2183/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 07.06.2017
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Werner Kogler, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Umsetzung eines konkreten Aktionsplans für faire Beiträge von Konzernen

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

1.000 Mrd Euro pro Jahr verlieren die EU-Mitgliedstaaten durch Steuervermeidung, ‑betrug und ‑hinterziehung. Das entspricht etwa dem Dreifachen der gesamten österreichischen Wirtschaftsleistung. Dieses Geld fehlt in den Gesundheits-, Sozial-, und Bildungsbudgets und für die dringend notwendigen Investitionen für den Klimaschutz.

 

Multinationale Konzerne nutzen jede gesetzliche Lücke aus, um ihre Steuerleistung zu „minimieren“. Die Gewinne werden in Niedrigststeuerländer verschoben und die Bemessungsgrundlagen  verringert um die Steuerleistung so gering wie möglich zu halten. Dieses schädliche Steuerdumping nach unten findet nicht nur in Übersee statt, sondern auch mitten in der EU. Bekannte Beispiele für die so genannte „aggressive Steuerplanung“ sind multinationale Konzerne wie Google, Apple, Amazon, Ikea oder Starbucks.

 

Die Liste der Skandale wird immer länger. Sie reicht von Swiss Leaks, Lux Leaks über Panama Papers bis hin zu den jüngst bekannt gewordenen Malta Files. Gemeinsam haben diese Skandale eines: Sie gelangten durch Whistleblower an die Öffentlichkeit und wurden durch internationale Kooperationen von JournalistInnen aufgearbeitet. Darüber hinaus leisten NGOs wie „Tax Justice Network“ einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung.

 

Bereits zwei Drittel des grenzüberschreitenden Handels erfolgen innerhalb von Konzernen und mehr als die Hälfte des Welthandels fließt über Steueroasen. Das sollte ein Alarmsignal sein, das international aufgegriffen werden muss, um ein faires System der Besteuerung zu schaffen. Den Nationalstaaten sind im Rahmen ihrer Gesetzgebung Grenzen gesetzt. Die Mitgliedstaaten der EU, die G20 und die OECD setzen sich laufend mit Fragen der internationalen Steuervermeidung auseinander. Deren Aktionspläne (wie z.B. BEPS) sind zwar sehr zu begrüßen, greifen jedoch zu kurz, weil die in der OECD stattfindenden Verhandlungen nicht frei von Eigeninteressen der Mitgliedstaaten und dem Lobbying von Großkonzernen sind. BEPS zielt lediglich auf eine Reparatur des bestehenden internationalen Steuerregimes ab, nicht aber auf dessen grundlegende Änderung, etwa des Begriffs der Betriebsstätte. Die Gelegenheit, die die Enthüllungen über Steuervermeidung bieten, sollte daher nicht ungenutzt bleiben und für eine Intensivierung der Bemühungen im Kampf gegen die aggressive Steuerplanung genutzt werden. Es gilt einerseits, die Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bürger vor jene steuervermeidender Großkonzerne zu stellen. Andererseits geht es auch darum, Wettbewerbsverzerrungen gegenüber europäischen klein- und mittelständischen Unternehmen zu beseitigen, die nicht multinational organsiert sind. So etwa kann ein Wiener Kaffeehaus seine Gewinne im Gegensatz zu einem multinationalen Konzern wie Starbucks nicht von einem Land zum nächsten verschieben. Es braucht daher einen fairen Aktionsplan gegen „aggressive Steuerplanung“, damit alle faire Beiträge für die Finanzierung des Sozialstaates leisten.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, sämtliche Maßnahmen des nachstehend dargestellten konkreten Aktionsplans für faire Beiträge von Konzernen auf nationaler, supranationaler und internationaler Ebene mit Nachdruck voranzutreiben:

 

1.    Durchsetzung bestehender Steuergesetze

 

o   Sämtliche Leaks (von Swiss-Leaks bis zu den zugespielten maltesischen Datensätzen)  auswerten und auf unzulässige steuerliche Beihilfen bzw Steuervermeidung/-hinterziehung prüfen

Vor allem Luxemburg, die Niederlande und Irland haben spezielle Deals mit Konzernen geschlossen, damit diese sich dort ansiedeln. Darunter dürften auch unzulässige Beihilfen sein, die von den Unternehmen konsequent zurückgefordert werden sollten. 

