Entwurf

Bundesgesetz über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz 2012 - ABG 2012)

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1. (1) Das Arzneibuch ist eine vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit bekannt gemachte Sammlung anerkannter pharmazeutischer Regeln über die Definition, Herstellung, Qualität, Zusammensetzung, Dosierung, Bezeichnung, Lagerung, Abgabe und Prüfung von Arzneimitteln sowie über die Beschaffenheit von Behältnissen und Umhüllungen von Arzneimitteln.

(2) Das Arzneibuch besteht aus dem Europäischen Arzneibuch gemäß dem Übereinkommen über die Ausarbeitung eines Europäischen Arzneibuches, BGBl. Nr. 181/1979, und dem Österreichischen Arzneibuch.

§ 2. (1) Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat durch Verordnung die deutschsprachige Fassung des Europäischen Arzneibuches als „Europäisches Arzneibuch, Amtliche Österreichische Ausgabe'' verbindlich zu erklären und kundzumachen, auf welche Weise diese Fassung bezogen werden kann.

(2) Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat diejenigen Regelungen des Österreichischen Arzneibuches, 9. Ausgabe, BGBl. Nr. 570/1990, welche durch das Europäische Arzneibuch, Amtliche Österreichische Ausgabe, nicht ersetzt werden, unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse Österreichs durch Verordnung als „Österreichisches Arzneibuch, Amtliche Ausgabe'' verbindlich zu erklären. Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit wird ermächtigt, die Regelungen des Europäischen Arzneibuches, Amtliche Österreichische Ausgabe, erforderlichenfalls durch zusätzliche Regelungen im Österreichischen Arzneibuch zu ergänzen.

(3) Das Europäische Arzneibuch, Amtliche Österreichische Ausgabe, ist beim Bundesministerium für Gesundheit und bei den Bezirksverwaltungsbehörden zur unentgeltlichen öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen.

§ 3. Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, AGES, ist das zuständige Institut für fachliche Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Arzneibuch. Sofern der AGES die Durchführung der Untersuchungen nicht möglich ist, können diese in anderen dafür geeigneten Einrichtungen vorgenommen werden.

§ 4. (1) Arzneimittel sind nach den im Arzneibuch enthaltenen Regeln herzustellen, zu prüfen oder in Verkehr zu bringen. Dies gilt auch für die Beschaffenheit der im Arzneibuch angeführten Behältnisse oder Umhüllungen, sofern diese mit Arzneimitteln direkt in Berührung stehen.

(2) Bei der Prüfung können auch andere Methoden angewendet und andere Geräte benutzt werden, als sie im Arzneibuch beschrieben sind, sofern nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft gewährleistet ist, dass nachweislich die gleichen Ergebnisse wie mit den im Arzneibuch beschriebenen Methoden und Geräten erzielt werden. Bei der Herstellung dürfen nur dann andere Methoden angewendet werden, sofern eine Monographie des Arzneibuches ein anderes Herstellungsverfahren ausdrücklich zulässt.

(3) Sofern das Arzneibuch keine Regeln über die Herstellung, Prüfung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln, Behältnissen oder Umhüllungen enthält, ist der jeweilige Stand der Wissenschaft einzuhalten.

§ 5. (1) Wer Arzneimittel, oder die in § 4 Abs. 1 genannten Behältnisse oder Umhüllungen herstellt oder prüft, hat die im Arzneibuch vorgesehenen Qualitätsprüfungen entweder selbst durchzuführen oder

           1. in Betrieben, die über eine entsprechende Bewilligung gemäß § 63 Abs. 1 Arzneimittelgesetz verfügen, oder

           2. in Betrieben, die über eine entsprechende Bewilligung einer zuständigen Behörde einer anderen Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraums verfügen, oder

           3. in Apotheken

durchführen zu lassen. Diese Betriebe und Apotheken müssen über geeignete Räumlichkeiten und Ausrüstungen für die Durchführung solcher Prüfungen verfügen. Die Vornahme der Prüfungen ist nicht erforderlich, wenn diese bereits durch andere Betriebe oder Apotheken gemäß Z 1 bis 3 durchgeführt wurden und dies durch entsprechende Prüfzertifikate nachgewiesen wird.

(2) Wer Arzneimittel an Letztverbraucher/innen abgibt, hat die im Arzneibuch vorgesehenen Identitätsprüfungen durchzuführen. Eine Prüfung auf Identität ist auch dann vorzunehmen, wenn das Arzneibuch keine diesbezüglichen Angaben enthält. Bei der Abgabe von Arzneispezialitäten sind Identitätsprüfungen nicht erforderlich.

