1427 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Verkehrsausschusses

über den Antrag 1900/A(E) der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schummelei beim Normverbrauch geht auf Kosten der AutofahrerInnen, des Finanzministers und des Klimas – Schluss damit!

Die Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 22. November 2016 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Auf der Homepage des BMF wird die Berechnung der Normverbrauchsabgabe so dargestellt (https://www.bmf.gv.at/steuern/fahrzeuge/normverbrauchsabgabe.html):

,Grundlage der Berechnung ist der CO2-Emissionswert in Gramm CO2/km, der sich aus dem kombinierten Verbrauch laut Typen- bzw. Einzelgenehmigung gemäß Kraftfahrgesetz 1967 oder der EG-Typengenehmigung ergibt abzüglich 90 Gramm. Dieser Wert ist durch fünf zu teilen. Das Ergebnis ist der Steuersatz der zur Berechnung der NoVA herangezogen wird. Der Höchststeuersatz beträgt 32%. Hat ein Fahrzeug einen höheren CO2-Ausstoß als 250 g/km, erhöht sich die Steuer für den, die Grenze von 250 g/km übersteigenden CO2-Ausstoß um 20 Euro je Gramm CO2/km. Für die Jahre 2014, 2015 und 2016 kommen weiters Abzugsposten gemäß § 6 Abs. 3 NoVAG 1991 zum Tragen. Zusammengefasst ist folgende Formel zur Ermittlung des Steuersatzes ist anzuwenden:

CO2-Emissionswert in Gramm je Kilometer minus 90 Gramm dividiert durch fünf (plus 20 Euro je Gramm CO2 über 250g/km) minus entsprechenden Abzugsposten.‘

Auf der Homepage des ORF war am 17. November 2016 zu lesen:

CO2-Ausstoß bei Autos geschönt wie nie

Der Kraftstoffverbrauch neuer Autos und somit auch der CO2-Ausstoß liegt immer deutlicher über den Herstellerangaben: Die Differenz beträgt inzwischen durchschnittlich 42 Prozent. Das ergab eine aktuelle Untersuchung. Besonders hohe Abweichungen gibt es demnach in der Oberklasse.

Für die Untersuchung des Forschungsinstituts International Council on Clean Transportation (ICCT), das vor einem Jahr den Abgasskandal bei Volkswagen mit aufgedeckt hatte, wurden die Daten von etwa einer Million Fahrzeuge aus sieben europäischen Ländern ausgewertet. Als Quelle dienten Websites, Leasingfirmen, Automagazine und Messdaten verschiedener Einrichtungen. Das ICCT führte die Erhebung gemeinsam mit der niederländischen Organisation für angewandte wissenschaftliche Forschung (TNO) durch.

Autofahrer zahlen tatsächlich um 450 Euro mehr

Die Differenz zwischen Herstellerangaben und dem tatsächlich gemessenen Verbrauch - und somit auch dem CO2-Ausstoß - vergrößerte sich laut ICCT in den vergangenen Jahren deutlich. Noch vor zehn Jahren seien die realen Werte um 15 Prozent von den Tests abgewichen. 2013 seien es bereits 25 Prozent gewesen. Mit 42 Prozent heuer sei die Kluft dabei ,so groß wie noch nie‘, so das Forschungsinstitut. Für Autofahrer seien damit Mehrausgaben für Sprit von rund 450 Euro pro Jahr verbunden.

Drei Viertel der Diskrepanz zwischen Real- und Testverbrauch seien darauf zurückzuführen, dass Hersteller ,immer systematischer Schlupflöcher in der bestehenden Regulierung ausnutzen‘, so der ICCT-Geschäftsführer für Europa, Peter Mock. Ein Hersteller könne beispielsweise die Reifen eines Fahrzeugs speziell für den Test präparieren oder die Batterie des Fahrzeugs vor dem Test voll aufladen.

ICCT: Hersteller nützen Lücken zunehmend aus

Diese Maßnahmen seien gesetzlich nicht streng verboten, spiegelten aber nicht das reale Fahrverhalten wider, so das Forschungsinstitut. Der restliche Unterschied sei auf Technologien zurückzuführen, die im Labortest einen größeren Kraftstoffspareffekt zeigen als im Alltagsbetrieb. Nach Angaben des ICCT flossen Daten für etwa eine Million Autos in die Analyse ein. Trotz unterschiedlichen Fahrverhaltens der Besitzer habe man durch die Vielzahl der Beobachtungen schlüssige Ergebnisse, die einen klaren Trend für die Flotte der Neufahrzeuge anzeigten.

