Vorblatt

Problem:

In der Regierungsvorlage eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, ist vorgesehen, das achte Hauptstück des B-VG (Volksanwaltschaft) zur Durchführung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 18. Dezember 2002 (OPCAT) zu ändern. Nach dieser Regierungsvorlage soll Nationaler Mechanismus zur Verhütung von Folter die Volksanwaltschaft (mit ihren Kommissionen) sein. Als Beratungsorgan soll von der Volksanwaltschaft ein Menschenrechtsbeirat eingerichtet werden, der an die Stelle des Menschenrechtsbeirats gemäß § 15a des Sicherheitspolizeigesetzes tritt. Diese Verfassungsbestimmungen bedürfen der einfachgesetzlichen Ausführung.

Ziel:

Erlassung entsprechender einfachgesetzlicher Ausführungsbestimmungen.

Inhalt/Problemlösung:

Die gegenständliche Regierungsvorlage eines OPCAT-Durchführungsgesetzes sieht eine Änderung des Volksanwaltschaftsgesetzes 1982 und die Vornahme legistischer Anpassungen im Sicherheitspolizeigesetz, im Strafvollzugsgesetz und im Bundesgesetzblattgesetz vor.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Das Vorhaben ist ausgaben- bzw. kostenwirksam, dient jedoch im Wesentlichen der Durchführung des Völkerrechts.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

– – Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Keine.

– Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

– Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hintergrund:

In der Regierungsvorlage eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, ist vorgesehen, das achte Hauptstück des B-VG (Volksanwaltschaft) zur Durchführung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 18. Dezember 2002, UN Doc. A/RES/57/199 (2003), (OPCAT) zu ändern. Nach dieser Regierungsvorlage soll Nationaler Mechanismus zur Verhütung von Folter (NPM) die Volksanwaltschaft (mit ihren Kommissionen) sein. Als Beratungsorgan soll von der Volksanwaltschaft ein Menschenrechtsbeirat eingerichtet werden, der an die Stelle des Menschenrechtsbeirats gemäß § 15a des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, tritt.

In Ausführung der genannten Regierungsvorlage sieht die gegenständliche Regierungsvorlage eines OPCAT-Durchführungsgesetzes eine Änderung des Volksanwaltschaftsgesetzes 1982 (Art. 1) und die Vornahme legistischer Anpassungen im Sicherheitspolizeigesetz, im Strafvollzugsgesetz und im Bundesgesetzblattgesetz vor (Art. 2 bis 4). Die vorgeschlagenen Bestimmungen wurden gemeinsam mit der Volksanwaltschaft ausgearbeitet. In diesen Prozess wurden sowohl Nichtregierungsorganisationen, die sich der Wahrung von Menschenrechten widmen, als auch der Menschenrechtsbeirat gemäß § 15a SPG einbezogen (vgl. zu den Grundsätzen der Einrichtung eines NPM in „an open, transparent and inclusive process which involves a wide range of stakeholders, including civil society“ Z 16 der Guidelines on national preventive mechanisms des UN-Subcommittee on Prevention of Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment vom 9. Dezember 2010, CAT/OP/12/5).

Finanzielle Auswirkungen:

Das Vorhaben ist ausgaben- bzw. kostenwirksam, dient jedoch im Wesentlichen der Durchführung des Völkerrechts (vgl. insbesondere die Pflicht zur Finanzierung des NPM durch den Vertragsstaat in Art. 18 Abs. 2 OPCAT). Die tatsächliche Höhe dieser Ausgaben bzw. Kosten wird von Häufigkeit und Umfang der tatsächlichen Prüfungen durch die Volksanwaltschaft (samt Kommissionen) in ihrer Funktion als NPM abhängen und kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt mangels entsprechender Erfahrungswerte einer OPCAT-Praxis nicht beziffert werden. Da der Menschenrechtsbeirat gemäß § 15a SPG samt Kommissionen zu Gunsten der neuen Struktur entfallen bzw. in der neuen Struktur aufgehen soll, sind insoweit keine wesentlichen Mehraufwendungen zu erwarten. Die Kosten des Unterausschusses (internationaler Präventionsmechanismus) tragen die Vereinten Nationen (vgl. Art. 25 OPCAT).

Verwaltungslasten:

Keine.

Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus BGBl. I Nr. 35/1999:

Dieses Gesetz unterliegt der Vereinbarung zwischen Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung des OPCAT-Durchführungsgesetzes ergibt sich aus Art. 148j B-VG sowie – hinsichtlich der Einreise- und Kontrollbefugnisse des UN-Ausschusses – aus Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG („Regelung und Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und Austritt aus ihm“) und aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 („äußere Angelegenheiten [...], insbesondere Abschluss von Staatsverträgen“). Die Zuständigkeit des Bundes zur Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG („Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit einschließlich der ersten allgemeinen Hilfeleistung, jedoch mit Ausnahme der örtlichen Sicherheitspolizei“); die zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG („Einrichtungen zum Schutz der Gesellschaft gegen verbrecherische oder sonst gefährliche Personen“).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Volksanwaltschaftsgesetz 1982):

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 2):

Es soll klargestellt werden, welche Angelegenheiten der kollegialen Beschlussfassung der Volksanwaltschaft unterliegen. Die genannten Angelegenheiten sind nicht taxativ; gemäß der Geschäftsordnung oder Geschäftsverteilung können weitere Angelegenheiten kollegial zu beschließen sein. Im Übrigen ist festzuhalten, dass Disziplinaranzeigen keine Dienstaufsichtsmaßnahmen in dem Sinn darstellen.

Zu Z 2 und Z 3 (§ 3 Abs. 1 und 3):

Aus systematischen Gründen wird der Regelungsinhalt des Art. 148d Abs. 1 (neu) im vorgeschlagenen Abs. 1 einfachgesetzlich wiederholt.

Der vorgeschlagene Abs. 3 soll die Volksanwaltschaft dazu verpflichten, über die parlamentarische Öffentlichkeit hinaus ihre Berichte in allgemein zugänglicher Weise, etwa durch Kundmachung im Internet, zB auf ihrer Homepage, zu veröffentlichen (vgl. die Veröffentlichungspflicht in Art. 23 OPCAT sowie die spezielle Übermittlungspflicht an den Unterausschuss zur Verhütung von Folter nach Z. 29 der Guidelines on national preventive mechanisms des UN-Subcommittee on Prevention of Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment vom 9. Dezember 2010, CAT/OP/12/5).

Zu Z 4 (§ 5):

Die Verweise auf das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und das Zustellgesetz sollen aktualisiert werden.

Zu Z 5 (§ 7):

Der Volksanwaltschaft sollen im vorgeschlagenen Abs. 1 Stellungnahmerechte im Normerzeugungsprozess eingeräumt werden (vgl. Art. 19 lit. c OPCAT).

Abs. 2 soll die Volksanwaltschaft ua. zu einer hinreichenden Öffentlichkeitsarbeit verpflichten.

Zu Z 7 (III. Abschnitt):

Zu § 11:

In Abs. 1 soll die Volksanwaltschaft (mit ihren Kommissionen) als NPM im Sinn des OPCAT eingerichtet werden. Die Definition der „Orte des Freiheitsentzuges“ soll dem OPCAT entnommen werden (Z 1). Zusätzlich soll die Volkanwaltschaft die Setzung von Akten unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt begleitend kontrollieren (Z 2). Vgl. auch die Erläuterungen zu den in Z 5 und 6 (Art. 148a Abs. 3 bis 6) der Regierungsvorlage eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, vorgeschlagenen Änderungen.

Abs. 3 soll die auf die Volksanwaltschaft bezogene Amtshilferegelung des Art. 148b Abs. 1 B-VG präzisieren und enthält Duldungs- und Mitwirkungspflichten zuständiger staatlicher Organe. Darüber hinaus sollen Verantwortliche privater Einrichtungen, auf die sich die Kontrollzuständigkeit der Volksanwaltschaft erstreckt, zur Kooperation verpflichtet werden. Im Zusammenspiel mit staatlichen Aufsichtsrechten und sonstigen gesetzlich eingeräumten Rechtsschutzmöglichkeiten (vgl. etwa die gerichtliche Überprüfungsmöglichkeiten gemäß den §§ 11 ff des Heimaufenthaltsgesetzes – HeimAufG) soll damit den Verpflichtungen insbesondere des Art. 20 OPCAT entsprochen werden.

Zu § 12:

Die §§ 12 f enthalten nähere Regelungen über Organisation, Verfahren und Zuständigkeit der Kommissionen.