 

o   Gegen Steuertricks auch in Mitgliedstaaten vorgehen

Konzerne haben allein zum Zweck der Steueroptimierung Gesellschaften in verschiedenen Mitgliedstaaten gegründet, z.B. in Malta. Diese Praxis sollte auch in den Nationalstaaten dringend abgeschafft werden.

 

2.    Ausweitung der Transparenzbestimmungen - Meldungen an die Finanz greifen zu kurz

 

o   Öffentliche Transparenz für Unternehmensgewinne schaffen

Modelle zur „aggressiven Steuerplanung“ verschleiern, in welchem Land die Gewinne erwirtschaftet werden. Die Antwort darauf ist vollständige Transparenz. Für Berichte im Rahmen des „Country by Country-Reporting“ besteht eine Veröffentlichungspflicht mit kostenlosem Zugang. Die Berichtsschwelle ist von derzeit 750 Mio Euro auf 40 Mio Euro zu reduzieren, und die Berichtspflicht hat getrennt für alle Staaten zu erfolgen, in denen ein multinationaler Konzern Niederlassungen hat.

 

o   Öffentliche Transparenz von Steuerdeals

Alle Sonderabsprachen zwischen Konzernen und Finanzbehörden der Mitgliedstaaten müssen veröffentlicht werden, um eine ungerechte Bevorzugung zu vermeiden. Eine Meldung an die Finanzbehörden greift zu kurz.

 

o   Kostenlose, öffentlich zugängliche Register über die wirtschaftlich Letztbegünstigten

 

Einkommen wird häufig in Firmen, Trusts und Privatstiftungen mit komplizierten Besitz-Strukturen („verdeckte Treuhandschaften“) versteckt. Es braucht daher in einem ersten Schritt kostenlose, öffentlich zugängliche Register über die wirtschaftlichen Nutznießer, um die Möglichkeit für gesetzeswidrige Umgehungsgeschäfte und Missbrauch zu erschweren. Der zweite Schritt zielt auf weltweit vernetzte öffentliche Register der wirtschaftlich Letztbegünstigten.

 

o   Implementierung eines wirksamen Sanktionsregimes

 

Implementierung eines wirksamen Sanktionsregimes gegen Länder, die nicht den Vereinbarungen der Staatengemeinschaft im Zusammenhang mit dem automatischen Austausch von Konto-, Steuer- und Unternehmensdaten entsprechen, wie etwa Einschränkungen des Kapitalverkehrs oder Handelsverbote.

 

 

 

3.    Steuerharmonisierung statt schädlichem Steuerdumping

 

o   Gewinne von multinationalen Konzernen dort besteuern, wo sie erwirtschaftet werden

Multinational tätige Konzerne müssen mit ihren komplexen Strukturen steuerlich als eine Einheit angesehen und dort besteuert werden, wo die Gewinne erwirtschaftet werden. Dafür ist es notwendig die Definition der Betriebsstätte, die derzeit für die Besteuerung zentral ist, zu erweitern. Denn vor allem bei IT-Konzernen greift diese nicht.

 

o   Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung in der EU vorantreiben

Bisher unterscheidet sich von Land zu Land, worauf Unternehmen Steuern zahlen müssen. Deswegen sollte eine einheitliche Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer in den EU-Mitgliedstaaten eingeführt werden. Das bedeutet eine Harmonisierung der Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage, wie sie von der Europäischen Kommission in einem Vorschlag befürwortet wird.

 

o   Mindeststeuersätze für die EU-Unternehmensbesteuerung

Eine Gleichstellung der steuerlichen Bemessungsgrundlage ermöglicht die Vergleichbarkeit der nominellen Steuersätze. Eine notwendige Ergänzung ist daher ein Mindeststeuersatz auf europäischer Ebene.

 

o   Verstärkung der Steuerkooperation und Teilnahme aller Staaten am lückenlosen automatischen Informationsaustausch von Steuerdaten

 

Sind innerhalb der EU alle Lücken gestopft, müssen im nächsten Schritt auch Wege über Drittstaaten verhindert werden. Dazu ist es notwendig, dass alle Staaten am automatischen Informationsaustausch von Steuerdaten teilnehmen. Für ärmere Länder sind Übergangsregelungen erforderlich, da sie die Standards derzeit noch nicht erfüllen können. Es braucht „wasserdichte“ Lösungen, um bestehende Lücken zu schließen. Steuerbehörden müssen grenzüberschreitend stärker kooperieren.“

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.