1040/AB XXV. GP

Eingelangt am 23.05.2014
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                      Wien, am          Mai 2014

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0076-I/4/2014

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1118/J vom 25. März 2014 der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Es wird auf die Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 1119/J vom 25. März 2014 durch den Herrn Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres verwiesen. Anzumerken ist, dass bei der Verordnung DevG 1/2014 vom 28. Februar 2014 auf Grund der Dringlichkeit und der Gefahr, dass Vermögenswerte zwischenzeitlich ins Ausland transferiert werden könnten, die Zustimmung gemäß § 4 Abs. 2 DevG nicht durch die Bundesregierung, sondern durch den Bundeskanzler erteilt wurde.

 

Zu 2. bis 6. und 11.:

Auf die Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 1119/J vom 25. März 2014 durch den Herrn Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres wird verwiesen.

 

Zu 7. und 9.:

Wie in der Verordnung DevG 1/2014 der OeNB ersichtlich, trat diese gemäß ihres Artikels 5 mit dem Tag der Kundmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung in Kraft. Dieser Tag war sohin der 1. März 2014. Gemäß desselben Artikels 5 findet die Verordnung bis zu dem Tag Anwendung, an dem eine vom Rat der Europäischen Union erlassene, unmittelbar wirksame Maßnahme in Kraft tritt, durch die die Kapital- oder Zahlungsverkehrsfreiheit einer oder mehrerer der in Anhang I genannten Personen eingeschränkt wird. Dieser Tag war sohin der 6. März 2014.

 

Zu 8.:

Die Verordnung (EU) Nr. 208/2014 des Rates vom 5. März 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine trat gemäß ihres Art. 18 am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft, sohin mit 6. März 2014. Da die Verordnung gemäß ihrem Rechtscharakter in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt, traten auch die vorzunehmenden Sperrungen mit demselben Tag in Kraft. Zu der Frage, wie viele und welche Konten in Österreich davon betroffen waren, liegen dem Bundesministerium für Finanzen keine Informationen vor.

 

Zu 10.:

Das Bundesministerium für Finanzen hat nicht die Kontoführung der gesperrten Konten inne und verfügt daher über keine diesbezüglichen Informationen.

 

Zu 12.:

Politisch exponierte Personen (PEPs) werden nicht in einer einheitlichen Liste erfasst. Jedes Kredit- und Finanzinstitut hat hinsichtlich Transaktionen und Geschäftsbeziehungen gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Bankwesengesetzes verstärkte Sorgfaltspflichten im Falle von politisch exponierten Personen aus anderen Mitgliedsstaaten oder Drittstaaten anzuwenden (vgl. § 40b Abs. 1 Z 3 BWG). Dies beinhaltet in erster Linie und unter anderem angemessene, risikobasierte Verfahren anhand derer bestimmt werden kann, ob es sich bei dem Kunden um eine politisch exponierte Person handelt oder nicht. Diese Verpflichtung ist im BWG verankert und werden vonseiten der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) diesbezügliche Rundschreiben, welche die praktische Anwendung der Verpflichtungen näher darstellen, ausgegeben. Zudem hat die FMA am 21. Februar 2014 eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie auf verstärkte Sorgfaltspflichten hinsichtlich Geschäftsbeziehungen mit politisch exponierten Personen aus der Ukraine hinweist. Folglich bedarf es keiner weiteren Unternehmungen, da die Kredit- und Finanzinstitute die gleichen Regeln bereits anzuwenden haben.

