878/J XXIV. GP

Eingelangt am 12.02.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag.a Rosa Lohfeyer

und GenossInnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Förderung des Projekts „fairea-GmbH-gut so!“

Im Koalitionsübereinkommen von SPÖ und ÖVP für die XXIV. Gesetzgebungsperiode haben die beiden Regierungsparteien vereinbart, Herkunftskennzeichnungen, die Produktionsweise und Qualität der Produkte für KonsumentInnen klar ersichtlich zu machen, sichere Informationen und Schutz vor Täuschungen sowohl bei Produkten als auch Rohstoffen sicherzustellen. Eine unabhängige Kontrolle sowie die lückenlose Rückverfolgbarkeit sollen dabei Voraussetzungen dafür sein.

Bedauerlicherweise bilden mittlerweile eine Flut von Güte-, Marketing-, Werbe- und Herkunftszeichen eine „Pickerl“-Inflation, die Konsumentinnen und Konsumenten oft mehr verwirrt, als Aufklärung bringt.

Nur eine geringe Anzahl von Zeichen bzw. Gütesiegel bei Lebensmittel wurden unter Voraussetzung der Einhaltung strenger Auflagen bisher vergeben. So gibt es gemäß Gütezeichenverordnung nur wenige - vier gesetzlich anerkannte und zugelassene Gütezeichen gibt es bis dato (!) - offiziell genehmigte Gütezeichen im Lebensmittelsektor.

Die überwiegende Mehrheit der Kennzeichen dient ausschließlich Marketingzwecken.

Oft werden auch Vereinslogos, Verbandszeichen bzw. regionale und bundeslandbezogene Herkunftshinweise als Gütezeichen verstanden.

Irritationen, Täuschungen und Enttäuschungen, vor allem bei Konsumentinnen und Konsumenten, sind oft die Folge.

Auch seitens der öffentlichen Hand wurden und werden immer wieder Bemühungen gestartet, neue „Kennzeichnungen“ zu kreieren. Das Zustandekommen, der Umgang, die Aufarbeitung und die Konsequenzen laufender Vorfälle in den letzten Jahren zeigen allerdings, dass gesetzlich geregelte Herkunftskennzeichnungen von Lebensmitteln und deren Rohstoffen aus gutem Grund im aktuellen Regierungsprogramm eine notwendige und wichtige Aufgabe darstellen.

Selten wurde ein Förderprojekt im Landwirtschaftssektor unter Bäuerinnen und Bauern, Bauernvertretern, Bauernorganisationen, in Verbraucherschutzkreisen, aber vor allem auch in den Medien derartig kritisch diskutiert wie das Projekt „fairea“. Neben zahlreicher inhaltlicher Fragestellungen, wurde vor allem die Vergabe, die Höhe der Vergabe und die Konstellation der Förderbewerber kritisch hinterfragt.

Nicht ohne Grund: Nicht weniger als 1,9 Millionen Euro wurden dem Förderungswerber „fairea“, einer Tochterfirma des Ökosozialen Forums, als Subventionen für die Marke „gut so!“ zugesagt. Als Starthilfe wurden dafür im Jahre 2008 vorerst einmal 400.000 Euro genehmigt. Die Fördergelder kommen aus dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft unter Beteiligung der Bundesländer.

Anspruch und Zielsetzungen dieses Vermarktungsprojektes sind der Einstieg im großen Stil und die Vermarktung von Lebensmittel beginnend im Herbst 2008 mit einigen Milchprodukten. 2009 sollen Getreide, Fleisch, Obst und Gemüse folgen, wobei sich dieses Projekt in fünf Jahren durch Lizenzzahlungen der Produzenten selbst finanzieren soll. „fairea“ soll kein auf wirtschaftlichen Gewinn hin orientiertes Unternehmen sein. Der ehemalige EU‑Agrarkommissar Franz Fischler meint im Zusammenhang mit der Kontrolle der „gut so!“ -Produkte, er wollte bewusst kein staatliches Gütesiegel, da die Glaubwürdigkeit einer NGO derzeit in der Öffentlichkeit größer sei, als bei staatlichen Behörden! Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Aussage eines führenden „fairea“-Mitglieds in Zusammenhang mit den beträchtlichen Subventionen österreichischer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, wonach er nichts dagegen habe, „wenn später auch ausländische Produkte unser Gütezeichen erhalten, sofern sie unsere strengen Kriterien erfüllen“. Wohl werde es eine eigene „Geschmacksjury“ (!) geben, die letztlich über die Aufnahme ins „gut so!“-Sortiment entscheidet, „wer bei
gut so! gesondert die ,faire Preisweitergabe’, oder auch die Einhaltung von fairen Arbeitsbedingungen, etwa für Erntehelferinnen und Erntehelfer überwacht und einfordert, gibt es noch diffuse Antworten“.


