8207/J XXIV. GP

Eingelangt am 01.04.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dolinschek, Markowitz

Kollegin und Kollegen

 

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Arbeitslosengeld für Urlaubsreisen

 

 

Laut Bericht der „Kronenzeitung“ vom 25. März 2011 soll eine Frau, die fünf Jahre im Berufsleben stand und ein halbes Jahr bei ihrem letzten Arbeitgeber beschäftigt war, durch eine Freistellung gegen Entfall der Bezüge ein Weiterbildungsgeld erhalten haben. „Sonnenbaden in Thailand, Bergsteigen in Neuseeland, ein gemütlicher Cocktail in Argentinien: Von der „wertvollsten Erfahrung ihres Lebens“ sprechen Christina und Ritchy, wenn sie im Internet von ihrer einjährigen Weltreise berichten. Finanziert wurde der Trip – zumindest teilweise – vom Arbeitsmarktservice (AMS)“, ist in diesem Artikel zu lesen.

 

Doch anders als herkömmliche AMS’ler, die den heimischen Arbeitsmarkt ständig zur Verfügung stehen müssen, können solche Karenzierten praktisch tun und lassen, was sie wollen. Auch eine Weltreise, erklärt AMS-Sprecher Sebastian Paulick“, wird weiters berichtet.

 

Seit Jahren erhalten durch eine Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes Arbeitnehmer/innen, die sich gegen den Entfall des Arbeitsentgeltes bei ihrer Firma freistellen lassen, ein Weiterbildungsgeld, wenn ausreichend Versicherungsanwartschaften vorliegen und ein Dienstverhältnis ununterbrochen zumindest sechs Monate gedauert hat.

 

Der Arbeitnehmer kann dann mit dem Arbeitgeber nach § 12 AVRAG für die Dauer von mindestens zwei Monaten bis zu einem Jahr eine solche Freistellung vereinbaren. Voraussetzung für die Zuerkennung des Weiterbildungsgeldes ist aber auch, dass der Arbeitgeber nachweislich ein/e Arbeitslosengeld- oder Notstandshilfebezieher/in als Ersatzarbeitskraft für diesen Zeitraum eingestellt wird, der nicht nur geringfügig beschäftigt wird. Das Weiterbildungsgeld kann dann innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren in Anspruch genommen werden.

 

Die Höhe des Weiterbildungsgeldes entspricht dem Arbeitslosengeld, das mindestens jedoch 14,53 Euro beträgt. Eine Weiterbildungsmaßnahme muss aber nicht gemacht werden. Denn der Arbeitnehmer/in kann die Zeit der Freistellung völlig frei gestalten.

 


Immer mehr Personen nutzen dieses Angebot. Im Jahr 2009 haben bereits rund 230 Personen das Weiterbildungsgeld bzw. das Arbeitslosengeld aufgrund der Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes ohne Leistungserbringung erhalten. Mittlerweile ist die Zahl dieser Weiterbildungsgeld-Bezieher/innen insgesamt auf über tausend angestiegen.

 

Eigentlich ist der Bezug von Arbeitslosengeld daran gebunden, dass die arbeitslosen Menschen dem Arbeitsmarktservice gegenüber eine Mindestanzahl von Bewerbungen nachweisen, versuchen, angebotene Stellen zu erhalten und stetig dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Wer also während der Arbeitslosigkeit Urlaub machen will, erhält für diese Zeit keine Leistung. Gänzlich anders stellt sich die Situation dar, wenn man geschickterweise in einem anderen EU-Land Arbeit sucht oder ein Unternehmen gründen will: hier reicht ein einmaliges Erscheinen beim jeweiligen Arbeitsamt, um für drei bzw. sechs Monate – unabhängig vom Ausgang der Arbeitssuche oder Unternehmensgründung – von der Last stetiger Bewerbungen und Vorstellungsgespräche und laufender Kontaktaufnahmen mit der Arbeitsmarktservice befreit zu sein.

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende

 

Anfrage:

 

1.             Sind Ihnen die in der Einleitung beschriebenen Möglichkeiten, Arbeitslosengeld ohne bzw. fast ohne Pflichten beziehen zu können  bekannt?

