185/SPET XXIV. GP

Eingebracht am 02.02.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

Parlamentsdirektion, Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen, Petition Nr. 130 betreffend für mehr Bewegung an Österreichs Schulen; Ressortstellungnahme

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur erlaubt sich zu der übermittelten Petition Nr. 130 betreffend für mehr Bewegung an Österreichs Schulen wie folgt Stellung zu nehmen:

Das Ziel, die Schülerinnen und Schüler zur Bewegung zu erziehen, ihnen dies als Bereicherung des Lebens und als gesundheitliche Notwendigkeit verständlich zu machen, stellt ein wesent­liches Ziel dar, das von niemandem in Frage gestellt wird. Durch ein umfangreiches Bewegungsangebot in der Schule soll ein Ausgleich zu unterschiedlichen Belastungen geschaffen und die Freude an der Bewegung durch vielfältige Erlebnisse in unterschiedlichen Bewegungssituationen erweitert und gestärkt werden. Im ganzheitlichen Sinn soll Bewegung bei den Kindern bzw. Jugendlichen das physische, psychische und soziale Wohlbefinden fördern und in den Alltag integriert werden, um den in der gegenständlichen Petition ins Treffen geführten Entwicklungen entgegenzuwirken.

Der Bedeutung der Bewegung für die Entwicklung junger Menschen in körperlicher, kognitiver, emotionaler und sozialer Hinsicht wird durch die Führung des Pflichtgegenstandes Bewegung und Sport“ in allen Schularten (außer in der Berufsschule im dualen Ausbildungssystem) und auch im ergänzenden Angebot (unverbindliche Übungen, Freigegenstände, Schul­veranstaltungen mit sportlichem Akzent) Rechnung getragen.

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Vom Fond Gesundes Österreich wurde 2010 „Österreichische Empfehlungen für gesundheits­wirksames Bewegen“, die ihre Grundlage in Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Europäischen Kommission (Weißbuch Sport 2007) gründen. Bei den Empfehlungen werden daher nicht nur die Auswirkungen von körperlicher Aktivität auf die Risikoreduktion von Krankheiten berücksichtigt, obgleich hier die Beweislage (Evidenz) am besten ist, sondern auch die Auswirkungen körperlicher Aktivität auf subjektive Parameter wie das körperliche, psychische und soziale Wohlbefinden, die Lebensqualität und die Gesundheits­zufriedenheit.

Gemäß diesen Empfehlungen sollen Kinder und Jugendliche um die Gesundheit zu fördern:

-      jeden Tag insgesamt mindestens 60 Minuten mit zumindest mittlerer Intensität körperlich aktiv sein,

-      an mindestens drei Tagen der Woche muskelkräftigende und knochenstärkende Bewegungsformen durchführen,

-      ist es empfehlenswert, zusätzlich Aktivitäten auszuführen, die die Koordination verbessern und die Beweglichkeit erhalten,

-      eine optimale Steuerung gesundheitswirksamer körperlicher Aktivitäten wird mit den Komponenten Dauer, Häufigkeit, Intensität und Wochenumfang sicherstellt.

Die Österreichische Bundesregierung erachtet Sport als bedeutende Querschnittsmaterie und verfolgt das Ziel, die Sportaktivität der Bevölkerung zu steigern und bewusstseinsbildende Maß­nahmen für die Bedeutung von gesundheitsfördernden Sport- und Bewegungsaktivitäten zu setzen. Das aktuelle Regierungsprogramm betont die Bedeutung der Einbeziehung des organisierten Sports in den Schulalltag. Vor allem im Bereich der Tagesbetreuung und für die Realisierung einer „täglichen Bewegungseinheit“ können Kooperationen mit dem organisierten Sport einen wesentlichen Beitrag leisten. Darüber hinaus soll eine Bewegungsoffensive im Volksschulalter zur Bekämpfung festgestellter nachteiliger Entwicklungen der körperlichen Fähigkeiten und des Gesundheitszustandes unserer Kinder unter Nutzung der Kooperations­möglichkeiten von Vereinen und Schulen weitergeführt werden.

Sport fördert individuelles und soziales Wohlbefinden, eine gesunde Lebensführung und soziale Verhaltensweisen. Die Möglichkeit zu regelmäßiger sportlicher Betätigung im schulischen Umfeld über den Unterricht hinaus regt zu einer sinnvollen Gestaltung der Freizeit an. Zugleich hat die regelmäßige sportliche Betätigung positive gesundheitliche Auswirkungen und kann zu einer gesundheitsbewussten Lebensweise beitragen.

