501/UEA XXIV. GP

Eingebracht am 18.11.2010
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Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Cap, Plassnik

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend weltweite Durchsetzung der Religionsfreiheit als elementares Grund- und Menschenrecht

 

 

eingebracht im Zuge der Verhandlungen zum Außenpolitischen Bericht (III-171 d.B.)

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Die Diskriminierung und Verfolgung religiöser Minderheiten bzw. auf Grund des Glaubens, hat in den letzten Jahren in vielen Staaten besorgniserregende Ausmaße angenommen. Die Religionsfreiheit ist in mehr als 60 Ländern der Erde, in denen zusammen fast zwei Drittel der Weltbevölkerung leben, sehr stark eingeschränkt oder gar nicht existent. Religiöse Minderheiten sind hier vielfach von Gewalt und gesetzlichen Einschränkungen betroffen. Menschen werden wegen ihres Glaubens, seien es Christen, Juden oder andere Bekenntnisse, diskriminiert, sie verlieren ihre Arbeitsstellen, ihre Wohnungen, werden inhaftiert, entführt, verstümmelt und ermordet, Kirchen und religiöse Einrichtungen werden niedergebrannt und ihre Häuser zerstört.

 

Dramatisch ist die Lage im Irak. Vor Beginn des Irakkrieges lebten dort ca. 1,4 Mio. Christen. Nach zahlreichen Verfolgungswellen durch islamische Fundamentalisten ist ihre Zahl mehr als halbiert. Gerade angesichts des jüngsten grausamen Massakers an Christen im Irak ist unsere Solidarität gefordert. Dieser Terror gegen andere Religionen zeigt uns aber auch, dass eine Initiative zur weltweiten Durchsetzung der Religionsfreiheit aktuell und notwenig ist.

 

In zahlreichen Ländern, in denen der Islam Staatsreligion und auch verfassungsrechtlich verankert ist und/oder eine Vorrangstellung genießt, gibt es staatlich unterstützte oder staatlich tolerierte Gewalt gegen Christen.

 


Sorge bereitet auch die Lage in Nordkorea. Die kommunistische Diktatur hat mit ihrer totalitären Ideologie das Land heruntergewirtschaftet und international isoliert. Freiheit und Rechtsstaatlichkeit existieren nicht. Dazu kommen besondere Formen von Diskriminierungen der Christen, von denen viele in staatlichen Lagern ums Leben kommen.

 

Sowohl das Bemühen um die künstliche Festigung einer Staatsidentität wie auch innerstaatliche Konflikte um das Selbstverständnis können zur Diskriminierung von Religionen wie auch zur Gewalt gegen religiöse Minderheiten führen. Damit sind christliche Minderheiten gerade auch in Indien, China, Indonesien, Bangladesch und Pakistan konfrontiert – die zusammen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen. So haben diese Entwicklungen zum Beispiel in Indien zu massiven Menschenrechtsverletzungen geführt. Während die Verfassung des Landes Religionsfreiheit gewährt, haben fundamentalistische Hindunationalisten im Jahr

2008 im Bundesstaat Orissa Ausschreitungen gegen die dort lebenden Christen organisiert, in deren Verlauf mehr als hundert Menschen ums Leben kamen. Noch immer leben tausende Christen in Flüchtlingslagern und werden an einer Rückkehr in ihre Dörfer gehindert.

 

Eine dramatische Entwicklung erleben Christen in manchen Ländern des Nahen und Mittleren Osten. Sie stehen dort unter einem hohen Druck, sich entweder zu assimilieren oder die Länder zu verlassen. Dort, wo die christliche Kultur ihre Wurzeln hat, ist die Zahl der Christen in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen. Lebten vor hundert Jahren noch etwa 20 % Christen auf dem Gebiet der heutigen Türkei, so beträgt ihr der Anteil heute nur noch 0,1 %. Die christlichen Gemeinden in der Türkei sehen sich nach wie vor mit zum Teil existenzgefährdenden Einschränkungen der Religionsfreiheit konfrontiert.

