2323/A XXV. GP

Eingebracht am 04.10.2017
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Antrag

 

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Gabriele Tamandl

Kollegen und Kollegen

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes

und des Österreichischen Städtebundes geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

 

 

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das

Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes

und des Österreichischen Städtebundes geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

 

 

Artikel 1

Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

Das Bundes-Verfassungsgesetz , BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 138/2017, wird wie folgt geändert:

1.  Art. 13 Abs. 2 lautet:

„(2) Bund, Länder und Gemeinden haben sicherzustellen, dass die Verpflichtungen der Republik Österreich aus Rechtsakten der Europäischen Union zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin erfüllt werden; in diesem Rahmen haben sie bei der Haushaltsführung die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes und nachhaltig geordneter Haushalte anzustreben.“

2.   In Art. 13 werden nach dem Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Bund, Länder und Gemeinden haben ihre Haushaltsführung und sonstigen Maßnahmen in Hinblick auf die Ziele gemäß Abs. 2 im Wege des Österreichischen Stabilitätspaktes zu koordinieren.“

3.   Nach dem Art. 13 wird folgender Art. 13a eingefügt:

„Artikel 13a. (1) Die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden (landesweise) sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Finanzschulden auszugleichen (administratives Nulldefizit). Bund und Länder können Regelungen zur im Auf- und Abschwung symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen von einer Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen.

(2)     Für den Bund ist dem Grundsatz gemäß Abs. 1 erster Satz entsprochen, wenn die Einnahmen aus Finanzschulden zum Ausgleich der allgemeinen Gebarung maximal 0,35 % des nominellen Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten. Abweichungen von den zulässigen Kreditobergrenzen werden auf einem Kontrollkonto erfasst. Belastungen, die den Schwellenwert von 1,25 % des nominellen Bruttoinlandsprodukts überschreiten, sind konjunkturgerecht zurückzuführen. Ab 2022 ist ein administratives Nulldefizit anzustreben Nähere Regelungen sind im Bundesgesetz gemäß Art. 51 Abs. 9 zu treffen.

(3)     Für die Länder und Gemeinden ist dem Grundsatz gemäß Abs. I erster Satz entsprochen, wenn die Einnahmen aus Krediten insgesamt 0, 10 % des nominellen Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten.

(3)    Bund, Länder und Gemeinden haben den Aufwand aus der Verhängung allfälliger finanzieller Sanktionen, welche gemäß den Rechtsakten der Europäischen Union zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin oder dem Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion verhängt werden, im Verhältnis der Verursachung zu tragen.

(4)    Die näheren Regelungen zu Abs. 1 und 2, insbesondere die Anteile der Länder und Gemeinden am zulässigen strukturellen Defizit, zulässige Abweichungen, das Verfahren zur Berechnung der jährlichen Defizitgrenze unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung sowie die Kontrolle und der Ausgleich von Abweichungen des tatsächlichen strukturellen Defizites von der Regelgrenze sind im Österreichischen Stabilitätspakt festzulegen. Kommt eine derartige Vereinbarung nicht zustande, dann sind Haushalte der Länder und landesweise der Gemeinden ohne strukturelles Defizit auszugleichen.“

4.   Dem Art. 151 wird folgender Abs. 57 angefügt:

,,(57) Art. 13a Abs. 1 ist erstmals auf die das Finanzjahr 2018 betreffenden Haushaltsbeschlüsse von Bund, Ländern und Gemeinden anzuwenden.“

 

Artikel 2

Änderung des Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des Österreichischen

Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes

 

Das Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBI. I Nr. 61/1998, wird wie folgt geändert:

1.  Die bisherigen Art. 1 bis 3 werden als Art. 2 bis 4 bezeichnet. Der neue Art. 1 samt Überschrift lautet:

„Artikel 1

Stabilitätspakt

Bund, Länder und Gemeinden, diese vertreten durch den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund, haben die näheren Regelungen über die Haushaltsführung gemäß Art. 13 und 13a B-VG durch eine Vereinbarung über einen Stabilitätspakt festzulegen.“

2.   Im neuen Art. 2 wird die Überschrift

„Konsultationsmechanismus“

eingefügt und es entfallen im Abs. 1 die Wortfolge „und einen Stabilitätspakt“ und der Abs. 3.

3.     Im neuen Art. 3 Abs. 1 erster Satz und im neuen Art. 4 wird jeweils die Wortfolge „Auf die Vereinbarungen gemäß Art. 1“ durch die Wortfolge „Auf die Vereinbarungen gemäß Art. 1 und 2“ ersetzt.

 

Begründung

 

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

„Schuldenbremse“:

Mit einer verfassungsgesetzlich geregelten Schuldenbremse soll das gesamtstaatliche Bekenntnis zum Nulldefizit eindeutig verankert und durch eine inhaltliche Anpassung an die deutsche Regelung Haushaltsplanung und Haushaltsvollzug transparenter und die Schuldenbremse damit wesentlich effektiver geregelt werden. Durch die strengere nationale Regelung wäre dadurch auch die Erreichung der geltenden EU-Vorgaben sichergestellt. Bei der einfachgesetzlichen Regelung sind auch die Defizite der Sozialversicherungsträger und der ausgegliederten Rechtsträger im Einklang mit der Verfassungsbestimmung zu regeln.

Das Bundes-Verfassungsgesetz enthält in seinem Art. 13 Abs. 2 zwar die Verpflichtung, dass Bund, Länder und Gemeinden bei ihrer Haushaltsführung die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes und nachhaltig geordnete Haushalte anzustreben haben, eine konkrete verfassungsrechtliche Vorgabe im Sinne einer so genannten „Schuldenbreme“ enthält die Verfassung anders als in Deutschland oder der Schweiz allerdings nicht.

Für den Bund gibt es eine derartige konkrete Vorgabe seit der BHG-Novelle BGBl. I Nr. 150/2011 nur auf einfachgesetzlicher Ebene, nämlich in § 2 Abs. 4 bis 7 des Bundeshaushaltsgesetzes 2013. Die derzeitige Regelung knüpft an der europäischen Regelung an, ist jedoch stark von externen Einflüssen, die sich rasch ändern können, geprägt und daher im Vollzug zur Steuerung der Haushaltsführung nicht ausreichend geeignet - wie sich dies in der Umsetzung gezeigt hat. Die deutsche verfassungsrechtliche Regelung ist hingegen einfach zu vollziehen, weil sie am administrativen Defizit und am Bruttoinlandsprodukt anknüpft.

Dem deutschen Vorbild folgend soll der Spielraum aus der konjunkturellen Abweichung nicht ausgenutzt werden.

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, den vorliegenden Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Verfassungsausschuss zuzuweisen.