2018/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 01.03.2017
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Alev Korun, Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Maßnahmen zur grundrechtlichen Sensibilisierung des Innenministers

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Seit seinem Amtsantritt im April 2016 hat Innenminister Sobotka mit zahlreichen Vorschlägen zur Beschränkung von Grund- und Freiheitsrechten aufgewartet. Ein kurzer Abriss macht deutlich: Minister Sobotka hat in den letzten 11 Monaten wiederholt menschenrechts- und verfassungswidrige Vorschläge vorgelegt, die von Menschenrechts- und VerfassungsexpertInnen als rechtswidrig eingestuft werden. Einige der Vorschläge mussten im Nachhinein revidiert werden. Selbst ÖVP-Chef Mitterlehner sah sich gezwungen seinen Minister aufgrund des jüngsten Vorstoßes zur Aushöhlung des Demonstrationsrechtes einzubremsen - „ein sensibles Thema wie die Grundrechte müsse man vorerst einmal intern besprechen“ - und forderte ihn auf den Vorschlag zurückzuziehen.

 

·        Scan-Code für BürgerInnen zur leichteren Identifizierbarkeit bei Banken, Türstehern etc.

Sobotka-Vorschlag: BürgerInnen sollten mittels QR-Code eine digitale Identität erhalten, die deren Daten dann beim Abfragen von Melde- und Strafregister ausgibt, aber auch Disco-Betreibern schnell und anonym das Alter eines Gastes verraten, Versicherer Informationen über die Bonität der BürgerInnen verraten etc. Dieser Vorschlag verstößt gegen das Grundrecht auf Datenschutz sowie dessen Zweckbindungsgrundsatz sowie gegen das Recht auf Privatleben.

 

·        Anlasslose Video- Massenüberwachung gefordert

 

Sobotka-Vorschlag: Videospeicherung der Privatsphäre im großen Stil– öffentliche Betreiber und auch Unternehmen im „Nahebereich der öffentlichen Hand“ sollen Bilddaten speichern müssen. Anlasslose Massenüberwachung haben der Verfassungsgerichtshof und der Europäischer Gerichtshof bereits bei der Vorratsdatenspeicherung als verfassungswidrig erkannt. Auch eine solche Massenvideo-Speicherung wäre daher verfassungswidrig.

·        Einführung von Auto-Massenüberwachung

Sobotka-Vorschlag: Künftig an allen Grenzübergängen Auto-Kennzeichen unbefristet für das Innenministerium aufzuzeichnen und zu erfassen. Die Kosten, als auch der Grundrechtseingriff für diese flächendeckende Kennzeichenerfassung stehen völlig außer Verhältnis zum potentiellen Nutzen bei Fahndungen. Wieder handelt es sich um anlasslose Massenüberwachung, wie sie nach den Verfassungsgerichtshof- Erkenntnissen verfassungswidrig ist.

 

·        Demonstrationsrecht und Versammlungsfreiheit sollen massiv eingeschränkt werden

 

Sobotka-Vorschlag: Versammlungen und Demonstrationen sollen nur mehr eingeschränkt – an gewissen Zeiten und festgesetzten Orten ­– abgehalten werden dürfen. Gehen würde es dabei um Geschäftsinteressen. Das ist verfassungswidrig und Demonstrationen, bei denen man kaum sichtbar ist, unterlaufen den Kern der Versammlungsfreiheit sein Anliegen sichtbar zu machen. Auch will der Innenminister, dass Demoverantwortliche für mögliche Schäden durch die Demonstration haften. Das läuft praktisch auf die Abschaffung des Demonstrationsrechts hinaus und wäre zudem eine verfassungswidrige, weil grob unverhältnismäßige Einschränkung.

 

·        „Schubhaft“ als Untersuchungshaft für AusländerInnen ohne U­Haftgründe

 

Sobotka schlägt vor, künftig AusländerInnen bereits nach dem erstinstanzlichen, noch nicht rechtskräftigen, strafrechtlichen Urteil in Anhaltezentren (Schubhaft) zu inhaftieren – wenn damit zu rechnen sei, dass der oder die Betreffende vorhabe, sich dem weiteren Verfahren zu entziehen. (Was in der Praxis wohl bei so gut wie jedem Ausländer angenommen würde.) AusländerInnen würden damit monate- bis jahrelang eingesperrt werden bis zu einem rechtskräftigen Urteil zweiter Instanz. Dieser Vorschlag verstößt gegen das Recht auf Freiheit, ist unverhältnismäßig und diskriminierend. Man stelle sich vor, dass österreichische StaatsbürgerInnen monate- und jahrelang eingesperrt werden bis es ein rechtskräftiges Urteil zweiter Instanz gibt.

 

·        Weitere Halbierung der völkerrechtswidrigen Asyl-Höchstzahl

 

Sobotka schlägt vor, die völkerrechtswidrige, von der Regierung auf bereits vier Jahre fixierte „Asyl-Höchstzahl“ für Asylanträge nochmals – entgegen dem Beschluss der Regierung – zu halbieren. Statt den vorgesehenen 35.000 Menschen dürften dann nur mehr 17.000 Menschen um Asyl ansuchen. Das widerspricht eindeutig der Genfer Flüchtlingskonvention, als auch geltendem EU-Primärrecht.

 

 

Auch Amnesty International kritisierte ein Klima, in dem „manch heimischer Regierungspolitiker menschenrechtlich höchst sensible Themen [benutze], um sich populistisch zu profilieren. Verfassungswidrige Gesetzesvorschläge aus der Provinz müsste man aushalten – nicht aber von Ministern, die einen Eid auf die Verfassung abgegeben haben" so Generalsekretär Patzelt. Konkret wurden für diese Vorgehensweise auch die menschenrechts- und grundrechtswidrigen Vorschläge Sobotkas genannt.

 

Verfassungsrecht muss die Grundlage allen politischen Handelns sein. Den Aussagen des Innenministers als oberster Sicherheitsbehörde kommt dabei besonderes Gewicht zu. Gerade in Zeiten, in denen international demokratische Grund- und Freiheitsrechte zunehmend unter Druck geraten, und autoritäre Elemente auf dem Vormarsch sind, ist eine besondere Sensibilität gefragt. Der Wert der Menschenrechte ist in diesem Klima besonders zu betonen, statt gering zu schätzen. Die Aussagen von Wolfgang Sobotka sind geeignet, die Stimmungslage in der Bevölkerung zu diesem Thema negativ zu beeinflussen, und sind daher höchst gefährlich.

 

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, in Hinkunft die Achtung der Grund-, Menschen- und Verfassungsrechte in seiner Amtsführung sowie in öffentlichen Stellungnahmen und Vorschlägen jederzeit zu berücksichtigen, und sich erforderlichenfalls die dazu notwendigen Kenntnisse durch Studium von Fachliteratur, Teilnahme an Schulungen oder Beiziehung von ExpertInnen anzueignen.“

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte  vorgeschlagen.