 

Es gibt Länder, in denen  z.B. der Wechsel aus der Mehrheitsreligion mit dem Tod bedroht wird; oder es existiert zB kein staatliches Recht im Zivilbereich, sondern sämtliche Bürger ohne Unterschied werden einer ganz spezifischen religionsbezogenen Norm unterworfen. Die Diskriminierung und Verfolgung geschieht in mehrfacher Weise:

 

a)   durch gesetzliche Diskriminierung: zB durch strafrechtliche Verfolgung, Kriminalisierung von Glaubenshandlungen, Fehlen von Zivilrecht

b)   durch die Staatsmacht: in Form von Überwachungen, Verhaftungen, Verhinderung            von Kirchenbauten durch Auflagen u.ä.

c)   durch gesellschaftliche Diskriminierung: mittels Ausschluss von öffentlichen hohen Ämtern oder Laufbahnen, durch Schikanen von Behörden und Arbeitgebern, durch soziale Ghettoisierung.

 

Das Recht auf Gedanken- Gewissens- und Religionsfreiheit ist in Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), in Art. 18 des internationalen Pakts über bürgerliche und politi­sche Rechte (Zivilpakt), in Art. 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie in zahlreichen regionalen Menschenrechtskonventionen verankert. Dieses Recht gilt universell und rechtlich verbindlich für alle Staaten. Darum ist das Argument, Menschenrechte müssten in kulturellen Zusammenhängen interpretiert werden, nicht nur falsch, sondern auch ein gefährlicher Vorwand, um Menschenrechtsgarantien aufzuweichen. Es wird nötig sein, im Dialog mit den politischen Verantwortlichen in anderen Staaten auf diese völkerrechtlich verankerten Rechte zu verweisen und deutlich zu machen, dass Religionsfreiheit ein universelles und verbindliches Menschenrecht ist, das immer auch mit der Toleranz gegenüber individuell Andersgläubigen wesentlich verbunden ist.

 

Der österreichische Nationalrat und der Bundesrat haben in den letzten Jahren immer wieder in Resolutionen gegen die Einschränkung der Religionsfreiheit und gegen jede Verfolgung aufgrund des Glaubens Stellung bezogen. So haben sowohl Nationalrat als auch Bundesrat im Jahr 2008 jeweils einstimmig Entschließungen betreffend die zunehmende Verfolgung von Christen und Sicherung der Religionsfreiheit beschlossen. Im Jahr 2009 hat sich zusätzlich der Nationalrat in einer Entschließung einstimmig für die Unterstützung der Rechte der christlichen Assyrer in der Türkei und für den Erhalt des christlichen Klosters Mor Gabriel ausgesprochen.

 

In Fortsetzung dieser Resolutionen ist daher mit allem Nachdruck darauf zu drängen,

•      dass Menschen bei Ausübung ihrer Religion nicht mehr diskriminiert und verfolgt werden,

•      dass die Menschenwürde im Sinne der Gewährleistung der Religionsfreiheit gewährleistet wird und

•      dass durch totalitäre oder fanatische Ideologien die religiöse Freiheit der anderen nicht mehr eingeschränkt, manipuliert, in den reinen Privatbereich verdrängt oder instrumentalisiert werden darf.

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

1.        Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird ersucht, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Hohe Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union einen jährlichen Bericht über den Stand der Religionsfreiheit in der Welt vorlegt. Im jährlichen Außenpolitischen Bericht soll der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten diesem Thema besondere Aufmerksamkeit widmen und insbesondere über die von der Europäischen Union gesetzten Aktivitäten dem Nationalrat berichten.

 

2.        Die Bundesregierung wird ersucht, bei ihren Kontakten auf europäischer und auf internationaler Ebene immer wieder auch das universelle Recht auf Religionsfreiheit zu betonen, die kritische Situation der verfolgten Christen in vielen Ländern der Erde anzusprechen und auf die Einhaltung dieses elementaren Grund- und Menschenrechts zu drängen.

 

3.        Die Bundesregierung wird weiters ersucht, diese Positionen aktiv bei der Ausarbeitung einer EU-Strategie zum Einsatz für Religionsfreiheit in Drittstaaten einzubringen und darauf zu drängen, dass im Assoziierungsabkommen der EU mit Drittstaaten Bestimmungen über die Gewährleistung der Religionsfreiheit aufgenommen werden.

 

4.        Die Bundesregierung wird ersucht, bei ihren Aktivitäten zur weltweiten Sicherstellung der Religionsfreiheit auch im Rahmen der Strukturen der Vereinten Nationen in diesem Sinne tätig zu werden.