NPM im Sinn des OPCAT soll die Volksanwaltschaft (mit ihren Kommissionen) sein. Die gesetzlich geregelte Zusammensetzung der Kommissionen soll die erforderlichen Fähigkeiten und Fachkenntnisse im Sinn des Art. 18 OPCAT garantieren und zugleich die Vorgaben der „Paris Principles“ der Vereinten Nationen vom 4. März 1994 soweit wie möglich und relevant erfüllen (vgl. § 12).

Um das erforderliche Expertenwissen in den Kommissionen sicher zu stellen, soll auf bestehenden Sachverstand in diesen Angelegenheiten zurückgegriffen werden können; dies gilt auch für die Strafvollzugskommissionen. Daher verfügen jedenfalls Personen, die die Befähigung zum Richteramt haben, über „die erforderlichen Fähigkeiten und Fachkenntnisse“.

Zu § 13:

Die Kommissionen sollen für die Volksanwaltschaft die Kontrollen vor Ort durchführen. Sie sollen dabei unter Berücksichtigung der von der Volksanwaltschaft vorgegebenen Prüfschwerpunkte ihre Arbeit festlegen. Für das nötige Ausmaß an Flexibilität etwa bei Gefahr im Verzug sollen Vorkehrungen in der Geschäftsordnung getroffen werden. Auf Ersuchen der Volksanwaltschaft sollen die Kommissionen auch in den Angelegenheiten des Art. 148a Abs. 1, 2 und 5 B-VG tätig werden; ein solches Vorgehen kann sich in besonderen Konstellationen als zweckmäßig erweisen.

Da die Mitglieder der Kommissionen in keinem Dienstrechtsverhältnis zur Volksanwaltschaft stehen, sollen die Kommissionen berechtigt sein, den Berichten der Volksanwaltschaft Bemerkungen anzuschließen (falls die Volksanwaltschaft im Verfahren oder in ihrer abschließenden Beurteilung eine abweichende Meinung der Kommission ihrer Ansicht nach nicht entsprechend berücksichtigt hat).

Zu den §§ 14 bis 16:

Der Menschenrechtsbeirat soll die Volksanwaltschaft in menschenrechtlichen Angelegenheiten des OPCAT beraten. Diese Bestimmungen enthalten nähere Regelungen zu Organisation, Verfahren und Zuständigkeit des Menschenrechtsbeirats.

Der Vorsitzende des Menschenrechtsbeirats soll ausgezeichnete Kenntnisse auf dem Gebiet des Verfassungsrechts, insbesondere auf dem Gebiet der Grund- und Menschenrechte, haben. Das Erfordernis einer „wissenschaftlichen Qualifikation“ erfüllt jedenfalls eine Habilitation in diesen Fächern, aber auch ein sonstiger wissenschaftlicher Nachweis.

Zu § 17:

Als internationaler Präventionsmechanismus ist der UN-Ausschuss mit den nötigen Zuständigkeiten und Befugnissen auf Bundesebene zu versehen (vgl. zu seinem Mandat die Art. 11 ff OPCAT). Ihm gegenüber sollen die gleichen Verpflichtungen gelten, wie sie für die besuchten Einrichtungen gegenüber dem NPM Volksanwaltschaft vorgesehen werden sollen.

Die vorgeschlagene Ausnahmebestimmung in Abs. 2 entspricht Art. 14 Abs. 2 OPCAT.

Zu § 18:

Die vorgeschlagene Bestimmung entspricht Art. 15 und 21 Abs. 1 OPCAT.

Zu § 19:

Die vorgeschlagene Bestimmung entspricht Art. 21 Abs. 2 OPCAT.

Zu § 20:

Die vorgeschlagene Bestimmung regelt den Schutz der Vertraulichkeit von Informanten. Auch sonst im Rahmen der Volksanwaltschaft tätige Personen, etwa Experten, sollen zur Verschwiegenheit verpflichtet werden.

Zu Z 11 (§ 12 [§ 23 neu]):

Die vorgeschlagene Bestimmung enthält Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen sowie eine dienstrechtliche Begleitregelung zum Personalübergang vom Menschenrechtsbeirat gemäß § 15a SPG auf den Menschenrechtsbeirat.

Zu Artikel 2 (Sicherheitspolizeigesetz) und Artikel 3 (Strafvollzugsgesetz):

Im Hinblick auf die in Art. 1 enthaltenen Regelungen hätten die Bestimmungen betreffend den Menschenrechtsbeirat gemäß § 15a SPG und die Strafvollzugskommissionen gemäß § 18 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, zu entfallen.

Zu Artikel 4 (Bundesgesetzblattgesetz):

Zitierungsanpassung.