42/SBI XXIV. GP

Eingebracht am 23.05.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative

 

 

 

 

Parlamentsdirektion

Parlament

1017 Wien

 

Organisationseinheit:

BMG-II/A/9 (Ministerrat)

Sachbearbeiter/in:

Elke Wyschata

E-Mail:

elke.wyschata@bmg.gv.at

Telefon:

+43 (1) 71100-4514

Fax:

Geschäftszahl:

BMG-11000/0023-II/A/9/2011

Datum:

20.05.2011

E-Mail: stellungnahme.PETBI@parlament.gv.at 

 

 

 

 

 

Bürgerinitiative Nr. 29 betr. "Erhaltung der Hausapotheke der Landarztstelle in der
Marktgemeinde Grafenegg zur Sicherung der ärztlichen Nahversorgung"

Sehr geehrte Damen und Herren!

Unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 11. April 2011, GZ. 17020.0025/11-

L1.3/2011, teilt das Bundesministerium für Gesundheit zu der im Betreff genannten

Bürgerinitiative Folgendes mit:

Nach ho. Recherchen bei der Österreichischen Apothekerkammer handelt es sich bei
Grafenegg um eine Einarztgemeinde mit ca. 3.000 Einwohner/inne/n.
In der Ortschaft Haitzendorf der Marktgemeinde Grafenegg ordiniert Herr Dr. Knapp
mit Kassenvertrag und ärztlicher Hausapotheke. Dr. Knapp ist Jahrgang 1950, also zur
Zeit 61 Jahre alt; mit seiner Pensionierung würde eine ärztliche Hausapotheke an
eine/n nachfolgende/n Arzt/Ärztin am selben Standort nicht erteilt werden, da die
Entfernung zur nächsten öffentlichen Apotheke in Hadersdorf nur rd. 4,5 km
(Voraussetzung gem. § 29 Abs. 1 ApG: 6 km) beträgt.

Lässt sich ein nachfolgender Arzt/eine nachfolgende Ärztin allerdings an einem
Standort in der Gemeinde nieder, bei dem die Entfernung zwischen Arztordination
und öffentlicher Apotheke über 6 km beträgt, besteht kein Hindernis für die
Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke.


 

Zur rechtlichen Basis generell erlaubt sich das Bundesministerium für Gesundheit
noch darauf hinzuweisen, dass unvorgreiflich der politischen Verantwortung auf der
Ebene der Gesetzgebung für eine bestmöglich organisierte Arzneimittelversorgung im
l
ändlichen Raum bei der 2006 vorgenommenen umfassenden gesetzlichen
Neuregelung des Verh
ältnisses öffentlicher Apotheken und Hausapotheken nach der
vom Verfassungsgerichtshof zur früheren Rechtslage entwickelten Rechtsprechung
ein neuer Versorgungsansatz gewählt werden musste.

Statt wie zuvor auf die Einwohner/innen im Umkreis der Hausapotheken abzustellen,
wurde nunmehr die Frage des Schutzes der Hausapotheken vor der Niederlassung einer
öffentlichen Apotheke von den in der Gemeinde befindlichen Kassenärzten/-ärztinnen
abhängig gemacht (§ 10 ApG). Sofern es in einer Gemeinde weniger als zwei volle
Planstellen für Ärzte/Ärztinnen gibt, also eine Ein-Arzt-Gemeinde" vorliegt, soll die
Versorgung grunds
ätzlich durch Hausapotheken erfolgen, wogegen bei allen anderen
Gemeinden der öffentlichen Apotheke der Vorrang einzuräumen ist, da die
Hausapotheke in diesen Bereichen bloß eine subsidiäre Versorgungsform darstellt
(entsprechend der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes).

In Verbindung mit dem damals mit Zustimmung der Österreichischen Ärztekammer
geschlossenen Kompromiss wurden als Bedingung auch großzügige
Übergangsbestimmungen zugunsten der derzeit bestehenden Hausapotheken in das
Apothekengesetz aufgenommen (§ 62 a Abs. 1 ApG), um den derzeit tätigen
Hausapotheken führenden Ärzten/Ärztinnen ihre Weiterführung noch bis zur
Beendigung ihrer Tätigkeit als Ärzte/Ärztinnen zu sichern (65. Lebensjahr, höchstens
10 Jahre).

Dabei wurde im Rahmen des Gesamtkompromisses auch geregelt, dass die Nachfolge
eines anderen Arztes/einer anderen Ärztin in eine bestehende Hausapotheke
weiterhin erfolgen kann, wenn die n
ächste öffentliche Apotheke zumindest 6 km (vor
2006: 4-6 km) entfernt ist, auch wenn es sich um keine
Ein-Arzt-Gemeinde" handelt
- und damit nun die gleichen Entfernungsregeln gelten wie bei der Neubeantragung
einer ärztlichen Hausapotheke.

Es ist festzuhalten, dass die damalige Neuordnung einen - auch wirtschaftlichen -
Gesamtkompromiss zwischen
Österreichischer Ärzte- und Apothekerkammer
bedeutet hat, der somit nicht einseitig zugunsten der
Ärzteschaft abgeändert werden
sollte.

Die im Rahmen des Kompromisses festgelegten Entfernungserfordernisse zwischen
öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken dienen dem wirtschaftlichen
Überleben der öffentlichen Apotheken, da andernfalls naturgemäß ein Teil des
Kundenpotentials des Einzugsgebietes die ben
ötigten Arzneimittel aus der
Hausapotheke beziehen würde.


 

Der Kompromiss beinhaltet auch die Übergangsregelungen für damals anhängige
Verfahren dergestalt, dass
ärztliche Hausapotheken noch nach alter Rechtslage
zurückzunehmen sind, da auch die Erfordernisse für die Erteilung einer Konzession
für die öffentlichen Apotheken strengeren Prüfmaßstäben unterlagen.

Dass es in Einzelfällen bei Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke - wohl mit
den Vorteilen wie zum Beispiel der Nacht- und Bereitschaftsdienste,
pharmazeutischer Beratung, Vorhandensein eines Labors - wegen der damit
verbundenen gesetzlich vorgeschriebenen Schließung von ärztlichen Hausapotheken
auch vorübergehend zu Unzufriedenheit von betroffenen Patient/inn/en kommen
kann, ist bedauerlicherweise unvermeidbar.

Es besteht aber auch die Möglichkeit der gem. § 8a ApG gegebenen
apothekeneigenen Zustelleinrichtungen, wonach dringend benötigte Arzneimittel
gegen Rezept direkt an Patient/inn/en an ihrer Wohnadresse zugestellt werden
können.

Für den Bundesminister:
i.V. PEISCHL

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