2226/A XXV. GP

Eingebracht am 07.06.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Josef Muchitsch

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz zur Erreichung einer gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat geändert werden (Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat – GFMA-G)

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz zur Erreichung einer gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat geändert werden (Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat – GFMA-G)

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Aktiengesetzes - AktG

Das Bundesgesetz über Aktiengesellschaften, BGBl. Nr. 98/1965, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 20/2017, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 86 werden folgende Abs. 7 bis 9 angefügt:

„(7) In börsenotierten Gesellschaften und in Gesellschaften mit mehr als dauernd 1 000 Arbeitnehmern besteht der Aufsichtsrat zu mindestens 30 Prozent aus Frauen und zu mindestens 30 Prozent aus Männern, sofern der Aufsichtsrat aus mindestens sechs Mitgliedern und die Belegschaft zu mindestens 20 Prozent aus Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern besteht. Es ist auf volle Personenzahlen zu runden; aufzurunden ist, wenn der errechnete Mindestanteil eine Dezimalstelle von zumindest fünf aufweist.

(8) Eine Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrates durch die Hauptversammlung und eine Entsendung in den Aufsichtsrat unter Verstoß gegen das Mindestanteilsgebot des Abs. 7 ist nichtig. Wird eine Wahl aus anderen Gründen für nichtig erklärt, so verstoßen zwischenzeitlich erfolgte Wahlen insoweit nicht gegen das Mindestanteilsgebot.

(9) Der Mindestanteil ist vom Aufsichtsrat insgesamt zu erfüllen. Widerspricht die Mehrheit der gemäß diesem Bundesgesetz oder der Satzung bestellten Aufsichtsratsmitglieder (Kapitalvertreter) oder die Mehrheit der gemäß § 110 ArbVG entsandten Aufsichtsratsmitglieder (Arbeitnehmervertreter) im Aufsichtsrat spätestens vier Wochen vor einer Wahl oder Entsendung der Gesamterfüllung gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden, so ist der Mindestanteil für diese Wahl von den Kapitalvertretern und den Arbeitnehmervertretern getrennt zu erfüllen. Bei der getrennten Erfüllung sind bei den Arbeitnehmervertretern insbesondere die Voraussetzungen des § 110 Abs. 2a letzter Halbsatz ArbVG zu beachten.


2. In § 108 Abs. 1 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Dabei ist auf § 86 Abs. 7 und Abs. 9 sowie auf § 87 Abs. 2a Bedacht zu nehmen.“

3. In § 108 Abs. 2 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„In Gesellschaften, auf die § 86 Abs. 7 anzuwenden ist, ist zusätzlich anzugeben, wie viele der Sitze im Aufsichtsrat mindestens jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, um das Mindestanteilsgebot gemäß § 86 Abs. 7 zu erfüllen und ob ein Widerspruch gemäß § 86 Abs. 9 erhoben wurde.

4. Dem § 110 Abs. 2 ist folgender Satz anzufügen:

„In Gesellschaften, auf die § 86 Abs. 7 anzuwenden ist, hat die Gesellschaft zusätzlich anzugeben, wie viele der Sitze im Aufsichtsrat mindestens jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, um das Mindestanteilsgebot gemäß § 86 Abs. 7 zu erfüllen und ob ein Widerspruch gemäß § 86 Abs. 9 erhoben wurde.

5. Dem § 262 wird folgender Abs. 38 angefügt:

„(38) § 86 Abs. 7 bis 9, § 108 Abs. 1 und 2 sowie § 110 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/201X treten mit 1. Jänner 2018 in Kraft. § 86 Abs. 7 bis 9 ist auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten, sofern deren Nachrücken nicht an das Ausscheiden eines bestimmten Mitglieds geknüpft ist.“

Artikel 2

Änderung des GmbH-Gesetzes - GmbHG

Das Gesetz vom 6. März 1906, über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 40/2017, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 30 wird folgender dritter Satz angefügt:

„§ 86 Abs. 7 bis 9 AktG ist sinngemäß anzuwenden.“

2. Dem § 127 wird folgender Abs. 24 angefügt:

„(24) § 30 dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/201X tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten, sofern deren Nachrücken nicht an das Ausscheiden eines bestimmten Mitglieds geknüpft ist.“

Artikel 3

Änderung des SE-Gesetzes - SEG

Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea – SE), BGBl. I Nr. 67/2004, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 43/2016, wird wie folgt geändert:

1. In § 45 Abs. 3 wird die Wortfolge „Abs. 3 bis 6 AktG“ durch die Wortfolge „Abs. 3 bis 9 AktG“ ersetzt.

2. Dem § 67 wird folgender Abs. 11 angefügt:

(11) § 45 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/201X tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Wahlen und Entsendungen in den Verwaltungsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Verwaltungsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten, sofern deren Nachrücken nicht an das Ausscheiden eines bestimmten Mitglieds geknüpft ist.


