839/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.02.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Stefan Markowitz

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend Österreichisches Olympisches Comité

 

Das Österreichische Olympische Comité leistet seit seiner Neugründung im Jahre 1946 einen wichtigen Beitrag zum Sportgeschehen in der Republik Österreich. Um die Finanzierung des organisierten Sports in Österreich sicherzustellen wurde vom Nationalrat 1948 das Sport-Toto-Gesetz beschlossen. Seit damals erhalten die österreichischen Sportverbände und Sportorganisationen in den Grundzügen unverändert ihre Finanzmittel über Erlöse aus dem Glückspielwesen gemäß den Bestimmungen im Glückspielmonopolgesetz anteilig nach gesetzlich geregeltem Schlüssel. Auch das Österreichische Olympische Comité erhält aus dem Titel des Bundes-Sportförderungsgesetzes den größten Teil seiner Finanzmittel.

Mit Dr. Leo Wallner wurde 1990 der Generaldirektor der Österreichischen Lotterien Präsident des Österreichischen Olympischen Comité, mit DI Friedrich Stickler war von 2002 bis 2008 der Generaldirektor Stellvertreter der Österreichischen Lotterien Präsident des Österreichischen Fußballbundes (ÖFB). DI Friedrich Stickler gehört auch als Beirat für Finanzen dem Vorstand des ÖOC an. Die Österreichischen Lotterien stellten damit als „Geldgeber“ des österreichischen Sports die Präsidenten bzw. Vorstandsmitglieder zwei bedeutender österreichischer Sportverbände. Zwischen den Österreichischen Lotterien und zwei der wesentlichsten Sportverbände Österreichs herrscht augenscheinlich ein reger Personalaustausch.

Zur Unterstützung der Bewerbung von Salzburg um die Austragung der Olympischen Winterspiele 2014 wurden eine Salzburg Winterspiele 2014 GmbH und ein Olympia-Förderverein eingerichtet. Im Aufsichtsrat der Winterspiele 2014 GmbH saßen neben Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller, Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Wilfried Haslauer, Landeshauptmann-Stellvertreter a. D. Dr. Othmar Raus, Staatssekretär für Sport Dr. Reinhold Lopatka auch Leo Wallner und sein Generalsekretär Heinz Jungwirth. Dem Vorstand des Olympia-Fördervereins gehörten Leo Wallner, Heinz Jungwirth, Arnold Grabner (ÖOC- Vizepräsident) sowie Gottfried Forsthuber (ÖOC- Kassier) an. Arnold Grabner, NAbg. a. D., war darüber hinaus Präsident des ASKÖ – Niederösterreich und ist Vorsitzender des Vereins „Freunde des 1. SC Wiener Neustadt“. Gottfried Forsthuber ist Fachratsvorsitzender in der Bundessportorganisation (BSO) und Präsident des Österreichischen Tischtennisverbandes. Leo Wallner und Heinz Jungwirth waren in beiden Einrichtungen für den Geschäftsablauf bzw. für dessen Kontrolle maßgeblich verantwortlich. Im Bereich international tätiger Bewerber- und Betreibereinrichtungen des österreichischen Sports ist die Ausübung von Funktionen in Personalunion augenscheinlich ebenso der Normalfall.

Der Salzburger Landesrechnungshof merkte in seinem Prüfbericht zu der Bewerbung um die Winterspiele 2014 folgenden Umstand:

„Im Februar 2007 überwies die Gesellschaft dem Olympia-Förderverein einen Betrag in Höhe von 300.000 Euro. Nach Auskunft des Liquidators war dies notwendig, um im Verein eine entsprechende Liquidität zu gewährleisten, bis ausreichende Sponsorgelder gesichert waren. Im April 2007 zahlte der Verein 100.000 Euro an die GmbH zurück. Weitere 50.000 Euro wurden bis 20. April 2008 zurückgezahlt. Die Restforderung in Höhe von 150.000 Euro konnte vom Verein nicht zurückgezahlt werden und wurde von der Gesellschaft abgeschrieben. Laut Auskunft der Geschäftsführung der GmbH scheiterte die Rückzahlung daran, dass es dem Verein nicht möglich gewesen war, ausreichende Sponsorgelder aufzubringen.“[1]

Laut einem Berichte der Tageszeitung „Kurier“ vom 23.01.2009 erklärte das Büro von Landeshauptfrau Burgstaller dazu „dies passierte ohne das Wissen und ohne die Genehmigung des Aufsichtsrates sowie des Gesellschafters Land Salzburg.“

In einer Anfragebeantwortung vom 23.10.2008 teilte Bundeskanzler Faymann in diesem Zusammenhang zuvor lapidar mit:

