243/SPET XXIV. GP

Eingebracht am 14.11.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sehr geehrte Damen und Herren!

Unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 4. Oktober 2012 ergeht zur Petition Nr. 169 betreffend „Nein zur Unterbringung von Asylwerbern in Kasernen“ nachstehende Stellungnahme:


Österreich hat sich durch Unterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention - welche einen völkerrechtlichen Vertrag über die Rechtsstellung von Flüchtlingen darstellt - verpflichtet, verfolgten Menschen Schutz zu gewähren. Dieser Verpflichtung kommt Österreich nach und kann somit auf eine lange Tradition im internationalen Flüchtlingsschutz zurückblicken. Aufgrund der aus der Genfer Flüchtlingskonvention resultierenden humanitären Verpflichtung wird allen Schutzsuchenden unter Einhaltung der einschlägigen nationalen, sowie europa- und völkerrechtlichen Vorschriften ein faires, dem rechtsstaatlichen Prinzip entsprechendes und insbesondere die Grundsätze des „Non-Refoulements“ beachtendes Asylverfahren eingeräumt.

Die Dublin II Verordnung hat das primäre Ziel festzulegen, welcher (Vertrags-)Staat jeweils  für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist und gelangt ausschließlich bei Vorliegen der diesbezüglich normierten Kriterien zur Anwendung. In diesem Zusammenhang gibt es klare Zuständigkeitsregeln, welche festlegen, in welchem Mitgliedstaat ein Asylantrag geprüft bzw. ein Asylverfahren abgeschlossen werden soll.

Dementsprechend hat das Bundesasylamt als Behörde erster Instanz im Rahmen des Zulassungsverfahrens diese Kriterien in die Prüfung der Zulässigkeit des Antrages einzubeziehen, bevor der Asylantrag inhaltlich erledigt werden kann. Gelangt das Bundesasylamt aufgrund des Vorliegens von entsprechenden Indizien und Beweisen im Einzelfall zur Annahme, dass ein anderer Vertragsstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, wird grundsätzlich das in der Dublin II Verordnung vorgesehene Konsultationsverfahren in Gang gesetzt. Ergibt sich in weiterer Folge tatsächlich die Zuständigkeit eines anderen (Vertrags-)Staates, so ist der Asylantrag gem. § 5 AsylG 2005 wegen Unzuständigkeit Österreichs zurückzuweisen. Gleichzeitig wird über den Asylwerber eine Ausweisung verhängt.

Die Dublin II Verordnung sieht mehrere Zuständigkeitskriterien vor und stellt die erstmalige Einreise in das Dublin Gebiet nur eines dieser Kriterien dar. Zu berücksichtigen ist insbesondere die hierarchische Rangfolge der Zuständigkeitskriterien und kann sich daher schon aufgrund vorangehender Kriterien, zum Beispiel aufgrund des Aufenthalts eines Familienangehörigen oder aufgrund der Ausstellung eines Aufenthaltstitels oder eines Visums, die Zuständigkeit Österreichs ergeben. Darüber hinaus spielen in der Praxis Beweisfragen, etwa im Hinblick auf die erstmalige Einreise in das Dublin Gebiet, eine zentrale Rolle, wodurch nicht ausgeschlossen werden kann, dass Österreich bei schlepperunterstützter Ein- und Durchreise im Dublin Gebiet trotz seiner geographischen Lage für die Führung von Asylverfahren zuständig ist.

Unabhängig von der Frage der Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrages hat aufgrund völkerrechtlicher, europarechtlicher und nationaler Rechtsvorschriften grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Asylantragstellung eine Versorgung der Asylwerber zu erfolgen. Dieser Grundversorgungsanspruch wird durch die Grundversorgungsvereinbarung (GW), welche einen partnerschaftlichen Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern gem. Art. 15a B-VG (BGBl. Nr. I 80/2004) darstellt, dem Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 (GVG-Bund,  BGBl. Nr. I 100/2005) sowie durch eigene Landesgrundversorgungsgesetze geregelt.

Der Bund leistet auf Grundlage des GVG-Bund Asylwerbern im Zulassungsverfahren Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes. Darüber hinaus sorgt der Bund im gleichen Ausmaß für Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren zurückgewiesen wurde oder deren Asylantrag im Zulassungsverfahren abgewiesen und zugleich der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Die Versorgung und Betreuung  der übrigen Personen fällt in den Zuständigkeitsbereich der Länder und zählen zu diesem zu versorgenden Personenkreis insbesondere auch Asylwerber, deren Asylverfahren  zugelassen wurde.

Bereits seit dem Sommer 2011 wurden die Länder seitens des Bundes darauf aufmerksam gemacht, dass diese zu wenige Asylwerber aus den Bundesbetreuungsstellen übernehmen und sie diesbezüglich die notwendigen Unterbringungskapazitäten schaffen müssten. Derzeit warten nämlich über 1000 Asylwerber in den Bundesbetreuungsstellen auf einen Versorgungsplatz in einem Landesquartier.

Aufgrund der mangelnden Übernahmen durch die Bundesländer und aufgrund der damit einhergehend erreichten Kapazitätsgrenzen in den Betreuungsstellen des Bundes fand am 23.10.2012 auf Einladung des Bundeskanzlers ein Treffen zwischen dem Bund und den Ländern in Wien statt. Im Rahmen diese Treffens kamen der Bund und die Bundesländer überein, dass zur raschen Entlastung der Bundesbetreuungsstellen und zum Abbau des Rückstaus von rund 1000 Asylwerbern, die auf ihre Übernahme durch die Länder warten,   von den Bundesländern der nach der Grundversorgungsquote ausgewiesene Rückstand bis 30. November reduziert wird. Die diesbezüglichen erforderlichen Unterbringungskapazitäten werden von den Bundesländern sichergestellt. Um diese bei ihrer Verpflichtung zur   Schaffung von Unterbringungskapazitäten jedoch zu unterstützen, wurde darüber hinaus vereinbart, dass der Bund den Ländern bei Bedarf Liegenschaften, auf denen provisorische Unterkünfte errichtet werden können, zur Unterbringung, Verpflegung und Betreuung von Asylwerbern zur Verfügung stellt.

Im Rahmen dieser Unterstützung und insbesondere auch in Hinblick auf die bestehenden rechtlichen Verpflichtungen zur Versorgung von Asylwerbern können geeignete Kasernenliegenschaften eine Möglichkeit zur vorübergehenden Unterbringung von Asylwerbern darstellen. Es darf jedoch betont werden, dass diese nur bei Bedarf und nach entsprechender Prüfung und Eignung in Betracht kommen werden.

Für die Bundesministerin:

Mag. Gerald Dreveny

elektronisch gefertigt