661/AB XXV. GP

Eingelangt am 17.04.2014
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BM für Bildung und Frauen

Anfragebeantwortung

 

                                                                                                             

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Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

Wien, 14. April 2014

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 645/J-NR/2014 betreffend „Politikerverbot“ an Schulen, die die Abg. Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen am 17. Februar 2014 an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Frage 1:

Aus Sicht der Politischen Bildung ist es geradezu notwendig, sich auch mit politischer Werbung auseinanderzusetzen und anhand dieser Schülerinnen und Schülern jene politischen Kompetenzen (Sach-, Methoden-, Urteils- und Handlungskompetenz) zu vermitteln, mit deren Hilfe diese in die Lage versetzt werden, politische Werbung kritisch zu hinterfragen, die Absichten des Absenders an Zielgruppen und Adressaten zu dekonstruieren, die beabsichtigten assoziativen Zusammenhänge zu identifizieren und solcherart eine persönliche Meinung zur „Werbeaussage“ zu finden.

Das Rundschreiben des Ministeriums Nr. 13/2008 betreffend „Unzulässigkeit von partei­politischer Werbung an Schulen“ schließt den Besuch von Schulen durch Personen aus der Politik nicht grundsätzlich aus, problematisiert jedoch die latent präsente parteipolitische Werbung, die von solchen Personen ausgeht. Weiters wird die Entscheidung über die Zulässig­keit schulfremder Werbung an die Schulleitung delegiert.

Für die Politische Bildung mag es sehr wohl interessant sein, durch Anhörung verschiedener Politikerpersönlichkeiten den Schülerinnen und Schülern ein Forum der Meinungsbildung zu ermöglichen. Was im Rahmen der Politischen Bildung jedoch in jedem Falle gewährleistet sein muss, ist die Vor- und Nachbearbeitung des Besuchs durch ein didaktisches Konzept. Dieses didaktische Konzept muss die Einhaltung des Beutelsbacher Konsenses durch die Lehrperson beinhalten:


-      Orientierung an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler, was sich aufgrund des Schülerinteresses meist rasch von selbst ergibt,

-      Überwältigungsverbot, das einen Missbrauch der (Macht- und Meinungs-)Position der Lehrenden gegenüber den Lernenden verhindern soll, sowie das

-      Kontroversitätsgebot (=alles was in Politik und Gesellschaft kontrovers diskutiert wird, ist im Unterricht ebenso kontrovers abzubilden), wodurch die eigentliche Arbeit der Lehrkräfte nach dem Besuch von „politisch Werbenden“ tatsächlich erst beginnt: diese „Werbung“ kritisch und kompetenzorientiert zu hinterfragen und damit erst eine kritische Meinungs­bildung der Lernenden zu ermöglichen. Das bedingt jedoch uneingeschränkt, dass sich die Schülerinnen und Schüler eine von der Lehrperson bzw. der/dem Besucherin/Besucher abweichende Meinung bilden können und dürfen (Überwältigungsverbot). Dadurch vermag die Meinung der Lehrperson bzw. der/des Besucherin/Besuchers zwar als eine solche bestehen bleiben, ist jedoch für die Meinungsbildung der Schülerinnen und Schüler dennoch nur von untergeordneter Rolle.

Die Prinzipien des Beutelsbacher Konsens finden sich im Lehrplan zu „Geschichte und Sozial­kunde/Politische Bildung“ bei den Bildungs- und Lehraufgaben wieder: „Kontroverse Interessen in Geschichte und Politik sind im Unterricht ebenso kontrovers darzustellen. Lehrkräfte haben darauf zu achten, dass Schülerinnen und Schüler eine kritisch-abwägende Distanz aufrecht­erhalten können.“ Daraus ergibt sich die Verbindlichkeit für die Lehrkräfte.

Was jedoch auf keinen Fall möglich ist, und damit deckt sich das oben erwähnte Rundschreiben, dass Politikerinnen und Politiker uneingeladen und unaufgefordert in Schulen für eine partei­politische Sache werben. Darin erschließt sich aus Sicht des Ministeriums der Unterschied zwischen Parteiwerbung und einer Diskussions- bzw. Informationsveranstaltung.

 

Zu Frage 2:

Dazu wird nach Auskunft des Landesschulrates für Burgenland bemerkt, dass es nur ein einziges Mal um Organisationsfragen bei einer landesweiten Veranstaltung ging, wo es zu keiner Einigung und daher in Folge zu keiner Veranstaltung kam.

 

Zu Frage 3:

Es wurde nach den vorliegenden Informationen lediglich eine Diskussion am Vormittag unter­sagt, da Klassenverbände zerrissen worden wären. Die Landesschülervertretung wollte eine „freie“ Teilnahme am Vormittag während der Unterrichtszeit. Der Landesschulrat für Burgenland hat das Angebot der Abhaltung der Veranstaltung am Nachmittag unterbreitet. Dies wurde seitens der Landesschülervertretung nicht angenommen.

 

Zu Fragen 4 bis 6:

Nach Auskunft des Landesschulrates für Burgenland war es möglich und wird es auch in Zukunft möglich sein, entsprechende Podiumsdiskussionen im Rahmen der politischen Bildung abzuhalten.

 

 

Die Bundesministerin:

 

Gabriele Heinisch-Hosek eh.