7654/J XXIV. GP

Eingelangt am 08.02.2011
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Anfrage

 

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Wegfall der Unterbringungsvoraussetzung wegen reiner Vermögensdelinquenz

 

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 BGBl. I 111/2010 wurden die Unterbringungsvoraussetzung im Maßnahmenvollzug § 21 StGB (Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher) abgeändert.

Art 40 Z 1

1. Dem § 21 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Als Anlasstaten im Sinne der Abs. 1 und 2 kommen mit Strafe bedrohte Handlungen gegen fremdes Vermögen nicht in Betracht, es sei denn, sie wurden unter Anwendung von Gewalt gegen eine Person oder unter Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) begangen.“

In den erläuternden Bemerkungen zur betreffenden Regierungsvorlage heißt es

Erfahrungen zeigen, dass ein überraschend hoher Anteil der Unterbringungen auf reine Vermögensdelinquenz zurückzuführen ist. Für diesen Bereich erscheint jedoch der Einsatz vorbeugender Maßnahmen weder notwendig noch in Anbetracht des Grundrechtseingriffs und der Kostenbelastung angemessen. Nach der vom Rechnungshof durchgeführten Prüfung des Maßnahmenvollzuges für geistig abnorme Rechtsbrecher zeigt sich, dass Delikte gegen fremdes Vermögen nach § 21 Abs. 1 StGB in 10,88% der Fälle und nach § 21 Abs. 2 StGB in 15,59% der Fälle die Anlasstat für eine Unterbringung gewesen sind (vgl. Bericht des Rechnungshofs Reihe Bund 2010/11, Seite 83 (Tabelle 1)).


1987 wurde der § 23 StGB (Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter) in ähnliche Weise reformiert (BGBl. 605/1987). Dabei wurden die Unterbringungsvoraussetzungen dahingehend geändert, dass eine Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter aufgrund einer vorsätzlichen strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen nur mehr dann möglich werden sollte, wenn dies unter Anwendung oder Androhung von Gewalt gegen eine Person geschehen ist.

Während man aber 1987 noch eine Übergangsbestimmung erlassen hat, die die Auswirkungen der Novellierung auf bereits untergebrachte Rechtsbrecher geregelt hat, hat man nun im Budgetbegleitgesetz 2011 darauf verzichtet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1. Von wem werden nun Feststellungen iSd Artikels XX Abs 2 Strafrechtsänderungsgesetz 1987 für jene Personengruppe getroffen, die im Maßnahmenvollzug § 21 StGB angehalten sind und für welche die Voraussetzungen dieser Unterbringung auf Grund des § 21 StGB idF des Artikel 40 Z 1 des BBG 2011 entfällt?

2. Kommt für diese Personen auch dem Anstaltsleiter ein Antragsrecht auf Entscheidung über eine bedingte Entlassung zu (§ 152 Abs 1 StVG iVm § 167 StVG)?

3. Aufgrund welcher Überlegungen wurde hier auf eine Übergangsbestimmung iSd BGBl. 605/1987 Art XX Abs 2 verzichtet, welche das Verfahren zur Feststellung des Wegfalls der Unterbringungsvoraussetzung klar regeln würde, verzichtet?

4. Im Bericht des Rechnungshofes über den Maßnahmenvollzug für geistig abnorme Rechtsbrecher (29.10.2010) Tabelle 1 (18.1 p. 83) „Straftäter nach Deliktsgruppen“ wird für die Deliktsgruppe „Delikte gegen fremdes Vermögen“ bezüglich der Unterbringung gemäß § 21 Abs 1 StGB ein Prozentanteil von 10,88 und bezüglich der Unterbringung gemäß §21 Abs 2 StGB ein Prozentanteil von 15,59 ausgewiesen. Wie viele dieser Delikte gegen fremdes Vermögen wurden ohne Anwendung von Gewalt gegen eine Person oder ohne Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) begangen?


5. Wie viele Personen umfasst der „überraschend hohe Anteil“ der Unterbringung im Maßnahmenvollzug § 21 StGB mit Anlasstat „mit bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen ohne Anwendung von Gewalt gegen eine Person oder ohne Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben“ die nach dem 1.1.2011 in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angehalten werden und deren Grundrechtseingriff gemäß der Darlegung des BMJ in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage nicht angemessen ist?

6. Kann für diese Personen ohne Novellierung des § 47 Abs 1 erster Satz StGB eine sofortige endgültige Entlassung und eine Entlassung ohne Bestimmung einer Probezeit erfolgen?

7. Wenn nein, warum wurde § 47 Abs 1 erster Satz StGB nicht mit dem BBG 2011 angepasst?