Das österreichische Schulsystem bietet weiters Talenten und herausragenden Begabungen im Sport die Möglichkeit, entweder eine umfassende sportliche Ausbildung in der Schule zu erhalten (Sporthauptschulen, Sportgymnasien), im Rennskilauf eine bestmögliche Ausbildung zu absolvieren (Skihauptschulen, Skihandelsschulen und Skigymnasien) oder unter besonderer Berücksichtigung eines Hochleistungstrainings neben der Leistungssportkarriere einen Schul­abschluss zu erhalten (Schulversuche Handelsschulen bzw. Oberstufenrealgymnasien für Leistungssportlerinnen und -Sportler).

Zu den einzelnen Forderungen der Petition wird bemerkt:


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Zur 1. Forderung der Petition:

Das Ausmaß des Gegenstandes „Bewegung und Sport“ in der Volksschule beträgt für die 1. und 2. Klasse je 3 Wochenstunden, für die 3. und 4. Klasse je 2 Wochenstunden. Die grundschul­didaktische Konzeption des Unterrichts ermöglicht es, die tägliche Bewegungszeit für die Kinder zu realisieren. Das Stundenausmaß in der Sekundarstufe I (Hauptschule: 4 – 3 – 3 - 3, AHS: 4 - 4 - 3 - 3) ist auch aus europäischer Sicht umfangreich und kann autonom erhöht werden: so gesehen ist eine tägliche Bewegungszeit zu realisieren. Zudem besteht die Möglichkeit, die Stunden für Bewegung und Sport durch Fördermaßnahmen (unverbindliche Übungen) zu erweitern. Beispielsweise sieht der Lehrplan der AHS in der Unterstufe dafür insgesamt 14 Jahreswochenstunden vor, wobei eine schulautonome Festlegung in einer Bandbreite von 13 bis 19 Jahreswochenstunden möglich ist. Um die Zielsetzung, möglichst viel Bewegung und Sport für Schülerinnen und Schüler anzubieten, zu erreichen, wurde die Information über den Wert der Bewegung an Schulverwaltung, Schuldirektionen, Schulaufsicht und Erziehungsberechtigte wesentlich verstärkt.

Darüber hinaus wird ein gutes Maß an Schulwettkämpfen angeboten. Hier zeigt sich in den letzten Jahren ein positiver Aufwärtstrend. Konnten im Schuljahr 2007/08 12,98 % der Gesamtschülerzahl erreicht werden, nahmen im Schuljahr 2010/11 15,50 % aller Schülerinnen und Schüler an den angebotenen Wettkämpfen teil.

Zur 2. Forderung der Petition:

In der Grundschule kann die Grundschullehrerin bzw. der Grundschullehrer aufgrund des Klassenlehrerprinzips Bewegungszeiten auch flexibel gestalten und z.B. im Rahmen des Projekts Gesund & Munter“ mehr Bewegung für die Kinder in den gesamten Schulalltag bringen.

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur hat im Rahmen der Kooperation mit dem Sportministerium und in Umsetzung des Regierungsprogramms 2008 – 2013 Maßnahmen zur Förderung von Bewegung und Sport in den Volksschulen vorgesehen. In einer Expertinnen- und Expertengruppe wurde das oben erwähnte Projekt Gesund & Munter“ konzipiert.

Die inhaltlichen Schwerpunkte betreffen

-      mehr Bewegung für Kinder im Volksschulalter im gesamten Schultag

-      mehr Kompetenz für Lehrerinnen und Lehrer im Bereich Bewegung und Sport“.

Durch die Verfolgung der strategischen Ziele dieser Bewegungsinitiative wird versucht, dem Anliegen des Regierungsprogramms bestmöglich zu entsprechen:

-      Qualitätssicherung durch Empfehlung von grundlegenden Bewegungsstandards“

-      Erhöhung des Anteils an Bewegung beim Lernen und in der Freizeit auch in Kooperation mit außerschulischen Einrichtungen

-       Ausgleich von motorischen Defiziten

-       Kooperation mit dem außerschulischen, organisierten Sport.

Gleichzeitig dazu wurde seitens des Sportministeriums das Projekt Kinder gesund bewegen“ ins Leben gerufen. Im Zuge dieses Projekts werden Sportverbände bzw. -vereine durch das Sportministerium über die Initiative Fit für Österreich“ mit finanziellen Ressourcen bedacht, wodurch konkrete Angebote im Ausmaß von bis zu 10 Einheiten für Volksschulen in Überein­stimmung mit der zuständigen Schulbehörde gesetzt werden können:

-      Bewegungsbegleitung bei Bewegungseinheiten im Sportunterricht

-      Speziell für Kinder gestaltete Outdoor-Erlebnisbewegungs-Programme


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-      Informationsveranstaltungen für Erziehungsberechtigte

-      Durchführung von Bewegungsfesten an der Schule

-      Qualifizierungsmaßnahmen für Pädagogen mit dem Schwerpunkt Gesundheitssport“.

