1841/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 21.09.2016
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Matthias Köchl, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Verschlankung des Wirtschaftskammer Apparates

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Österreich besitzt eines der höchsten Lohn- und Lohnnebenkostenniveaus der Welt.  Auch wenn dieses hochqualifizierte MitarbeiterInnen und einen stabilen Standort ermöglicht, können und müssen wir an der Steigerung der Standortattraktivität arbeiten, wozu auch Potentiale zur Senkung von Arbeitsplatzkosten gehören.

 

Auch Wirtschaftskammerpräsident Dr. Christoph Leitl sieht die Notwendigkeit von Lohnnebenkostensenkungen zur Belebung der heimischen Wirtschaft. Er führte am 30.6.2016 aus: „Die beschlossene Senkung der Lohnnebenkosten um 1 Milliarde ist ein wichtiger erster Schritt. Wir wollen aber eine Senkung um 5 Prozent. Damit würde es 10.000ende Arbeitsplätze mehr in Österreich geben.“[1].

 

Einen Teil dieser Arbeitsplätze kann die Wirtschaftskammer selbst schaffen: Denn die Wirtschaftskammer selbst schreibt den Unternehmen in Form von Grundumlage, Kammerumlage 1 und Kammerumlage 2 einiges an Lohnnebenkosten vor. Alleine die Kammerumlage II – sie wird anhand der Lohnsumme[2] berechnet - summiert sich pro Jahr auf rund 316 Millionen Euro (Daten von 2014).

 

In diesem Sinne ist es an der Zeit, dass die Wirtschaftskammer mit gutem Beispiel vorangeht und die Lohnnebenkosten senkt, indem sie zumindest die Kammerumlage 2 abschafft. Denn neben den direkt verursachten Kosten in Form von Beiträgen verursacht die Kammerumlage II durch ihre Ausgestaltung zusätzlichen bürokratischen Aufwand auf Unternehmensseite:

·        Sie ist vom Unternehmen selbst zu berechnen und monatlich dem Finanzamt abzuführen.

·        Die Kammerumlage II hat in jedem Bundesland eine andere Höhe – haben Unternehmen mehrere Betriebsstätten, müssen für die MitarbeiterInnen in den unterschiedlichen Bundesländern auch unterschiedliche Sätze für die Kammerumlage II hinterlegt werden.

·        Eine Freigrenze existiert zwar – mit 1.460.- reicht allerdings schon ein Vollzeitgehalt, um sie zu überschreiten. Zwischen 1.095.- und 1.460.- Euro entfällt die KU2 auch nicht komplett – die Bemessungsgrundlage wird lediglich um 1.095.- reduziert.

 

Für 2016 liegen die Sätze – je Bundesland unterschiedlich – zwischen 0,36% (Oberösterreich) und 0,44% (Burgenland). Die Bemessungsgrundlage ist  wohlgemerkt die Summe aller Arbeitslöhne, die in einem Kalendermonat an DienstnehmerInnen gezahlt werden. Während der parallel eingehobene Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds[3] bis 2018 um rund 13% gesenkt wird, ist keinerlei Senkung der Beiträge zur Wirtschaftskammerumlage 2 vorgesehen.

 

Die Einsparungen zur Finanzierung dieser Erleichterung für UnternehmerInnen muss innerhalb der Wirtschaftskammer selbst gefunden werden. Augenfällige Ansatzpunkte hierfür sind die 10 fache Struktur durch 9 Landes- und eine Bundesorganisation mit einer unüberschaubaren Anzahl an länder- und branchenspezifischen Umlagen und Regelungen. Auch muss die Finanzierung der Wirtschaftskammer Luxuspensionen (Pensionssystem Alt) ein für alle Mal und im Sinne der Mitglieder gelöst werden. Der Tatsache, dass eine Verschlankung der Struktur auf sozialverträglichem Wege nicht mit einem Schlag passieren kann, ist mit einem entsprechenden Stufenplan zu begegnen.