 

2.             Halten Sie die Freistellung der Arbeitnehmer gegen Entfall der Arbeitsentgelte und Bezug des Weiterbildungsgeldes in der Höhe des Arbeitslosengeldes, wobei die Zeit der Freistellung noch völlig frei gestaltet werden kann als arbeitsmarktpolitische Maßnahme für zielführend?

 

3.             Beabsichtigen Sie bei der Freistellung der Arbeitnehmer gegen Entfall der Bezüge weiterhin das Weiterbildungsgeld bzw. Arbeitslosengeld auszuzahlen, obwohl sie die Zeit völlig frei gestalten können?

 

4.             Wie rechtfertigen Sie die Tatsache, dass karenzierte Personen die Zeit völlig frei gestalten können und andere Arbeitslosengeldbezieher/innen dem Arbeitsmarkt ständig zur Verfügung stehen, selbst aktiv Arbeit suchen und Vermittlungsangebote wahrnehmen müssen?

 

5.             Wie lange werden Sie es zulassen, dass Arbeitnehmer gegen Entfall der Bezüge ein Weiterbildungsgeld erhalten und eine Belastung der Arbeitslosenversicherung verursachen, die auf Kosten der Steuerzahler geht?  

 

6.             Wie viele Personen haben bisher das Weiterbildungsgeld bzw. Arbeitslosengeld gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gemäß § 26 Abs. 1 Z 2 AlVG erhalten (bitte aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Bundesland und Jahr)?

 

7.             Wie hoch waren bisher die gesamten AMS-Ausgaben für das Weiterbildungsgeld bzw. Arbeitslosengeld gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gemäß § 26 Abs. 1 Z 2 AlVG (bitte aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Bundesland und Jahr)?

 

8.             Wie teuer war diese Arbeitsmarktmaßnahme bisher insgesamt, wenn man die Ausgaben für das Weiterbildungs- bzw. Arbeitslosengeld mit den ersparten Arbeitslosengeldern gegenüberstellt?


9.             Welches Alter haben die Bezieher/innen des Weiterbildungsgeldes gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 AlVG (bitte aufgeschlüsselt nach Altersgruppen und Jahr) in den jeweiligen Jahren gehabt?

 

10.         Wie viele Personen haben danach wieder eine Beschäftigung aufgenommen (bitte aufgeschlüsselt nach Alter, Geschlecht, Bundesland und Jahr)?

 

11.         Wie hoch war die durchschnittliche Dauer des Weiterbildungsgeldes (bitte aufgeschlüsselt nach Bundesland und Jahr)?

 

12.         Wie hoch war bisher die durchschnittliche Höhe des Weiterbildungsgeldes (Arbeitslosengeldes) gegen Entfall des Arbeitsentgeltes gemäß § 26 Abs. 1 Z 2 AlVG (bitte aufgeschlüsselt nach Bundesland und Jahr)?

 

13.         Wie beurteilen Sie die völlig unterschiedlichen Pflichten der Arbeitslosengeld-Bezieher je nach Arbeitssuche in Österreich oder in einem anderen EU-Land?

 

14.         Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit die Arbeitssuche z.B. in einem sonnigen südlichen Land vom Arbeitsmarktservice als Grund für eine fortgesetzte Auszahlung des Arbeitslosengeldes akzeptiert wird?

 

15.         Die Erfüllung welcher Bedingungen werden vom Arbeitsmarktservice für eine angebliche Unternehmensgründung im EU-Ausland vorausgesetzt, um das Arbeitslosengeld weiter auszubezahlen?

 

16.         Wie viele Personen haben bisher beim Arbeitmarktservice ein Arbeitslosengeld bezogen, weil sie eine Unternehmensgründung im EU-Ausland beabsichtigt haben?

 

17.         Wie rechtfertigen Sie es, wenn Menschen monatelang bis ein Jahr lang auf Kosten der Allgemeinheit Arbeitslosengeld beziehen können, ohne dass dem irgendeine Leistung oder auch nur die Bereitschaft zur Annahme von Arbeitsstellen gegenübersteht, während z.B. anderen die Leistung entzogen wird, weil sie die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit auch für eine dem Arbeitsmarktservice nicht genehme Ausbildung nutzen wollen?

 

18.         Werden Sie eine ehestmögliche Änderung dieser skandalösen Missbrauchsmöglichkeiten einleiten? Wenn nein, warum nicht?