214/SPET XXIV. GP

Eingebracht am 02.05.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

 

In einem Schreiben vom 14. März 2012 (GZ. 17010.0020/37-L1.3/2012) wurde das Bundesministerium für Inneres bzw. das Integrationsstaatssekretariat von der Parlamentsdirektion aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen vom 12. März 2012 ersucht, zur Petition Nr. 135 betreffend Notwendigkeit einer Neuregelung etwaiger Sanktionen bei nachhaltigem und unentschuldigtem Fernbleiben von der Schule“ Stellung zu nehmen. Zu dieser Petition, die den legistischen Bereich der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betrifft, nehme ich als Staatssekretär für Integration wie folgt Stellung:


Schulpflichtverletzungen sind ein ernst zu nehmendes Problem, da sie häufig den Beginn einer Abwärtsspirale hin zu Schulabbruch und Arbeitslosigkeit bilden. Im Rahmen des vom Expertenrates für Integration herausgegebenen Maßnahmenberichtes wurde dieses Problem bereits thematisiert und in diesem Zusammenhang Vorschläge unterbreitet. Die im Februar 2012 veröffentlichte Studie von Univ.-Prof. Dr. Johann Bacher (Johannes Kepler Universität Linz) hat die im Maßnahmenbericht geäußerte Haltung bestätigt und die besorgniserregende Ausmaße dieses Problems dargelegt. 75.000 Jugendliche im Alter von 16 bis 24 befinden sich in weder in (Aus-)Bildung, Beschäftigung noch einer (Weiter-) Bildungsmaßnahme. Dies sind österreichweit 8,2% (siehe auch Grafik unterhalb). Im Hinblick auf die zugewanderte Bevölkerung sind die Zahlen sogar noch alarmierender: Bei Jugendlichen der 1. Generation im Alter zwischen 16 und 24 Jahren sind dies knapp 18%.

Der Maßnahmenbericht für Integration und die aktuelle Studie machen deutlich, dass es einer raschen und vor allem nachhaltigen Lösung bedarf.

Es ist unabdingbar, dem Problem Schulpflichtverletzungen auf mehreren Ebenen zu begegnen, um nachhaltige Veränderungen herbeizuführen:

In einem ersten Schritt sollte es verpflichtende Elterngespräche bei Schulpflichtverletzungen geben. Der direkte und persönliche Kontakt zu den Betroffenen ist wesentlich, um einerseits eine Hilfestellung zu bieten und andererseits auch Eltern in die Pflicht zu nehmen.


Weiters ist eine umfassende Motivforschung in Kombination mit genauen statistischen Erhebungen ebenfalls vonnöten. Wie aus der parlamentarischen Anfragebeantwortung 8991/AB der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur hervorgeht, liegen dem BMUKK keine genauen gebündelten Daten bezüglich Schulpflichtverletzungen vor - diese konnten nur (teilweise lückenhaft) nach Befassung der Ämter der Landesregierungen eruiert werden. Dieser Zustand ist nicht zufrieden stellend. Es ist notwendig, das genaue Ausmaß und insbesondere auch die Motive zu kennen, um weitere, zielgerichtete Maßnahmen setzen zu können.

Was die diesbezüglichen Regelungen im Schulpflichtgesetz (§ 24) betrifft, bedarf es einer genaueren inhaltlichen Formulierung um den schulisch Verantwortlichen (Direktoren, Schulaufsichtsbehörden, Jugendamt) auf Basis der formulierten Maßnahmen ein besseres Vorgehen gegen Schulpflichtverletzungen am Schulstandort zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang ist auch eine deutliche Erhöhung von Strafen bei groben Schulpflichtverletzungen notwendig. Das derzeitige maximale Maß von 220 Euro ist nicht ausreichend, um eine Verletzungen der Schulpflicht effektiv zu bekämpfen. Deutlich höhere Strafen sind - als letzte Konsequenz wenn die zuvor genannten präventiven Maßnahmen nicht greifen - unabdingbar.

Generell darf angemerkt werden, dass es aus integrationspolitischer Sicht bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Schulpflichtverletzung sehr grundsätzliche Fragen betrifft. Wie allseits anerkannt ist, ist schulische Bildung gerade für das Gelingen der Integration eine grundsätzliche Notwendigkeit. Gerade Schulpflichtverletzungen behindern den schulischen Erfolg und damit die Integration. Auch ist es mit Blick auf die Entwicklung von Verwaltungsstrafen in anderen Bereichen (z.B. Falschparken oder Schwarzfahren“ in öffentlichen Verkehrsmitteln) nicht einzusehen, dass Schulpflichtverletzungen als Bagatelle“ betrachtet werden. Sie müssen als schwerwiegende Übertretung betrachtet und entsprechend geahndet werden.

Abschließend darf auch festgehalten werden, dass etwaige Maßnahmen nur in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur verwirklicht werden können.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Sebastian Kurz

Staatssekretär für Integration