Auch für die Sekundarstufe I bestehen entsprechende Programme bzw. Projekte, wie z.B. Klug & Fit“ als Unterstützung für Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler sowie Erziehungsberechtigte. Weiters wird in einer bundesweiten Aktion die Vernetzung von schulischer Bewegungserziehung und außerschulischer Bewegungskultur forciert und aus­gebaut. Angebote für Bewegungserziehung für Kinder und Jugendliche sind nicht nur an tägliche Turnstunden“ gebunden, sondern können in vielfältiger Weise in der Schule umgesetzt werden.

Auch durch schulautonome Lehrplanbestimmungen und unverbindliche Übungen können Schwerpunkte für Bewegung und Sport“ gesetzt werden, um Bewegungserziehung verstärkt in einem umfassenden Sinn an die Schülerinnen und Schüler heranzubringen. Weiters könnte in der Sekundarstufe I die tägliche Bewegungseinheit analog zu entsprechenden Modellen im Grundschulbereich dadurch erreicht werden, dass die Pausenstruktur den Erfordernissen ange­passt wird, etwa durch eine lange Pause (z.B. 20 Minuten) mit Bewegungsschwerpunkt.

Mit dem Ziel, das qualitative und quantitative Angebot in den neuen Formen der ganztägigen Schulformen weiter auszubauen und zu verbessern wird vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur angestrebt, Modelle und Anreizsysteme für eine Einbindung des organisierten Sports in Betreuungsangebote von Schulen zu entwickeln. Ein entsprechendes Modell stellt die Ausbildung von Freizeitpädagoginnen und -pädagogen dar.

Mit der Schaffung des neuen Berufsbildes Freizeitpädagogin/Freizeitpädagoge“ soll der Bereich der Freizeit auch qualitativ eine Aufwertung erfahren. So sollen den Schülerinnen und Schülern die verschiedenen Arten einer sinnvollen Freizeitgestaltung (sportlich, musikalisch, künstlerisch usw.) näher gebracht werden, aus denen sie nach ihren Neigungen und Begabungen auswählen können. Die Schulen haben die Möglichkeit, auch in diesem Bereich Schwerpunkte zu setzen. Deshalb bietet sich die Ausbildung auch beispielsweise für Trainerinnen und Trainer, Musikerinnen und Musiker sowie sonstige Interessierte an.

Zur 3. Forderung der Petition:

Wenn grundsätzlich auch kein Rechtsanspruch von Dritten auf Nutzung von Schulraum noch eine Verpflichtung der Schulen zur Schulraumüberlassung besteht, so hat der Bundesgesetz­geber im § 128a Schulorganisationsgesetz für den Bereich seiner Zuständigkeit eine Regelung geschaffen, die die Nutzung von Bundesschulraum auch für nicht- bzw. außerschulische Zwecke ermöglicht.

Diese gesetzliche Bestimmung wurde in der Folge im Erlassweg für die Schulstandorte dahin präzisiert, dass die Schulleiterinnen und Schulleiter nach Möglichkeit die an ihren Schulen vorhandenen Sporteinrichtungen dem außerschulischen gemeinnützigen Sport zugänglich machen sollen. Dieser Definition entsprechen gemeinnützige Sportvereine, die einem von der Bundessportorganisation anerkannten Sportdach- oder Fachverband angehören. Die Schulleiterinnen und Schulleiter sind verpflichtet den gemeinnützigen Sportvereinen die aus der Benutzung entstehenden Kosten in Rechnung zu stellen. Für alle anderen Nutzerinnen und Nutzer der Schulraumüberlassung gilt § 64 Abs. 3 Bundeshaushaltsgesetz.


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Die im Rahmen der zweckgebundenen Gebarung erhobenen Beträge sind zur Bedeckung von aus der Schulraumüberlassung entstehenden Aufwendungen heranzuziehen.

Die Forderung der Petition, eine klare Regelung für die Nutzung von schulischen Sportanlagen durch Dritte zu schaffen, ist daher für den Bundesschulbereich bereits erfüllt. Eine Regelung des Bundes, die auch andere Schulerhalterinnen und Schulerhalter bindet, ist aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung nicht möglich.

Wien, 2. Februar 2012

Für die Bundesministerin:

SektChef Mag. Wolfgang Stelzmüller

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