 

Zu 13.:

Kernaufgabe der FMA zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrors sowie der Finanzierung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen ist es, bei den beaufsichtigten Unternehmen die Einhaltung der Sorgfalts- und Meldepflichten zur Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu überwachen. Die entsprechenden Pflichten sind insbesondere in den Empfehlungen der „Financial Action Task Force“ (FATF) festgelegt. Die FMA prüft und evaluiert insbesondere, inwieweit die definierten Arbeitsprozesse, Schulungs- und Kontrollmaßnahmen sowie die implementierten IT- und Monitoring-Systeme geeignet sind, eine effektive Prävention sicherzustellen. Neben den Systemprüfungen werden im Zuge von Vor-Ort-Prüfungen auch stichprobenartig konkrete Geschäftsfälle untersucht, um auch Effizienz und Effektivität der Systeme und Maßnahmen zu überprüfen. Konkrete Geldwäscheverdachtsfälle sind der Geldwäschemeldestelle beim Bundeskriminalamt im Bundesministerium für Inneres zu melden und von dieser zu untersuchen. Das Einfrieren verdächtiger Vermögenswerte erfolgt entweder durch die Staatsanwaltschaft oder im Zuge internationaler Sanktionen nach dem Devisengesetz durch die Oesterreichische Nationalbank.

 

Zu 14.:

Gemäß einer Auslegung der Sanktionsverordnungen bzgl. beherrschte Unternehmen durch die OeNB sind jedenfalls die Aktienanteile der sanktionierten Aktieninhaber einzufrieren. Dies bedeutet im Sinne der weiten Definition des „Einfrierens von Geldern“ nicht nur, dass eine Veräußerung dieser Anteile unzulässig ist, sondern auch, dass die Ausübung aller mit den Aktien verbundener Rechte wie z.B. Einberufung oder Teilnahme an der Hauptversammlung, die Ausübung von Stimmrechten, etc. untersagt ist und auch kein Recht auf Dividendenbezug (mehr) besteht. Kontoführende Banken von im Eigentum sanktionierter Personen befindlichen Kapitalgesellschaften haben jedenfalls Folgendes zu beachten: Auch wenn eine direkte Kontrolle der Gelder der Gesellschaft durch die sanktionierte Person rechtlich ausgeschlossen ist (kein Weisungsrecht gegenüber Vorstand, keine Stimmrechte in Hauptversammlung, keine Geschäftsführerfunktion etc.), so kann dennoch im Einzelfall Grund zu der Annahme bestehen, dass die Gesellschaft versuchen könnte, Teile ihres Vermögens an oder zugunsten einer sanktionierten Person zu verschieben oder dieser einen vermögenswerten Vorteil zu verschaffen. Ein solches Unterfangen wäre aufgrund des allgemeinen Umgehungs- und Zurverfügungstellungsverbotes sanktionsrechtlich unzulässig und strafbar. Banken haben vor diesem Hintergrund insofern erhöhte Wachsamkeit in Bezug auf diese Gesellschaften anzuwenden und bei verdächtigen Geldflüssen diese rechtzeitig zu überprüfen und ggf. – bei anschließender Verständigung der zuständigen Behörde – zu unterbinden.

 

Zu 15.:

Von 2009 bis 2013 erfolgten gemäß den der OeNB im Rahmen der gemäß den einschlägigen Meldepflichten gemeldeten Kapitalbewegungen nachstehend aufgelistete Netto-Kapitalinvestitionen. Positive Werte sind Nettoinvestitionen, negative Werte sind Nettodesinvestitionen (z.B. Kreditvergaben oder -rückzahlungen in die Ukraine):

 

 in Mio. EUR

2009

2010

2011

2012

2013

Passive Direktinvestitionen inkl. Kredite

-13

-24

-7

-2

-32

Interbankeinlagen

168

303

-218

47

-347

Einlagen von Nicht-Banken

-6

3

-4

28

10

Handelskredite

-185

3

-23

-50

-4

Gesamt

-36

285

-252

23

-373

Quelle: OeNB Zahlungsbilanz

 

Die Endstände betrugen mit Dezember 2013 bzw. – sofern verfügbar – per Februar 2014:

 

 in Mio. EUR

2013

Verfügbare Endstände per 02/2014

Passive Direktinvestitionen inkl. Kredite

31

Interbankeinlagen

219

72

Einlagen von Nicht-Banken

118

133

Handelskredite

50

Gesamt

418

Quelle: OeNB Zahlungsbilanz

 

Einzelnachweise sind nur teilweise verfügbar und können – sofern vorhanden – wegen datenschutzrechtlicher Bestimmungen sowie aufgrund des Bankgeheimnisses nicht bekanntgegeben werden.