Medial wurde die Startphase mit zahlreichen kritischen Anmerkungen begleitet:

-         „'gut so!', aber für wen?“

-         „... und es denkt sich niemand etwas dabei“

-         „quasi eine Lobbyisten-Werkstatt von Landwirtschaftsministerium und
Landwirtschaftskammer Österreich“

-         „Ein ambitioniertes Projekt von Fördergeld-Profis“

-         „Fischler macht der AMA Konkurrenz“

-         „Interessante Geldflüsse rund um den Genlobbyisten Franz Fischler“

-         „... und es denkt sich niemand etwas dabei“!

Schließlich berichtete im November 2008 ein agrarisches Medium über die bisherigen Fortschritte des „fairea“-Projekts unter dem Titel „Es ist schwieriger, als wir dachten“ und schrieb von der reservierten Haltung mächtiger Handelsmanagern, skeptischen Bauernvertretern, die die „fairea“-Verantwortlichen offenbar unbeeindruckt ließen.

„Scharfe Kritik am monetären Start-Dünger für das Ethik Label kommt einmal mehr von der IG-Milch, auch sie tritt für faire Milcherzeugnisse ein. Eine „Geburtsprämie“ etwa für deren seit zwei Jahren landauf, landab für bessere Bauernmilchpreise werbende ,,’faironika-Kühe’ gab es aber von Seiten der Agrarbehörden nie ...“.

„Ähnlich denken auch Bauern. Im Online-Forum „Landwirt.com“ wurde bereits heftig diskutiert. Dort beklagte etwa ein verärgerter IG-Milch Bauer: „Während unsere „ A faire Milch“ nicht förderwürdig war, gibt es für ,gut so!’ schon Geld, bevor man überhaupt angefangen hat“.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

Anfrage:

1.             Wann erfolgte das Förderungsansuchen durch „fairea“?

2.             Nach welchen Förderungskriterien wurde dem Projekt „fairea - gut so!“ die Zustimmung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erteilt?

3.             Wann wurde die Förderungszusage erteilt?

4.      Aus welchen Fördermaßnahmen wurden die Subventionen genehmigt?

5.      Welche Förderbeträge wurden bisher seitens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft überwiesen?

6.      Wann wurden diese Fördergelder überwiesen?

7.      Wodurch erfolgte die bisherige Leistungskontrolle?

8.      Wurden die Erfordernisse laut Auflagen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bisher erfüllt?

9.      Reicht der bisherige Projektfortschritt zur Rechtfertigung der insgesamt zugesagten bzw. bisher ausbezahlten Förderungsbeträge?

10.  Welche aktiven Kontrollschritte wurden seitens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bis dato getätigt?

11.  Welche Erfolgsnachweise wurden seitens des Förderungswerbers bisher erbracht?

12.  Wie viele Milchprodukte seitens dieser Marke konnten die Konsumentinnen und Konsumenten österreichweit in den Regalen 2008 vorfinden?

13.  Wie hoch war dabei die Milchmenge, die 2008 umgesetzt wurde?

14.  Wie viele Getreideprodukte seitens dieser Marke konnten die Konsumentinnen und Konsumenten österreichweit in den Regalen bis dato 2008 vorfinden?

15.  Wie hoch war dabei die Getreidemenge, die damit bis dato 2008 umgesetzt wurde?

16.  Wie viele Fleischprodukte seitens dieser Marke konnten die Konsumentinnen und Konsumenten österreichweit in den Regalen vorfinden?

17.  Wie hoch war dabei die Fleischmenge, die damit umgesetzt wurde?

18.  Wie viele Obstprodukte seitens dieser Marke konnten die Konsumentinnen und Konsumenten österreichweit in den Regalen vorfinden?

19.  Wie hoch war dabei die Obstmenge, die damit umgesetzt wurde?

20.  Wie viele Gemüseprodukte seitens dieser Marke konnten die Konsumentinnen und Konsumenten österreichweit in den Regalen vorfinden?

21.  Wie hoch war dabei die Gemüsemenge, die damit bis 2008 umgesetzt wurde?

22.  Sind Sie zu einer Verbesserung der Transparenz bei der Vergabe der Förderungen für derartige Kennzeichnungen im Lebensmittelbereich bereit?

23.  Gibt es konkret definierte Vergabekriterien sowie Anforderungskriterien bei Gütezeichen bzw. Forderungen für diese?

24.  Sind im konkreten Fall Täuschungen von Konsumentinnen und Konsumenten auszuschließen?

25.  Waren Vertreter des Konsumentenschutzes in den Vergabeprozess eingebunden?

26.  Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Marke „faironika“, die bereits seit geraumer Zeit durchaus erfolgreich in den Regalen namhafter Konzerne gelistet ist, in vergleichbarem Ausmaße zu unterstützen und zu fördern?