1716/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 19.05.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Harald Walser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Schluss mit pro-TTIP-Propaganda an Schulen

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Im Rahmen der Aktion „Europa an Deiner Schule 2016 – ‚Die EU’ auf Schulbesuch in Österreich“ wurde eine Broschüre mit dem Titel „10 Mythen über TTIP“ an SchülerInnen in AHS-Oberstufen[1] verteilt. Mit in die Unterrichtsstunde kam in zumindest einer Klasse „eine Dame von der EU“, wie SchülerInnen berichteten. Laut der vom Bundeskanzleramt betriebenen Website „zukunfteuropa.at“ hat es sich bei der Referentin um eine Angehörige des Außenministeriums gehandelt.[2] 

 

Ziel der Broschüre ist es, zehn angebliche Mythen über das derzeit in Verhandlung befindliche Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU mit Hilfe von Fakten zu entkräften. Aufgrund der geltenden Geheimhaltung der Inhalte und Grundlagen der Verhandlungen gibt es kaum verifizierbare Fakten zu TTIP. Erst durch massiven öffentlichen und medialen Druck haben Abgeordnete die Möglichkeit erhalten, Einblick in die Verhandlungsunterlagen zu TTIP zu nehmen, der allerdings strikten Auflagen unterliegt: Unterlagen dürfen nur eingesehen, nicht aber kopiert oder gar veröffentlicht werden. Einsicht wird nur nach Anmeldung gewährt.

 

Dementsprechend liefert die Broschüre auch keine Fakten, sondern glänzt durch an den Haaren herbeigezogene Beispiele und Widersprüchlichkeit. So werden die Folgen von TTIP mit den positiven Effekten eines Freihandelsabkommens der EU mit Südkorea verglichen. Die Möglichkeit von Entschädigungszahlungen von Staaten an Unternehmen, die von Schiedsgerichten verhängt werden können, wird zwar genannt, allerdings nicht in den tatsächlich drohenden Größenordnungen. Selbst einfachste Grundlagen internationalen Handels, wie die Funktion von Zöllen, werden verzerrt dargestellt.

 

An der Erstellung und Verteilung sind mehrere österreichische und europäische Institutionen beteiligt. Das Copyright auf die Broschüre hat die Europäische Union, herausgegeben wurde sie von der Europäischen Kommission. Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Handel, hat das Vorwort geschrieben.

 

In Österreich übermittelt das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft sämtliche TTIP-Dokumente und Berichte, die seitens der Europäischen Kommission den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden an Ministerien, Sozialpartner und auch an das österreichische Parlament (gem. EU-Infogesetz). Die deutschsprachige Fassung der Broschüre ist u.a. auf der Homepage des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft abrufbar[3].

 

Die Aktion „Europa an Deiner Schule 2016 – ‚Die EU’ auf Schulbesuch in Österreich“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Frauen veranstaltet und vom Zentrum Polis durchgeführt[4]. Sie ist Teil der vom Bundeskanzleramt initiierten Aktion der Bundesregierung „ZukunftEuropa“[5]. Als Vortragende kommen „zahlreiche österreichische Expertinnen und Experten der EU-Institutionen an ihren ehemaligen Schulen in Österreich“ und referieren dort über ihre Tätigkeit. Darunter auch MitarbeiterInnen des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten.

 

Derart einseitige Propaganda, wie in der Broschüre „10 Mythen über TTIP“ hat an Schulen nichts verloren. Notwendige und berechtigte Kritikpunkte werden nicht aufgeführt. Dies widerspricht klar dem Bildungsauftrag, SchülerInnen nicht nur zu weltoffenen und toleranten, sondern auch kritischen Mitgliedern der Gesellschaft zu erziehen. Dazu gehören auch die breite Information von SchülerInnen und der kritische Diskurs kontroverser Themen. Derartig einseitige Propaganda-Broschüren sind sowohl der europäischen als auch der österreichischen Demokratie unwürdig. Die Wahrheit ist den SchülerInnen zumutbar.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, einseitige Propaganda an Schulen mit sofortiger Wirkung zu unterbinden und stattdessen den kritischen Diskurs kontroverser Themen in der Schule zu fördern, indem umfassendes Informationsmaterial zur Verfügung gestellt wird, das die Materie von unterschiedlichen Blickwinkeln aus beleuchtet.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss  vorgeschlagen.



[1] Dem Antragsteller ist bekannt, dass die Broschüre am 9. Mai 2016 am Gymnasium am Parhamerplatz in Wien verteilt wurde

[2] http://www.zukunfteuropa.at/site/8254/default.aspx

[3] siehe hier: https://www.bmlfuw.gv.at/land/eu-international/eu-freihandelabkomme/ttip_eu_usa_fta.html

[4] siehe dazu: http://www.politik-lernen.at/site/projekte/aktionstage/veranstaltungskalender/calendar/109105.html

[5] siehe dazu: http://www.zukunfteuropa.at/site/4663/default.aspx