127/SPET XXIV. GP

Eingebracht am 07.06.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

 

 

 

 

 

 

 

 

An die

Parlamentsdirektion

z.Hd. Herrn Mag. Gottfried MICHALITSCH

stellungnahme. PETBI@parlament.gv.at

Wien, am 6. Juni 2011

Betrifft:           Petition Nr. 77 - Zum weltweiten Atomausstieg“

Zu der gegenständlichen Petition teilt das Bundeskanzleramt folgendes mit:

Es ist außerordentlich dramatisch, dass es (aufgrund des Nuklearunfalls in Japan) so großen menschlichen Leids und so großer Schäden bedurfte, um der österreichischen Ablehnung der energetischen Nutzung der Kernenergie wieder Gehör zu verschaffen.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung am 22. März 2011 einen umfassenden Aktionsplan für ein Internationales Umdenken von der Kernenergie hin zu erneuerbarer Energie und Energieeffizienz“ beschlossen. Mit seiner Entschließung vom 22. März 2011 (147/E XXIV GP) betreffend den raschest möglichen Ausstieg aus der Atomenergie“ unterstützt der Nationalrat diesen Aktionsplan. Die gegenständliche Petition weist grundsätzlich in die gleiche Richtung und ist angesichts der exponierten Position Österreichs eine wertvolle Unterstützung der Anti-Atom-Politik der Bundesregierung.


Die österreichische Forderung nach einer umfassenden und transparenten Risiko- und Sicherheitsbewertung ("Stresstest") wurde vom Europäischen Rat Ende März 2011 aufgenommen und die Durchführung solcher Tests für alle Kernkraftwerke (KKW) in der EU beschlossen. Am 25. Mai 2011 einigten sich die EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission über Umfang und Modalitäten der Stresstests. Auf Basis dieser Überprüfung soll ein Vergleich des Risikos verschiedener KKW möglich werden, da diese nun nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden. Dies gilt auch für die Evaluierung eventueller Laufzeitverlängerungen, die von der Bundesregierung - ebenso wie der Neubau von KKW - entschieden abgelehnt werden. Die Kriterien für den Stresstest umfassen auf Druck der Bundesregierung neben Naturkatastrophen auch andere extreme Ereignisse wie Folgen eines massiven Zusammenbruchs der Stromversorgung oder eines Flugzeugabsturzes sowie menschliches und organisatorisch bedingtes Versagen. Damit ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung unternommen worden. Die Ergebnisse und insbesondere die daraus gezogenen Konsequenzen werden zeigen, ob der Stresstest tatsächlich seinen hohen Anforderungen gerecht wird. Zur Behandlung von Terrorgefahren, die nicht in die Zuständigkeit der Atomaufsichtsbehörden fallen, sondern in die Kompetenz anderer nationaler Sicherheitsbehörden, wird der Rat eine Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission einrichten. Die Ergebnisse der Stresstests werden noch dieses Jahr vom Europäischen Rat behandelt und der Öffentlichkeit mitgeteilt werden.

Anzumerken ist jedoch, dass sich Österreich in seinem Beitrittsvertrag das Recht vorbehalten hat, souverän über die Wahl seiner Energieträger zu entscheiden; dieses Recht muss Österreich - natürlich nur unter maximalen Sicherheitsauflagen - auch anderen Staaten zugestehen.

In Bezug auf grenznahe KKW wird die Bundesregierung weiterhin alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um die berechtigten Sicherheitsinteressen der österreichischen Bevölkerung zu wahren. Dies gilt insbesondere für die Einhaltung der völker- und europarechtlichen Vorgaben für grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP). Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden dazu mit der Europäischen Kommission im Hinblick auf die Klärung der offenen EU-Rechtsfragen zum slowakischen UVP-Gesetz und im Hinblick darauf, dass diese das anhängige Vertragsverletzungsverfahren rasch zu einem Abschluss bringt, aktiv in Kontakt treten. Österreich behält sich die Einbringung diesbezüglicher Klagen vor.


Österreich hat seit Beginn seiner EU-Mitgliedschaft Initiativen zur Reform des Euratom-Vertrags gestartet und Reformbemühungen unterstützt, um den Förderzweck zu eliminieren, den Schutzzweck auszubauen, einen fairen Wettbewerb herzustellen und Entscheidungsprozesse zu demokratisieren. Nach intensivem Lobbying Österreichs haben im Jahr 2004 fünf der damals 25 Mitgliedstaaten eine Erklärung zum Verfassungsvertrag, welche eine Revisionskonferenz fordert, unterstützt. Diese Erklärung wurde in den Vertrag von Lissabon übernommen. Dies hat einerseits gezeigt, dass Österreich mit diesem Bestreben nicht alleine ist, andererseits aber auch, dass die für die Einsetzung einer Regierungskonferenz erforderliche Mehrheit, insbesondere die für eine Änderung des Euratom-Vertrages erforderliche Einstimmigkeit, noch nicht gegeben ist. Daher müssen die Anstrengungen weiterhin darauf konzentriert werden, die Unterstützerbasis für eine Reform zu erweitern und zu festigen.

Für die österreichische Bundesregierung ist die Entwicklung eines nachhaltigen Energiesystems eine zentrale Herausforderung für die kommenden Jahre. Die Forcierung von Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen ist unerlässlich, um langfristige Versorgungssicherheit und Klimaschutz sichern zu können. Energieeffizienz und erneuerbare Energien sind die Zukunft der Energieversorgung - Atomkraft ist keine Antwort auf den Klimawandel.

.Juni 2011

Für den Bundeskanzler:

MATZKA

Elektronisch gefertigt