92/SBI XXIV. GP

Eingebracht am 20.02.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative


Stellungnahme BMFöD zu Petition Nr. 61 und Bürgerinitiative Nr. 41 betreffend Obsorge

Die Sektion II des Bundeskanzleramts beehrt sich der Parlamentsdirektion nachfolgende Stellungnahme zur Petition Nr. 61 und zur Bürgerinitiative Nr. 41 zu übermitteln:

Das neue Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 ist mit 1.2.2013 in Kraft getreten. Es wurde damit ein wichtiger Schritt zur Modernisierung des Familienrechts gesetzt. Mit dieser Novelle wurde auch ein Antragsrecht für ledige Väter auf (gemeinsame) Obsorge verankert und damit dem Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Sporer ((Beschwerde-Nr. 35637/03) sowie dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Rechnung getragen. Darüber hinaus wurden mit der Novelle die Obsorge, das Kontaktrecht (Besuchsrecht) sowie das Namensrecht neu geregelt. Es wurde auch eine Familiengerichtshilfe im Gesetz verankert, deren Ziel es ist deeskalierend zu wirken und einvernehmliche Lösungen zu fördern.

1.    Mehr Kontinuität für Kinder durch Schaffung klarer Verhältnisse


      Es besteht die Möglichkeit des Ausspruchs der gemeinsamen Obsorge auch bei strittigen Scheidungen, wenn das dem Kindeswohl entspricht (nach einer „Abkühlphase“).


      Das Kontaktrecht wird ausgebaut und die Bedürfnisse der Kinder mehr berücksichtigt. Sogenannte „BesuchsmittlerInnen“ können vom Gericht zur besseren Durchsetzung von Kontaktrechten eingesetzt werden.

      Die Vereinbarung der gemeinsamen Obsorge lediger Eltern wird vereinfacht und kann am Standesamt vereinbart werden.

      Verpflichtende Vereinbarung des Besuchsrechts bei einvernehmlichen Scheidungen.

 

2.    Gesetzliche Verankerung des Kindeswohls

      Erstmals wird das Kindeswohl mit einer 12-Punkte-Definiton verankert und als leitender Grundsatz in Angelegenheiten der Obsorge und der persönlichen Kontakte in den Mittelpunkt gestellt.

      Als Beitrag zur Verbesserung der Situation von Kindern müssen Eltern von minderjährigen Kindern im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung nachweisen, dass sie sich bei einer geeigneten Stelle oder Person über die aus der Scheidung resultierenden Bedürfnisse ihrer Kinder beraten haben lassen.

3.    Schnellere Verfahren und begleitende Maßnahmen

      Die Familiengerichtshilfe begleitet und unterstützt die Familien während des Gerichtsverfahrens und versucht schon vor Prozessbeginn eine einvernehmliche Lösung zu erreichen.

      BesuchsmittlerInnen prüfen bei Streit bzgl der Umsetzung des Kontaktrechts ob die vereinbarten Kontakte eingehalten wurden und unterstützen beim Finden einer einvernehmlichen Lösung.

      Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung („Abkühlphase“): Bei strittigen Fällen soll sechs Monaten lang die Obsorgeregelung so bleiben, wie sie bis zur Antragsstellung war. Jenem Elternteil, der nicht mit der hauptsächlichen Betreuung des Kindes betraut ist, ist ein Kontaktrecht einzuräumen. Nach Ablauf der sechs Monate, hat das Gericht dann aufgrund der Erfahrungen in der Phase der elterlichen Verantwortung und nach Maßgabe des Kindeswohls über die Obsorge endgültig zu entscheiden. Das Gericht kann dann die alleinige Obsorge oder die Obsorge beider Eltern aussprechen.

Im Zuge des parlamentarischen Prozesses wurde auch eine Evaluierung der Novelle verabschiedet, die eine Evaluierung bis Ende 2016 vorsieht.

Freundliche Grüße

7. Februar 2013

Für die Bundesministerin:

STOCKINGER

Elektronisch gefertigt