Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Der Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Er hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige Anwendung des Vertrages im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abzuschließen. Da durch den Vertrag Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B‑VG.

Am 27. April 1999 wurde der Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden (BGBl. III Nr. 120/2001; im Folgenden: Vertrag 1999) in Bern unterzeichnet. Der Vertrag 1999 trat am 1. Juli 2001 in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag 1999 in Bezug auf den Umfang der Zusammenarbeit zwischen den Sicherheits- und Zollbehörden beispielgebend. Er wurde zum Vorbild für den Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in strafrechtlichen Angelegenheiten (BGBl. III Nr. 210/2005) und somit für einige Bestimmungen des Prümer Vertrags (BGBl. III Nr. 159/2006). Der Vertrag 1999 ist auch heute noch eine sehr gute Grundlage für die enge polizeiliche und grenzpolizeiliche Zusammenarbeit zur Gefahrenabwehr und Kriminalitätsbekämpfung.

Seit der Unterzeichnung des Vertrages 1999 fand jedoch eine rasante Weiterentwicklung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit statt. Im österreichisch-deutschen Vertrag und im Prümer Vertrag finden sich Bestimmungen, die weit über den trilateralen Vertrag hinausgehen. In der Europäischen Union (EU) wurde eine Zusammenarbeit zwischen den Spezialeinheiten der Mitgliedstaaten in Krisensituationen geschaffen (ABl. Nr. L 210 vom 6.8.2008, S. 73). Österreich und die Schweiz haben im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft EURO 2008 wertvolle Erkenntnisse über Regelungslücken im Vertrag gewonnen. Überdies hat Österreich bei der Anwendung des Prümer Vertrages zusätzliche Erfahrungen gesammelt, die für die Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Polizeikooperation nützlich sind.

Die wichtigste Entwicklung seit 1999 stellt jedoch die volle Beteiligung der Schweiz und des Fürstentum Liechtenstein an der Schengener Zusammenarbeit dar. In Vorbereitung dieser Schengen-Zusammenarbeit unterzeichneten die zuständigen Minister der Schweiz, Liechtensteins und Österreichs bereits am 21. April 2008 ein Memorandum of Understanding über die Verstärkung der trilateralen grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit vor und nach der Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstandes an den gemeinsamen Staatsgrenzen. In Punkt 13 des Memorandums vereinbarten die Minister die Prüfung und allfällige Adaptierung der bestehenden relevanten Abkommen, also auch des Vertrages 1999.

Die erste formelle Verhandlungsrunde für einen neuen trilateralen Vertrag fand von 5. bis 6. Dezember 2011 in Wien statt. Bereits die zweite formelle Verhandlungsrunde von 16. bis 17. Februar 2012 in Vaduz führte zur Einigung über den neuen Vertragstext.

Die wichtigsten Neuerungen des neuen trilateralen Vertrages im Vergleich zum in Kraft befindlichen Vertrag 1999 betreffen die Zusammenarbeit in den folgenden Bereichen:

-       Verdeckte Ermittlungen zum Zwecke der Verhinderung auslieferungsfähiger Straftaten von erheblicher Bedeutung,

-       Befugnis zur Ergreifung von vorläufigen Maßnahmen im grenznahen Bereich auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates bei unmittelbarer erheblicher Gefahr,

-       Zeugen- und Opferschutz,

-       Unterstellung von Beamten zum Zwecke der Regelung und Sicherung des Verkehrs,

-       Unterstützung bei Rückführungen,

-       polizeiliche Durchbeförderung,

-       Übergabe von Personen an der Staatsgrenze,

-       Zusammenarbeit bei der Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Straßenverkehrs.

Neben diesen inhaltlichen Ergänzungen wurden in einer Vielzahl von bestehenden Bestimmungen, wie zum Beispiel in den Art. 14, 15 oder 16 die Möglichkeiten der Zusammenarbeit ausgeweitet. Der Vertrag zwischen der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit (im Folgenden: Vertrag 2012) wurde auch gegenüber dem Vertrag 1999 redaktionell verbessert. Dazu wurde eine neue Gliederung gewählt und es wurden sprachliche Bereinigungen durchgeführt.

Im Vertrag werden einerseits Formen der polizeilichen Zusammenarbeit, andererseits solche der Amts- und Rechtshilfe zur Verfolgung von Straßenverkehrsdelikten vereinbart.

Mit dem Abschluss des Vertrages am 4. Juni 2012 werden die Möglichkeiten der österreichischen Behörden zur Zusammenarbeit mit vergleichbaren Stellen in der Schweiz und Liechtenstein bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, der Kriminalitätsbekämpfung, im fremdenpolizeilichen Bereich und im Bereich der Sicherheit des Straßenverkehrs erweitert. Weiters wird die Zusammenarbeit bei der Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Straßenverkehrs verstärkt werden. Der Vertrag 2012 ersetzt nach seinem Inkrafttreten den Vertrag 1999.

Der Vertrag 2012 wird voraussichtlich für die meisten Bereiche der Zusammenarbeit keine erheblichen finanziellen Auswirkungen haben; sofern es dennoch zu solchen kommen sollte, werden sie aus den dem zuständigen Ressort zur Verfügung gestellten Mitteln bedeckt.

Lediglich für die Bestimmungen des Art. 13 Abs. 1 lit. c und des Kapitels VI sind mit der Umsetzung des Vertrages höhere einmalige und laufende Kosten verbunden. Nachdem die zusätzlichen Einnahmen aus der grenzüberschreitenden Verfolgung von Verkehrsdelikten nach heutigem Gesichtspunkt die finanziellen Erfordernisse für die Umsetzung des Vertrages erheblich übersteigen werden, wäre der tatsächliche Verwaltungsaufwand im Zuge der Umsetzung – so wie im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode im Kapitel Inneres, Justiz, Landesverteidigung unter Punkt D.5. Verkehrssicherheit festgelegt – bei der Verteilung der Strafgeldeinnahmen entsprechend zu berücksichtigen. Des Weiteren wird es durch den Vertrag zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit kommen, die zu einer Ersparnis der Folgekosten aus Verkehrsunfällen führen wird.

Die im Vertrag enthaltenen Formen der polizeilichen Zusammenarbeit stellen eine Weiterentwicklung der im Bundesgesetz über die polizeiliche Kooperation mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und dem Europäischen Polizeiamt (EU-PolKG) – BGBl. I 2009/132 idgF. – vorgesehenen Möglichkeiten der internationalen polizeilichen Amtshilfe dar. Gemäß Art. 2 Ziffer 1 des EU-PolKG sind die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein als Schengen-assoziierte Staaten, Mitgliedstaaten der EU gleichzuhalten.

Die in Kapitel VI vereinbarten Formen der Zusammenarbeit zur Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Straßenverkehrs stellen Bestimmungen der Amts- und Rechtshilfe dar. Vergleichbare Formen der Zusammenarbeit finden sich in verschiedenen Rechtsakten der EU, zu denen die Schweiz und Liechtenstein jedoch keine Vertragsparteien sind.


Besonderer Teil

Zur Präambel

Die Präambel zum Vertrag 2012 wurde gegenüber der Präambel des Vertrages 1999 in wichtigen Punkten ergänzt. In Anstrich 2 werden jene Bedrohungen angeführt, zu deren Vorbeugung und Bekämpfung die Vertragsstaaten zusammenarbeiten wollen. In Anstrich 4 wird auf die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Liechtenstein insbesondere im Rahmen ihrer Schengen-Assoziierung verwiesen. In Anstrich 7 wird umfassend auf den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, insbesondere im Rahmen des Datenschutzes, verwiesen.

Kapitel I – Allgemeine Bestimmungen

Der Vertrag 2012 wurde im Vergleich zum Vertrag 1999 neu gegliedert und auch die Reihenfolge der Bestimmungen zum Teil neu geordnet. Dadurch soll der logische Aufbau und damit die Lesbarkeit des Vertrages erhöht werden. Kapitel I entspricht zum Teil dem Kapitel I des Vertrages 1999, wurde aber durch Bestimmungen, die sich in den Schlussbestimmungen gefunden haben, ergänzt.

Zu Art. 1 (Zweck des Abkommens)

Diese Bestimmung ist eine Weiterentwicklung des Art. 3 des Vertrages 1999. Während sich der Vertrag 1999 im Wesentlichen auf die Zusammenarbeit im sicherheits- und kriminalpolizeilichen Bereich beschränkte, kommen im Vertrag 2012 die Bereiche der Fremdenpolizei (insbesondere in den Art. 28 bis 31), der Verkehrssicherheit (in Art. 22) und der Verfolgung von Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr (in Kapitel VI) hinzu.

Zu Art. 2 (Innerstaatliches Recht)

Diese Bestimmung legt die grundsätzliche Anwendung des jeweiligen nationalen Rechts auf die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten fest. Eine vergleichbare Bestimmung fand sich im zweiten Satz des Art. 3 des Vertrages 1999.

Zu Art. 3 (Verhältnis zu internationalen Regelungen)

In Art. 3 werden Bestimmungen über das Verhältnis zwischen dem Vertrag 2012 und anderen Verpflichtungen, die sich aus internationalen Verträgen der Vertragsstaaten mit Dritten ergeben, geregelt. Vergleichbare Regelungen fanden sich bereits im Vertrag 1999. U.a. bleibt der „Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die wechselseitige Amtshilfe in Kraftfahr-(Straßenverkehrs-) angelegenheiten“ (BGBl. Nr. 380/1980 idgF) unberührt.

Abs. 1 ist eine Weiterentwicklung des Art. 3 des Vertrages 1999. Die Ergänzungen betreffen die Anwendung des Schengen- und Dublin-Acquis durch die Schweiz und Liechtenstein im Rahmen ihrer bilateralen Abkommen mit der Europäischen Union.

Abs. 2 ist eine Weiterentwicklung des Art. 39 des Vertrages 1999. Auch hier wurde die Weiterentwicklung durch den Abschluss eines weiteren Abkommens der Schweiz mit der Europäischen Union notwendig.

Zu Art. 4 (Behörden und Grenzgebiete)

Diese Bestimmung entspricht Art. 4 Abs. 9 und 10 des Vertrages 1999. Für Österreich sind bereits neue Behördenbezeichnungen und Behördenzuständigkeiten im Sinne der im Jahr 2012 durchgeführten Polizeireform 2012 (BGBl. I Nr. 49/2012 und weitere)berücksichtigt.

Kapitel II (Allgemeine Formen der Zusammenarbeit)

Kapitel II des Vertrages 2012 besteht im Wesentlichen aus Bestimmungen, die sich im Vertrag 1999 in den Kapiteln I und II gefunden haben.

Zu Art. 5 (Gemeinsame Sicherheitsinteressen)

Diese Bestimmung entspricht wortgemäß Art. 1 des Vertrages 1999. Die Vertragsstaaten verpflichten sich zur wechselseitigen Unterrichtung, welche Schwerpunkte jeder Ver­tragsstaat bei der Kriminalitätsbekämpfung gerade setzt oder zu setzen beabsichtigt und zur Mitteilung bedeutsamer polizeilicher Vorhaben, sofern sie Auswirkungen auf Belange der anderen Vertragsstaaten haben. Bei der Erarbeitung polizeilicher Strategien und Sicherheitskonzepte sowie bei der Durchführung gemeinsamer Maßnahmen ist auf die gemeinsamen Sicherheitsinteressen der Vertragsstaaten angemessen Bedacht zu nehmen. Jeder Vertragsstaat kann außerdem Vorschläge unterbreiten, wenn er der Ansicht ist, dass andere Vertragsstaaten besondere Schritte zur Gewährleistung der gemeinsamen Sicherheit ergreifen sollten. Hierzu muss nicht der diplomatische Weg beschritten werden, auch ein direkter Austausch durch die nationalen Zentralstellen ist möglich.

