürdigen Postmarktgesetz – der Aufträge des BMVIT an den Anwalt Dr. Richard Regner, einen Freund Reschreiters aus dem Bund sozialistischer Akademiker (BSA), wurden bereits in einer gesonderten Anfrage der Grünen thematisiert. Daneben soll aber auch auf die Geschäftsführungen der im BMVIT-Einflussbereich stehenden Firmen bzw. ausgegliederten Einrichtungen Via Donau, FFG und SCHIG Druck ausgeübt worden sein, Aufträge an Hrn Regner zu vergeben (was „nebenbei“ manchen politisch völlig entbehrlichen Gesetzgebungsprozess in diesen Bereichen wie etwa die Ratifizierung des völlig veralteten Schifffahrtsabkommens AGN aus den Neunzigerjahren nachträglich erklären könnte).

 

Daneben gibt es jedoch noch weitere aufklärungswürdige Vergaben.

 


So soll beispielsweise in der ersten Jahreshälfte 2010 für die Erstellung eines fachlich unnötigen Glasfaserkatasters eine Machbarkeitsstudie (!) um angeblich wohlfeile 20.000 Euro und eine vertiefende Untersuchung dazu für weitere 40.000 Euro, insgesamt also 60.000 Euro vom Kabinettschef veranlasst worden sein. Beide Aufträge sollen an den seinerzeit ebenfalls nicht ganz geräuschlos an der Spitze des angesehenen Österreichischen Instituts für Raumplanung untergekommenen und mittlerweile im ÖIR Projekthaus tätigen Herrn DI Adolf Andel gegangen sein.

 

Herr DI Andel sollte nach dem Willen des Kabinettschefs auch mit einem Auftrag aus der RTR bedacht werden, für einen ebenfalls unnötigen "Postgeschäftsstellenkataster", wie er bereits auf der Homepage der Post AG ("Filialfinder") existiert. Die RTR-Geschäftsführung soll in der Aufsichtsratssitzung vom 1.7.2010 aufgefordert (!) worden sein, einen solchen Auftrag an Andel zu vergeben, unter Hinweis darauf, dass so ein Auftrag ohnehin nicht viel kosten würde.

 

Sollten sich allein die bisher vorliegenden Informationen als schlüssig erweisen, wäre es trotz eventuell möglicher fachlich-inhaltlicher Argumentierbarkeit geradezu eine Verhöhnung der Öffentlichkeit und völlig indiskutabel, wenn Ihr bisheriger Kabinettschef für das hochsensible Amt als Regulator auch nur in Erwähnung gezogen wird. Seit der Installierung dieser Einrichtung und dieses Amtes waren stets ExpertInnen als Geschäftsführer eingesetzt, die unbeeinflusst im Sinne der Republik ihrer Arbeit nachgegangen sind. Von dieser der Wichtigkeit der Funktion und Sache angemessenen Usance sollte keinesfalls abgegangen werden.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.    Wie viel kostete die Machbarkeitsstudie zur Erstellung eines Glasfaserkatasters (bitte die einzelnen Tranchen anführen)?

2.    Wie kam es zur diesbezüglichen Auftragsvergabe an Herrn DI Adolf Andel, ÖIR-Projekthaus GmbH?

3.    Wer hatte die Idee, einen derartigen Auftrag zu vergeben?

4.    Wurde die Beauftragung von den Fachbeamten gutgeheißen?

5.    Gab es auf Basis dieser bereits großzügig dotierten Machbarkeitsstudie bereits weitere Folgeaufträge? Wenn ja, welche und seit wann?

6.    Wie erklären Sie, dass das BMVIT den wiederholten Aussagen seiner Zuständigen zufolge es sich mangels Budget nicht leisten kann, einen besseren Handymasten-Kataster als den derzeit von den Mobilfunk-Betreibern zur Verfügung gestellten der Öffentlichkeit anzubieten, aber in benachbarten Themenfeldern schon für Machbarkeitsstudien zu Katastern derart hohe Summen kein Problem sind?

