749/AB XXV. GP

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BMJ-Pr7000/0041-Pr 1/2014


Republik Österreich
der bundesminister für justiz

 

 

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1070 Wien

 

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Eingelangt am 24.04.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

Zur Zahl 804/J-NR/2014

Der Abgeordnete zum Nationalrat Wendelin Mölzer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „der Mängel bei Menschenrechten in Österreich“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Der in der Anfrage zitierte Artikel auf orf.at vom 6. Dezember 2013 über einen Bericht des Food First Informations- und Aktionsnetzwerks (FIAN) bezieht sich auf die Abschließenden Bemerkungen des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (im Folgenden: UN-Ausschuss) zum Vierten Staatenbericht Österreichs gemäß dem UN-Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Der UN-Ausschuss hat darin einige Empfehlungen zur Verbesserung der Lage der Menschenrechte in Österreich ausgesprochen.

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hat eine nicht-amtliche deutsche Über­setzung dieser Abschließenden Bemerkungen den Menschenrechtskoordinatorinnen und -koordinatoren der Bundesministerien und der Länder, der Gleichbehandlungsanwaltschaft, der Volks­anwaltschaft sowie Nichtregierungsorganisationen, darunter auch FIAN, zur Kenntnis­nahme und allfälligen weiteren Verwendung übermittelt. Sie ist außerdem auf der Website des Bundeskanzleramtes für jedermann frei und kostenlos unter der Adresse: http://www.bundeskanzleramt.at/DocView.axd?CobId=54261 zugänglich.


Zu 2 bis 10:

Das Schlussdokument des UN-Ausschusses („concluding observations“) enthält in seinen Punkten 6, 18 und 20 drei Empfehlungen, die auch (wenigstens zum Teil) das Justizressort betreffen: 

Punkt 6; stärkere Verankerung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in der Rechtsprechung, insbesondere durch gezielte Aus- und Fortbildungsmaßnahmen:

Das Aus- und Fortbildungsprogramm der Justiz bietet für die Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zahlreiche Veranstaltungen zu konkreten Themen im Zusammenhang mit der Wahrung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte, wie etwa Seminare zum Heimaufenthaltsgesetz, Sachwalterschaftsrecht, Unterbringungsgesetz, Opferschutz oder Menschenhandel. Exemplarisch möchte ich anhand der beiden letzten Themenkreise die Vielfalt des Veranstaltungsprogramms aufzeigen:

Opferschutz:

Bereits im Zuge der Ausbildung werden in Zusammenarbeit mit staatlich anerkannten Opferschutzeinrichtungen und Gewaltschutzzentren Veranstaltungen zur Thematik des Umganges mit Opfern (insbesondere auch sexueller Gewalt) angeboten. Themen dabei sind das Gewaltschutzgesetz, die einstweiligen Verfügungen in diesem Bereich, Opferschutz und Verbrechensopfergesetz, Umgang mit traumatisierten Menschen sowie juristische und psychosoziale Prozessbegleitung von Opfern. Zudem enthält das RStDG seit 1. Jänner 2009 einen verpflichtenden Ausbildungsdienst für Richteramtsanwärter/innen bei einer Opferschutz- oder Fürsorgeeinrichtung mit einer Mindestdauer von zwei Wochen (§ 9 Abs. 4 RStDG).

Auch im Rahmen der Fortbildung werden zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen zu diesem Thema angeboten, die u.a. die Themen der sexuellen/sexualisierten Gewalt, der häuslichen Gewalt und Stalking, des Umgangs mit Opfern im Zivil- und Strafverfahren, Täterprofile, Modelle der Gefährlichkeitseinschätzung, Opferrechte sowie der Prozessbegleitung enthalten.