Zu Art. 6 (Lageanalysen)

Diese Bestimmung ist eine Weiterentwicklung des Art. 2 des Vertrages 1999. Auf Grund der in der praktischen Zusammenarbeit gemachten Erfahrungen wurde die Bestimmung genereller gefasst und auf die verpflichtende Periodizität bei der Erstellung von gemeinsamen Analysen verzichtet. Ziel dieser Maß­nahmen ist die Sicherung eines möglichst einheitlichen Informationsstandes der Vertragsstaaten über die polizeiliche Sicherheitslage.

Zu Art. 7 (Zusammenarbeit auf Ersuchen)

Diese Bestimmung regelt die Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten im Rahmen des Vertrages 2012 und entspricht im Wesentlichen Art. 4 Abs. 1 – 8 des Vertrages 1999. Eine grundlegende Weiterentwicklung fand im Abs. 1 statt, in dem nunmehr in bestimmten Fällen ein Kreuzverkehr zwischen Polizei- und Justizbehörden möglich ist. Abs. 5 wurde um die Möglichkeit ergänzt, polizeiliche Erkenntnisse aus Datensammlungen, polizeilichen Unterlagen sowie Auskünfte aus öffentlich zugänglichen behördlichen Datensammlungen, auszutauschen (Buchstabe m). Der Abs. 2 des Vertrages 1999 wurde in die Abs. 2 und 3 aufgeteilt. Die Abs. 9 und 10 des Vertrages 1999 wurden in den Art. 4 des Vertrages 2012 übergeführt.

Zur Erledigung von Ersuchen Schweizer und Liechtensteiner Sicherheitsbehörden stehen den öster­reichischen Sicherheitsbehörden die in § 5 PolKG vorgesehenen Ermächtigungen zur Aufgabenerfüllung (z. B. Verwendung der bei den Sicherheitsbehörden verarbeiteten Daten, Einholen von Auskünften, Befra­gung usw.) zur Verfügung.

Abs. 1 entspricht Art. 39 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (BGBl. III Nr. 90/1997 – im Folgenden „SDÜ“). Grundsätzlich unzulässig ist ein Informationsaustausch im Rahmen der polizei­lichen Amtshilfe, soweit ein Ersuchen oder dessen Erledigung nach nationalem Recht den Justizbehörden vorbehalten ist (in diesem Fall ist gemäß den Regelungen des ARHG der Rechtshilfeweg zu beschreiten). Wird ein Ersuchen an eine unzuständige Behörde gerichtet, hat diese eine Weiterleitungspflicht an die zuständige Behörde. Diese betrifft nach dem neuen vorletzten Satz auch Fälle, in denen im ersuchten Vertragsstaat eine Justizbehörde für die Erledigung zuständig ist. In allen Fällen, in denen die Anfrage an eine andere zuständige Behörde bzw. Justizbehörde weitergeleitet wird, ist die ersuchende Stelle über die Weiterleitung und über jene Behörde zu informieren, an welche die Anfrage weitergeleitet wurde.

Zur Bestimmung des Inhalts der Wendung „Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ ist – entsprechend der Anordnung in Art. 2, wonach die Zusammenarbeit im Rahmen des nationalen Rechts erfolgt, soweit im Vertrag nicht anders bestimmt ist – auf die Rechtsordnungen aller drei Vertragsstaaten zurückzugreifen. Dazu werden jedenfalls die Abwehr gegenwärtiger oder unmittelbar bevorstehender gerichtlich strafbarer Handlungen sowie Präventionsmaßnahmen (z. B. gegen Fußballhooligans) und Strafverfolgungsmaßnahmen zu zählen sein.

Es gibt folgende Übermittlungswege: Grundsätzlich erfolgt der Informationsaustausch über die nationa­len Zentralstellen, das ist für die Republik Österreich das Bundesministerium für Inneres. In vier Fällen darf jedoch ein direkter Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden der Vertragsstaaten erfolgen:

Direkte Amtshilfe ist zulässig, wenn sich der Informationsaustausch auf die Verhütung und Bekämpfung von Straftaten bezieht, die schwerpunktmäßig im Grenzgebiet der Vertragsstaaten begangen und verfolgt werden (Art. 7 Abs. 3 lit. a). Das Grenzgebiet ist in Art. 4 Abs. 3 definiert. Es umfasst auf österreichischem Territorium das Gebiet der Bundesländer Vorarlberg und Tirol. Der Bereich, in dem der unmittelbare Informationsaustausch im so genannten „kleinen Grenzverkehr“ erfolgen darf, wird daher durch diesen Vertrag über den in den §§ 4 Abs. 1 zweiter Satz und 7 Abs. 2 PolKG bestimmten Bereich auf das gesamte Gebiet der Bundesländer ausgedehnt.

Als weiteren Fall sieht Art. 7 Abs. 3 lit. b bei Vorliegen von Gefahr im Verzug einen unmittelbaren Informa­tionsaustausch zur Verhütung und Bekämpfung von Straftaten vor. Dieser Umstand liegt vor, wenn das durch die Amtshilfe angestrebte Ziel bei Einhaltung des Übermittlungsweges über die Zentral­stellen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Der unmittelbare Informationsaustausch ist in diesem Fall nicht auf die im Vertrag definierten Grenzgebiete beschränkt (vgl. die inhaltsgleichen §§ 4 Abs. 2 und 7 Abs. 3 PolKG).

Direkte Amtshilfe zwischen den zuständigen Sicherheitsbehörden der Vertragsstaaten kann überdies in bestimmten abgrenzbaren Fallgestaltungen erfolgen, wenn diese Vorgangsweise zur Verhütung und Bekämpfung von Straftaten zweckmäßig ist und eine Zustimmung der nationalen Zentralstellen vorliegt (Art. 7 Abs. 3 lit. c).

Den vierten Fall unmittelbaren Informationsaustausches regelt Abs. 4 bei Ersuchen um Hilfe zur Abwehr von unmittelbar drohenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Auch dies ist ein Fall von Gefahr im Verzug, bei dem Amtshilfe mit allen Sicherheitsbehörden des Bundesgebietes denkbar ist, sofern diese zur Erledigung des Ersuchens örtlich zuständig sind.

Abs. 5 nennt demonstrativ Datenverwendungen (vgl. § 4 Z 8 DSG 2000), die Gegenstand eines Informationsaustausches sein können. Der neue lit. m entspricht Art. 7 Abs. 2, 8. Anstrich des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in strafrechtlichen Angelegenheiten (BGBl. III Nr. 210/2005) (im Folgenden „österreichisch-deutscher Staatsvertrag“).

Abs. 6 regelt die Amtshilfe für fremdenrechtliche Zwecke. Diese Ermächtigung zum Informationsaustausch erfasst Fälle der Übermittlung oder polizeilichen Überprüfung personenbezogener Daten von Drittstaatsangehörigen, die für die Beurteilung der Einreise- und Aufenthaltsberechtigung von Bedeutung sind. Der Informationsaustausch erfolgt zwischen den Sicherheitsbehörden. Die übermittelnden Daten können jedoch auch anderen Fremdenpolizei- und Einwanderungsbehörden zur Verfügung gestellt werden.

Gemäß Abs. 7 können die Sicherheitsbehörden einander Amtshilfeersuchen auch im Auftrag der zuständigen Justizbehörden stellen und gemäß Abs. 2 über die nationale Zentralstelle oder in den Fällen der lit. a bis c des Abs. 3 direkt beantworten. Hierbei handelt es sich um justizielle Aufträge an die Sicherheitsbehörden zum Zweck der Bekämpfung (Verfolgung) von Straftaten, bei denen entweder ausdrücklich um Erledigung im Wege der internationalen polizeilichen Amtshilfe ersucht wird oder bei denen sich aus der Art des Auftrages ergibt, dass der Auftrag nur durch Beschreitung des internationalen polizeilichen Amtshilfeweges zu erledigen ist.

Zu Art. 8 (Amtshilfe in dringenden Fällen)

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 7 des Vertrages 1999. Neu ist gegenüber dem Vertrag 1999, dass diese Möglichkeit zur Zusammenarbeit auch auf nachgeordnete Behörden ausgedehnt wurde. In Abs. 2 erfolgte eine redaktionelle Anpassung.

Art. 8 betrifft Ersuchen der Sicherheitsbehörden um Durchführung bestimmter kriminalpolizeilicher Hand­lungen. Die Regelung geht über den Bereich der informationellen Kooperation hinaus, weil sie nicht nur den Informationsaustausch betrifft. Der Bestimmung liegt der Gedanke zugrunde, dass es in bestimmten dringlichen Fällen zulässig sein soll, dass die Sicherheitsbehörden anstelle eines Rechtshilfeersuchens der Justizbehörden ein Amtshilfeersuchen stellen. Folgende Amtshandlungen kommen für derartige Ersuchen in Frage: Spuren- und Beweissicherungen einschließlich der Durchführung körperlicher Untersuchungen, Per­sonen- und Hausdurchsuchungen und die vorläufige Festnahme.

Die Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden solche Ersuchen zu stellen, sind jedoch in zweierlei Hinsicht be­schränkt:

–      zum einen muss ein Fall von Gefahr im Verzug vorliegen, das heißt, dass ein Ersuchen auf dem Geschäftsweg der zuständigen Justizbehörden nicht rechtzeitig gestellt werden kann, ohne dass der Erfolg der Maßnahme gefährdet wäre;

–      zum anderen dürfen Ersuchen nur gestellt oder befolgt werden, soweit für die Amtshandlung nach nationalem Recht (vgl. Art. 2) nicht eine richterliche Genehmigung erforderlich ist. Das bedeutet aus Sicht der österreichischen Sicherheitsbehörden, dass Ersuchen um die Durchführung einer Personen­durchsuchung sowie körperlicher Untersuchung nicht und Ersuchen um die Vornahme einer Haus­durch­suchung oder einer vorläufigen Festnahme nur unter den Voraussetzungen der §§ 119und 170 Abs. 1 des Strafprozessreformgesetzes (BGBl. 2004/19 idgF.) gestellt oder befolgt werden dürfen. Bei Ersuchen um Spuren- und Beweissicherung bestehen – abgesehen vom Erfordernis des Vorliegens von Gefahr im Verzug – keine Einschrän­kungen.

Für die Informationsübermittlung ist grundsätzlich der Weg über die nationalen Zentralstellen zu beschreiten, in den Ausnahmefällen des Art. 7 Abs. 3 lit. a bis c ist auch ein direkter Amtshilfeverkehr möglich. Soll eine Auslieferung der festgenommenen Person oder eine Übermittlung der sichergestellten Sachen erfolgen, bietet Art. 7 hiefür keine Grundlage. Dies kann nur im Rechtshilfeweg der Justiz­behörden erfolgen. Ersuchende und ersuchte Sicherheitsbehörde haben die zuständigen Justizbehörden in ihrem Land vom jeweiligen Vorgang zu unterrichten.

Zu Art. 9 (Erste polizeiliche Befragung nach Unfällen)

Gemäß Art. 9 können die Beamten aller Vertragsstaaten nach Verkehrsunfällen Personen, die in ein Krankenhaus eines anderen Vertragsstaates eingeliefert wurden, einer ersten polizeilichen Befragung nach Maßgabe ihres nationalen Rechts unterziehen, sofern die zuständige Sicherheitsbehörde des Gebietsstaates dies genehmigt hat und ein Beamter dieser Sicherheitsbehörde bei der Befragung anwesend ist.

