1031/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 25.03.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

des Abgeordneten Mag. Darmann, Mag. Stefan
und weiterer Abgeordneter

betreffend Schaffung eines Kinderschutzgesetzes

 

Täglich erschüttern neue Meldungen über Gewalt gegen und sexuellen Missbrauch

von Kindern und Jugendlichen aufs Neue. Spitzenreiter bei diesem Negativrekord sind derzeit Meldungen über Missbrauchsfälle in Kinderheimen, welche die  Missbrauchsfälle durch geistliche Würdenträger der römisch katholischen Kirche in der Berichterstattung abgelöst haben. Trotz der großen Zahl an öffentlich bekannten und gerichtlich verfolgten Fällen liegt jedoch die tragische Dunkelziffer weit höher und viele Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen sind allein gelassen und die Täter unangetastet.

 

 

Bei strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung beginnen nach geltendem Recht gemäß § 58 Abs. 3 StGB die Verjährungsfristen ab dem vollendeten 28. Lebensjahr zu laufen, wenn das Opfer zum Zeitpunkt der Tatbegehung minderjährig war. Eine nicht restlich befriedigende Regelung, wenn man die öffentlich diskutierte Problematik von zumeist verjährten Straftaten gegen ehemals Minderjährige vor Augen hat. Nachdem die Strafbarkeit des Täters durch die Verjährung erlischt und es keinen erkennbaren und „logischen“ Zeitpunkt für eine Anzeige eines sexuellen Übergriffes gibt, hat der Gesetzgeber unter Rücksichtnahme auf die Selbstbestimmung des Opfers und dessen zu setzende Schritte zur Verfolgung des Täters die Verjährungsfristen für Delikte nach dem 10. Abschnitt des Strafgesetzbuches abzuschaffen.

 

Die Einführung einer Anzeigepflicht bei begründetem Verdacht von sexuellem Missbrauch ist nicht nur im Sinne des möglichen Opfers sondern auch zur Verhinderung weiterer möglicher Übergriffe auf andere Kinder und Jugendliche im Umfeld der begründet verdächtigen Person geboten.

 

Die meisten Fälle von Kindesmisshandlungen finden trauriger Weise in der Familie statt. Dadurch haben die Eltern bzw. der oder die Täter die Möglichkeit, Anzeichen solcher Misshandlungen nicht nach außen in Erscheinung treten zu lassen. Dies auch dadurch begünstigt, dass die Kinder über einen längeren Zeitraum nicht von einem Arzt untersucht werden können. Daher sollen die Mutter-Kind-Pass Untersuchungen ausgeweitet, die Nicht-Einhaltung sanktioniert und wirksame Maßnahmen gegen einen Spitalstourismus geschaffen werden.

 

Desweiteren ist durch die Schärfung des geltenden Tätigkeitsverbotes in ein absolutes Berufsverbot im Bereich der Erziehung, Ausbildung und Beaufsichtigung Minderjähriger für Personen, welche aufgrund einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung einer minderjährigen Person verurteilt wurden, die Sicherheit vor weiteren Übergriffen und Misshandlungen im Sinne der Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Der geltende § 220b StGB führt derzeit zu Tätigkeitsverboten von einem bis fünf Jahren, beziehungsweise auch zu Verboten auf unbestimmte Zeit. Personen, welche aufgrund der gegenständlichen strafbaren Handlungen verurteilt wurden, muss generell der weitere berufliche Umgang mit Minderjährigen untersagt werden, um jedwedes, von der verurteilten Person ausgehende Risiko für Kinder und Jugendliche auszuschließen.

 

Als weiteren, einschneidenden und notwendigen Schritt im Sinne des Schutzes der

Gesellschaft vor triebgesteuerten Sexualstraftätern ist die Einführung der rechtlichen

Voraussetzungen zur Durchführung chemischer Kastrationen durch Arzneistoffe in

Österreich zu schaffen. Hierdurch soll der Gerichtsbarkeit ein weiteres effektives Straf- und Präventivinstrument in der Verurteilung von Straftätern aufgrund schweren

sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, sowie von Wiederholungstätern in die Hand gegeben werden. Beispielsweise findet sich eine ähnliche Bestimmung im deutschen Rechtssystem, welche es ermöglicht, dass auf Antrag und nach Prüfung durch eine Gutachterstelle ein Mann straffrei kastriert werden kann, wenn er unter einem abnormen Geschlechtstrieb leidet und entweder straffällig war oder dies zu werden droht.