Artikel 4

Änderung des Genossenschaftsgesetzes - GenG

Das Gesetz vom 9. April 1873, über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, RGBl. Nr. 70/1873, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 43/2016, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 24 Abs. 1 zweiter Satz wird folgender Satz eingefügt:

„§ 86 Abs. 7 bis 9 AktG ist sinngemäß anzuwenden.“

2. Nach § 94h wird folgender § 94i eingefügt:

§ 94i. § 24 Abs. 1 dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/201X tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten, sofern deren Nachrücken nicht an das Ausscheiden eines bestimmten Mitglieds geknüpft ist.

 

Artikel 5

Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes – ArbVG

Das Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 37/2017, wird wie folgt geändert:

1. § 110 Abs. 1 lautet:

§ 110. (1) In Unternehmen, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführt werden, entsendet der Zentralbetriebsrat oder, sofern nur ein Betrieb besteht, der Betriebsrat aus dem Kreise der Betriebsratsmitglieder, denen das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat zusteht, für je zwei nach dem Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98/1965, oder der Satzung zu bestellende Aufsichtsratsmitglieder einen Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat. Ist die Zahl der nach dem Aktiengesetz 1965 oder der Satzung zu bestellenden Aufsichtsratsmitglieder eine ungerade, ist ein weiterer Arbeitnehmervertreter zu entsenden.“

3. Nach § 110 Abs. 2 werden folgende Abs. 2a bis 2d eingefügt:

„(2a) In börsenotierten Unternehmen sowie in Unternehmen, in denen dauernd mehr als 1 000 Arbeitnehmer beschäftigt sind, gilt Abs. 1 mit der Maßgabe, dass unter den in den Aufsichtsrat entsandten Arbeitnehmervertretern jedes der beiden Geschlechter im Ausmaß von mindestens 30% vertreten sein muss, sofern mindestens drei Arbeitsnehmervertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden sind und die Belegschaft zu mindestens 20% aus Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern besteht.

(2b) In Unternehmen gemäß Abs. 2a ist das den wahlwerbenden Gruppen gemäß Abs. 2 zukommende Recht zur Nominierung von Arbeitnehmervertretern für die Entsendung in den Aufsichtsrat in der Weise auszuüben, dass dadurch die Entsendung beider Geschlechter im Ausmaß von mindestens 30% gewährleistet ist. Wenn die wahlwerbenden Gruppen von ihrem Vorschlagsrecht nicht in dieser Weise Gebrauch machen, können die von den zunächst vorschlagsberechtigten wahlwerbenden Gruppen erstatteten Nominierungsvorschläge, aus denen die Nichterreichung des Mindestanteils von 30% Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern im Aufsichtsrat folgt, nicht Gegenstand eines gültigen Entsendungsbeschlusses sein. Die entsprechenden Sitze im Aufsichtsrat bleiben bis zur Erstattung eines gesetzmäßigen Vorschlages unbesetzt. Eine Nachnominierung auf die frei bleibenden Sitze zur Erfüllung des Mindestanteils ist jederzeit möglich.

 (2c) Bei der Berechnung des Mindestanteilsgebots ist auf volle Personenzahlen zu runden; aufzurunden ist, wenn der errechnete Mindestanteil eine Dezimalstelle von zumindest fünf aufweist.

