226/SPET XXIV. GP

Eingebracht am 25.05.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

Sehr geehrte Frau Vorsitzende!

Die Volksanwaltschaft kommt dem Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiati-
ven, eine Stellungnahme zur im Betreff genannten Petition abzugeben, gerne wie folgt nach:

1.   Zu erweiterten Ausstieqsrechten“

Soweit aus der gegenständlichen Petition ersichtlich, bezieht sich diese auf die Sonderrichtli- nie des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, GZ: BMLFUW-LE.1.1.8/0073-II/8/2007 idgF, für das „Österreichische Programm zur Förde- rung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft“ (ÖPUL).

 

Die genannte Sonderrichtlinie regelt die für die Förderungsmaßnahmen allgemein und für die jeweiligen einzelnen Förderungsmaßnahmen spezifisch geltenden Bedingungen für die Teil- nahme am gegenständlichen Agrarförderungsprogramm. Sie bildet einen integrierten Be- standteil des Vertrages, der zwischen den Förderungswerberinnen bzw. Förderungswerbern und dem Bund im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung abgeschlossen wird.

Auf diesen Vertrag sind die Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches an-  zuwenden und es besteht daher grundsätzlich Vertragsgestaltungsfreiheit. Allerdings unter-
liegt der Bund im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung besonderen Beschränkungen, wie
etwa dem Gleichheitssatz.

Im Hinblick auf die Ausführungen in der gegenständlichen Petition ist festzuhalten, dass die angesprochene Sonderrichtlinie im Pkt. 1.6.12.1 bereits jetzt für bestimmte Fälle eine Revisi- onsklausel“ vorsieht. Diese lautet wie folgt:

Ändern sich während des Verpflichtungszeitraumes die anderweitigen Verpflichtungen ge- mäß Titel II Kapitel 1 der VO 73/2009 (Cross Compliance) so, dass die übrigen (freiwilligen) Förderungsverpflichtungen oder Förderungsbedingungen (zB Höhe der Prämie) oder das Ausmaß der Prämien in der SRL und damit im Vertrag zwischen dem Bund und dem Förde- rungswerber abgeändert werden (müssen), steht es dem Förderungswerber frei, die Zustim- mung zur Vertragsanpassung nicht zu erteilen. In diesem Fall endet der ursprüngliche Ver- trag, ohne dass für die Vergangenheit Rückforderungen wegen Nichteinhaltung der Verpflich- tungsdauer entstehen. Davon unbeschadet bleiben Rückforderungsansprüche, die während des tatsächlichen Vertragszeitraumes aus anderen Gründen gesetzt wurden“.

Welche konkrete Zielsetzung in der gegenständlichen Petition über diese Revisionsklausel hinaus verfolgt wird, kann die Volksanwaltschaft anhand des sehr allgemein gehaltenen Peti- tionstextes nicht erkennen.

Soweit der Volksanwaltschaft bekannt, geht das Bundesministerium für Land- und Forstwirt- schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft aber grundsätzlich davon aus, dass eine einseitige Ab- änderung des Vertragsinhaltes während der Laufzeit auch in Fällen, die von der zitierten Re- visionsklausel nicht erfasst sind, nicht zulässig wäre.

2.  Zur Unterlagenaufbewahrunqspflicht

Gemäß Pkt. 1.11.4.1 der angesprochenen ÖPUL-Sonderrichtlinie sind die Förderungswerbe- rinnen bzw. Förderungswerber verpflichtet, alle die Förderung betreffenden Aufzeichnungen und Unterlagen 10 Jahre gerechnet ab Ende des letzten Jahres der Verpflichtung sicher und überprüfbar aufzubewahren“.


Für die Volksanwaltschaft ist es nachvollziehbar, dass der Unabhängige Bauernverband Nie- derösterreich/Wien/Burgenland in der gegenständlichen Petition eine Verkürzung dieser Auf- bewahrungspflicht anstrebt. Aufgrund des Umstandes, dass Verpflichtungen im Rahmen des

ÖPUL in der Regel für 5 bis 7 Jahre eingegangen werden, ergibt sich in der Praxis nämlich ein Aufbewahrungszeitraum von 15 bis 17 Jahren.

Allerdings ist diesbezüglich festzuhalten, dass der angesprochene Aufbewahrungszeitraum durch die Allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundes- mitteln“ des Bundesministers für Finanzen, BGBl. II Nr. 51/2004 idgF, die gem. Pkt. 1.19 in- tegrierter Bestandteil der ÖPUL-Sonderrichtlinie sind, weitgehend vorgegeben ist. Diese Rahmenrichtlinien sehen im Regelfall nämlich eine Aufbewahrungsfrist für Förderungsunterla- gen von 10 Jahren ab dem Ende des Jahres der Auszahlung der gesamten Förderung vor (§ 21 Abs. 2 Z. 5). Zwar können gem. § 40 Abs. 2 der angesprochenen Rahmenrichtlinien grundsätzlich Abweichungen von Bestimmungen dieser Richtlinien im Zuge von Sonderrichtli- nien vorgesehen werden, wenn dies die Eigenart bestimmter Förderungssparten erfordert“; dies wäre aber nur im Einvernehmen mit der Bundeministerin bzw. dem Bundesminister für Finanzen möglich.

Weiters sind bestimmte Aufbewahrungsfristen auch gemeinschaftsrechtlich vorgegeben. So ist in Art. 9 der VO (EG) Nr. 885/2006 der Kommission vorgesehen, dass die Unterlagen zu den kofinanzierten Ausgaben nach dem Jahr, in dem die Kommission die Rechnungen für das betreffende Haushaltsjahr abschließt bzw. die Abschlusszahlung leistet, noch mindestens 3 Jahre lang zur Verfügung der Kommission zu halten sind. Da die Abschlusszahlungen jährlich erfolgen, ergibt sich bei mehrjährigen Verpflichtungen (wie z.B. im Bereich des ÖPUL) eine entsprechende Aufbewahrungsfrist, die letztlich ebenfalls mindestens 10 Jahre umfassen kann.

Eine - an sich im Sinne der betroffenen Landwirtinnen und Landwirte zu begrüßende - Ver- kürzung des angesprochenen Aufbewahrungszeitraumes im Zuge einer bloßen Änderung der ÖPUL-Sonderrichtlinie ließe sich mit den genannten Bestimmungen nicht in Einklang bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Die Vorsitzende

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek e.h.