609/AB XXV. GP

Eingelangt am 10.04.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 630/J der Abgeordneten Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen, wie folgt:

 

Frage 1:

Am 31.Dezember 2013 waren insgesamt 306.980 EU-BürgerInnen in Österreich unselbständig beschäftigt, 123.276 davon aus den EU-14-Ländern, 138.441 aus den Beitrittsländern des Jahres 2004, 26.476 aus Bulgarien und Rumänien und 18.787 aus Kroatien.

 

Frage 2:

Am 31.Dezember 2013 waren insgesamt 108.247 Personen bei in Österreich unselbständig beschäftigten EU-BürgerInnen mitversichert. Davon waren 88.522 unter 18 Jahre und 19.725 18 Jahre oder älter.

 

Frage 3:

Am 31.Dezember 2013 waren insgesamt 36.687 EU-BürgerInnen in Österreich arbeitslos vorgemerkt, 10.057 davon aus den EU-14-Ländern, 15.104 aus den Beitrittsländern des Jahres 2004, 5.825 aus Bulgarien und Rumänien und 5.701 aus Kroatien.

 

Fragen 4 und 5:

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit wie insbesondere Arbeitslosengeld und Notstandhilfe unterscheiden sich nicht nach der Staatsangehörigkeit der Antragsteller. Im Rahmen einer Versicherung dürfen die Leistungsvoraussetzungen nicht abhängig von der Staatsangehörigkeit unterschiedlich gestaltet werden. Damit wäre ein - unabhängig von der Europäischen Union und dem europäischen Wirtschaftsraum - verpflichtend einzuhaltendes Grundrecht verletzt. Das steht auf Grund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte fest. Eine Benachteiligung von Staatsangehörigen anderer EU- oder EWR-Länder würde überdies das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot verletzen.


Die von Ihnen genannten Kriterien wie Dauer der Versicherungszugehörigkeit, Zeitpunkt des Erhalts der Leistung, Dauer der Leistungsgewährung und eine allenfalls nachfolgende Notstandshilfe sind für EU-Bürger die gleichen wie für Österreicher. Es gelten auch für EU-Bürger, die hier einen Antrag auf Arbeitslosengeld stellen, die gleichen (österreichischen) Rechtsvorschriften.

Zu beachten ist, dass die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit auch regelt, welcher Mitgliedstaat für die Leistung bei Arbeitslosigkeit zuständig ist. Außer bei Grenzgängern ist dies der letzte Beschäftigungsstaat, sodass ein EU-Bürger zuletzt in Österreich arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein muss, um in Österreich eine Leistung zu erhalten.

Das bedeutet:

Anspruch auf Arbeitslosengeld haben Bürger von anderen EU-Mitgliedstaaten nur, wenn Österreich für die Leistung bei Arbeitslosigkeit zuständig ist und wenn diese Personen – wie auch österreichische Staatsbürger – Versicherungszeiten im erforderlichen Ausmaß nachweisen.

Bei der erstmaligen Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der/die Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Bei jeder weiteren Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes ist die Anwartschaft auch erfüllt, wenn der/die Arbeitslose in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 28 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.

Das Arbeitslosengeld wird für 20 Wochen gewährt. Die Bezugsdauer erhöht sich abhängig von der vorangegangenen Dauer der arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung. Nach einer dreijährigen Beschäftigung ist eine Bezugsdauer von 30 Wochen möglich. Nach einer sechsjährigen Beschäftigung und einem Lebensalter ab 40 Jahren ist eine Bezugsdauer von 39 Wochen möglich. Nach einer neunjährigen Beschäftigung und einem Lebensalter ab 50 Jahren kann die Bezugsdauer 52 Wochen betragen.

Bei der Überprüfung der Anwartschaft, das heißt, bei der Überprüfung ob eine ausreichende Dauer an Arbeitslosenversicherungszeiten vorliegt, sind die in Österreich erbrachten Versicherungszeiten der Arbeitslosenversicherung mit Arbeitslosenversicherungszeiten in einem anderen EU-Mitgliedstaat zusammenzurechnen.