Zu Art. 10 (Informationsübermittlung ohne Ersuchen)

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 8 des Vertrages 1999. Die Änderungen sind redaktioneller Natur. So wird z. B. anstelle von ‚Sicherheitsbehörden‘ von ‚zuständigen Behörden‘ gesprochen. Was aber in der Sache keinen Unterschied macht, da nur die Sicherheitsbehörden nach österreichischem Recht zu dieser Form von Zusammenarbeit befugt sind. Im Interesse einer verbesserten Gefahrenabwehr und Verbrechensbekämpfung sollen die Sicherheitsbe­hörden die Möglichkeit haben, einander auch ohne Ersuchen jene Informationen zu übermitteln, die zur Erfüllung der genannten Aufgaben bedeutsam sind. Hierdurch soll es den Sicher­heitsbehörden möglich sein, nicht bloß reaktiv, sondern auch aktiv grenzüberschreitend tätig zu werden. Vorbild für die Regelung ist Art. 46 SDÜ. Für Sachverhalte, bei denen nach nationalem Recht der Rechtshilfeweg der Justiz­behörden zu beschreiten ist, ist eine Zusammenarbeit nach dieser Bestimmung nicht zulässig.

Zu Art. 11 (Zusammenarbeit bei der Aus- und Fortbildung)

Diese Bestimmung entspricht Art. 9 des Vertrages 1999. Lediglich die bisherige lit. b wurde in die neuen lit. b und c geteilt, ohne dass sich inhaltlich etwas ändert. Die Regelung stellt zum einen die bereits bestehende Zusammenarbeit der Vertragsstaaten bei der Aus- und Fortbildung auf eine rechtliche Basis und vertieft diese zum anderen. Die in den lit. a bis e aufgezählten Formen der Zusammenarbeit sind kein abschließender Katalog, sodass es möglich ist, die Kooperation in diesem Bereich laufend an neue Bedürfnisse und geänderte Methoden anzupassen.

Kapitel III (Automatisierter Daten- und Informationsaustausch)

Im neuen Kapitel III wurden die besonderen Formen des Daten- und Informationsaustausches zusammengefasst. Die beiden Bestimmungen dieses Kapitels fanden sich bereits im Vertrag 1999, wurden aber weiterentwickelt.

Zu Art. 12 (Informationsübermittlung im automatisierten Verfahren)

Diese Bestimmung ist eine Weiterentwicklung des Art. 5 des Vertrages 1999. Ergänzt wurde diese Bestimmung um die Möglichkeit zur Sachenfahndung (Abs. 1 lit. e). Die Zusammenarbeit nach dieser entspricht der Zusammenarbeit auf Grund der Art. 95 bis 100 SDÜ. Art. 5 des Vertrages 1999 wurde zwischen Österreich und den anderen beiden Vertragsstaaten niemals praktisch umgesetzt, da sich bereits bei Inkrafttreten des Vertrages 1999 abzeichnete, dass die Schweiz und Liechtenstein eine Schengen-Assoziierung anstrebten. Eine technische Insellösung zwischen den drei Staaten erschien daher wenig zielführend. Die Bestimmung des Art. 12 verblieb aber auf Wunsch der Schweiz und Liechtensteins im Vertrag 2012, da diese Bestimmung die Rechtsgrundlage für die Beteiligung Liechtensteins am nationalen Fahndungssystem der Schweiz darstellt.

Art. 12 ist im Wesentlichen den Regelungen der Art. 95 ff des SDÜ nachgebildet und bildet die Grundlage für die wechselseitige Amtshilfe der Vertragsstaaten im Bereich der polizeilichen Fahndung. Die Zentralstellen der Vertragsstaaten übermitteln einander automations­unterstützt ihre polizeilichen Fahndungen und sind berechtigt, ihren Sicherheitsbehörden einen Zugriff auf die Daten zu gewähren. Bei den Daten, die nach Art. 12 übermittelt werden, handelt es sich um nationale Datenbestände und nicht etwa um Daten des Schengener Informationsverbunds.

Zur Systematik von Art. 12: Abs. 1 stellt die Ausschreibungsgründe (Fahndungsgründe) in über­sichtlicher Form dar. Die Reihenfolge der Ausschreibungsgründe wurde gegenüber dem Vertrag 1999 geändert und es wurde die Kategorie „Sachenfahndung“ neu aufgenommen. Die Kategorie „Sachenfahndung“ findet sich in Art. 100 SDÜ.

Jede Ausschreibung gilt als Ersuchen um Durchführung der begehrten Maßnahme. Ein Vertragsstaat hat keine Pflicht zur Durchführung einer durch die Ausschreibung begehrten Maßnahme, wenn er diese mit seinem nationalen Recht, internationalen Verpflichtungen oder wesent­lichen nationalen Interessen nicht für vereinbar hält (Abs. 3). Vor der Ausschreibung im automatisierten Verfahren ist die Verhältnismäßigkeit zwischen Ausschreibungszweck, Bedeutung des Falles und Datenrechtseingriff zu prüfen (Abs. 8). Die übermittelbaren Datenarten sind in Abs. 2 taxativ aufgezählt.

Die Abs. 4, 5 und 6 präzisieren nochmals die Ausschreibungsgründe nach Abs. 1 und legen fest, welche Informationen auf Grund der Ausschreibung zu ermitteln und den zentralen Sicherheitsbehörden des ersuchenden Vertragsstaates zu übermitteln sind und welche sonstigen Maßnahmen zu treffen sind.

Abs. 7 regelt in genereller Weise die Sachenfahndung. Welche Sachen in die Fahndungskategorie fallen ergibt sich aus dem jeweiligen nationalen Recht.

Das Verfahren zur innerstaatlichen Umsetzung des Fahndungsersuchens zur Festnahme in den Vertrags­staaten entspricht Art. 95 SDÜ. Ebenso wie im Schengener Informationssystem besteht die Möglichkeit, Fahndungsersuchen der Vertragsstaaten binnen 24 Stunden nach Einlangen zu kennzeichnen und daher auf ihren Vollzug zu verzichten. In diesem Fall müssen dem ausschreibenden Vertragsstaat die Gründe hiefür mitgeteilt werden. Wird einer Ausschreibung zur Verhaftung nicht entsprochen, so ist diese ohne weiteren Antrag als Ersuchen um Aufenthaltsermittlung zu behandeln.

Ausländische Ersuchen um Festnahme eines österreichischen Staatsbürgers werden auf Grund des Verbotes der Auslieferung eigener Staatsbürger (§ 12 ARHG) in Österreich stets – wie oben dargestellt – gekennzeichnet werden. Kein Vertragsstaat ist verpflichtet, einem Fahndungsersuchen um Festnahme eigener Staatsangehöriger zum Zwecke der Auslieferung zu entsprechen. Die sonstigen Möglichkeiten der Festnahme nach innerstaatlichem Recht bleiben dadurch unberührt.

In den Abs. 9 und 10 sind für den automatisierten Informationsaustausch besondere Datenschutzvor­schriften vorgesehen, die von den in Kapitel VII festgelegten abweichen. Abs. 9 bestimmt (abweichend von Art. 48 Abs. 1), dass der Empfängerstaat die zulässige Speicherdauer von übermittelten Ausschreibungen nicht nach nationalem Recht sondern nach dem Recht des übermittelnden Vertragsstaates zu beurteilen hat. Bei der Übermittlung eines Ersuchens ist daher die zulässige Speicherdauer mitzuteilen; ebenso ist eine Löschung der Ausschreibung im ersuchenden Vertragsstaat mitzuteilen, weil dies eine Löschungs­verpflichtung im Empfangsstaat zur Folge hat. Abs. 10 sieht eine Zweckbindung übermittelter Daten ausschließlich auf den einer Ausschreibung zugrunde liegenden Zweck vor und ist daher enger als Art. 49, der eine Möglichkeit vorsieht, mit Zustimmung des übermittelnden Staates den Zweck der Datenver­wendung (§ 4 Z 8 DSG 2000) zu erweitern.

Zu Art. 13 (Austausch von Fahrzeug- und Halterdaten)

Art. 13 sieht vor, dass den anderen Vertragsstaaten auf deren Anfrage hin Fahrzeug- und Halterdaten (Zulassungsbesitzerdaten) mitgeteilt werden können, soweit dies zur Kriminalitätsbekämpfung, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Straßenverkehrsvorschriften notwendig ist (Abs. 1). Der Austausch dieser Daten kann sowohl im nicht-automatisierten als auch im automatisierten Verfahren erfolgen (Abs. 2).

Zur Verfolgung von Straßenverkehrsdelikten soll ein automatisiertes Anfrage- und Auskunftsverfahren eingerichtet werden, welches analog dem elektronischen Kfz-Halterdatenaustausch iSd Richtlinie 2015/413/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte konzipiert ist (CBE-Richtlinie). Die Modalitäten der Anfrage, des Umfangs der Auskunft sowie der Übermittlung von Daten aus den Fahrzeugregistern sind in einer Durchführungsvereinbarung geregelt (vgl. dazu auch die Ausführungen zu Art. 47).

Die Umsetzung des elektronischen Kfz-Halterdatenaustauschs zu Zwecken der Kriminalitätsbekämpfung sowie der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit soll bei einer entsprechenden Beteiligung der Schweiz und Liechtensteins im Rahmen der Prümer-Zusammenarbeit (Beschluss 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität; Beschluss 2008/616/JHA des Rates vom 23. Juni 2008 zur Durchführung des Beschlusses 2008/615/JI zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität) erfolgen.       

Das nationale Fahrzeugregister in Österreich ist die vom Bundesministerium für Inneres geführte zentrale Zulassungsevidenz („KZR“). Auskunftserteilungen aus dem KZR sind in § 47 Abs. 4 bzw. § 47a Abs. 7 Kraftfahrgesetz 1967 (BGBl. Nr. 267 idgF) (im Folgenden „KFG“) geregelt.

Abs. 3 hält fest, dass der Abruf von Fahrzeug- und Halterdaten nur auf Grund einer vollständigen Fahrzeugidentifizierungsnummer oder eines vollständigen Kennzeichens zulässig ist. Bei elektronischen Kfz-Halterdatenabrufen zur Verfolgung von Straßenverkehrsdelikten wurde in Art. 4 der Durchführungsvereinbarung festgelegt, dass Abrufe nur mit einem vollständigen Kennzeichen zulässig sind.

Gemäß Abs. 4 wurde für den elektronischen Kfz-Halterdatenaustausch zur Verfolgung von Straßenverkehrsdelikten am 10. September 2015 eine Durchführungsvereinbarung (Vereinbarung zwischen der Regierung der Republik Österreich, der Regierung der schweizerischen Eidgenossenschaft vertreten durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartment sowie der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Durchführung von Artikel 13 Abs. 1 lit. c und Kapitel VI des Vertrages zwischen der Republik Österreich, der schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit) abgeschlossen. Die Regelungen der Durchführungsvereinbarung werden gesondert erläutert.

In Österreich fungiert das Bundesministerium für Inneres als nationale Kontaktstelle, über die alle ein- und ausgehenden Abrufe erfolgen. Die Rolle des Bundesministeriums für Inneres für den Datenaustausch gemäß Abs. 1 lit. c ergibt sich aus § 47 Abs. 4 KFG bzw. § 47a Abs. 7 KFG.

Kapitel IV (Besondere Formen der polizeilichen Zusammenarbeit)

In diesem Kapitel werden die verschiedensten Formen der operativen Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden zusammengefasst. Das Kapitel IV entspricht im Wesentlichen dem Kapitel III des Vertrages 1999.

