7585/J XXIV. GP

Eingelangt am 03.02.2011
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Fütterung der Kälber mit eisenarmen Milchersatz-Produkten

 

 

In den Tiroler Landwirtschaftlichen Blättern (Zeitung der Landwirtschaftskammer Tirol) vom 20. Jänner 2011wird mit dem Titel „Projekt Tiroler Kalbl“ für die Fütterung von Kälbern empfohlen, mehr Kraftfutter und weniger Raufutter (z.B. Heu) zu verabreichen, um die Fleischfarbe für die KonsumentInnen aufzuhellen. Darin heißt es auf S. 7 u.a.: 

 

„Die Produktqualität vom Tiroler Vollmilchkalb passt hervorragend zum derzeitigen Ernährungstrend. Für den Konsumenten sind beim Kauf von Kalbfleisch Zartheit, Geschmack und insbesondere die Fleischfarbe wichtige Faktoren. Als marktkonform gelten Kälber mit heller bis rosa Fleischfarbe. Dies wird vom Konsumenten mit frischem, magerem Fleisch von jungen Tieren in Verbindung gebracht. Eine helle Fleischfarbe wird durch das Füttern von eisenarmen (raufutterarmen) Futterrationen ermöglicht. Heufütterung hingegen wirkt sich negativ auf die Fleischfarbe aus.“….“ Die intensive Auseinandersetzung mit der Problematik der Fleischfarbe ist unumgänglich, da dunkle Kälber dem gesamten Kalbfleischabsatz schaden. …Wir appellieren daher an die Kalbfleischproduzenten auf diese Punkte zu achten, um gemeinsam am Markt erfolgreich zu sein.“

 

Dass in einem Bundesland mit so viel Grünland und Almen, in dem es mehr als ausreichend artgemäßes Futter für Kälber gibt, eine derartige Beratung noch dazu unter dem Projekt-Titel „Tiroler Kalbl“ stattfindet –  zeugt von einer völligen Entfremdung der bäuerlichen Beratung  und von einer Unterschätzung der Konsumentinnen und Konsumenten. In der Praxis heißt das, die Kälber sollen mit einem eisenarmen Milchersatz („Milchaustauschern“) gefüttert werden, um anämisch zu werden, was zum erwünschten blassrosa Farbton des Kalbfleisches, also des Endproduktes, führen soll. Kälber brauchen jedoch zur Entwicklung ihrer Verdauungsorgane Eisen in ihrem Futter, das sie über grob strukturiertes Futter wie Heu aufnehmen können. Wenn sie es nicht bekommen, lecken die Kälbchen – sich nach Eisen sehnend – die uringetränkten Holzlatten und jegliche Metallgegenstände ihrer Box. Infolge dieser einseitigen Ernährungsweise sind sie für Krankheiten wie schwerem Durchfall und Lungenentzündung empfänglich und benötigen oft Antibiotika und andere Medikamente. Damit das Fleisch nicht zu gut durchblutet und damit zu dunkel wird, werden die Kälber auch meist in schmalen Einzelboxen gehalten. Etwa dreieinhalb Monate nach ihrer Geburt werden die Tiere geschlachtet und auf den Märkten als 'zartes Kalbfleisch' angepriesen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


 

ANFRAGE:

 

 

1. Welchen konkreten Beitrag leisten Sie oder die AMA, die KonsumentInnen darüber aufzuklären, dass hellrosa Kalbfleisch mit Mangelernährung verbunden ist und daher die helle Fleischfarbe kein Qualitätskriterium ist?

 

2. Ist es in der österreichischen Kälbermast erlaubt, dass die Tiere mit billigen Milchaustauschern gemästet werden?

 

3. Ist es auch in Österreich erlaubt, Kupferpräparate zu verabreichen, die eine künstliche Eisenarmut erzeugen, um auch bei älteren und schwereren Kälbern die helle Fleischfarbe zu erreichen?

 

4. Durch welche Kontrollmaßnahmen wird sichergestellt, dass – entsprechend der VO - ab Beginn der zweiten Lebenswoche Raufutter mit ausreichendem Rohfasergehalt in steigenden Mengen zur Verfügung gestellt werden?

 

5. Durch welche Kontrollmaßnahmen wird sichergestellt, dass in der Kälbermast die täglichen Futterrationen genügend Eisen enthalten, damit zumindest vorschriftsgemäß ein durchschnittlicher Hämoglobinwert von mindestens 4,5 mmol/l Blut gewährleistet ist?

 

6. Durch welche Kontrollmaßnahmen wird sichergestellt, dass über zwei Wochen alte Kälber über die Milch- oder Milchausstauschertränke hinaus Zugang zu geeignetem Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten in ausreichender Menge haben, um ihren Flüssigkeitsbedarf decken zu können?

 

7. Heu und Stroh ist für die Entwicklung des Wiederkäuermagens und somit für die Gesundheit der Kälber unerlässlich. Werden Sie gesetzliche Maßnahmen treffen, damit die Kälber auch die Möglichkeit haben, an Heu und Stroh zu kommen?

 

8. Ist es in Österreich erlaubt, bei der Kälbermast vorbeugend Antibiotika einzusetzen?

 

9. Welche Unterstützungsmaßnahmen gibt es für bäuerliche Betriebe, damit sie die Kälber tiergerecht halten und füttern können?