Ohne dieses Zusammenrechnungsgebot wären Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Beschäftigung in einem anderen Mitgliedsland Gebrauch machen, unzulässig benachteiligt und damit das europäische Grundrecht auf Freizügigkeit verletzt. Nur durch die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten kann die existentielle Absicherung gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit gewährleistet werden.


Sind die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch erfüllt, gebührt das Arbeitslosengeld ab der Geltendmachung dieser Leistung beim Arbeitsmarktservice, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Auch diese Bestimmungen gelten gleichermaßen für österreichische Staatsbürger wie für Bürger anderer EU-Mitgliedstaaten.

Auch für die Festsetzung der Bezugsdauer gilt das österreichische Arbeitslosenversicherungsrecht, wobei in anderen EU-Mitgliedstaaten erworbene Versicherungszeiten nach gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zu berücksichtigen sind.

Die Bezugsdauer beträgt mindestens 20 Wochen und erhöht sich nach Maßgabe der im kon­kreten Fall vorliegenden Umstände, wie die Dauer der vorangegangenen Beschäftigungs­verhältnisse, dem Lebensalter oder die Teilnahme an bestimmten Schulungsmaßnahmen (z.B. im Rahmen einer Arbeitsstiftung). Die jeweils gebührende Bezugsdauer richtet sich nach § 18 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes.

Bei Grenzgängerinnen und Grenzgängern, das sind Personen, die in einem Mitgliedstaat wohnen und in einem anderen erwerbstätig sind und zumindest wöchentlich in ihren Wohnmitgliedstaat zurückkehren, ist deren Wohnmitgliedstaat für die Leistungsgewährung bei Arbeitslosigkeit zuständig. Der Beschäftigungsstaat, der die Versicherungsbeiträge für diese Personen während der letzten Beschäftigung erhalten hat, hat dem Wohnmitgliedstaat nach den Regeln der genannten Koordinierungsverordnung eine Erstattung zu leisten.

 

Im Anschluss an das Arbeitslosengeld kann bei Vorliegen aller Anspruchsvoraussetzungen (wie z.B. dem Vorliegen von Notlage) die Notstandshilfe gebühren. Diese ist nach jeweils 52 Wochen neuerlich zu beantragen.

Die Notstandshilfe unterliegt als durch arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungen erworbene Versicherungsleistung dem Grundrecht auf Eigentum und darf, wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur deutlich darlegt, nicht auf österreichische Staatsbürger eingeschränkt werden.

EU-Bürger/innen können in Österreich eine Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) beziehen, wenn sie sich als Arbeitsnehmer/innen in Österreich befinden. Werden sie arbeitslos, dann bleibt ihnen die Arbeitsnehmereigenschaft unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 51 NAG erhalten. Haben sie mehr als ein Jahr in Österreich gearbeitet und wurden dann unfreiwillig arbeitslos, bleibt ihnen die Erwerbstätigeneigenschaft gänzlich erhalten, wenn sie sich dem Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellen. Haben sie weniger als ein Jahr in Österreich gearbeitet, genießen sie ihren Arbeitnehmerstatus nur für weitere 6 Monate.

Die BMS ist eine subsidiäre Leistung, die nur dann zuerkannt wird, wenn einerseits das Einkommen (z.B. Gehalt, Alimente, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe etc.) nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft zu sichern, und andererseits auch die Vermögensverhältnisse des Haushaltes dem nicht entgegenstehen. Die Einkommensgrenze für eine alleinlebende Person bzw. Alleinerziehende liegt 2014 bei rd. € 814 und bei Paaren bei rd. € 1.220. Diese Grenzen erhöhen sich mit der Anzahl der im Haushalt lebenden Kinder.


BMS kann somit parallel zu einer niedrigen Arbeitslosenversicherungsleistung bezogen werden. Die BMS wird grundsätzlich so lange gewährt, solange die Notlage der hilfebedürftigen Person bzw. des hilfebedürftigen Haushaltes anhält. In der Regel werden die BMS-Leistungen befristet und die Anspruchsvoraussetzungen damit periodisch neu überprüft. Stellt sich im Verfahren heraus, dass die Notlage nach wie vor aufrecht ist, wird auch die BMS weiter zuerkannt. Diese Vorgangsweise gilt ebenfalls für ÖsterreicherInnen wie auch für Bürger anderer EU-Mitgliedsstaaten.