Zu Art. 14 (Grenzüberschreitende Observation)

Diese Bestimmung ist eine Weiterentwicklung des Art. 10 des Vertrages 1999. Dabei wurden neben einer Ausweitung der Zusammenarbeit (Abs. 2 lit. a) und einer grundlegenden redaktionellen Überarbeitung, einige rechtliche Klarstellungen (z. B. Abs. 3 lit. a) vorgenommen. Art. 14 stellt weiters eine Weiterentwicklung des Art. 40 SDÜ dar. Der Abschluss eines solchen Vertrages ist gemäß Art. 40 Abs. 6 SDÜ zulässig.

Zu Art. 15 (Grenzüberschreitende Nacheile)

Diese Bestimmung ist eine Weiterentwicklung des Art.s 11 des Vertrages 1999. Dabei wurde neben einer Ausweitung der Zusammenarbeit (Abs. 2), eine grundlegende redaktionelle Überarbeitung vorgenommen. Art. 15 ist eine Weiterentwicklung des Art.s 41 SDÜ. Der Abschluss eines solchen Vertrages zwischen Staaten mit einer gemeinsamen Grenze ist gemäß Art. 41 Abs. 10 SDÜ zulässig.

Voraussetzung ist die Betretung einer Person bei der Begehung oder Teilnahme an einer auch im anderen Vertragsstaat auslieferungsfähigen Straftat oder die Flucht aus der Untersuchungs- oder Strafhaft wegen solcher Taten. Dabei genügt es, wenn die gegenständliche Straftat auch nur versucht wurde. Die grenzüberschreitende Nacheile im Verhältnis zu den Vertragsstaaten ist weder zeitlich noch räumlich begrenzt. Sie kann auch außerhalb der zugelassenen Grenzübergänge stattfinden und ist, anders als nach Art. 41 Abs. 5 lit. b SDÜ, nicht ausdrücklich auf den Landweg beschränkt, sodass auch eine Nacheile etwa über den Bodensee zulässig ist.

Abs. 2 des Vertrags betrifft einen Sonderfall der grenzüberschreitenden Nacheile in Fällen, in denen sich eine Person einer polizeilichen Kontrolle entzieht. Diese Bestimmung wurde gegenüber Art. 11 Abs. 7 des Vertrages 1999 wesentlich weiterentwickelt. Einerseits ist nunmehr die Nacheile möglich, ungeachtet des Grundes auf dessen die polizeilichen Kontrolle durchgeführt wurde, andererseits wurde der territoriale Anwendungsbereich der Bestimmung von 30 auf 80 km ausgeweitet.

Den nacheilenden Beamten kommt ein Festhalterecht nach Maßgabe des am Festnahmeort geltenden materiellen Rechts zu, und zwar nach den in Art. 15 Abs. 6 lit. b des Vertrages beschriebenen Festnahmemodalitäten. Die Verwendung von Handfesseln und eine Sicherheitsdurchsuchung der Person sowie die vorläufige Beschlagnahme der mitgeführten Gegenstände sind zulässig. Die übrigen Nacheilemodalitäten entsprechen den Regelungen des Art. 41 SDÜ.

Zu Art. 16 (Kontrollierte Lieferung)

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 12 des Vertrages 1999. In Abs. 1 wurde der erste Teil des ersten Satzes redaktionell verändert, um ihn verständlicher zu machen. Weiters wurde die Möglichkeit zur Durchführung einer kontrollierten Lieferung ausdrücklich auf alle auslieferungsfähigen Straftaten ausgedehnt.

Art. 11 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen vom 20. Dezember 1988, BGBI. III 1997/154, empfiehlt den Mitgliedstaaten die Maßnahme der kontrollierten Lieferung von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen mit dem Ziel zuzulassen, Personen zu ermitteln, die an der Begehung strafbarer Handlungen beteiligt sind. Nach Art. 73 SDÜ sind die Vertragsstaaten auch verpflichtet, im Rahmen ihrer Verfassung die kontrollierte Lieferung von Betäubungsmitteln anzuwenden.

Art. 22 des Übereinkommens der Europäischen Union über die gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit der Zollverwaltungen vom 13. Dezember 1997, ABl. Nr. C 24 vom 23. Jänner 1998, verpflichtet die Staaten im Rahmen von Ermittlungen über auslieferungsfähige strafbare Handlungen die kontrollierte Lieferung in ihrem Hoheitsgebiet zu ermöglichen. Der Anwendungsbereich geht dabei über die kontrollierte Lieferung von Suchtstoffen hinaus und umfasst auch andere Verbotswaren und in Fällen von Geldwäscherei auch Geld.

Art. 16 des vorliegenden Vertrages nimmt die in diesen völkerrechtlichen Übereinkommen entwickelten Grundsätze auf und ermöglicht auch zwischen den Vertragsstaaten die kon­trollier­te Lieferung. Dabei richtet sich die Zulässigkeit der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Gegenständen ausschließlich nach dem Recht des ersuchten Vertragsstaates. Eine Beschränkung auf besondere Gegenstände findet nicht statt. Daher kann eine kontrollierte Lieferung auch beim Handel mit Waffen, Sprengmittel, Falschgeld oder Diebesgut stattfinden, sofern nach Ansicht der ersuchenden Vertragspartei auf andere Weise die Ermittlung der Auftraggeber oder anderer Tatbeteiligter oder die Aufdeckung der Verteilungswege aussichtslos wäre oder erheblich erschwert würde.

Die kontrollierte Lieferung ist nur nach vorheriger Zustimmung des ersuchten Vertragsstaates möglich. Sie ist jedenfalls einzuschränken oder abzulehnen, wenn von der Ware ein unvertretbares Risiko für die beteiligten Personen oder die öffentliche Sicherheit ausgeht. Dies wird bei hoch giftigen oder radioaktiven Substanzen immer zu prüfen sein. Bei Durchführung einer genehmigten kontrollierten Lieferung bestehen keine zeitlichen und räumlichen Beschränkungen.

Art. 16 Abs. 3 sieht auch die Möglichkeit vor, dass die Beamten des ersuchenden Vertragsstaates in Absprache mit dem ersuchten Vertragsstaat die kontrollierte Lieferung gemeinsam mit den übernehmenden Beamten weiter begleiten können. Das Handeln der Beamten des ersuchen­den Vertragsstaates richtet sich dabei ausschließlich nach dem Recht des ersuchten Vertragsstaates. Der die kontrollierte Lieferung bewilligende Vertragsstaat hat jedoch immer die ständige Überwachung des Transportes sicherzustellen, sodass jederzeit auf die Gegenstände oder auf die Tatverdächtigen zugegriffen werden kann.

Eine kontrollierte Lieferung bedeutet in jedem Fall, dass der die kontrollierte Lieferung bewilligende Vertragsstaat dadurch auf die Ausübung seines Strafanspruches auf Grund des Territorialitätsprinzipes verzichtet. Aus diesem Grund ist bei einem Ersuchen um kontrollierte Lieferung immer jene Staatsanwaltschaft zu befassen, in deren Sprengel der Transport beginnen soll. Hierbei ist in Art. 16 Abs. 6 dieses Vertrages der unmittelbare Behördenverkehr vorgesehen. Einlangende Ersuchen können in Österreich auch im Wege des Bundesministeriums für Inneres an die zuständige Staatsanwaltschaft gerichtet werden.

Zu Art. 17 (Verdeckte Ermittlungen)

Art. 17 ist eine neue Bestimmung, die im Wesentlichen Art. 18 des österreichisch-deutschen Staatsvertrages entspricht.

Abs. 1 regelt im Sinne einer möglichst effizienten Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung, soweit es das jeweilige nationale Recht zulässt, die Möglichkeit verdeckte Ermittlungen auf Grundlage eines zuvor gestellten Ersuchens auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates fortzusetzen. Auslieferungsfähige Straftaten von erheblicher Bedeutung liegen vor, wenn sie die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls (Abl. der Europäischen Union L 190/1 vom 18.7.2002) erfüllen.

Abs. 2 legt fest, dass der ersuchte Vertragsstaat unter Beachtung seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften Voraussetzungen und Bedingungen des Einsatzes bestimmt.

Verdeckte Ermittlungen beschränken sich auf einzelne Einsätze. Es gibt keine räumliche, sehr wohl aber eine zeitliche Beschränkung. Ist bei der Stellung des Ersuchens erkennbar, dass sich die verdeckten Ermittlungen über einen bestimmten Zeitraum erstrecken werden, können sie zunächst für die Dauer von bis zu einem Monat bewilligt werden. Eine Verlängerung ist zulässig. Der Einsatz wird von einem Beamten des ersuchten Vertragsstaates geleitet. Der ersuchte Vertragsstaat kann jederzeit die Beendigung der verdeckten Ermittlung verlangen.

Abs. 5 legt fest, dass der ersuchte Vertragsstaat den ersuchenden Vertragsstaat bei der Durchführung

personell, logistisch und technisch unterstützt und dessen Beamte während ihres Einsatzes schützt.

Abs. 7 regelt den Eilfall. Im Falle besonderer Dringlichkeit und wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass ohne grenzüberschreitende verdeckte Ermittlungen die Identität der eingesetzten Beamten aufgedeckt werden würde, ist der Einsatz ausnahmsweise ohne vorherige Bewilligung zulässig, wenn im Übrigen die notwendigen Voraussetzungen vorliegen. Der Einsatz ist dann unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen und das Ersuchen nachzureichen. Das Tätigwerden des verdeckten Ermittlers ist in diesen Fällen auf das zur Aufrechterhaltung der Legende unumgänglich notwendige Maß beschränkt.

Zu Art. 18 (Zeugen- und Opferschutz)

Art. 18 ist eine neue Bestimmung, die im Wesentlichen Art. 10 der Konvention über die polizeiliche Zusammenarbeit in Südosteuropa (BGBl. III Nr. 152/2011) entspricht.

Die Bestimmung regelt die direkte Zusammenarbeit der nationalen Sicherheitsbehörden der Vertragsstaaten beim Schutz von Zeugen sowie von besonders hoch gefährdeten Opfern und gefährdeten Angehörigen dieser Menschen durch Informationsaustausch, Unterstützung im Bereich der Logistik und der Übernahme von zu schützenden Personen. Wobei bei jeder Übernahme von Personen eine gesonderte Vereinbarung zu treffen ist. Weiters werden die Frage der Kostentragung und der Rückübernahme von zu schützenden Personen geregelt.

Die österreichische Rechtsgrundlage für den Zeugenschutz ist § 22 Abs. 1 Z 5 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. 1991/566 idgF (SPG).

Zu Art. 19 (Gemeinsame Einsatzformen)

Der Vertrag 1999 war das erste internationale Abkommen, das Österreich abschloss, das in umfassender Weise operative Einsatzformen vorsah. Dies umfasste erstmals auch die Übertragung polizeilicher Vollzugsaufgaben einschließlich der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben auf Beamte anderer Vertragsstaaten. Im Vertrag 1999 fanden sich diese gemeinsamen Einsatzformen in den Art. 13 bis 17. Im Vertrag 2012 wurden diese Formen der Zusammenarbeit ausgebaut und neu arrangiert. Die entsprechenden Bestimmungen finden sich in den Art. 19 bis 25.

Art. 19 ist eine Weiterentwicklung der Art. 13 und 15 des Vertrages 1999. Er stellt die grundlegende Bestimmung in Bezug auf die gemeinsamen Einsatzformen dar.

In Abs. 1 finden sich im Wesentlichen die Einsatzformen, die bereits in Art. 13 Abs. 1 Erwähnung fanden. Weiters wurden gemischte Streifen aufgenommen und dafür Art. 16 des Vertrages 1999 (gemischter Streifendienst entlang der Grenze) gestrichen.

