1039/AB XXV. GP

Eingelangt am 23.05.2014
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                          Wien, am       Mai 2014

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0078-I/4/2014

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1117/J vom 25. März 2014 der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Der Bericht samt Schlussempfehlungen wurde unter Beiziehung der gemäß § 5 Abs. 1 Ausfuhrförderungsgesetz (AusfFG) mit der banktechnischen Abwicklung des AusfFG-Verfahrens bevollmächtigten Oesterreichischen Kontrollbank AG (OeKB) eingehend analysiert und ein Plan für die Umsetzung der Schlussempfehlungen des Rechnungshofes erarbeitet.

 

Zu 2.:

Auf Grundlage des Rechnungshofberichtes besteht die Zielsetzung, die Schlussempfehlungen weiter zu verfolgen und umzusetzen. Als Zeitrahmen ist – für jene Maßnahmen, die keinen legistischen Handlungsbedarf erfordern – Ende 2014 vorgesehen. Dieser Zeitrahmen ist erforderlich, um die notwendigen Evaluierungen für die Teilbereiche durchzuführen
(z.B. Flexibilisierung des Wechselbürgschaftsentgeltes). Sofern aber Gesetzesänderungen erforderlich sind, liegt die Umsetzung nicht in der Entscheidungsmacht des Bundesministeriums für Finanzen.

 

Zu 3.:

Seit Oktober 2013 werden den Beiratsmitgliedern zu den Haftungsanträgen, die in den wöchentlichen Sitzungen behandelt werden, die jeweiligen Länderrisikoberichte über ein elektronisches Portal des Bundesministeriums für Finanzen zusammen mit den Sitzungsunterlagen für die Haftungsanträge elektronisch zur Verfügung gestellt.

 

Zu 4.:

Die beiden Gremien – der Beirat gemäß § 5 Abs. 2 AusfFG zur Begutachtung von Haftungsanträgen und das informelle Gremium zur Festlegung der Garantiepolitik – sind seit Jänner 2013 zusammengelegt. Die wie bisher vierteljährlich stattfindende Festlegung der Länderdeckungspolitik erfolgt dabei im Anschluss an die Sitzung zur Begutachtung von Haftungsanträgen. Die Zusammenlegung hat sich bisher grundsätzlich bewährt.

 

Zu 5.:

„Lessons learned“ und „best practice“ Fälle werden laufend aktualisiert und in der Antragsbearbeitung in der OeKB berücksichtigt. Darüber hinaus finden in unregelmäßigen Abständen Präsentationen darüber im AusfFG-Beirat statt.

 

Zu 6.:

Die Mitglieder des Beirates werden nachweislich periodisch über die Schadensfälle informiert. Spezielles Augenmerk wird dabei auf größere oder für einzelne Märkte besonders signifikante Schadensfälle gelegt.

 

Zu 7.:

In den Quartalsberichten werden genauere Angaben zu den Schadensfällen gemacht. Grenzen einer detaillierten Offenlegung einzelner Schadensfälle liegen aber in oft noch laufenden Restrukturierungsverhandlungen und in der Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen der involvierten Unternehmen begründet.


Zu 8.:

Die Ergebnisse der Evaluierung des Nutzens der Exportförderung werden im Tätigkeitsbericht und in den Quartalsberichten angeführt. Darüber hinaus ist spätestens im Jahr 2015 ein Update der WIFO-Studie „Exportgarantien in Österreich – Auswirkungen auf Beschäftigung und gesamtwirtschaftliche Kennzahlen“ aus 2010 geplant.

 

Zu 9.:

Im den Mitgliedern des Beirates für ihre Begutachtungstätigkeit zur Verfügung gestellten Länderrisikobericht werden politische, sozio-ökonomische und ökonomische Aspekte, die maßgeblichen Einfluss auf das Länderrisiko haben, dargestellt.

