6655/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.10.2010
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Ursula Haubner, Gerald Grosz

Kollegin und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend menschenrechtswidrige Vertragsuntreue der Republik Österreich

 

 

Seit über zehn Jahren ist nunmehr beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die causa eines österreichischen Staatsbürgers gegen die Republik Österreich anhängig. Beginnend 1998 mit der Beschwerde Nr. 43508/98, mittlerweile Beschwerde Nr. 9821/10 bemüht sich DI. Dr. Wilhelm P. nunmehr einerseits um Durchführung eines bereits abgeschlossenen unwiderruflichen Vergleichs mit der Republik Österreich, welche in dieser Angelegenheit durch das Bundesministerium für Justiz vertreten ist, andererseits um seine strafrechtliche Rehabilitierung.

Der Vergleich in der ggstdl. Angelegenheit wurde 2006 abgeschlossen, blieb aber möglicherweise aufgrund des wiederholten, wahlbedingten Führungswechsels im Justizministerium in den Jahren 2006 bzw. 2008 unausgeführt und wird seit 2009 sogar in Abrede gestellt, weshalb der Beschwerdeführer im Jänner 2010 neuerlich eine Beschwerde gegen die Republik Österreich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Nr.9821/10) wegen Verletzung des Art.6 EMRK einbrachte, da seine Sache nicht in billiger Weise und nicht innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird.

Im Bemühen das Vertrauen der Rechtsunterworfenen in die Vertragstreue der Republik zu unterstützen stellen die unterfertigten Abgeordneten daher an die Bundesministerin für Justiz nachfolgende

 

Anfrage

 

1.    Welche Rechtsansicht hat die Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Justiz im Beschwerdeverfahren Nr.9821/10 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bislang vertreten?

2.    Wurde dem Bundesministerium für Justiz in dem diesem Verfahren vorgelagerten Beschwerdeverfahren Nr. 43508/98 ein Vergleichsvorschlag vorgelegt, wenn ja, wann und vom wem?

3.    Welchen Inhalt hatte dieser Vergleichsvorschlag gegebenenfalls?

4.    Wer war seitens des Bundesministeriums für Justiz zum damaligen Zeitpunkt mit den Vergleichsverhandlungen betraut gewesen?

5.    Wurden seitens des Bundesministeriums für Justiz mit der Zustimmung zum ggstdl. Vergleichsvorschlag Bedingungen verknüpft, wenn ja, von wem und welche?

6.    Wurden die Vergleichsverhandlungen mit dem Beschwerdeführer abgeschlossen, wenn ja, von wem, wann und mit welchem Ergebnis?

7.    Ist das Bundesministerium für Justiz Ihrer Rechtsansicht nach an verpflichtet, eingegangene Vereinbarungen zu halten oder bestehen Sonderregelungen vom vertragsrechtlichen Grundsatz „pacta sunt servanda“ für Ihr Ressort; wenn ja, welche?

8.    Bestehen für das Bundesministerium für Justiz Ausnahmen von der Rechtsgültigkeit des § 883 ABGB hinsichtlich allfälliger von Vertretern des Ressorts mündlich abgeschlossenen (Vergleichs)verträgen; wenn ja, welche?

9.    Welche Gründe bestimmen das Bundesministerium für Justiz seit 2006, wider die Vereinbarungen des in der ggstdl. causa geschlossenen Vergleichs untätig zu bleiben?

10. Welche Maßnahmen werden Sie wann setzen um die Vereinbarungen des in der ggstdl. causa geschlossenen Vergleichs umzusetzen?

11. Wann werden Sie insbesondere dem Ersuchen des Beschwerdeführers nachkommen, und die Einvernahme der am Vergleichsabschluss mitwirkenden Amtswalter als Zeugen für einen allenfalls vorliegenden unwiderruflichen rechtskräftigen Vergleichsabschluss in die Wege leiten, sowie die vom Beschwerdeführer hiefür angebotenen Beweismittel erheben?

12. Wann werden Sie weiters dem Ersuchen des Beschwerdeführers nachkommen und die Staatsanwaltschaft Innsbruck anweisen, den Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen DI.Dr. Wilhelm P. aufgrund neuer Beweismittel einzubringen und den Freispruch von DI.Dr. Wilhelm P. gem. § 360 StPO zu beantragen und ihn zu rehabilitieren?

 

Wien, am