1124/A XXV. GP

Eingebracht am 23.04.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag und Verlangen

 

der Abgeordneten Schwentner, Mückstein, Freundinnen und Freunde,

auf Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof gemäß § 99 Abs. 2 GOG

Die unterfertigten Abgeordneten verlangen gemäß § 99 Abs. 2 GOG, dass der Rechnungshof eine Überprüfung der Vergabeverfahren im Bereich der Soziaiversicherungsträger einschließlich Hauptverband vornehme.

Die österreichische Sozialversicherung ist ein Kernelement des sozialen Sicherungssystems und leistet mit dem Prinzip der Pflichtversicherung einen großen Beitrag zur gesellschaftlichen und ökonomischen Situation Österreichs. Sie ist für Erhalt und Ausbau der sozialen Sicherheit unverzichtbar und vor Erosionstendenzen in politischer wie bürokratischer Hinsicht zu schützen.

In den letzten Jahren ist das Vergabewesen der Sozialversicherung mehrfach ins Gerede gekommen und führte zum Rücktritt einer Versicherungsobfrau sowie zur vorläufigen Freistellung einer stellvertretenden Generaldirektorin, denen unter anderem nicht ausreichend bekanntgegebene bzw. berücksichtigte Naheverhältnisse zu Auftragsnehmerlnnen nachgesagt wird. Im zeitlichen Umfeld dieser Fälle sind auch andere Vorwürfe hinsichtlich Vergabepraktiken im Bereich verschiedener Sozialversicherungsträger erhoben worden.

Pro Jahr sind in der Sozialversicherung mehrere tausend Auftragsvergaben zu bewältigen. Gerade die Rolle der Sozialversicherungsträger als de-facto- Monopolisten verlangt aber besondere Vorsicht in der Ausübung von Funktionen, besonders genaue Erfüllung aller Aufgaben, besondere Transparenz in der Erfüllung der Aufgaben und auch einer besonders intensiven Kontrolle der Tätigkeiten.

Tatsache ist aber, dass zahlreiche Vergabeverfahren im Bereich der Sozialversicherung nach unterschiedlichen Regelungen abzuhandeln sind: So sind etwa bestimmte Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Soziales als so genannte nicht-prioritäre Dienstleistungen nach § 141 Bundesvergabegesetz zu betrachten, deren Vergabe de facto keinen Regelungen unterworfen ist bzw. bei deren Vergabe die vergebende Institution einen weiten Spielraum der Definition und Interpretation vorfindet.

Auf Grund der Tatsache, dass keine internen Anweisungen, Regelungen und Richtlinien der Sozialversicherungsträger hinsichtlich der Vorgehensweise bei Vergaben nach § 141 BVergG bekannt sind und diese daher auch nicht kontrollierbar sind (bzw. in vielen Fällen auch gar nicht detailliert bekanntgemacht werden müssen), aber auch der Tatsache, dass mit den neuen EU-Vergaberichtlinien RL 2014/23/EU, RL 2014/24/EU und RL 2014/25/EU bis 2016 auch ein erheblicher Änderungsbedarf auf den Gesetzgeber zukommt, macht es Sinn, die Kompetenz des Rechnungshofes zu nutzen und zu überprüfen, welche konkreten internen Richtlinien und Regelungen bei den verschiedenen Arten von Vergaben anzuwenden sind, ob diese zweckmäßig und sinnvoll (sowie unter den Trägern einheitlich) sind sowie ob sie auch entsprechende Berücksichtigung finden. Die Empfehlungen des Rechnungshofs bilden eine Richtschnur, an der ein einheitliches, nachvollziehbares, gut dokumentiertes, transparentes und faires Vergabewesen in der Sozialversicherung entwickelt werden kann.

Außerdem ist es aus Sicht der Antragstellerinnen geboten, stichprobenweise mehrere Vergabeverfahren je Art der Vergabe zu überprüfen und damit die Rechtmäßigkeit, Sachlichkeit, Zweckmäßigkeit, aber auch die Wirksamkeit und der Transparenz der Dokumentationsregelungen sowie etwaiger Regelungen betreffend Unvereinbarkeiten zu untersuchen. Auch letzteres Ansinnen ist keine Misstrauenserklärung gegenüber der Sozialversicherung, sondern angesichts der sowohl monopolartigen wie auch einzigartigen Situation der Sozialversicherungsträger gleichermaßen Vorbeugung wie auch ein Schutz gegen ideologisch motivierte Angriffe gegen das Sozialversicherungssystem. Transparenz, Klarheit und Überprüfbarkeit sind die besten Schutzschilder gegen jene, die das Gesundheitssystem und das Pensionssystem am liebsten den Gewinninteressen privater Banken und Versicherungen überlassen wollen.

Es ist nicht nur im Interesse der Versicherten, sondern auch im Interesse der Sozialversicherung, dass jene Transparenz, Klarheit und Kontrolle gelebt wird, die eine de-facto-Monopolstellung der Träger rechtfertigt. Aus diesem Grund erscheint es auch als sinnvoll, die internen Richtlinien der Sozialversicherungsträger hinsichtlich etwaiger Vorverfahren zu Auftragsvergaben, also etwa des Zustandekommens von Stellungnahmen der Sozialversicherungsträger im Zusammenhang mit der Bedarfsfeststellung nach dem Krankenanstalten- und Kuranstalten-Gesetz, zu untersuchen.