 

Nach § 152 Abs. 2 des Strafvollzugsgesetzes ist derzeit selbst bei Delikten gegen die

sexuelle Integrität und Selbstbestimmung eine vorzeitige Entlassung aus der Strafhaft möglich. "Vor jeder Entscheidung über die bedingte Entlassung eines wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung Verurteilten ist eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter einzuholen. Das Gericht hat dem Bundesminister für Inneres zur Vorbeugung und Verhinderung von mit Strafe bedrohter Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung mittels Analyse eine Ausfertigung oder Ablichtung dieser Äußerung zu übersenden.“ Auf Grundlage dieser Äußerung ist vom entsprechenden Gericht eine Entscheidung über das vorzeitige Freilassen des Sexualstraftäters zu fällen, welche jedoch leider nur zu oft in der Realität durch einen Rückfall des Straftäters in eine Wiederholungstat als nicht wieder gut zu machende Fehlentscheidung stehen bleibt.

 

Wie leider die bisherigen Anwendungen des elektronisch überwachten Hausarrests gezeigt haben, kommen auch Personen, welche nach einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Minderjährigen verurteilt wurden, in den Genuss einen Teil der Strafe mit der Fußfessel zu verbringen. Dies ist entschieden abzulehnen. Vielmehr sollten solche Personen nach verbüßen der Haftstrafe lebenslang unter Führungsaufsicht gestellt werden.

 

Die unmittelbaren Auswirkungen von sexuellem Missbrauch auf ein Kind sind sehr unterschiedlich. Als erschwerende Umstände, welche die Folgen eines Missbrauches erschweren können, können der Missbrauch durch nahe Bezugspersonen oder die Dauer des Missbrauches als auch mangelnde Unterstützung im familiären Umfeld des Kindes nach einem Missbrauch gelten. Opfer von sexuellem Missbrauch benötigen oft psychotherapeutische Hilfe oder eine Form psychologisch-psychotherapeutischer Beratung. Einerseits zur Bewältigung der verletzenden Erfahrung und zur Bewältigung des gegenwärtigen Lebens, andererseits um wieder für künftige Beziehungen offen und fähig zu werden. Mit Hilfe eines neu zu schaffenden Opferfonds für Opfer von sexuellen Straftaten, der natürlich durch die Täter gespeist werden soll, soll die medizinischen und psychologischen Betreuung und Behandlung der Opfer finanziell unterstützt werden.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ein „Kinderschutzgesetz“ zuzuleiten, welches

·        die Anhebung der Strafrahmen für Delikte nach dem Zehnten Abschnitt des Strafgesetzbuches - Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung und der § 92 und § 104a des Strafgesetzbuches,

 

·        eine unbedingte Anzeigepflicht für alle Personen, die beruflich mit Minderjährigen zu tun haben, wenn ein begründeter Verdacht des physischen, sexuellen oder psychischen Missbrauchs besteht,

 

·        wirksame Maßnahmen zur Unterbindung des Spitalstourismus im Zusammenhang mit verletzten Kindern,

 

·        eine Ausweitung von Mutter-Kind-Pass Untersuchungen bis zum 10. Lebensjahr und die Nichtdurchführung dieser Untersuchungen mit einer Kürzung der Familienbeihilfe sanktioniert,

 

·        die Einführung der Möglichkeit einer chemischen Kastration für Personen, welche rechtskräftig nach § 206 StGB oder § 207 StGB und für Rückfallstäter, die schon einmal nach dem Zehnten Abschnitt des Strafgesetzbuches - Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung verurteilt wurden,

 

·        die Einführung eines absoluten Berufsverbotes/Tätigkeitsverbot für Personen, welche nach einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Minderjährigen verurteilt wurden, im Hinblick auf eine Erwerbstätigkeit, eine sonstige Tätigkeit in einem Verein oder in einer anderen Einrichtung, welche die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger umfasst,

 

·        ein Verbot sämtlicher Hafterleichterungen wie etwa Freigänge bei Personen, welche nach dem Zehnten Abschnitt des Strafgesetzbuches - Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung rechtskräftigt verurteilt wurden,

 

·        ein gesetzliches Verbot vorzeitiger Entlassungen und bedingter Strafen bei wegen einer Straftat nach dem Zehnten Abschnitt des Strafgesetzbuches - Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung – verurteilten Personen,

 

·        den Strafvollzug durch den elektronisch überwachten Hausarrest bei wegen einer Straftat nach dem Zehnten Abschnitt des Strafgesetzbuches - Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung – verurteilten Personen explizit ausschließt,

 

·        bei Personen, welche nach einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Unmündigen verurteilt wurden, nach der Haftentlassung eine lebenslange Führungsaufsicht vorsieht,

 

·        die Schaffung eines speziellen Opferfonds für Opfer von sexuellen Straftaten, der auch zur Finanzierung der medizinischen und psychologischen Betreuung und Behandlung der Opfer dienen soll,

 

beinhaltet.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Justizausschuss ersucht.