„Eine erstmalige mündliche Mitteilung (ohne Protokoll) erfolgte in der Aufsichtsratsitzung am 10. April 2007. Protokollarisch wurde der Aufsichtsrat in der Sitzung am 13. Juni 2007 in Kenntnis gesetzt (als Beilage zu den Sitzungsunterlagen). Zweck der Darlehenszahlung war eine Liquiditätsüberbrückung für den Olympischen Förderverein. Die Grundlage war offensichtlich eine mündliche Vereinbarung. Zurückbezahlt wurden €150.000,-. [2]

Abgesehen davon, dass die monierten € 150.000.- an Darlehenszahlung offensichtlich ohne Genehmigung des Aufsichtsrates erfolgte und das Protokoll im Nachhinein „korrigiert“ wurde, machte man sich im BKA bisher anscheinend nicht die Mühe, das Verbleiben der fehlenden € 150.000.- zu eruieren bzw. gab sich mit der Erklärung zufrieden, dass eine Rückzahlung daran scheiterte, „dass es dem Verein nicht möglich gewesen war, ausreichende Sponsorgelder aufzubringen“. Auch konnte Bundeskanzler Faymann zum gegebenen Zeitpunkt (23.10.2008) keine Gesamtkostenaufstellung vorlegen.

In einem „Kurier“-Artikel vom 24.01.2009 mit dem Titel „Die Schein-Eiligen in Erklärungsnot“ und einem anschließenden Interview zeigte sich ÖOC- Präsident Leo Wallner, konfrontiert mit dem ungeklärten Verbleib der € 150.000.- und der Bedeutung seiner Doppelfunktionen uninformiert. Der vom Bundeskanzleramt vom Dienst in der Sektion Sport freigestellt Beamte, ÖOC Generalsekretär Dr. Heinz Jungwirth, erklärt dagegen in einem Zeitungsinterview des „Kurier“ vom 18.01.2009, dass er zwar über den Verbleib der o. a. € 150.000.- ebenfalls keine Auskunft geben könne, bestätigt jedoch, dass er den Vorstand des ÖOC über eine Zahlung an den Doping-Kronzeugen Walter Mayer, die über seinen Freund, den ÖOC-Lobbyisten Erwin Roth erfolgt sein soll, informierte. Der „Kurier“ stellt in seinem Artikel „Die schwierige 150.000-Euro-Frage[3] zwischen dem € 300.000 - Darlehen der „Salzburg 2014 GmbH“ an den „Olympia-Förderverein“ und der über Erwin Roth an Walter Mayer erfolgten Zahlung einen Zusammenhang her. In einer APA Aussendung gaben die Aufsichtsratmitglieder der Salzburg 2014 GmbH folgende Erklärung ab:

„Als Mitglieder des Aufsichtsrates der Olympia-Bewerbungsgesellschaft Salzburg Winterspiele 2014 GmbH teilten heute, Dienstag, 2. September, Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka, Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller, Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Wilfried Haslauer und Bürgermeister Dr. Heinz Schaden mit, dass etwaige Zahlungen an den ehemaligen Langlauftrainer Walter Mayer niemals Gegenstand der Beratungen und Beschlussfassungen im Aufsichtsrat waren. Der Aufsichtsrat weist auch entschieden von sich, dass von der Bewerbungsgesellschaft Gelder an Mayer geflossen sind. Es wird hiermit klargestellt, dass die kolportierten 290.000 Euro, die laut Medienberichten von Erwin Roth an Walter Mayer ausbezahlt wurden, nicht aus dem Bewerbungsbudget stammen.“ [4]

Der in Personalunion (Aufsichtrat „Olympia-Bewerbungsgesellschaft“, Vorstand „Olympia-Förderverein“) agierende Generalsekretär des ÖOC wusste womöglich bereits im Februar 2007 (Vertrag zwischen Walter Mayer und Erwin Roth[5]) über eine Zahlung an Walter Mayer in der Höhe von € 290.000.- Bescheid, informierte im Oktober 2008 im Rahmen einer Vorstandssitzung das ÖOC, hatte aber offensichtlich vergessen, die anderen Mitglieder der Salzburg 2014 GmbH offiziell, etwa im Rahmen einer Aufsichtsratssitzung, davon in Kenntnis zu setzen.