Darüber hinaus stehen österreichischen Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten im Rahmen des internationalen Fortbildungsangebots des European Judicial Training Networks (EJTN), bei dem Österreich Mitglied ist, und der Europäischen Rechtsakademie (ERA) zahlreiche Veranstaltungen aus diversen Programmen zu den genannten Themen (z.B. „Das Opfer im Straf- und Zivilverfahren“, „Umgang mit [Missbrauch-]Opfern“, „Befragung minderjähriger Zeugen und Opfer“, „[minderjährige] Opfer von Gewalt“, „Zugang zum Recht für Opfer von Straftaten“, etc.) offen.

Schließlich verweise ich auf die derzeit in Planung befindlichen Vernetzungstreffen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte mit Sonderzuständigkeit für Verfahren wegen Gewalt im


sozialen Nahraum (Gewalt in der Familie, Gewalt an Kindern) zwecks Austausches und Besprechung der jeweiligen aktuellen Anliegen und Probleme.

Menschenhandel

Für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte werden im Rahmen der Aus- und Fortbildung regelmäßig Veranstaltungen angeboten, die zur Sensibilisierung für die Problematik des Kinder- und Menschenhandels und zur Erhöhung der Identifizierung mutmaßlicher Opfer von Menschenhandel beitragen, so etwa das Seminar „Trafficking in Human Beings and its Impact on Court Proceedings“, das Seminar „Menschenhandel und Opferschutz“, die Konferenz „Judicial Training on Human Trafficking and Domestic Violence“ in Kooperation mit dem Europarat sowie das Seminar „Menschenhandel – Neue Herausforderung für die Justiz bei der Bekämpfung eines globalen Problems“.

Bei dem in Zusammenarbeit mit dem Verein LEFÖ-Beratung, Bildung und Beratung für Migrant/innen und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) veranstalteten Seminar „Aktiv gegen Menschenhandel: internationale Vorgangsweisen und Möglichkeiten aus strafrechtlicher Perspektive“ werden sowohl Ermittlungsmethoden und -möglichkeiten bei Menschenhandel als auch die Themen „Opferschutz“ und „Prozessbegleitung“ und die „internationale Zusammenarbeit“ behandelt. Neben Vortragenden aus der Justiz waren zur Ermöglichung eines multidisziplinären Austausches auch die beiden mitveranstaltenden Beratungseinrichtungen (LEFÖ-IBF und IOM), das Bundeskriminalamt sowie Europol und Eurojust durch Vortragende vertreten. Am 20. Juni 2013 fand ein Folgeseminar mit dem Titel „Menschenhandel: Neue Entwicklungen unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitsausbeutung“ statt, bei dem die Thematik wieder aus den Blickwinkeln aller Beteiligter beleuchtet wurde.

Zusätzlich zum justizinternen Fortbildungsangebot besteht für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte die Möglichkeit, auch an nationalen und internationalen Veranstaltungen zum Themenbereich Menschen-/Kinderhandel teilzunehmen (z.B. Seminar der ERA in Trier „Die Bekämpfung des Menschenhandels durch internationale Zusammenarbeit in Strafsachen“, Fortbildungsveranstaltung der LEFÖ-Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels zum Thema „Arbeit – Migration – Rechte: Strategien gegen Frauenhandel“, International Visitor Leadership Program des U.S. Departement of State zum Thema „Combating Trafficking in Persons”, Regional Round Table „THB-partnership with 3rd countries/Nigeria“, dreiteilige Seminarreihe zum Thema „Menschenhandel“ im Rahmen des Projekts „Towards a European Approach to Judicial Training on Trafficking in Human Beings”).