(2d) In Unternehmen gemäß Abs. 2a kann die Nominierung von Arbeitnehmervertretern für die Entsendung in den Aufsichtsrat abweichend von dem Verfahren gemäß Abs. 2 erfolgen, sofern der Zentralbetriebsrat (Betriebsrat) einen entsprechenden einvernehmlichen Beschluss fasst und dabei der Mindestanteil der zu entsendenden Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer gemäß Abs. 2a gewahrt bleibt.“

4. § 110 Abs. 6 zweiter Satz lautet:

„Der Zentralbetriebsrat (Betriebsrat) des herrschenden Unternehmens entsendet unter sinngemäßer Anwendung der Abs. 2a bis 2d so viele Arbeitnehmervertreter, als dem Verhältnis der Zahl der im herrschenden Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer zur Zahl der in den beherrschten Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer entspricht, mindestens jedoch einen Arbeitnehmervertreter.“


5. § 110 Abs. 6b letzter Satz lautet:

„Für die Ausübung des Vorschlagsrechts innerhalb der jeweiligen Gruppe der Konzernvertretungsmitglieder gilt Abs. 2 bis 2d sinngemäß.“

6. Nach § 247 Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a)  Bei der Entsendung der österreichischen Mitglieder in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der Europäischen Gesellschaft ist § 110 Abs. 2a bis 2d sinngemäß anzuwenden.“

7. Dem § 264 wird folgender Abs. 32 angefügt:

„(32) §§ 110 Abs. 1, 2a bis 2d, 6 und 6b sowie § 247 Abs. 1a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 treten mit 1. Jänner 2018 in Kraft und gelten für die Entsendungen von Arbeitnehmervertretern durch Organe der Arbeitnehmerschaft, deren Wahl nach dem 31. Dezember 2017 erfolgt.

Begründung

 

1. Hintergrund des Vorhabens

Die österreichischen Regierungsparteien haben in ihrem Arbeitsprogramm 2017/2018 vom Jänner 2017 zum Thema „Frauenquote im Aufsichtsrat“ folgende Vereinbarung getroffen:

 

„Verpflichtende Frauenquote in Aufsichtsräten von Großunternehmen

Nach Vorbild der deutschen Rechtslage wird ab 1.1.2018 in Aufsichtsräten von börsenotierten Unternehmen sowie von Unternehmen mit mehr als 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Frauenquote von 30 % festgelegt, die bei Neubestellungen verpflichtend einzuhalten ist.

Umsetzung: Ministerrat im Juni 2017.“

 

Das hier zum Vorbild genommene deutsche Modell ergibt sich aus dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24. April 2015 (GgTFMF). Dieses deutsche Bundesgesetz, BGBl. 2015 Teil I Nr. 17, enthält neben anderen Regelungen eine gesetzlich verpflichtende Geschlechterquote von 30% in den Aufsichtsräten börsenotierter Gesellschaften, die paritätisch (also nicht nur drittelparitätisch wie österreichische Aufsichtsräte) besetzt sind, was eine Arbeitnehmeranzahl von 2000 voraussetzt.

 

Das österreichische Vorhaben zur Geschlechterquote soll alle börsenotierten Unternehmen umfassen sowie Unternehmen mit mehr als 1 000 Mitarbeitern. Damit sieht dieser Punkt des Arbeitsprogramms ausdrücklich einen weiteren Anwendungsbereich als die deutsche Quotenregelung vor.

 

2. Unterschiede zur österreichischen Rechtslage

In rechtssystematischer Hinsicht unterscheidet sich die deutsche Regelung durch den einheitlichen Regelungsort im Aktiengesetz vom österreichischen Gesellschaftsrecht, in dem nur die Kapitalvertreter im Aufsichtsrat geregelt sind, wohingegen die Arbeitnehmervertretung im Arbeitsverfassungsgesetz geregelt ist.

 

Ein weiterer Unterschied zur deutschen Regelung ergibt sich durch den weiteren Anwendungsbereich, der nicht auf börsenotierte Gesellschaften beschränkt ist, sodass in Österreich parallele Regelungen auch im GmbHG, im Genossenschaftsgesetz und im SE-Gesetz zu treffen sind.

 

3. Überlegungen zur Umsetzung

In Deutschland ist die Gesamterfüllung der gesetzliche Regelfall, daher wird diese auch für Österreich vorgeschlagen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in Österreich weniger oft von der Widerspruchsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird, als dies in Deutschland der Fall ist.

 

Die Einführung der Quotenregelung wird in der Praxis schrittweise erfolgen, da sie für jeweils frei werdende Positionen im Aufsichtstrat ab Inkrafttreten des Gesetzes anzuwenden ist. Mehrkosten sind durch die Wahl und Bestellung von Frauen nicht zu erwarten.