 

Zu 16.:

Das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Ukraine vom 16. Oktober 1997 (BGBl. III Nr. 113/1999) wurde weit vor der Einführung des internationalen OECD-Standards bzw. des österreichischen Amtshilfe-Durchführungsgesetzes (ADG) abgeschlossen und sieht folglich in seinem Artikel 26 (Informationsaustausch) noch keine dem OECD-Standard entsprechende Regelung vor, wonach das Bankgeheimnis keinen tauglichen Grund für die Ablehnung eines ausländischen Auskunftsersuchens darstellt. Es ist aber festzuhalten, dass gemäß Artikel 26 des Abkommens mit der Ukraine Amtshilfe nicht nur für Zwecke der Abgabenfestsetzung, sondern auch für Zwecke der Strafverfolgung zu leisten ist. Dies bedeutet, dass der Austausch von Bankinformationen grundsätzlich auch ohne Änderung des Wortlauts dann möglich ist, wenn der ersuchende Staat gegenüber dem ersuchten Staat bestätigt, dass im ersuchenden Staat ein Finanzstrafverfahren wegen vorsätzlicher Abgabenverkürzung eingeleitet worden ist. Dabei ist allerdings zu beachten, dass in diesem Kontext insbesondere auf Grund des Erkenntnisses des VwGH vom 26. Juli 2006 (GZ. 2004/14/0022) die Erteilung von österreichischen Bankinformationen insoweit eingeschränkt wird, als bei Vorliegen von beachtlichen Rechtsschutzdefiziten im ersuchenden Staat (z.B. wenn die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens vom Beschuldigten nicht im Rechtsweg bekämpft werden kann) keine Bankinformationen erteilt werden könnten.

 

Zu 17.:

Im Rahmen des laufenden Programms zur Anpassung des österreichischen DBA-Netzwerks an den OECD-Standard wurden im Jahr 2009 über ukrainischen Wunsch Verhandlungen zur Abänderung des bestehenden DBA aufgenommen. Bedauerlicherweise war allerdings die ukrainische Seite nicht bereit, auf die der österreichischen DBA-Praxis bei der Umsetzung des OECD-Standards maßgeblichen rechtlichen Klarstellungen, die dem Musterabkommen der OECD über den Informationsaustausch entnommen sind, näher einzugehen. Daraufhin wurde die Angelegenheit nicht weiter verfolgt, zumal Österreich am 29. Mai 2013 das multilaterale Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen des Europarates und der OECD unterzeichnet hat, das in vollem Umfang dem
OECD-Transparenz- und Informationsaustauschstandard entspricht und welches für die Ukraine bereits seit 1. Juli 2009 Anwendung findet. Nach Ratifizierung und In-Kraft-Treten dieses multilateralen Übereinkommens in Österreich können sodann auf der Grundlage dieses Abkommens auch im Verhältnis zur Ukraine Informationen im Sinne des
OECD-Standards ausgetauscht werden.

 

Zu 18.:

Es gibt kein einziges ukrainisches Amtshilfeersuchen, das Bankinformationen im Sinne des ADG betroffen hätte. Allgemeine Anfragen auf Grundlage des österreichisch-ukrainischen Doppelbesteuerungsabkommens wurden in einem üblichen Maß an das Bundesministerium für Finanzen gerichtet. Die Auskünfte wurden bzw. werden vom Bundesministerium für Finanzen gemäß Artikel 26 des Doppelbesteuerungsabkommens entsprechend erteilt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Spindelegger eh.