(3) Über die gemäß Abs. 1 und 2 durchgeführten Prüfungen sind Aufzeichnungen in schriftlicher oder elektronischer Form zu führen, die mindestens folgende Angaben zu enthalten haben:

           1. Datum des Probeneingangs sowie Datum des Beginns und der Beendigung der Prüfung,

           2. Name des Arzneimittels oder des Behältnisses oder der Umhüllung,

           3. gelieferte oder im Betrieb hergestellte Menge,

           4. Name und Anschrift des Lieferanten,

           5. Ergebnis einer visuellen Prüfung der Überverpackung und der korrekten Lieferung,

           6. Chargennummer,

           7. Art und Ergebnis der Prüfung und

           8. Unterschrift des/der Prüfenden.

Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre gerechnet von der letzten datierten Unterschrift aufzubewahren. Die in elektronischer Form gespeicherten Daten müssen jederzeit in lesbarer Form verfügbar gemacht werden können.

§ 6. (1) Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat sich bei Erfüllung der ihm/ihr gemäß §§ 1 und 2 obliegenden Aufgaben einer Kommission (Arzneibuchkommission) als beratendes Organ zu bedienen.

(2) Der Arzneibuchkommission haben als Mitglieder anzugehören:

           1. je ein/eine Vertreter/in der Fachgebiete

                a) Pharmazeutische Chemie,

               b) Pharmakognosie,

                c) Pharmakologie,

               d) Pharmazeutische Technologie,

                e) Hygiene und

                f) Veterinärmedizin;

           2. drei fachkundige Bedienstete des Bundesministeriums für Gesundheit;

           3. ein/eine Vertreter/in des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport;

           4. drei in Bezug auf Agenden der Arzneimittelsicherheit und -qualität fachkundige Bedienstete der AGES;

           5. je zwei Vertreter/innen

                a) der Österreichischen Apothekerkammer und

               b) der Wirtschaftskammer Österreich;

           6. je ein/eine Vertreter/in

                a) der Österreichischen Ärztekammer,

               b) der Österreichischen Tierärztekammer,

                c) des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger,

               d) der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs,

                e) der Bundesarbeitskammer und

                f) des Österreichischen Gewerkschaftsbundes.

(3) Für jedes Mitglied ist ein/eine Stellvertreter/in zu bestellen. Die Mitglieder und deren Stellvertreter/innen sind vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Hinsichtlich der in Abs. 2 Z 5 und 6 genannten Vertreter/innen steht den betreffenden Interessensvertretungen das Vorschlagsrecht zu.

(4) Den Beratungen der Arzneibuchkommission können gegebenenfalls weitere Sachverständige beigezogen werden.

(5) Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat für die im Abs. 3 genannte Zeit einen/eine Bediensteten/Bedienstete seines/ihres Ministeriums oder der AGES mit dem Vorsitz der Arzneibuchkommission zu betrauen.

(6) Die Beratungen der Arzneibuchkommission sind nach einer vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit zu erlassenden Geschäftsordnung zu führen.

(7) Die Tätigkeit der Arzneibuchkommission ist ehrenamtlich. Allfällige Reisekosten sind den Mitgliedern der Arzneibuchkommission oder deren Stellvertretern und den beigezogenen Sachverständigen nach der höchsten Gebührenstufe der Reisegebührenvorschrift 1955 zu ersetzen.

§ 7. (1) Wer

           1. Arzneimittel oder Behältnisse oder Umhüllungen entgegen den Anforderungen gemäß § 4 herstellt, prüft oder in Verkehr bringt, oder

           2. die im Arzneibuch vorgesehenen Qualitätsprüfungen entgegen § 5 Abs. 1 nicht durchführt oder nicht durchführen lässt, oder

           3. Arzneimittel entgegen § 5 Abs. 2 ohne Identitätsprüfung an Letztverbraucher/innen abgibt, oder

           4. den Aufzeichnungspflichten gemäß § 5 Abs. 3 zuwiderhandelt,

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallende strafbare Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3 600 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 7 200 Euro zu bestrafen.

(2) Der Versuch einer Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 Z 1 bis 4 ist strafbar.

§ 8. (1) Soweit dieses Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verweist, sind diese Bestimmungen in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

(2) Mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes tritt das Bundesgesetz vom 17. April 1980 über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz), BGBl. Nr. 195/1980, außer Kraft.

§ 9. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der/die Bundesminister/in für Gesundheit betraut.