 


Punkt 18: Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, insbesondere häusliche Gewalt, insbesondere durch gezielte statistische Erfassung und einen Nationalen Aktionsplan:

Seit 2009 wurde das materielle Strafrecht sukzessive verschärft und so insgesamt ein strengeres Vorgehen gegen Gewalt an Frauen ermöglicht. Auszugsweise seien hier folgende Änderungen genannt:

 

Zweites Gewaltschutzgesetz BGBl I Nr. 40/2009:

·       Einführung eines Tatbestandes gegen „fortgesetzte Gewaltausübung“ (§ 107b StGB)

·       Verlängerung der Probezeit bei bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung; darüber hinaus weitere Verlängerungsmöglichkeit bei schwereren Verurteilungen im Einzelfall mit unter Umständen lebenslanger Überwachung wie bei bedingter Entlassung aus lebenslanger;

·       Einführung eines Instituts der gerichtlichen Aufsicht bei bedingter Entlassung von Sexualstraftätern und sexuell motivierten Gewalttätern (§§ 52 Abs. 2 Z 4, 52a StGB);

·       Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 58 Abs. 3 Z 3 StGB (Beginn der Verjährungsfrist bei Gewaltdelikten gegen Minderjährige erst nach Vollendung des 28. Lebensjahres);

·       Einführung von Strafuntergrenzen in den §§ 202 Abs. 1 („Geschlechtliche Nötigung“) und 205 Abs. 1 StGB („Sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person“); Erweiterung der Strafrahmen in den §§ 205 Abs. 2 und 207 Abs. 3 StGB („Sexueller Missbrauch von Unmündigen“);

·       Anhebung der Strafdrohung für das Herstellen, Einführen, Befördern oder Ausführen von pornographischen Darstellungen einer minderjährigen Person zum Zweck der Verbreitung durch Erweiterung der Tathandlungen in § 207a Abs. 2 StGB;

·       Anhebung der Strafdrohung in § 214 Abs. 2 StGB („Entgeltliche Vermittlung von Sexualkontakten mit Minderjährigen“);

·       Einführung der Möglichkeit, im Falle von Sexualdelikten gegen Minderjährige (als vorbeugende Maßnahme) ein die Ausübung von Berufen ebenso wie von ehrenamtlichen Tätigkeiten umfassendes Tätigkeitsverbot anzuordnen (§ 220b StGB).

·       Im Bereich des Exekutionsrechts wurden in der Praxis aufgetretene Defizite und Schutzlücken bei den einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie beseitigt.

Änderung des Strafgesetzbuches mit BGBl I Nr. 103/2011:

·       Aufnahme der durch das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung definierten Personengruppen in den vom Tatbestand der Verhetzung (§ 283 StGB) geschützten Personenkreis.

Strafgesetznovelle 2011, BGBl I Nr. 130/2011:

·       Schärfere Strafdrohungen durch Schaffung bzw. Anhebung von Strafuntergrenzen bei strafbaren Handlungen einer volljährigen Person gegen eine unmündige Person, die unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung begangen worden sind (§ 39a StGB);

·       Einführung eines eigenen Erschwerungsgrundes bei Tatbegehung unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung durch eine volljährige gegen eine unmündige Person (§ 33 Abs. 2 StGB);

·       Ausweitung der Anwendungsfälle der extraterritorialen Gerichtsbarkeit nach § 64 Abs. 1 Z 4a um Genitalverstümmelungen im Sinne des § 90 Abs. 3 sowie die Straftatbestände der §§ 102, 103, 104, 104a, 106 Abs. 1 Z 3, 194, 205, 207b Abs. 1, 212 Abs. 1 sowie 217 StGB und Erweiterung der Anknüpfungspunkte für die extraterritoriale Gerichtsbarkeit nach dieser Bestimmung (Täter oder Opfer besitzt die österreichische Staatsangehörigkeit oder hat den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland);

·       Schaffung eines neuen Straftatbestandes gegen die Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (§ 208a StGB);

·       Schaffung eines neuen Straftatbestandes gegen die wissentliche Betrachtung pornographischer Darbietungen Minderjähriger (§ 215a Abs. 2a StGB).

Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013, BGBl I Nr. 116/2013:

·       Ausdehnung der inländischen Gerichtsbarkeit gemäß § 64 Abs. 1 Z 4a StGB auf die Fälle der Vergewaltigung (§ 201 StGB) und geschlechtlichen Nötigung (§ 202 StGB);

·       Ausdehnung des Tatbestandes und Anhebung der Strafdrohungen im Bereich des Menschenhandels nach § 104a StGB;

·       Ausdehnung des Tatbestandes der Verbotenen Adoptionsvermittlung nach § 194 StGB als Maßnahme gegen Kinderhandel;

·       Anhebung der Strafuntergrenze bei der Vergewaltigung und der Strafdrohung für die qualifizierte geschlechtliche Nötigung (§§ 201 und 202 StGB);

·       Anpassungen im Bereich des Sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person (§ 205 StGB) an den Tatbestand der Vergewaltigung (§ 201 StGB);


·       Inhaltliche Erweiterung der Qualifikationen beim Sexuellen Missbrauch von Unmündigen (§§ 206 und 207 StGB);

·       Ausdehnung der Altersgrenze in § 207b Abs. 2 StGB („Sexueller Missbrauch von Jugendlichen“ durch Ausnützung einer Zwangslage; Anhebung des Schutzalters von 16 auf 18 Jahre);

·       Ausdehnung des Tatbestandes der Sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren (§ 208 Abs. 2 bis 4 StGB);

·       Ausdehnung des Tatbestandes der Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (§ 208a Abs. 1a und 2 StGB);

·       Anhebung der Strafdrohungen bei der Förderung der Prostitution und pornographischer Darbietungen Minderjähriger (§ 215a Abs. 1 und 2 StGB);

·       Anhebung der Strafdrohungen bei der Zuhälterei (§ 216 Abs. 1 bis 4 StGB);

·       Ausdehnung der Reichweite des Tätigkeitsverbots im Falle von Sexualdelikten gegen Minderjährige (§ 220b Abs. 1 StGB).

Im Bereich des Strafprozessrechts wurde die Möglichkeit der Prozessbegleitung verankert. Durch das Gewaltschutzgesetz 1996 wurden erstmals private Opferschutzeinrichtungen (Interventionsstellen) errichtet, die ab dem Jahr 2000 vom Bundesminister für Justiz mit der Durchführung der Prozessbegleitung von Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, beauftragt werden. Die anerkannten Opferschutzeinrichtungen sind darüber hinaus zur Vertretung der Betroffenen zugelassen.

§ 70 StPO regelt, dass Opfer im Sinne des § 65 Z 1 lit. a und b StPO spätestens vor ihrer ersten Befragung über die Möglichkeit der Prozessbegleitung zu informieren sind. Ein großer Teil der im Rahmen der Gewährung von Prozessbegleitung betreuten Personen sind Frauen. Das Bundesministerium für Justiz finanziert die Durchführung von psychosozialer und juristischer Prozessbegleitung für Opfer. Seit Einführung des Instituts im Jahr 2006 steigt die Anzahl jener Personen, welchen Prozessbegleitung gewährt wurde, stetig an. Im Jahr 2011 nahmen von Jänner bis September 3.382 Personen Prozessbegleitung in Anspruch. Dafür wurden in etwa 3,46 Mio. Euro aufgewendet. Im Vergleichszeitraum des Jahres 2010 waren es noch 2.832 Personen.

Den Opferschutzorganisationen, die Prozessbegleitung durchführen, kommt eine besondere Bedeutung zu. Seit In-Kraft-Treten der Strafprozessreform zeigt die Erfahrung, dass sich das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit der Opferschutzorganisationen mit den Strafverfolgungsbehörden massiv verbessert haben, und dadurch auch die Durchsetzung von Opferrechten im Strafverfahren verbessert werden konnte.


Die juristische Prozessbegleitung, welche die rechtliche Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt mitumfasst, dient der Durchsetzung der Rechte, die einem Opfer im Strafverfahren zustehen und ist insbesondere dann sinnvoll und notwendig, wenn besondere Umstände befürchten lassen, dass die Rechte des Opfers im Verfahren nicht ausreichend respektiert werden. Sind dem Opfer durch die Tat Schmerzen oder Schäden entstanden, so kann der Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin Schadenersatz (z.B. Schmerzengeld) für das Opfer einfordern (Privatbeteiligung) (§ 66 Abs. 2 StPO).