Darüber hinaus wurde im Zuge der bereits erwähnten Vorfälle in Zusammenhang mit Vergabeverfahren im Bereich der Sozialversicherung bekannt, dass interne Kontrolleinrichtungen möglicherweise nicht in der Lage sind, ihre Aufgabe zu erfüllen. Aus diesem Grund erscheint auch die Untersuchung der Arbeitsgrundlagen wie auch der Tätigkeit der Kontrolleinrichtungen der jeweiligen Sozialversicherungsträger als sinnvoll.

Diese Gebarungsüberprüfung soll insbesondere die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Vergabeverfahren im Bereich der Sozialversicherung umfassen und insbesondere zu Antworten auf folgende Fragen führen:

 

1.    Sind die rechtlichen Grundlagen sowie die internen Vorgaben, Richtlinien oder Anweisungen im Zusammenhang mit Vergabeverfahren von Sozialversicherungsträgern einschließlich des Hauptverbandes ausreichend und geeignet, den Anforderungen von Rechtmäßigkeit, Sachlichkeit, Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit, Nachvollziehbarkeit und Transparenz zu genügen? Dies ist insbesondere hinsichtlich

a.     nicht prioritären Dienstleistungen

b.    nicht offenen bzw. teilweise offenen Verfahren

c.    Direktvergaben

 

insbesondere in Zusammenhang mit

       der Auswahl, Vorbereitung und Durchführung der unterschiedlichen möglichen Arten des Vergabeverfahrens, insbesondere aber hinsichtlich nicht offener Verfahren, Direktvergaben, offener bzw. nicht offener Verhandlungsverfahren sowie nichtprioritärer Dienstleistungen,

       der Dokumentation der Gründe für die Wahl eines bestimmten Vergabeverfahrens,

       der Auswahl- und Einladungsbedingungen in Zusammenhang mit nicht offenen bzw. teilweise nicht offenen Verfahren und Direktvergaben sowie nichtprioritärer Dienstleistungen,

       der Dokumentation der Bewertungs- und Entscheidungsgründe in den Verfahren,

       der Dokumentation von mit Vergabeverfahren betrauten Mitarbeiterinnen oder Funktionärlnnen und leitenden Angestellten in Zusammenhang mit der Annahme von Einladungen durch potentielle Auftragnehmerlnnen bzw. Auftragswerberlnnen,

       der Dokumentation möglicher Interessenskonflikte der mit Vergabeverfahren betrauten Mitarbeiterinnen oder Funktionärlnnen und leitenden Angestellten,

       der Gewährleistung, dass die Vertragspartner alle gesetzlichen Auflagen erfüllen, insbesondere auch die Sozialabgaben abführen und der sozial- und arbeitsrechtliche Schutz für die Mitarbeiterinnen gewährleistet ist,

zu prüfen.

2.    Welchen internen Vorgaben, Richtlinien oder Anweisungen etc. folgen interne Kontrolleinrichtungen der Sozialversicherungsträger bei der Überprüfung von Vergabeverfahren?

3.    Ermöglichen die Vorgaben, Richtlinien oder Anweisungen der Kontrolleinrichtungen eine effektive und effiziente Kontrolle?

4.    Stichprobenweise Überprüfung aus den Jahren 2012 bis 2014, ob und inwieweit die internen Vorgaben, Richtlinien oder Anweisungen - je Art der Vergabeverfahren und nach Sozialversicherungsträgern - eingehalten werden: Führen die Vergabeverfahren zu Ergebnissen, die den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit Sachlichkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechen?

5.    Welche internen Vorgaben, Richtlinien oder Anweisung gibt es in den einzelnen Sozialversicherungsträgern hinsichtlich der Erstellung von Stellungnahmen im Rahmen von Bedarfsprüfungsverfahren etwa nach dem KaKuG oder anderen Gesetzen? Entsprechen diese internen Vorgaben, Richtlinien oder Anweisungen dem Gebot der Sachlichkeit und Zweckmäßigkeit, der Nachvollziehbarkeit, Transparenz und Überprüfbarkeit durch Kontrollinstanzen? Werden sie entsprechend dem Gebot der Sachlichkeit und Zweckmäßigkeit umgesetzt?

6.    Gibt es im Bereich der Sozialversicherungsträger einschließlich Hauptverband Bedarf nach Anpassung der internen Vorgaben, Richtlinien oder Anweisungen in Bezug auf die unterschiedlichen Verfahrensarten von Vergabeverfahren, der Kontrolle dieser Verfahren sowie der Beteiligung an Vorverfahren zu möglichen Vergabeverfahren wie etwa Bedarfsprüfungen nach dem KaKuG, um das Ziel der Einheitlichkeit in der Sozialversicherung, der Sachlichkeit, Rechtmäßigkeit, der Nachvollziehbarkeit und effizienten Prüfbarkeit von Vergabeverfahren zu erreichen?

 

 

 

1

Mag. Judith Schwentner

11

Matthias Köchl

2

Dr. Eva Mückstein

12

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl

3

Georg Willi

13

Sigrid Maurer

4

Mag. Bruno Rossmann

14

Mag. Helene Jarmer

5

Dr. Ruperta Lichtenecker

15

Mag. Christiane Brunner

6

Mag. Albert Steinhauser

16

Mag. Daniela Musiol

7

Mag. Birgit Schatz

17

Julian Schmid, BA

8

Dipl. –Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

18

Mag. Werner Kogler

9

Dieter Brosz, MSc

19

Tanja Windbüchler-Souschill

10

Dr. Gabriela Moser

20

Dr. Harald Walser