Den Medien ist zu entnehmen, dass Dr. Leo Wallner seinen Rückzug als Präsident des ÖOC erwägt. Gleichzeitig wird sein Nachfolger als Generaldirektor, in den Österreichischen Lotterien bereits auch als sein Nachfolger als Präsident des ÖOC gehandelt. Für Generalssekretär Heinz Jungwirth wird die Verlängerung seiner Amtsperiode kolportiert.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport folgende

Anfrage:

  1. Als Mitglied des ÖOC- Vorstandes wissen Sie über die Modalitäten zur Wahl des Präsidenten Bescheid. Wie sieht der konkrete Wahlmodus für das Präsidentenamt aus?
    1. Welche Personen sind Wahlberechtigt?
    2. Gibt es einen Modus zur Erstellung von Wahlvorschlägen?
    3. Werden Wahlvorschläge als verbindlich angesehen?
  2. Welche Bedeutung hat der Umstand, dass die Österreichischen Lotterien größter Geldgeber des organisierten Sports sind für die Wahl des ÖOC- Präsidenten?
  3. Befürworten Sie eine personelle Kontinuität bei der Besetzung des Präsidentenamtes mit Vertretern der Österreichischen Lotterien?
    1. Wenn ja, worin sehen Sie die Vorteile für den österreichischen, olympischen Sport?
    2. Wenn nein, welche Alternativen sehen Sie?
  4. Sind Ihnen Alternativüberlegungen zum Generaldirektor der Österreichischen Lotterien, Dr. Franz Stoß, als kolportierten neuen ÖOC- Präsidenten bekannt?
  5. Wie beurteilen Sie Überlegung für das Präsidentenamt einen verdienten österreichischen Olympioniken vorzuschlagen?
  6. Konnte das BKA feststellen, aus welchen Fördermitteln das o. a. Darlehen in der Höhe von € 300.000.- gewährt wurde?
  7. Welche Konsequenzen zog das BKA/Sektion Sport aus dem Umstand, dass die o. a. € 150.000.- aus Bundessportfördermittel bzw. Subventionsmittel des Landes Salzburg nicht zurückgezahlt wurden?
  8. Welche Maßnahmen veranlasste der zu diesem Zeitpunkt zuständige Ressortleiter für Sport hinsichtlich der fehlenden € 150.000.-?
  9. Können Sie nach dem heutigen Informationsstand sagen, wofür das Darlehen konkret verwendet wurde?
    1. Wenn nein, werden Sie als zuständiges Regierungsmitglied den Verbleib der ausstehenden € 150.000.- bzw. deren tatsächlichen Verwendungszweck eruieren lassen?
  10. Sehen sie aufgrund der Medienberichte über den Verbleib bzw. die Verwendung der o. a. fehlenden € 150.000.- weiteren Handlungsbedarf?
  11. Welche Konsequenzen zog der damalige Staatssekretär für Sport, Dr. Reinhard Lopatka, als Mitglied des Aufsichtsrates der Olympia Bewerbungs- GmbH aus dem Umstand, dass die € 300.000.- ohne Genehmigung als Darlehen an den Olympia-Förderverein vergeben wurde?
  12. Halten Sie die nachträgliche Ergänzung des Protokolls der Aufsichtsratssitzung der Olympia Bewerbungs- GmbH vom 13.06.2007 für eine korrekte Vorgehensweise?
  13. Können Sie sagen, welcher Art die o. a. Liquiditätsprobleme des Olympia-Fördervereins waren?
  14. Welche Person(en) hatte(n) im Olympia-Förderverein die Prokura inne bzw. zeichnete(n) für das operative Geschäft verantwortlich?
  15. Welche Person(en) führte(n) für den Olympia-Förderverein das Controlling durch?
  16. Wie sah der Modus zur Kontrolle der Verwendung der Fördergeldern aus?
  17. Besteht der Olympia-Förderverein noch und erhält er Förderungen aus öffentlichen Mitteln?
  18. Seit wann ist Dr. Heinz Jungwirth als Beamter des BKA freigestellt?
  19. Auf welcher gesetzlichen Grundlage erfolgte die Freistellung?
  20. Erhält bzw. erhielt Dr. Heinz Jungwirth weiterhin Bezüge nach seiner Freistellung?
    1. Wie hoch sind diese Bezüge?
    2. Wurden bzw. werden Zulagen gewährt?
    3. Wurden bzw. werden Biennalsprünge weitergeführt?
  21. Auf welche Gesamtsumme belaufen sich die Bezüge von Dr. Heinz Jungwirth vom Zeitpunkt seiner Freistellung bis zum jetzigen Zeitpunkt unter Berücksichtigung aller Zulagen?
  22. Wie hoch sind die Bezüge von Dr. Heinz Jungwirth aus seiner Funktion als Generalsekretär des ÖOC?
  23. Wie sind die Pensionsansprüche von Dr. Heinz Jungwirth unter Berücksichtigung seiner Bezüge als Beamter und als Generalsekretär des ÖOC geregelt?


[1] Bericht des Landesrechnungshofes über die Salzburg Winterspiele 2014 GmbH (2008), S.31

[2] 4878/AB XXIII. GP

[3] Kurier, 23.01.2009

[4] APA OTS0224    2008-09-02/14:28

[5] Kurier, 2301.2009