Psychosoziale Prozessbegleitung umfasst die Vorbereitung der Betroffenen auf das Verfahren und die mit ihm verbundenen emotionalen Belastungen sowie die Begleitung zu Vernehmungen im Ermittlungs- und Hauptverfahren (§ 66 Abs. 2 StPO).

Im Rahmen der psychosozialen Prozessbegleitung werden Opfer und Angehörige auf die seelischen Belastungen des Verfahrens vorbereitet, in der Aufarbeitung des Erlebten (Ängste, Verzweiflung, Trauer oder Wut) unterstützt und auch zu Vernehmungen im Ermittlungs- und Hauptverfahren begleitet.

Mit dem Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013 (BGBl I 2013/116), das mit 1. Jänner 2014 in Kraft getreten ist, wurde der Schutz von unmündigen Opfern, die in ihrer sexuellen Integrität verletzt worden sein könnten, durch die Einführung der obligatorischen Gewährung von psychosozialer Prozessbegleitung (§ 66 Abs. 2 StPO) verbessert.

Auch bei der statistischen Erfassung von Verbrechensopfern konnten in den letzten Jahren markante Verbesserungen erreicht werden. Seit September 2011 sind Alter, Geschlecht und Staatsangehörigkeit eines Opfers in der Verfahrensautomation Justiz (VJ) erfassbar. Seit 1. Dezember 2011 werden diese Daten mit den Berichten der Polizei übermittelt und direkt in die VJ übernommen. Diese können in jedem Verfahrensstadium ergänzt oder berichtigt werden. Diese Daten ermöglichen nun erstmals die Anzahl der weiblichen Opfer zu quantifizieren.

 

Punkt 20; Bekämpfung der Obdachlosigkeit, u.a. durch leistbare Mieten.

Es gibt zwar keine statistischen Daten, anhand derer sich das Mietzinsniveau in den verschiedenen europäischen Staaten valide vergleichen ließe. Doch lässt sich anhand von Preisvergleichen, wie sie in der Immobilienwirtschaft angestellt werden und wie sie auch einzelfallbezogen möglich sind, durchaus sagen, dass die Wohnungsmietpreise in Österreich im Vergleich zu anderen westeuropäischen Staaten nicht überdurchschnittlich hoch sind. Dies gilt nicht nur für ländliche Gebiete, sondern auch für den urbanen Raum; so liegen etwa die Aufwendungen für eine Mietwohnung in Wien im Schnitt immer noch erheblich unter jenen, wie sie in anderen großen europäischen Städten, zum Beispiel London, Paris oder München, üblich sind.


Das liegt an mehreren Faktoren, die im Zusammenwirken einen preisdämpfenden Einfluss haben. Dazu zählt zunächst einmal der Umstand, dass in Österreich auch die öffentliche Hand – im Besonderen die Gemeinden – als relevanter Anbieter auf dem Wohnungsmarkt auftritt und Wohnungssuchenden kostengünstigen Wohnraum zur Verfügung stellt. Ein anderes in diesem Kontext wesentliches Segment des Wohnungsmarktes ist die Wohnungsvermietung durch gemeinnützige Bauvereinigungen, die ebenfalls nicht profitorientiert, sondern nach dem so genannten Kostendeckungsprinzip geschieht. Gestützt auf Mittel der Wohnbauförderung leistet dadurch auch der gemeinnützige Sektor einen wesentlichen Beitrag zur Anbietung leistbaren Wohnraums. Insgesamt wird dadurch in einer österreichischen Gesamtbetrachtung durchaus gewährleistet, dass den Menschen hierzulande grundsätzlich Wohnraum gegen leistbares Entgelt zur Verfügung steht, wenngleich nicht verkannt werden soll, dass es Verbesserungsbedarf gibt.

 

Wien,        . April 2014

 

 

Dr. Wolfgang Brandstetter