Während aber in Art. 13 des Vertrages 1999 Beamte anderer Vertragsstaaten nur beratende und unterstützende Funktion hatten, können nunmehr gemäß Abs. 2 diese Beamten mit polizeilichen Vollzugsaufgaben einschließlich der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben betraut werden. Die Betrauung setzt voraus, dass zwischen den Sicherheitsbehörden der beteiligten Vertragsstaaten das Einvernehmen über Zweck und Um­fang der Betrauung hergestellt werden.

Die entsandten Organe dürfen nur unter der Leitung der einsatzführenden Stelle des Empfangsstaates tätig werden und sind bei ihren Amtshandlungen an das Recht des Empfangsstaates gebunden. Das in § 15 Abs. 2 PolKG normierte Prinzip der doppelten Gesetzesbindung bei Amtshandlungen, die in Rechte Betroffener eingreifen, kommt bei Entsendungen nach Art. 19 daher nicht zur Anwendung. Der Gebrauch von Schusswaffen ist jedoch – im Gegensatz zum Gebrauch anderer Dienstwaffen – gesetzlich auf die Ausübung von Notwehr (Nothilfe) oder eine Anordnung der Einsatzleitung beschränkt, auch im Falle einer solchen Anordnung obliegt die Entscheidung darüber, ob der Schusswaffengebrauch im Einzelfall rechtlich zulässig ist, dem einschreitenden Beamten.

Zu Art. 20 (Entsendung von Beamten zur Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse)

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 15 Abs. 1 des Vertrages 1999, wobei die strengen Voraussetzungen zur Zusammenarbeit, die sich noch im Vertrag 1999 gefunden haben, auf Grund der in der Praxis gemachten Erfahrungen, beseitigt wurden. Zur Erfüllung von Aufgaben der Gefahrenabwehr oder der Bekämpfung von Straftaten können die Vertragsstaaten einander auch durch Entsendung von Beamten zur Ausübung von Hoheitsgewalt unterstützen. Bei der Entsendung einer größeren Zahl von Beamten im Rahmen von Großereignissen wird auch, wie in der Vergangenheit, eine Kostenregelung gemäß Art. 58 letzter Halbsatz vereinbart werden.

Zu Art. 21 (Maßnahmen bei unmittelbarer Gefahr)

Art. 21 ist eine neue Bestimmung, die im Wesentlichen Art. 21 des österreichisch-deutschen Staatsvertrages entspricht.

Im Falle einer unmittelbaren erheblichen Gefahr, deren Vorliegen sich nach Abs. 2 richtet (bei Abwarten droht die Verwirklichung der Gefahr), dürfen Beamte der Polizeibehörden ohne vorherige Zustimmung des anderen Vertragsstaates die gemeinsame Staatsgrenze überschreiten, um im grenznahen Bereich vorläufige Maßnahmen zu setzen, die zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum erforderlich sind. Der Gebietsstaat ist darüber unverzüglich zu unterrichten und hat unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zu treffen, die zur Abwehr der Gefahr und zur Übernahme der Lage erforderlich sind. Die einschreitenden Beamten dürfen dabei auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaates nur so lange tätig sein, bis der andere Vertragsstaat die notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ergriffen hat. Die Maßnahmen der einschreitenden Beamten werden dem Vertragsstaat zugerechnet, auf dessen Hoheitsgebiet sie tätig sind.

Zu Art. 22 (Unterstellung von Beamten zum Zwecke der Regelung und Sicherung des Verkehrs)

Art. 22 ist eine neue Bestimmung, die sich in dieser Form noch in keinem von Österreich abgeschlossenen Vertrag findet.

Um die Sicherheit und die Flüssigkeit des Straßenverkehrs bei Großereignissen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen gewährleisten zu können, regelt Art. 22 die Möglichkeit, Beamte eines Vertragsstaates den zuständigen Behörden eines anderen Vertragsstaates zu unterstellen und sie mit der Wahrnehmung von Vollzugsaufgaben, einschließlich hoheitlicher Befugnisse, zu betrauen. Dabei sind die gleichen Voraussetzungen, wie in Art. 19 Abs. 3 und 4 zu beachten. D.h. vor dem Einsatz von Beamten nach Art. 22 ist zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten das Einvernehmen herzustellen und der Einsatz fremder Beamter hat unter der Leitung von Beamten des Gebietsstaates zu erfolgen.

Gem. Abs. 3 benennen die Vertragsstaaten bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden die Behörden, die für die Zusammenarbeit nach Art. 22 zuständig sind.

Für Österreich sind dies:

1.      die Landespolizeidirektionen

2.      die Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften und Magistrate)

3.      die Landesregierungen

Zu Art. 23 (Grenzüberschreitende Fahndungsaktionen)

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 13 Abs. 2 des Vertrages 1999, wobei nunmehr diese Form der Zusammenarbeit auf das gesamte Staatsgebiet der Vertragsparteien ausgedehnt wurde. Art. 23 sieht ein gemeinsames Vorgehen der zuständigen Sicherheitsbehörden bei grenzüberschreitenden Fahndungs­aktionen vor. Die Behörden werden dabei nur auf ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet tätig.

Zu Art. 24 (Hilfeleistung bei Großereignissen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen)

Diese Bestimmung entspricht nahezu wortwörtlich Art. 17 des Vertrages 1999. Die Unterstützung bei Großereignissen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen ist auf drei Arten möglich:

–      durch Informationsaustausch,

–      durch Vornahme erforderlicher polizeilicher Maßnahmen auf dem eigenem Hoheitsgebiet und deren Koordination sowie

–      durch Bereitstellung von Spezialisten, Beratern und Material (in diesem Punkt jedoch nur über Ersuchen der zuständigen Sicherheitsbehörden).

Die Hilfeleistung erfolgt im Rahmen des nationalen Rechts. Bei Unterstützung durch Bereitstellung von Personal oder Material (lit. c) können in dringlichen Fällen die Grenzen jederzeit und an jeder geeigneten Stelle überschritten werden. Bei Einsatzfahrten sind die Fahrzeuge der Sicherheitsbehörden hinsichtlich der Befreiung von Verkehrsverboten und -beschränkungen den Einsatzfahrzeugen des Vertragsstaates, in dem Hilfe geleistet werden soll, gleichgestellt.

Zu Art. 25 (Entsendung von Verbindungsbeamten)

Diese Bestimmung entspricht mit Ausnahme einer redaktionellen Ergänzung in Abs. 1 dem Art. 14 des Vertrages 1999. Die Art. 47 SDÜ nachgebildete Bestimmung bildet die Grundlage für die Entsendung von Verbindungs­beamten (zur Abgrenzung von gemischten Analyse-, Kontroll-, Observations-, und Ermittlungsgruppen siehe oben unter Art. 19). Die Entsendung bedarf der Zustimmung der Zentralstelle des Empfangsstaates. Die Verbindungsbeamten dürfen keine hoheitlichen Befugnisse wahrnehmen. Abs. 3 sieht überdies die Mög­lichkeit vor, dass Verbindungsbeamte in einem anderen Vertragsstaat oder Drittstaat die Interessen eines anderen Vertragsstaates mitwahrnehmen können. Dazu ist lediglich erforderlich, dass die be­troffenen Zentralstellen zuvor das Einvernehmen über diese Vorgangsweise herstellen.

Zu Art. 26 (Flugsicherheitsbegleiter)

Art. 26 ist eine neue Bestimmung. Eine vergleichbare Regelung findet sich in den Art.n 17 bis 19 des Prümer Vertrages (BGBl. III Nr. 159/2006). In Abs. 1 wird durch den Verweis auf die Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt festgestellt, dass durch diesen Vertrag keine eigene völkerrechtliche Grundlage zum Einsatz von Flugsicherheitsbegleitern geschaffen wird, sondern dass dieser Einsatz nur auf der Grundlage und im Rahmen des bestehenden internationalen Rechts erfolgen kann.

Auf Grund der Definition in Abs. 2 dürfen von den Vertragsstaaten nur entsprechend ausgebildete Beamte der Sicherheitsbehörden als Flugsicherheitsbegleiter im Rahmen des Vertrags eingesetzt werden. Dies schließt den Einsatz von Angehörigen privater Sicherheitsunternehmen als Flugsicherheitsbegleiter aus. Dabei umfasst die Zusammenarbeit insbesondere den Einsatz von Flugsicherheitsbegleitern auf Flügen zwischen den Vertragsstaaten.

Zu Art. 27 (Dokumentenberater)

Art. 27 ist eine neue Bestimmung. Eine vergleichbare Regelung findet sich in den Art.n 20 bis 22 des Prümer Vertrages (BGBl. III Nr. 159/2006).

Die Zusammenarbeit bei der Entsendung von Dokumentenberatern umfasst insbesondere:

-       Die gegenseitige Abstimmung bei ihrer Entsendung,

-       Den regelmäßigen Informationsaustausch über Erkenntnisse zur illegalen Migration, die aus ihrer Tätigkeit gewonnen werden,

-       Die gemeinsam vereinbarte Koordination konkreter Maßnahmen,

-       Die Betreuung und Nachbereitung von Beratungs- und Schulungsmaßnahmen,

-       Den regelmäßigen Erfahrungsaustausch und gemeinsame Ausbildungsmaßnahmen.

Die Aufgaben der Dokumentenberater umfassen die Beratung und Schulung der Angehörigen:

-       der Auslandsvertretungen der Vertragsstaaten in Pass- und Visaangelegenheiten, insbesondere beim Erkennen von gefälschten Dokumenten, sowie in Bezug auf den Missbrauch von Dokumenten und die illegale Migration,

-       von Beförderungsunternehmen sowie

-       der für die grenzpolizeilichen Kontrollen zuständigen Behörden und Einrichtungen des Gastlandes.

Zu Art. 28 (Unterstützung bei Rückführungen)

Art. 28 ist eine neue Bestimmung. Eine vergleichbare Regelung findet sich im Art. 23 des Prümer Vertrages (BGBl. III Nr. 159/2006).

Die Vertragsstaaten unterstützen einander unter Berücksichtigung ihrer internationalen Verpflichtungen bei der Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die individuellen Rückführungsmaßnahmen unterliegen:

-       durch frühzeitige Unterrichtung über geplante Rückführungen;

-       durch das Angebot an die anderen Vertragsparteien, sich zu beteiligen, soweit dies möglich ist;

-       bei gemeinsamen Rückführungen durch die Verständigung über die Begleitung der rückzuführenden Personen und die Sicherheitsmaßnahmen.

Zu Art. 29 (Polizeiliche Durchbeförderung)

Art. 29 regelt die Möglichkeit der Durchbeförderung von in Gewahrsam befindlichen Personen durch das Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates. Insbesondere soll durch diese Bestimmung eine Rechtsgrundlage für die Durchbeförderung von rückzuführenden Personen zu einem auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates liegenden internationalen Flughafen ohne Begleitung durch Beamte des Gebietsstaates geschaffen werden. Die Durchbeförderung hat dabei auf dem kürzestmöglichen Weg und ohne unnötigen Aufenthalt zu erfolgen. Erfolgt die Durchbeförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Transportunternehmen im Voraus zu verständigen. Den Eisenbahnverkehrsunternehmen wird zur Information ein Muster der Ausweise der Beamten der anderen Vertragsstaaten übermittelt.

Abs. 3 legt fest, dass die Beamten auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates nur Amtshandlungen die im Zusammenhang mit der Durchbeförderung erforderlich sind, vornehmen dürfen. Dabei ist für die Anwendung von Zwangsmaßnahmen das nationale Recht des Gebietsstaates maßgeblich.

