6648/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.10.2010
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Walser, Zinggl, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin  für Unterricht, Kunst und Kultur

 

betreffend die Direktorin des Belvedere Agnes Husslein

 

 

Die Frage nach dem rechtmäßigen Eigentümer von Egon Schieles Gemälde Mutter mit zwei Kindern III, das sich in der Österreichischen Galerie Belvedere befindet, ist ohne Zweifel sehr schwierig und möglicherweise überhaupt nicht mehr abschließend zu beantworten.  Am 8. Oktober 2010 hat der Kunstrückgabebeirat jedenfalls beschlossen, Ihnen zu empfehlen, das Kunstwerk nicht an die Erben nach Jenny Steiner auszufolgen, nachdem eine Entscheidung darüber aufgrund der Komplexität des Falles mehrere Male vertagt worden war.

 

Unabhängig von der Entscheidung des Kunstrückgabebeirats hat aber die Direktorin des Belvedere, Agnes Husslein, überaus befremdliches Verhalten an den Tag gelegt. Nachdem sie schon im März 2010 in einem Kommentar in der „Presse“ ihre Sicht der Dinge verkündet hatte („Schieles Mutter mit zwei Kindern III ist ein Musterbeispiel dafür, dass die Republik Kunstwerke auch nach dem Krieg korrekt erworben hat“), kündigte sie am 8. Juni 2010, zwei Tage vor einer Sitzung des Kunstrückgabebeirats, via APA an, sie sei „fest entschlossen, mit allen Mitteln um den Verbleib des Bildes in der Sammlung des Belvedere zu kämpfen“. Ganz offensichtlich reiht sich auch Agnes Husslein in die Reihe jener DirektorInnen von Bundesmuseen ein, die sich nicht mehr als Angestellte des Bundes, sondern als HerrscherInnen und EigentümerInnen der ihnen anvertrauten Sammlungen betrachten.

In weiterer Folge trat der „Belvedere-Anwalt Ernst Ploil“ (so u. a. die „Presse“ am 19. März 2010) wiederholt mit einer Rechtsmeinung zu dem Fall in Erscheinung, unter anderem im „Kurier“ vom 22. September 2010 und in einem Kommentar in der „Presse“ am selben Tag, in dem er postulierte, die Rückgabe des Gemäldes würde „einen krassen Rechtsbruch darstellen“. Zur Person Ploil war in der „Presse“ Folgendes zu lesen: „Dr. Ernst Ploil ist Rechtsanwalt in Wien (im vorliegenden Fall Parteienvertreter) und u. a. Experte für Rechtsfragen im Kunsthandel.“ Ploil hat also in diesem Kommentar ganz explizit nicht seine Privatmeinung geäußert.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 


ANFRAGE:

 

 

  1. Hat Ernst Ploil im Auftrag von Agnes Husslein oder der Österreichischen Galerie Belvedere ein Gutachten betreffend die Restitution von Egon Schieles Gemälde Mutter mit zwei Kindern III verfasst?
  2. Hat Ernst Ploil für das Verfassen dieses Gutachtens ein Honorar seitens der Österreichischen Galerie Belvedere bezogen?
  3. Wie hoch war dieses Honorar?
  4. Kennen Sie den Inhalt dieses Gutachtens?
  5. Wurde dieses Gutachten der Kommission für Provenienzforschung übermittelt?
  6. Wurde dieses Gutachten dem Kunstrückgabebeirat oder einzelnen Mitgliedern des Beirats übermittelt?
  7. Welchen Beiratsmitgliedern wurde dieses Gutachten übermittelt?
  8. Hat Ernst Ploil für das Verfassen des Kommentars in der Tageszeitung „Die Presse“ am 22. September 2010 ein Honorar seitens der Österreichischen Galerie Belvedere bezogen?
  9. Stehen die Österreichische Galerie Belvedere und Ernst Ploil in einem ständigen Rechtsvertretungs-Verhältnis?
  10. Wie hoch ist das Honorar, das Ernst Ploil pro Jahr für seine Tätigkeit als Belvedere-Anwalt bezieht?
  11. War Ernst Ploil im gegenständlichen Fall „Parteienvertreter“ der Republik Österreich?
  12. War Ernst Ploil im gegenständlichen Fall „Parteienvertreter“ der Österreichischen Galerie Belvedere?
  13. Welche Parteienstellung könnte die Österreichische Galerie Belvedere in diesem Fall innegehabt haben?
  14. Halten Sie es für vereinbar, wenn ein und dieselbe Person stellvertretender Kuratoriumsvorsitzender des Belvedere und zugleich Mitglied des Kunstrückgabebeirats ist?

 

  1. Sind Sie der Ansicht, dass Ihre Restitutionsentscheidungen auf Grundlage der Empfehlungen des Kunstrückgabebeirats bindend sind?
  2. Sollten DirektorInnen von Bundesmuseen Restitutionsentscheidungen kommentieren?
  3. Sollten DirektorInnen von Bundesmuseen laufende Restitutionsverfahren kommentieren?
  4. Sollten DirektorInnen von Bundesmuseen ihre Privatmeinungen zu laufenden Restitutionsverfahren öffentlich äußern?
  5. Sind Sie der Ansicht, dass der Bund über sein Eigentum souverän verfügen darf?
  6. Sind Sie der Ansicht, dass es gut angelegtes Geld ist, wenn eine Museumsdirektorin mit einem Teil der Basisabgeltung des Bundes Restitutionsentscheidungen juristisch bekämpft, die der Bund getroffen hat?
  7. Ist es Teil des Aufgabenportfolios einer Museumsdirektorin, notfalls „mit allen Mitteln“ gegen eine von Ihnen getroffene Restitutionsentscheidung anzukämpfen?
  8. Hat Agnes Husslein im vorliegenden Fall ihre Kompetenzen überschritten?
  9. Hat sich Agnes Husslein im vorliegenden Fall eine Verletzung ihres Dienstvertrages zuschulden kommen lassen?

24. Haben Sie mit Agnes Husslein über ihr anmaßendes Verhalten gesprochen und wenn ja, was haben Sie ihr mitgeteilt?