Die Autoren der Studie griffen etwa auf Angaben von Autofahrern bei spezialisierten Verbrauchs-Webseiten, Tankdaten von Leasingfirmen und Straßentests von Fachmagazinen zurück. Auch hier sei die ,Kluft zwischen offiziellem und tatsächlichem Verbrauch‘ noch nie so groß gewesen.

Luxusautos sind die größten Schummler

Spätestens nach der EU-Einigung auf verpflichtende CO2-Autoregeln 2008 sanken die offiziellen Werte demnach ,deutlich schneller‘ - aber der echte Ausstoß des Treibhausgases offenbar längst nicht im selben Maß. ,Besonders hohe Abweichungen werden im Premiumsegment beobachtet, wo in der Realität der Kraftstoffverbrauch einiger Fahrzeugmodelle - im Durchschnitt - mehr als 50 Prozent höher liegt als vom Hersteller angegeben‘, kritisierte der ICCT. Vor allem beim Start einer neuen Modellgeneration sei der Anstieg oft sprunghaft.

Tests des ICCT und der West Virginia University zur Emission von Stickoxiden bei Dieselautos in den USA hatten dazu geführt, dass die dortigen Behörden auf die Manipulationen von VW aufmerksam wurden. Die im September 2015 ausgebrochene ,Dieselgate‘-Affäre rückte eine ganze Branche ins Zwielicht. Bei VW führte sie zu Milliardenrücklagen für Strafen und Rechtskosten, der Konzern fiel in eine tiefe Krise. Bisher drehte sich der Skandal allerdings vorrangig um gesundheitsschädliche Stickoxide (NOx) - nicht um das Klimagas CO2. Im Frühjahr hatte das deutsche Kraftfahrtbundesamt (KBA) nach Nachmessungen bei NOx auch bei CO2 auffällige Daten festgestellt.

Auch verbessertes Testverfahren manipulierbar

Der deutsche Autofahrerclub ADAC pochte auf deutlich schärfere und konsequentere Vorschriften für neue Abgastests: ,Die Politik ist gefordert, die Standards der neuen Messverfahren ab 2017 so strikt auszulegen, dass ,Optimierungen‘ nicht mehr möglich sind.‘ Vom kommenden Jahr an sollen unter anderem Straßenmessungen zum Abgasausstoß sowie überarbeitete Kriterien bei Prüfstandtests eingeführt werden.

Aus Sicht des ICCT bergen allerdings auch reformierte Verfahren wie die internationale WLTP-Prozedur die Gefahr möglicher Schlupflöcher. WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) könne die Diskrepanz bis 2020 aber immerhin auf 30 Prozent senken.

Verlierer der Schummelei, die im Zeitablauf immer größere Ausmaße angenommen hat, sind in finanzieller Hinsicht die AutofahrerInnen ebenso wie der Staat: Die AutofahrerInnen, weil sie laut ICCT um durchschnittlich 450 € mehr an jährlichen Spritkosten haben - und der Finanzminister, der deutlich mehr Normverbrauchsabgabe für das Budget bekommen müsste.

Es handelt sich auch aus ökologischer Sicht um eine eklatante Fehlsteuerung, die zur Anschaffung verbrauchsintensiverer Fahrzeuge mit mehr Schadstoff- und insbesondere CO2-Ausstoß verleitet, die hernach auch als Gebrauchtwagen im Inland und benachbarten Ausland Flottenverbrauch und Klimabelastung langfristig auf ein Maß weit über dem Nötigen einzementieren.

Dass aber laut ICCT - gestützt auf die Arbeit renommierter Institutionen wie der staatlichen Großforschungseinrichtung TNO aus den Niederlanden - auch die von Vertretern der EU-Mitgliedsstaaten in Technischen Gremien auf EU-Ebene gerade erst in ihren (unzureichenden) Details festgezurrte künftige Testprozedur WLTP nicht einmal ein Drittel dieser Schummelei abstellen wird, ist eine laute Ohrfeige für das Wirken der entsprechenden österreichischen Akteure und ihrer Heimatbehörden samt der politisch dafür Verantwortlichen.

Umso mehr muss dieses Schummeln aus fiskalischer, konsumentInnenschützerischer und ökologischer Sicht dringend abgestellt werden.“

 

Der Verkehrsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 7. Dezember 2016 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller die Abgeordneten Georg Willi, Christian Hafenecker, MA sowie der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: G, N, dagegen: S, V, F, T).

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2016 12 07

            Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller                                               Anton Heinzl

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann