6744/J XXIV. GP

Eingelangt am 22.10.2010
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Neubauer

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Säuberung des Tatortes in der Causa Kampusch durch den Freund des Täters

 

 

In einem Schreiben hat sich der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofes und Mitglied der sogenannten „Kampusch-Evaluierungskommission“, Dr. Johann Rzeszut, am 29. September 2010 an die fünf Klubobleute im Nationalrat gewandt. Darin schildert Dr. Rzeszut sachlich nicht nachvollziehbare Vorgangsweisen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Entführungs- und Abgängigkeitsfall „Natascha Kampusch“.

 

So soll eine unbeteiligte Tatzeugin in sechs aktenkundigen Befragungen durch Beamte unterschiedlicher Sicherheitsbehörden acht Jahre lang durchwegs mit Bestimmtheit bekräftigt haben, bei der Entführung von Natascha Kampusch zwei männliche Täter wahrgenommen zu haben.

 

Weiters schreibt Dr. Rzeszut: „Mit dem Ende der Abgängigkeit der Natascha Kampusch am 23. August 2006 (somit mehr als acht Jahre nach den oben wiedergegebenen aktenkundigen Erstangaben der unbeteiligten Tatzeugin) und dem Tod des von ihr als Alleintäter bezeichneten Wolfgang Priklopil wurde dessen Anwesen Straßhof, Heinestrasse 60, von justizieller Seite unverzüglich zur teilwessen, unkontrollierten Räumung durch den Freund und Geschäftspartner des Toten freigegeben. Dieser berief sich bei der (noch während der sicherheitsbehördlichen Tatortaufnahme einsetzenden umtriebigen) Wegschaffung nicht mehr feststellbarer Objekte auf eine angebliche mündliche Bevollmächtigung durch die Mutter des Verstorbenen, die - dazu in der Folge befragt - eine derartige Gesprächseinlassung und eine Auftragserteilung der behaupteten Art nicht bestätigte.“

 

Obwohl es noch in keinster Weise bewiesen war, dass Wolfgang Priklopil keine Mittäter oder Mitwisser hatte, wurde von „justizieller Seite“ seinem engsten Freund und Geschäftspartner Ernst H. erlaubt den Tatort unter Vorgabe tatsachenwidriger Behauptungen zu säubern.


In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

 

ANFRAGE

 

 

1.    Hat die Tatzeugin in ihren Täterbeschreibungen ungefähre Angaben gemacht, welche unter Umständen auf das Täterduo Wolfgang Priklopil und Ernst H. schließen lassen können?

 

2.    Wurde das Alibi von Ernst H. für den Tatzeitpunkt überprüft?

3.    Wenn ja, wann und durch wen?

 

4.    Von wem – von „justizieller Seite“ – wurde Ernst H. gestattet den Tatort noch während der sicherheitsbehördlichen Tatortaufnahme zu betreten?

 

5.    Mit welcher Begründung wurde dies genehmigt?

 

6.    Wurde die Behauptung, Ernst H. habe eine Bevollmächtigung der Mutter von Wolfgang Priklopil, überprüft?

7.    Wenn ja, von wem?

8.    Wenn nein, warum nicht und wer hat dies unterlassen?

 

9.    Wurde vor Ort überprüft, welche Gegenstände Ernst H. vom Tatort verbracht hatte?

10. Wenn ja, wann und durch wen?