4. Auswirkungen der Geschlechterquote

Der deutsche Gesetzgeber wie nun auch die österreichischen Regierungsparteien sehen in einer gesetzlichen Mindestquote ein Instrument zu einer möglichst gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in entscheidenden Funktionen bedeutender Unternehmen. Dadurch wird auch ein Maßstab für die gesamte Privatwirtschaft gesetzt. Zum Einfluss geschlechterspezifisch diversifizierter Aufsichtsräte gibt es eine Fülle an Studien aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen wie der Betriebswirtschaft, der Gruppenpsychologie und der Sozialwissenschaft. Danach gebe es eine Vielzahl an Ansatzpunkten, welche die Sinnhaftigkeit einer Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat auch für das Unternehmen begründeten. Die Diversität könne nicht nur durch die größere Heterogenität der Fähigkeiten, Perspektiven und Ideen zu einer Erweiterung der Ressourcen führen, durch geschlechterspezifische Verhaltensunterschiede könne zudem eine Stärkung der Corporate Governance erreicht werden. Zwar könnten in einem heterogenen Aufsichtsrat eher Kommunikations- und Kooperationsprobleme auftreten, die Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass die geschlechtsspezifische Diversität im Aufsichtsrat überwiegend positive Auswirkungen auf den langfristigen Unternehmenserfolg habe.

Zu Artikel 1 (Änderung des Aktiengesetzes)

Zu Z 1 (§ 86 Abs. 7 bis 9):

§ 86 Abs. 7:

Zentraler Regelungsort der gesetzlichen Geschlechterquote für die Kapitalvertreter im Aufsichtsrat ist                § 86 Abs. 7 AktG, für die Arbeitnehmervertreter werden parallele Regelungen im ArbVG vorgeschlagen. Es empfiehlt sich aus Gründen der Übersichtlichkeit und besseren Verständlichkeit den gesamten Regelungskomplex in dieser Bestimmung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats anzusiedeln, obwohl auch Aspekte der Wahl und der Entsendung, die sich in § 87 und § 88 finden, mitgeregelt werden.

Der Anwendungsbereich der gesetzlichen Geschlechterquote betrifft nicht nur börsenotierte Aktiengesellschaften wie im deutschen Modell, weswegen sich auch parallele Bestimmungen im GmbHG, im GenG und im SEG finden. Denn neben börsenotierten Aktiengesellschaften (vgl. § 3 AktG) sind auch Unternehmen erfasst, die mehr als dauernd 1 000 Arbeitnehmer beschäftigen.

Zur Definition der Börsenotierung in § 3 AktG ist festzuhalten, dass sie sich ausdrücklich nur auf Unternehmen bezieht, deren Aktien an einer geregelten Börse notieren, nicht aber auf andere kapitalmarktorientierte Unternehmen, die gemäß § 189a Z 1 lit. a Unternehmen von öffentlichem Interesse sind, bei denen aber nicht die Aktien, sondern andere übertragbare Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des EWR zugelassen sind.

Entsprechend dem Auftrag der Regierungsparteien sind Unternehmen rechtsformunabhängig erfasst, die mehr als dauernd 1 000 Arbeitnehmer beschäftigen.

Wie in der deutschen Regelung wird eine mathematische oder kaufmännische Rundung vorgeschlagen. Um feine Unterschiede zwischen der „mathematischen“ (vgl.  § 96 Abs. 1  des deutschen AktG)  und der  begrifflich überholten „kaufmännischen Rundung“ auszuklammern, findet sich im Text eine konkrete Formulierung der Regelung zur Ab- bzw. Aufrundung auf volle Personenzahlen.

§ 86 Abs. 8:

Nicht nur wie im deutschen Modell, sondern auch entsprechend der schon in § 86 Abs. 6 vorgesehenen Sanktion einer unwirksamen Wahl bei Überschreitung der zulässigen Mandatshöchstzahl, wird auch hier die effiziente Sanktion des sogenannten „leeren Stuhls“ vorgeschlagen.

§ 86 Abs. 9:

Der deutsche Gesetzgeber hat sich nach eingehenden Diskussionen letztlich dafür entschieden, als Grundregel eine Gesamtbetrachtung anzunehmen. In der Praxis kommt es nach den bisherigen Erfahrungen in Deutschland allerdings häufig zum Widerspruch von Kapitalvertreter- oder Arbeitnehmerseite gegen die Gesamterfüllung. Es bedarf nur des Widerspruchs einer Seite, um in ein System der Getrennterfüllung zu gelangen; dies gilt aber nur für die jeweils konkret anstehende Wahl oder Entsendung. Der Widerspruch ist jeweils bis zu vier Wochen davor zu erheben.