 

Umweltaspekte werden dann im Länderbericht angeführt, wenn sie das Länderrisiko direkt beeinflussen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn durch Umweltzerstörung die nachhaltige Entwicklung eines Landes gefährdet wird oder soziale Spannungen entstehen. Umweltaspekte im weiteren Sinne, wie Sozial- oder Menschenrechtsaspekte, finden sich soweit relevant in den jeweiligen Länderberichten; dies betrifft am ehesten Länder in den höchsten Risikokategorien. Eine schwierige Sozial- oder Menschenrechtssituation spiegelt sich implizit auch in einer höheren Risikokategorie wider.

 

Eine generelle und systematische Behandlung der Umweltsituation im jeweiligen Länderbericht würde dessen Rahmen sprengen und wäre für die Beurteilung des Einzelgeschäftes nur begrenzt nutzbar, zumal die Umweltauswirkungen vom einzelnen Geschäft abhängig sind und daher einzelfallbezogen im Rahmen der von der OeKB gemäß den OECD-Vorgaben („Common Approaches“/Recommendation of the Council on Common Approaches for Officially Supported Export Credits and Environmental and Social Due Diligence) durchzuführenden Umwelt- und Sozialprüfung beurteilt werden.

 

Korruptionsaspekte sind in den Länderberichten bisher dann angeführt, wenn sie ein wesentlicher Risikoaspekt sind; dies ist insbesondere bei Ländern der Risikokategorien 6 und 7 der Fall. Systematisch wird im Länderbericht der Korruptionsindex von Transparency International angeführt, somit ist das Korruptionsrisiko pro Land auf den ersten Blick erkennbar.

 

In diesem Zusammenhang darf auch auf die „OECD Recommendation on Bribery and Officially Supported Export Credits“ mit ihren auch von der OeKB implementierten Anti-Bestechungsmaßnahmen im Exportkreditversicherungsbereich hingewiesen werden.

 

Nachfolgend demonstrative Beispiele der Abbildung dieser Aspekte in den
OeKB- Länderrisikoberichten bei drei exemplarisch jeweils für die Risikokategorien 5, 6 und 7 (höheres bis sehr hohes Risiko gemäß OECD-Länderrisikoklassifikation) ausgewählten Ländern (Stand Anfang Mai 2014):

Land 1 - Kategorie: 6/7

Innenpolitik – politische und soziale Risiken:

Bei den von der Opposition boykottierten Parlamentswahlen im Jänner 2014 erreichte eine Partei eine Zweidrittelmehrheit. Der Wahlboykott anderer Parteien erfolgte vor allem deshalb, da diese Partei eine Verfassungsbestimmung (Einsetzung einer Übergangsregierung drei Monate vor den Wahlen) aufgehoben hat. Angefacht durch den Oppositions-Boykott sowie wegen der zahlreichen blutigen Zwischenfälle bei den Wahlen (mindestens 26 Tote) sind Unruhen und Generalstreiks auch in Zukunft sehr wahrscheinlich. Das Land ist zudem auf Grund seiner geographischen Lage regelmäßigen Überflutungen ausgesetzt. Hohes Bevölkerungswachstum und eine ungleiche Einkommensverteilung führen zu sozialen Spannungen, immer wieder kommt es zu Massenprotesten gegen niedrige Löhne, hohe Lebensmittelpreise und steigende Spritpreise.

CPI – Korruptionswahrnehmungsindex (Rang): 130 – 150 (von 175)

 

Land 2 – Kategorie: 7/7

Innenpolitik – politische und soziale Risiken:

Das Land zählt laut Welthungerhilfe zu den ärmsten Ländern der Welt. Ca. 2/3 der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, mehr als 50 % sind unterernährt. Hunger, Aids, armutsbedingte Krankheiten und Korruption sind weit verbreitet. Eine große Herausforderung für das Land stellt weiterhin die Wiedereingliederung der während des Bürgerkriegs (1994 bis 2006) geflohenen und in den vergangenen Jahren zurückgekehrten ca. eine Million Flüchtlinge dar. Weitere Risiken stellen die hohen Inflationsraten sowie innenpolitische Dispute des Langzeitpräsidenten mit der Opposition sowie den Medien dar.