Abs. 5 regelt die Vorgehensweise im Falle des Entkommens eines Beförderten. Die begleitenden Beamten haben unverzüglich die Sicherheitsbehörden des Gebietsstaates zu verständigen, die Verfolgung aufzunehmen und solange fortzusetzen bis ihre Einstellung von den Sicherheitsbehörden des Gebietsstaates verlangt wird.

Zu Art. 30 (Übergabe von Personen an der Staatsgrenze)

Art. 30 ist eine neue Bestimmung, die im Wesentlichen Art. 30 des österreichisch-deutschen Staatsvertrages entspricht.

Die Regelung des Art. 30 soll zu einer Verbesserung und Erleichterung für die Behörden und deren Organe betreffend die Übergabe von Personen führen, indem diese Übergabe auch an geeigneten Örtlichkeiten in Grenznähe oder auf Flughäfen stattfinden kann. Es ist dies eine pragmatische Regelung für die Dienstverrichtung in Anbetracht der erfolgten Aufhebung der Grenzkontrollen zwischen den beiden Vertragsstaaten und der damit verbundenen Entfernung der entsprechenden Einrichtungen und Baulichkeiten.

Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten auch für die Übergabe von Personen über Veranlassung der Justizbehörden beider Staaten, insbesondere bei Auslieferungen und Überstellungen zum Strafvollzug. Damit soll vermieden werden, dass die Übergabe von Personen an den ehemaligen Grenzübertrittsstellen stattfindet, wo seit Abschaffung der Grenzkontrollen entsprechende Gebäude und Infrastrukturen nicht mehr bestehen. Der Vertragsstaat, in dessen Einrichtung die Übergabe stattfindet, hat dieser Vorgangsweise im Einzelfall zuzustimmen. Daher wird die Übergabe in Zukunft in geeigneten grenznahen Vollzugsanstalten oder Anhaltezentren stattfinden.

Zu Art. 31 (Grenzüberschreitende Maßnahmen im Eisenbahn- und Schiffsverkehr)

Art. 31 ist eine neue Bestimmung, die im Wesentlichen Art. 29 Abs. 2 des österreichisch-deutschen Staatsvertrages entspricht. Art. 31 regelt die Möglichkeit im Eisenbahn- und Schiffsverkehr zum Zwecke der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Amtshandlungen auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates fortzuführen bzw. zu setzen.

So dürfen Beamte der Sicherheitsbehörden einerseits eine auf dem eigenen Hoheitsgebiet begonnene Amtshandlung bis zum ersten fahrplanmäßigen Halt auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates fortführen bzw. andererseits beim letzten fahrplanmäßigen Halt des Reisezuges auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates zusteigen um vor der Grenze Amtshandlungen setzen zu können.

Bis zum Eintreffen der Beamten des anderen Vertragsstaates besteht darüber hinaus die Befugnis Personen unter bestimmten Voraussetzungen festzuhalten.

Den Eisenbahnverkehrsunternehmen wird zur Information ein Muster der Ausweise der Beamten der anderen Vertragsstaaten übermittelt.

Zu Art. 32 (Gemeinsame Zentren)

Art. 32 ist eine neue Bestimmung, die im Wesentlichen Art. 24 des österreichisch-deutschen Staatsvertrages entspricht. Zweck dieser Bestimmung über gemeinsame Zentren ist, dass Beamte beider Vertragsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit räumlich unmittelbar zusammenarbeiten können, um so möglichst effizient Informationen auszutauschen, zu analysieren und weiterzuleiten sowie bei der Koordinierung der Zusammenarbeit unterstützend tätig zu sein. Den gemeinsamen Zentren obliegt nicht die selbständige Durchführung operativer Einsätze, sie können aber mit der Vorbereitung und Koordination gemeinsamer operativer Einsätze in den Grenzgebieten beauftragt werden. Der vorliegende Vertrag schafft die Rechtsgrundlage für die Einrichtung gemeinsamer Zentren. Deren Anzahl und Sitz sowie die gleichmäßige Verteilung der Kosten sind gesonderten Vereinbarungen vorbehalten.

Kapitel V (Rechtsverhältnisse bei Tätigwerden in einem anderen Vertragsstaat)

Kapitel V des Vertrages 2012 entspricht weitgehend Kapitel V des Vertrages 1999, wobei auf Grund praktischer Erfahrungen einige Bestimmungen ergänzt wurden. Dieses Kapitel normiert für den gesamten Anwendungsbereich des Vertrages Regelungen über die Rechtsverhältnisse bei grenzüberschreitenden Amtshandlungen.

Zu Art. 33 (Einreise, Ausreise und Aufenthalt)

Abs. 1 entspricht im Wesentlichen Art. 26 des Vertrages 1999, wobei auf Grund des Schengenbeitritts der Schweiz und Liechtensteins der Text angepasst wurde. Diese Bestimmung sieht Erleichterungen für die Ein- und Ausreise und den Aufenthalt für grenz­überschreitendes Tätigwerden von Beamten der Vertragsstaaten vor.

In Abs. 2, erster Satz wurden Bestimmungen, die sich bisher in mehreren Art. redundant gefunden haben (z. B. Art. 10 Abs. 3 lit. c und Art. 12 Abs. 4 lit. e) aus redaktionellen Gründen, in einer Bestimmung zusammengefasst. Die Aufnahme des zweiten Satzes des Art. 2 wurde auf Grund der neuen Bestimmungen der Art. 29, 30 und 31 notwendig.

Zu Art. 34 (Uniformen und Dienstwaffen)

Abs. 1 entspricht wortgemäß Art. 27 Abs. 1 des Vertrages 1999. Abs. 1 erlaubt generell bei grenzüberschreitendem Tätigwerden nach diesem Vertrag das Tragen von Uni­formen und Mitführen von Dienstwaffen oder anderen Mitteln zur Zwangsausübung. Die Vertragsstaaten haben jedoch die Möglichkeit, diese Ermächtigung durch Mitteilung an den anderen Vertragsstaat einzuschränken oder Bedingungen zu unterwerfen.

Abs. 2 ist eine generelle Regelung, die es den Beamten der Vertragsstaaten erlaubt auf dem Hoheitsgebiet eines jeweils anderen Vertragsstaates ihre Uniformen zu tragen. Diese generelle Erlaubnis umfasst nicht das Mitführen von Dienstwaffen oder sonstigen Zwangsmitteln. Mit dieser Bestimmung wird der engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Behörden der drei Vertragsstaaten Rechnung getragen und die Teilnahme der Beamten an z. B. festlichen Anlässen oder Veranstaltungen von Behörden anderer Vertragsstaaten erleichtert. Eine korrespondierende Bestimmung zur Nutzung von Fahrzeugen findet sich in Art. 35 Abs. 2.

Abs. 3 ist eine Weiterentwicklung von Art. 27 Abs. 3 des Vertrages 1999, die auf Grund der Neufassung von Art. 19 und 20 notwendig wurde. Unterstellte Beamte können nunmehr auf Grund einer Anordnung der Einsatzleitung des Gebietsstaates auch in weiteren Fällen von ihren Dienstwaffen Gebrauch machen.

Zu Art. 35 (Einsatz von Fahrzeugen)

Abs. 1 ist in dieser Form eine neue Bestimmung und entspricht Art. 28 Abs. 4 des Prümer Vertrages. Mit diesem Abs. wurden Bestimmungen, die sich bisher in mehreren Art. redundant gefunden haben (z. B. Art. 10 Abs. 3 lit.c und Art. 12 Abs. 4 lit. e) aus redaktionellen Gründen, in einer Bestimmung zusammengefasst.

Abs. 2 ist eine generelle Regelung, die es den Beamten der Vertragsstaaten erlaubt auf dem Hoheitsgebiet eines jeweils anderen Vertragsstaaten ihre Fahrzeuge zu verwenden. Mit dieser Bestimmung wird der engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Behörden der drei Vertragsstaaten Rechnung getragen und die Teilnahme der Beamten an z. B. festlichen Anlässen oder Veranstaltungen von Behörden anderer Vertragsstaaten erleichtert. Eine korrespondierende Bestimmung zum Tragen von Uniformen findet sich in Art. 34 Abs. 2.

Die Bestimmungen der Abs. 3 bis 5 entsprechen im Wesentlichen Art. 18 des Vertrages 1999, wobei die vorgenommenen Änderungen redaktioneller Natur sind. Die Bestimmungen ermöglichten, dass bei grenzüberschreitenden Einsätzen nach diesem Vertrag auch Luft- und Wasserfahrzeuge einsetzt werden dürfen, etwa bei einer grenzüberschreitenden Observation, Nacheile, einer kontrollierten Lieferung oder bei der Hilfeleistung bei Großereignissen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen. Es gelten hierbei die luft- und wasserverkehrsrechtlichen Bestimmungen des Einsatzstaates. Abweichungen von den Vorschriften für den Luftverkehr sind nur im Rahmen des Abs. 3 möglich. Vor dem Einsatz von Luftfahrzeugen besteht gemäß Abs. 4 eine besondere Informationspflicht gegenüber der zuständigen Flugsicherungsstelle.

Abs. 6 ist eine neue Bestimmung und beabsichtigt die Gleichstellung von Dienstfahrzeugen der anderen Vertragsstaaten in Bezug auf die Befreiung von Straßen- und Autobahngebühren bzw. Geldleistungen, die für die Nutzung von Straßen zu entrichten sind. In Österreich werden auf Grundlage von § 14 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG), BGBl. I Nr. 109/2002 idgF, in der von der ASFINAG erlassenen Mautordnung vignettenpflichtige Kraftfahrzeuge des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie ausländische Sicherheitsbehörden gemäß §2 Abs. 3 des Polizeikooperationsgesetzes (PolKG), BGBl. I Nr. 104/1997 idgF von der Mautpflicht auf Bundesstraßen befreit. Durch den Begriff „Gebühren“ sind in diesem Vertrag auch privatrechtliche Zahlungen gemäß der Mautordnung der ASFINAG umfasst.

Zu Art. 36 (Dienstverhältnisse)

Diese Bestimmung entspricht wortgemäß Art. 28 des Vertrages 1999. Diese Bestimmung stellt klar, dass bei grenzüberschreitendem Einschreiten die dienst- und disziplinar­rechtlichen Kompetenzen beim jeweiligen Heimatstaat verbleiben, was vor allem für die Regelung nach den Art. 19, 20 und 22 von Bedeutung ist.

Zu Art. 37 (Haftung)

Die Bestimmungen des Abs. 1 und zwei entsprechen wortgemäß Art. 29 des Vertrages 1999. Werden Dritte bei grenzüberschreitenden Einsätzen von Organen eines der Vertragsparteien geschädigt, so haftet gemäß Abs. 1 jener Staat, auf dessen Hoheitsgebiet der Schaden eingetreten ist. Die Frage des Bestehens und Umfanges des Anspruchs richtet sich nach dem nationalen Recht des schaden­ersatzpflichtigen Staates, das in gleicher Weise anzuwenden ist, als ob dessen eigene Beamte den Schaden zugefügt hätten. Für den geschädigten Dritten ist es somit unerheblich, ob der Schaden durch Beamte des eigenen oder des fremden Staates verursacht wurde.

Der erste Satz von Abs. 2 regelt den Regressanspruch des Schadenersatz leistenden Staates gegenüber dem anderen Vertragsstaat. Ein Regress ist einerseits ausgeschlossen, wenn der Einsatz auf Ersuchen des Schadenersatz leistenden Staates stattgefunden hat, und andererseits, wenn die Beamten den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben.

Der zweite Satz von Abs. 2 regelt Fälle, in denen der Staat selbst bei grenzüberschreitenden Amtshand­lungen der Organe des anderen Vertragsstaates geschädigt wurde. Die Vertragsstaaten verzichten auf Grund dieser Bestimmung grundsätzlich auf sämtliche Entschädigungsansprüche, es sei denn, die Beamten haben vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt.