7.    Wie erklären Sie die Versuche, über den RTR-Aufsichtsrat einen „Postgeschäftsstellenkataster" bei DI Andel beauftragen zu lassen, obwohl ein solcher bereits auf der Homepage der Post AG ("Filialfinder") existiert?

8.    Wussten Sie Bescheid über das Volumen der Auftragsvergaben an a) Herrn Dr. Richard Regner? b) Herrn DI Adolf Andel? Wenn ja, seit wann?

9.    Hat die gemeinsame Vergangenheit mit Dr. Regner beim BSA bei den vermutlich von Dr. Reschreiter initiierten Auftragsvergaben eine Rolle gespielt?


10.  Sind Sie ebenso wie Ihr Kabinettschef überzeugt, dass Dr. Regner ein "... ausgewiesener Experte in Postfragen und vor allem im Binnenschifffahrtsrecht, an dem man nicht vorbei kommt ..." ist, so wie es Dr. Reschreiter im "Die Presse"-Artikel vom 30. September 2010 die Redakteurin wissen ließ?

11.  Können Sie ausschließen, dass die von den meisten Fachleuten bis hin zur viadonau in strategischer wie inhaltlicher Hinsicht mit Kopfschütteln quittierte Ratifizierung des völlig veralteten Binnenschifffahrtsabkommens AGN aus den 1990er-Jahren primär deshalb erfolgen musste, weil damit eine weitere Beauftragung des „vor allem im Binnenschifffahrtsrecht ausgewiesenen Experten“ gerechtfertigt werden konnte?

12.  Welche Aufträge zum Themenfeld Binnenschifffahrt mit welchen Laufzeiten und Auftragsvolumina für Dr. Regner gab es seit Ihrer Amtsübernahme seitens des BMVIT bzw. der viadonau?

13.  Wurde bei der dem Vernehmen nach 150.000 bis 200.000 Euro umfassenden Vergabe an Dr. Regner zum Thema „Postmarktgesetz“ das Vergabegesetz eingehalten? Wenn ja: Erläutern Sie dies bitte näher. Falls nein: Warum nicht?

14.  Planen Sie Kabinettchef Dr. August Reschreiter in ministeriumsnahe Gesellschaften oder Einrichtungen weiterzureichen?

a) Haben Sie darüber bereits mit Personen der eigenen, sozialdemokratischen Fraktion gesprochen?

b) Haben Sie in den Gesprächen den Plan geäußert, Dr. Reschreiter als Telekom-Regulator „einzusetzen“?

c) Ist Ihnen bekannt, dass die Ausschreibungsfrist erst am 23. Oktober 2010 endet?

d) Wie werden Sie sicherstellen, dass ein tatsächlich geeigneter, fachlich und auch sonst unumstrittener Kandidat mit der Funktion des Telekom-Regulators betraut wird und nicht ein politischer Mitarbeiter?

15.  Ist Ihnen die Bedeutung der RTR GmbH als unabhängige Regulierungsbehörde bewusst?

16.  Würden Sie akzeptieren, dass dort eine Person als GeschäftsführerIn zum Zug kommt, gegen die gewichtige Vorwürfe – möglicherweise Richtung Untreue und Amtsmissbrauch – erhoben werden?

17.  Ist Ihnen bekannt, ob bereits die Staatsanwaltschaft diesbezügliche Ermittlungen gegen Ihren derzeitigen Kabinettschef aufgenommen hat?

18.  Können Sie die im Bericht des „Standard“ vom 24./25. Juli 2010 skizzierten Personalien bestätigen, wonach Vertraute Ihres Kabinettschefs in gutdotierte Funktionen in BMVIT-zugeordneten Firmen gehievt wurden bzw. gehievt werden sollten?

19.  Halten Sie es angesichts all dessen für das fachliche Optimum für das BMVIT und seine wichtigen Agenden, als Nachfolgerin für Dr. Reschreiter an der Spitze Ihres Kabinetts erneut eine parteipolitische Lösung mit Mietervereinigungs-Biografie in Person einer engen Mitarbeiterin aus SPÖ-Geschäftsführungs-Zeiten in Stellung zu bringen?