 

Neben der 10-fachen Struktur ist die Wirtschaftskammer allerdings auch in der Anzahl der Gremien je Bundesland unüberschaubar. Hier nur ein Beispiel zu den zahlreichen Gremien der Wirtschaftskammer: Oberhalb der Fachgruppen – jene Ebene, die eine fachliche Vertretung der Mitgliedsbetriebe und auch tatsächlich Servicefunktionen abwickelt – existieren Spartenorganisationen, sieben Stück an der Zahl (Gewerbe und Handwerk, Industrie, Handel, Bank und Versicherung, Transport und Verkehr, Tourismus und Freizeitwirtschaft, Information und Consulting).

 

Sieht man sich beispielsweise die Informationsseite der Sparte „Tourismus und Freizeitwirtschaft“ an, so fällt sofort auf, dass selbst der Informationsservice eindeutig von der stärksten Branche innerhalb der Sparte dominiert wird: Fast alle Beiträge auf der Spartenseite drehen sich um die Gastronomie. Andere Mitglieder – wie beispielsweise Reisebüros, Kino- Kultur- und Vergnügungsbetriebe oder Gesundheitsbetriebe kommen nicht oder nur marginal vor.

 

Diese Aufdoppelung von Inhalten, noch dazu mit Fokus auf die stärkste Fachgruppe der jeweiligen Sparte, scheint dennoch eine der zentralen Leistungen der Sparten zu sein. Denn selbst auf der WKO Homepage ist die Aufgabe von Sparten ausgesprochen übersichtlich beschrieben: „Die Sparten dienen als Verbindungsglieder zwischen den in ihnen jeweils zusammengefassten Fachorganisationen und der jeweiligen Kammer.“[4] – und das Ganze in jedem Bundesland.

 

Freilich braucht auch eine effiziente Wirtschaftskammer eine gewisse organisatorische Konstruktion – aber alleine über 1100 MitarbeiterInnen in der Wirtschaftskammer Österreich (also Bundeskammer – ohne direkten „Mitgliederkontakt“) sprechen eine deutliche Sprache[5]. Die Wirtschaftskammer gehört grundlegend neu aufgestellt – nach dem Motto: „Mitglieder-Betreuung lokal, Interessenvertretung bundesweit“.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich Gesetzesvorschläge vorzulegen, die folgende Punkte beinhalteten:

·        Die Abschaffung der Kammerumlage II (=Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds) bis 2021

·        Zur Erreichung der gänzlichen Abschaffung der Kammerumlage II ist die Höhe der Kammerumlage II von 2017 an jährlich um mindestens 15% in Bezug auf die aktuelle Höhe abzusenken.

·        Eine Verschlankung der Struktur der Wirtschaftskammer, beispielsweise durch die Abschaffung der Sparten auf Länderebene, mit dem Ziel, die Overhead Kosten der Wirtschaftskammer nachhaltig zu senken.

·        Eine Bereinigung der Mehrfachstrukturen, indem die Landeskammern abgeschafft werden und die Interessensvertretung nur mehr auf Bundesebene durchgeführt wird.

·        Eine Durchforstung der rein intern orientierten Abteilungen der Wirtschaftskammer Österreich (z.B. politische Abteilungen) auf ihre Sinnhaftigkeit im Sinne der Kernaufgaben der WKO.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie  vorgeschlagen.



[1] https://www.wko.at/Content.Node/iv/presse/wkoe_presse/presseaussendungen/pwk_494_16_Leitl-vor-dem-Wirtschaftsparlament:-Lohnnebenk.html

[2] Berechnungsseitig stellt die KU2 einen Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds dar

[3] Die Kammerumlage wird auch als „Zuschlag zum Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag“ definiert.

[4] https://www.wko.at/Content.Node/wir/oe/Die_Wirtschaftskammern_Oesterreichs_-_Unsere_Strukturen_.html

[5] https://www.wko.at/Content.Node/wir/oe/wko_nhb_2015_2206s.pdf