Abs. 3 ist eine neue Bestimmung die auf Grund der Erfahrungen mit dem Einsatz deutscher Polizeibeamter in Österreich anlässlich der EURO 2008, hinzugefügt wurde. Mit dieser Bestimmung wird jener Vertragsstaat, der einem anderen Vertragsstaat Beamte zur Verfügung stellt, vor Schäden die von Dritten vorsätzlich oder grob fahrlässig an seinem Eigentum verursacht werden, abgesichert.

Zu Art. 38 (Rechtsstellung der Beamten im Bereich des Strafrechts)

Diese Bestimmung entspricht wortgemäß Art. 30 des Vertrages 1999. Die Beamten, die nach diesem Vertrag auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates tätig werden, sind in Bezug auf Straftaten, die sie begehen oder die ihnen gegenüber begangen werden, den Beamten des Vertragsstaates gleichgestellt, auf dessen Hoheitsgebiet sie tätig werden.

Kapitel VI (Zusammenarbeit zur Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Straßenverkehrs)

In Kapitel VI finden sich Bestimmungen, die in der österreichischen Rechtssystematik nicht als sicherheits- oder kriminalpolizeiliches Handeln sondern als Amtshilfe bei der grenzüberschreitenden Verfolgung von Verkehrsdelikten zu werten sind. Die Zusammenarbeit in diesem Bereich wurde auch in Art. 1 berücksichtigt, in dem die Zusammenarbeit zur Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Straßenverkehrs ausdrücklich als einer der Zwecke des Vertrages genannt wird.

Zu Art. 39 (Begriffsbestimmungen)

Der gemäß Art. 39 definierte Anwendungsbereich umfasst in Österreich alle straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften, demnach also sämtliche verkehrsrechtliche Materiengesetze, welche auf den Kompetenztatbeständen der Art. 10 Abs. 1 lit. 9 B-VG („Kraftfahrwesen“) und Art. 11 Abs. 1 lit. 4 B-VG („Straßenpolizei“) beruhen, d.h. insbesondere: Straßenverkehrsordnung, StVO-1960, BGBl. 1960/159 idgF; Kraftfahrgesetz, KFG, BGBl. 1967/267 idgF; Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung, KDV, BGBl. 1967/399 idgF; Führerscheingesetz, FSG, BGBl. I Nr.120/1997 idgF; Güterbeförderungsgesetz, GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593/1995 idgF; Gefahrgutbeförderungsgesetz, GGBG 1998, BGBl. I Nr. 145/1998 idgF; Kraftfahrliniengesetz, KflG 1999, BGBl. I Nr. 203/1999 idgF; Eisenbahnkreuzungs-VO, EisbKrV 2012, BGBl. II Nr. 216/2012 idgF. Des Weiteren umfasst der Anwendungsbereich im Sinne der Gegenseitigkeit auch Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr gemäß Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L) sowie Übertretungen im Bereich gebührenpflichtiger Parkzonen bzw. Kurzparkzonen (in der Schweiz sind Parkzonen bzw. Kurzparkzonen straßenpolizeiliche Delikte). Nicht umfasst sind hingegen Übertretungen iSd Bundesstraßenmautgesetzes.

Zu Art. 40 (Halterausforschungen und Lenkerermittlungen)

Art. 40 sieht vor, dass sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten Amtshilfe bei der Ausforschung der Halter und Lenker von Fahrzeugen leisten, die einer Zuwiderhandlung gegen Vorschriften des Straßenverkehrs verdächtigt werden. Unter Halter ist der Zulassungsbesitzer eines Kfz iSd §§ 37 ff KFG idgF zu verstehen. Die Ausforschung des Zulassungsbesitzers und die Ermittlung des Lenkers sind wesentliche Verfahrensschritte um die grenzüberschreitende Durchsetzung von Verkehrsstrafen sicherzustellen.

In Abs. 1 wird unter Verweis auf Art. 13 Abs. 1 lit. c festgelegt, dass die Ausforschung des Halters im automatisierten Verfahren erfolgt. Die Ausgestaltung des technischen Verfahrens wurde in einer Durchführungsvereinbarung geregelt (siehe dazu die Ausführungen zu Art. 13).

Abs. 2 sieht vor, dass die zuständigen Behörden des ersuchten Staates – in Österreich die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landespolizeidirektionen – im Amtshilfeverfahren, die Identität des Lenkers ermitteln.

Zu Art. 41 (Übersendung und Inhalt amtlicher Schriftstücke)

Abs. 1 ermöglicht im Falle von Verkehrsdelikten eine direkte postalische Zustellung von amtlichen Schriftstücken an die betreffende Person. Schriftstücke österr. Behörden werden der betroffenen Person im Bedarfsfall mit einer entsprechenden fremdsprachigen Ausfertigung übermittelt.

Abs. 2 legt die Mindestinformationen zum begangenen Verkehrsdelikt fest, die in amtlichen Schriftstücken enthalten sein müssen, die einer (natürlichen oder juristischen) Person zugestellt werden. So müssen amtliche Schriftstücke, die Personen im anderen Vertragsstaat im Zusammenhang mit einem Verkehrsdelikt zugestellt werden, alle Informationen enthalten, die die Empfängerin oder der Empfänger für eine mögliche Beantwortung oder Stellungnahme zum vorgeworfenen Sachverhalt benötigt. Insbesondere müssen Art, Ort und Zeitpunkt der Übertretung, die Art ihrer Feststellung (Beweismittel) sowie Elemente zur Identifizierung des Fahrzeuges angegeben werden. Dies ist Voraussetzung zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs. Die Höhe der drohenden oder verhängten Geldstrafe, die Rechtsmittelbelehrung samt Rechtsmittelfristen sind ebenfalls zwingender Bestandteil des Dokuments.

Abs. 3 regelt jene Fälle, in denen eine Zustellung im Wege der Amtshilfe durch die ersuchte zuständige Behörde erfolgen kann. Dieser Abs. entspricht Art. 5 Abs. 2 des EU-Rechtshilfeübereinkommens 2000, ABl. 2000/C 379/02, BGBl. III. Nr. 65/2005.

Zu Art. 42 (Voraussetzungen des Vollstreckungshilfeersuchens)

Art. 42 räumt die Möglichkeit ein, die Vollstreckung einer aus einem Verkehrsdelikt resultierenden Geldstrafe an einen anderen Vertragsstaat abzutreten und legt hiefür die Voraussetzungen fest. Wenn ein Strafbescheid wegen eines Verkehrsdelikts rechtskräftig wurde, die Aufforderung zur Bezahlung der verhängten Geldstrafe jedoch erfolglos geblieben ist, kann der Vertragsstaat, in dem die betroffene Person ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat, um Vollstreckungshilfe ersucht werden. Damit soll sichergestellt werden, dass Personen, die ein Verkehrsdelikt begangen haben, sich nicht wegen ihres Wohnsitzes in einem anderen Vertragsstaat einer Bestrafung entziehen können.

Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit in Verwaltungsstrafverfahren wurde für die Vollstreckbarkeit eine untere Strafbetragsgrenze vereinbart: Der Vertrag sieht hierzu vor, dass Geldstrafen unter € 70.- oder CHF 100.- nicht zur Vollstreckung abgetreten werden können. Jedoch kann dieser Betrag auch durch die Kumulation mehrerer Geldstrafen, die gegen dieselbe Person verhängt wurden, erreicht werden (Abs. 1 lit. a). Sobald ein Vollstreckungsersuchen gestellt wird, verzichtet der ersuchende Staat solange auf eigene Vollstreckungsmaßnahmen, bis der ersuchte Staat das Ersuchen ablehnt oder mitteilt, dass ihm die Vollstreckung nicht möglich sei (Abs. 2). Die Übermittlung von Vollstreckungsersuchen ist an keine besondere Form gebunden.

Dem Ersuchen muss die Kopie des von der zuständigen Behörde erlassenen Strafbescheides beiliegen; es muss bestätigt werden, dass dieser Strafbescheid nach dem Recht des ersuchenden Staates vollstreckbar und nicht verjährt ist und dass das Ersuchen sich auf die Vollstreckung einer Geldstrafe beschränkt (Abs. 3).

Das vereinbarte Vollstreckungshilfeverfahren wird nicht angewendet, wenn die verhängte Strafe entweder primär eine Freiheitsstrafe ist oder das zugrunde liegende Verkehrsdelikt mit Straftaten aus anderen Rechtsbereichen zusammentrifft. Damit wird die Einheitlichkeit des Vollstreckungsverfahrens gewahrt und Kompetenzüberschneidungen können dadurch vermieden werden (Abs. 4).

Zu Art. 43 (Ablehnungsgründe, Mitteilungspflicht, Umfang und Beendigung der Vollstreckung)

Art. 43 nennt taxativ jene Gründe, die für eine Ablehnung eines Vollstreckungshilfeersuchens maßgebend sind. Ein Ersuchen, das den bereits oben angeführten Anforderungen genügt, kann demnach nicht abgelehnt werden, es sei denn, der ersuchte Vertragsstaat ist der Ansicht, dass die Vollstreckung gegen den Grundsatz „ne bis in idem“ (Verbot der Doppelbestrafung) verstoßen würde, dass das dem Ersuchen zugrunde liegende Verkehrsdelikt nach seinem Recht nicht als solches bestraft werden kann oder dass die Vollstreckungsverjährung nach seinem Recht bereits eingetreten ist. Mit diesen Verweigerungsmöglichkeiten wird unterbunden, dass ein Vertragsstaat zu einer Rechtshandlung verpflichtet wird, die gegen seine eigene Rechtsordnung verstoßen würde. Wird die Vollstreckung verweigert, so sind dem ersuchenden Staat die Gründe in geeigneter Form bekanntzugeben.

Zu Art. 44 (Unmittelbarkeit der Vollstreckung und Umrechnung)

Um der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaates Rechnung zu tragen, legt Art. 44 fest, dass die Vollstreckung der Strafe auf das im eigenen Recht angedrohte Höchstmaß für ein Verkehrsdelikt derselben Art zu beschränken ist.

Zu Art. 45 (Ertrag der Vollstreckung und Kosten)

Art. 45 regelt, dass weder Aufwand noch Ertrag der Vollstreckung mit dem ersuchenden Vertragsstaat abgerechnet werden. Diese Regelung ist Ausdruck der beabsichtigten administrativen Vereinfachung. Indem der Erlös aus der Vollstreckung dem Vollstreckungsstaat zufließt (analog der Regelung des § 9 EU-VStVG, BGBl I. Nr. 3/2008), schafft die Bestimmung gleichzeitig einen Anreiz, die Vollstreckung tatsächlich durchzuführen.

Zu Art. 46 (Zuständige Stellen)

Die für die Amtshilfe nach Kapitel VI zuständigen Behörden in Österreich sind die Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften und Magistrate) sowie die Landespolizeidirektionen.

Zu Art. 47 (Durchführungsvereinbarung)

Voraussetzung für die Anwendung des Kapitel VI ist eine von den drei Vertragsstaaten zu schließende Vereinbarung. Am 10. September 2015 wurde eine derartige Durchführungsvereinbarung abgeschlossen (Vereinbarung zwischen der Regierung der Republik Österreich, der Regierung der schweizerischen Eidgenossenschaft vertreten durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartment sowie der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Durchführung von Artikel 13 Abs. 1 lit. c und Kapitel VI des Vertrages zwischen der Republik Österreich, der schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit). In Österreich hat diese Vereinbarung die Qualität eines Art. 50 B-VG Staatsvertrages.