Zu Z 2 (§ 108 Abs. 1):

Der neue zweite Satz des Abs. 1 stellt entsprechend der herrschenden Auffassung klar, dass die Bestimmungen zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats, insbesondere die nun verpflichtende Einhaltung der Geschlechterquote, aber auch die generelle Verpflichtung zur Beachtung der in § 87 Abs. 2a enthaltenen Kriterien, schon in den vom Aufsichtsrat zu erstattenden Wahlvorschlägen beachtet werden müssen.


Zu Z 3 (§ 108 Abs. 2):

Hier wird eine Ergänzung der Informationspflicht des Aufsichtsrats eingefügt, der bei seinen Wahlvorschlägen auch auf die sich aus der Mindestquotenregelung ergebenden aktuellen Erfordernisse betreffend die Geschlechterquote hinweisen muss.

Zu Z 4 (§ 110 Abs. 2):

Wenn in börsenotierten Aktengesellschaften Aktionäre zu einem Punkt der Tagesordnung Beschlussvorschläge machen und es sich dabei um einen Vorschlag zur Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds gemäß Abs. 2 handelt, so ist die Gesellschaft verpflichtet, wie in § 108 Abs. 2 auf die sich aus der Quotenregelung ergebenden aktuellen Erfordernisse bei der Wahl hinzuweisen.

Zu Z 5 (§ 262 Abs. 38):

Entsprechend dem politischen Auftrag soll die Geschlechterquote bei allen nach dem 1. Jänner 2018 zu wählenden oder zu entsendenden Aufsichtsräten zu beachten sein. Unter Entsendung ist hier nicht die Entsendung von Arbeitnehmervertretern (diese ist im ArbVG geregelt) zu verstehen, sondern eine Entsendung gemäß § 88 AktG.  Klargestellt wird im letzten Satz, dass bestehende Aufsichtsratsmandate davon nicht berührt sind, bereits gewählte oder entsandte Personen können sohin bis zum Ende ihrer Funktionsperiode Aufsichtsratsmitglieder bleiben.

Zu Artikel 2 (Änderung des GmbH-Gesetzes)

Zu Z 1 (§ 30) und Z 2 (§ 127 Abs. 24):

Die Quotenregelung ist auch bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu verankern, die mehr als 1000 Arbeitnehmer beschäftigen. Die Bestimmungen zum Aufsichtsrat im GmbHG sind weitgehend gleichlautend mit jenen des AktG, sodass eine sinngemäße Anwendung des § 86 Abs. 7 bis 9 angeordnet werden kann. Durch diese Erweiterung des § 30, der auf alle Fälle des § 29 anzuwenden ist, ergibt sich die Geltung der Mindestquote zum Beispiel auch für den Fall, dass die Gesellschaft persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft ist.

Die Übergangsregelung entspricht jener in § 262 Abs. 38 AktG.

Zu Artikel 3 (Änderung des SE-Gesetzes)

Zu Z 1 (§ 45 Abs. 3) und Z 2 (§ 67 Abs. 11):

Für eine SE mit dualistischem Verwaltungssystem gelten die aktienrechtlichen Bestimmungen zum Aufsichtsrat unmittelbar (vgl. Art. 9 Abs. 1 lit c SE-VO), sodass hier keine Ergänzung notwendig ist.

Für eine SE mit monistischem Organisationsmodell im Verwaltungsrat ist aber die sinngemäße Anwendung des § 86 Abs. 7 bis 9 zu normieren, wobei dazu der bisherige Verweis in § 45 Abs. 3 SEG auf § 86 Abs. 3 bis 9 AktG entsprechend zu erweitern ist.

 

In § 46 Abs. 3 wird unter anderem auf § 108 Abs. 2 AktG verwiesen, wonach nunmehr zusätzlich anzugeben ist, wie viele der Sitze im Aufsichtsrat mindestens jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, um das Mindestanteilsgebot des § 86 Abs. 7 zu erfüllen und ob ein Widerspruch gemäß § 86 Abs. 9 AktG erhoben wurde.

Zu Artikel 4 (Änderung des Genossenschaftsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 24 Abs. 1) und Z 2 (§ 94i):

Die Quotenregelung ist auch bei Genossenschaften zu verankern, es kann auch hier wie im GmbHG auf die sinngemäße Anwendung des § 86 Abs. 7 bis 9 verwiesen werden. Die Übergangsregelung entspricht jener des AktG.

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Justizausschuss