CPI – Korruptionswahrnehmungsindex (Rang): 150 – 170 (von 175)

 


Land 3 – Kategorie: 5/7

Innenpolitik – politische und soziale Risiken:

Eine große Herausforderung bleiben die wiederkehrenden Landbesetzungen von indigenen Bevölkerungsgruppen, die so auf die Notwendigkeit einer Landreform aufmerksam machen wollen. Die weitverbreitete Korruption, der große informelle Sektor, die langsame und schwache Justiz sowie die hohe Arbeitslosigkeit stellen weitere Herausforderungen für die Regierung dar. Ein generelles Anliegen bleibt ein konsequentes Vorgehen gegen Korruption, Drogen- und Waffenschmuggel, Markenpiraterie und Geldwäsche. Rund 39 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze.

CPI – Korruptionswahrnehmungsindex (Rang): 150 – 170 (von 175)

 

Zu 10.:

Aufgrund der breiten Streuung des Gesamtobligos wurde bisher von der Einführung von Länderlimits Abstand genommen. Die Qualität des AusfFG-Verfahrens zeigt sich überdies in den guten Verfahrensergebnissen, wobei der Garant Bund in den letzten Jahren trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise nach 2008 Überschüsse verzeichnen konnte.

 

Anstelle von systematischen Länderlimits wurden als Risikosteuerungsinstrumente insbesondere bei Ländern mit höherem bis hohem Risiko (Kat. 5 bis 7) Richtgrößen pro Einzelgeschäft, verkürzte Zahlungsziele, Erfordernis von bankmäßigen Sicherheiten oder sonstige Einschränkungen (etwa Deckung nur für Privatsektor) verwendet. Dadurch war es möglich, einerseits das Risiko des Bundes zu begrenzen und andererseits den Auftrag der Ausfuhrförderung bestmöglich wahrzunehmen.

 

In Anlehnung an die Empfehlung des Rechnungshofes wird derzeit an einem generellen System von internen Länderlimiten gearbeitet, das den Bund im Sinne eines Frühwarnsystems bei der Risikosteuerung zusätzlich unterstützen soll. Die bereits verwendeten Risikosteuerungsinstrumente bleiben weiter bestehen. Die Einführung dieses internen Länderlimitsystems ist noch im Sommer 2014 geplant.

 

Zu 11.:

Das Bundesministerium für Finanzen weist darauf hin, dass bereits bisher sämtliche wesentliche Schritte eines jeden einzelnen Schadensfalles sowohl in der OeKB als auch im Bundesministerium für Finanzen im Zusammenhang mit der Anerkennung jedes einzelnen Haftungsfalles schriftlich dokumentiert wurden und werden.

 

Die bisher stark den Besonderheiten der Einzelfälle Rechnung tragende Abwicklungspraxis soll nun nicht zuletzt auch auf Anregung des Rechnungshofes in einer generellen Richtlinie festgelegt werden. An dieser internen Richtlinie wird in Zusammenarbeit mit der OeKB und der Finanzprokuratur noch gearbeitet; wie zu Frage 2. festgehalten, wird mit einer Finalisierung im Verlauf dieses Jahres gerechnet.

 

Zu 12.:

Das Bemühen des Bundesministeriums für Finanzen ist von einer laufenden Verbesserung und Weiterentwicklung der Berichte an das Parlament gekennzeichnet.

 

Die äußerst günstige Schadensentwicklung, gekennzeichnet von relativ geringer Anzahl einzelner größerer Fälle in den letzten Jahren, hätte bei einer derartigen Detailaufgliederung eher zu einem verzerrten Bild geführt. An einer aussagekräftigeren Darstellung der Inhalte der Tätigkeitsberichte wird jedenfalls seitens des Bundesministeriums für Finanzen weiter gearbeitet.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Spindelegger eh.