Kapitel VII (Datenschutz)

Kapitel VII des Vertrages 2012 entspricht weitgehend Kapitel IV des Vertrages 1999. Durch die Schengen-Assoziierung der Schweiz und Liechtensteins haben sich jedoch die datenschutzrechtlichen Grundlagen in diesen Ländern geändert. Beide Vertragsstaaten mussten im Zuge des Schengen-Beitritts den Datenschutz-Acquis der Europäischen Union übernehmen und verfügen somit über denselben Datenschutzstandard wie Österreich.

Die Bestimmungen dieses Kapitels entsprechen im Wesentlichen den Regelungen des Polizeiko­operations­gesetzes und des DSG 2000. Soweit einzelne Sonderregelungen bestehen, werden diese im Folgenden entsprechend dargestellt.

Zu Art. 48 (Grundsatz)

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 19 des Vertrages 1999. Anstelle des Begriffs „Bearbeitung“ wird jedoch im Vertrag 2012 der dem EU-Gebrauch entsprechende Begriff „Verarbeitung“ gesetzt. In den weiteren Bestimmungen des Kapitels VII wird jedoch weiterhin ‚bearbeiten‘ als synonymer Begriff für „verarbeiten“ verwendet.

Für personenbezogene Daten, die nach dem Vertrag übermittelt werden, gelten grundsätzlich die Daten­rechtsbestimmungen des Empfängerstaates. Eine Einschränkung dieses Prinzips ergibt sich aus der Angabe von Verwendungszwecken und Bedingungen, die ein Vertragsstaat im Zuge einer Datenübermittlung gestellt hat.

Zu Art. 49 (Zweckbindung)

Diese Bestimmung entspricht wortgemäß Art. 20 des Vertrages 1999. Abs. 1 der Regelung sieht eine § 9 Abs. 1 PolKG entsprechende Verwendungsbeschränkung für über­mittelte Daten vor. Abs. 2 trifft hiervon eine abweichende Regelung, indem zur Erfüllung sicherheits­polizeilicher Aufgaben übermittelte Daten auch für strafprozessuale Zwecke und umgekehrt verwendet werden dürfen, jedoch nur, zur Abwehr schwerer Gefahren und zur Verfolgung schwerer Straftaten.

Zu Art. 50 (Pflicht zur Richtigstellung und Vernichtung)

Diese Bestimmung entspricht wortgemäß Art. 21 des Vertrages 1999. Die Pflicht zur Richtigstellung und Vernichtung entspricht vergleichbaren nationalen Regelungen (vgl. § 10 Abs. 2 PolKG, 63 SPG und § 27 DSG 2000).

Zu Art. 51 (Verständigung)

Diese Bestimmung entspricht wortgemäß Art. 22 des Vertrages 1999. Der Vertrag erlegt den Behörden des Empfängerstaates im Sinne von § 8 Abs. 3 Z 3 PolKG die Pflicht zur Auskunft über die Verwendung übermittelter personenbezogener Daten auf. Hinsichtlich der Verständigungspflichten nach Abs. 2 und 3 wird auf § 10 Abs. 1 PolKG verwiesen.

Zu Art. 52 (Protokollierung)

Die Abs. 1, 3 und 4 entsprechen Art. 23 des Vertrages 1999. Die Protokollierung von Datenübermittlungen ist eine wesentliche Voraussetzung zur Sicherung vor unrechtmäßiger Datenverwendung und der Kontrolle der Zulässigkeit von Übermittlungen. Abs. 1 legt einen Mindestinhalt für eine Protokollierung von Datenübermittlungen fest. Die dreijährige Mindest­aufbewahrungsdauer für Protokolldaten entspricht dem in § 14 Abs. 5 DSG 2000 normierten Standard. Die in Abs. 4 vorgesehene Verwendungsbeschränkung für Protokolldaten ist hingegen strikter als die Rege­lung nach § 14 Abs. 4 DSG 2000.

In Abs. 2 wird als zusätzliche Maßnahme zur Erhöhung des Datenschutzes die Verpflichtung festgelegt, dass der abrufende Vertragsstaat beim automatisierten Abruf von Daten zur Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen Straßenverkehrsvorschriften, den Anlass für diese Maßnahme protokolliert.

Zu Art. 53 (Verfahren bei Auskunftserteilung)

Diese Bestimmung entspricht wortgemäß Art. 24 des Vertrages 1999. Das Auskunftsrecht über die Verwendung der nach diesem Vertrag ausgetauschten personenbezogenen Daten richtet sich nach nationalem Recht. Um auch Geheimhaltungsinteressen des Vertragsstaates, der die personenbezogenen Daten übermittelt hat (z. B. Gefahr der Vereitelung laufender Ermittlungen), im Rahmen einer Entscheidung über eine Auskunftserteilung berücksichtigen zu können, ist der über­mittelnden Stelle Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (vgl. auch § 12 PolKG).

Zu Art. 54 (Datenverarbeitung auf fremdem Hoheitsgebiet)

Diese Bestimmung entspricht wortgemäß Art. 25 des Vertrages 1999. Sofern personenbezogene Daten durch grenzüberschreitendes Einschreiten ermittelt wurden, ist die Daten­verwendung von den zuständigen Behörden jenes Vertragsstaates, für dessen Zwecke sie beschafft worden sind, zu kontrollieren. Das ist, wenn österreichische Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf fremden Hoheitsgebiet eingeschritten sind, die Datenschutzbehörde. Hierbei sind auch Auflagen und Bedingungen der Genehmigungsbehörde des Vertragsstaates (z. B. § 50 Abs. 1 ARHG), auf dessen Territorium die Datenverwendung erfolgt ist, zu berücksichtigen.

Abs. 2 verbietet einen direkten Zugriff von Beamten, die auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates tätig sind (etwa im Zuge eines gemischten Streifendienstes gemäß Art. 16), auf dessen nationale EDV-Datenbanken. Sofern ein Informationsbedarf besteht, ist dieser von den nationalen Sicherheits­behörden wahrzunehmen.

Kapitel VIII (Durchführungs- und Schlussbestimmungen)

Kapitel VIII enthält die für internationale Verträge typischen Schlussbestimmungen wie Vorbehalte oder eine Ordre-Public-Regelung sowie besondere auf die Zusammenarbeit der Sicherheits- und Zollbehörden abgestellte Regelungen. Kapitel VIII des Vertrages 2012 entspricht im Wesentlichen Kapitel VIII des Vertrages 1999. Lediglich Art. 57 wurde neu aufgenommen.

Zu Art. 55 (Ausnahmeregelung)

Diese Bestimmung entspricht Art. 33 des Vertrages 1999 und wurde nur durch Streichung des Wortes ‚insoweit‘, die aus redaktionellen Gründen erfolgte, weiterentwickelt. Art. 55 ist eine Ordre-public-Klausel zugunsten der eigenen Sicherheit oder anderer wesentlicher Interessen des Vertragsstaates.

Zu Art. 56 (Zusammenkunft von Experten)

Diese Bestimmung entspricht wortgemäß Art. 34 des Vertrages 1999. Die Zusammenkunft von Fachleuten dient einerseits der Konfliktlösung oder Konfliktminimierung in Fragen der Anwendung des Vertrages und bietet andererseits die Möglichkeit, Vorschläge zur Fort­entwicklung der Zusammenarbeit zu entwickeln. Ein entsprechendes Ersuchen wird an die jeweiligen Zentralstellen der anderen Vertragsstaaten zu richten sein.

Zu Art. 57 (Durchführung der Zusammenarbeit)

Die Bestimmung ist in dieser Form neu. In Abs. 1 wird geregelt, dass zur verwaltungsmäßigen Durchführung des vorliegenden Vertrags die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten rechtlich verbindliche Vereinbarungen treffen können. Gemäß Abs. 2 können die Vertragsstaaten zur Festlegung von praktischen Aspekten (z. B. Erreichbarkeiten der Kontaktstellen) ein rechtlich nichtverbindliches Handbuch gemeinsam erstellen. Die Nutzung eines derartigen flexiblen Instruments zur Erleichterung der Zusammenarbeit hat sich in der Praxis (z. B. mit Deutschland) sehr bewährt.

Zu Art. 58 (Kosten)

Mit dem Vertrag 2012 wird der bereits im Vertrag 1999 formulierte Grundsatz, dass jeder Vertragsstaat, die seinen Behörden aus der Zusammenarbeit erwachsenden Kosten selbst zu tragen hat, weiterentwickelt. Einerseits findet sich in Art. 18 Abs. 5 eine Bestimmung, die die Teilung der Kosten für aus der Übernahme von zu schützenden Personen entstehenden zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Vertragsstaat regelt. Anderseits können die zuständigen Behörden im Einzelfall andere Regelungen zur Kostentragung vereinbaren. Derartige Einzelfallregelungen wurden bereits gemäß des Vertrages 1999 zwischen den Vertragsstaaten im Rahmen der Zusammenarbeit bei Großereignissen vereinbart.

Zu Art. 59 (Verkehrssprachen)

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 38 des Vertrages 1999. Aus systematischen Gründen (siehe Erläuterungen zu Art. 4) wird jedoch im Vertrag 2012 von Behörden und nicht wie im Vertrag 1999 von Sicherheitsbehörden gesprochen. Diese Bestimmung nimmt auf die besonderen Bedürfnisse der Schweizerischen Eidgenossenschaft Rücksicht. Da der Vertrag überwiegend im deutschsprachigen Raum Anwendung finden wird, wurde grundsätzlich Deutsch als Verkehrssprache festgelegt. Die Schweizer Behörden können daher keine Übersetzung von auf Deutsch eingehenden Ersuchen der Vertragsstaaten verlangen. Die Behörden der französisch- und italienischsprachigen Kantone der Schweiz können jedoch Ersuchen auch in französischer oder italienischer Sprache beantworten.

Zu Art. 60 (Vorbehalt des nationalen Rechts in Fiskal- und Zollsachen)

Diese Bestimmung entspricht wortgemäß Art. 40 des Vertrages 1999. Der Ausschluss der Zusammenarbeit in Fiskal- und Zollsachen ergibt sich schon aus der Be­schränkung der Aufgaben in den einzelnen Bestimmungen. Abs. 1 verdeutlicht diesen Umstand nochmals. Ebenso ergibt sich die in Abs. 2 festgelegte Zweckbindung der polizeilichen Information bereits aus verschiedenen anderen Vertragsnormen (z. B. Art. 12 Abs. 10, Art. 49). Soweit Zollorgane sowohl in sicherheits- und kriminalpolizeilichen Angelegenheiten als auch in Zoll- oder Fiskalsachen tätig werden, verdeutlichen die Regelungen nochmals die Notwendigkeit einer strengen Trennung der verschiedenen Aufgaben.

Zu Art. 61 (Inkrafttreten und Kündigung)

Die Bestimmungen des Abs. 1 und 3 entsprechen wortgemäß Art. 41 Abs. 1 und 2 des Vertrages 1999. In Abs. 4 wurde eine redaktionelle Änderung („Satzung“ anstelle „Charta“) gegenüber Art. 41 Abs. 3 des Vertrages 1999 vorgenommen.

Der Vertrag bedarf gemäß Abs. 1 der Ratifikation, wobei Österreich als Depositar fungiert. Der auf unbe­stimmte Zeit abgeschlossene Vertrag kann unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist gekün­digt werden. Die Registrierung des Vertrages beim Generalsekretariat der Vereinten Nationen wird eben­falls von Österreich wahrgenommen werden. In Abs. 2 wird vereinbart, dass der Vertrag 2012 nach seinem Inkrafttreten an die Stelle des Vertrages 1999 tritt.